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John Keay beschreibt die aberwitzigen Abenteuer seiner Lieblingsreisenden mit Sympathie und sanfter Ironie.

Produktbeschreibung
John Keay beschreibt die aberwitzigen Abenteuer seiner Lieblingsreisenden mit Sympathie und sanfter Ironie.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.01.2009

Sinnsuche in der Sahara

Ein Band über exzentrische Exkursionen im neunzehnten Jahrhundert versammelt Porträts von liebenswert-verqueren Hasardeuren und Randfiguren in der bürgerlichen Tradition der Reiseschriftstellerei. Die Autoren, deren Reisebewegungen, Erkenntnisinteresse und Selbstfindungsversuche John Keay in seinen solide recherchierten biographischen Skizzen nachzeichnet, sind im Spannungsfeld von Dichtung, Wahrheit und Wissenschaft schwer einzuordnen. Als Leitstern folgten sie schwärmerisch-romantischen Motiven, aber auch einem revolutionären Ausbruchsimpetus aus viktorianischen Korsetten und Konventionen oder kolonialen Weltbildern. Die originellen Reisephilosophien der Sonderlinge mit Sendungsbewusstsein rieben sich dabei immer wieder an der gesellschaftlichen Rollenerwartung und Realität: Da wäre das "Kanu als Lebensform" und Seinsprinzip des Philanthropen und Kanuten John MacGregor, der sogar durch den Suezkanal paddelte, ein umgekehrt aus Prinzip per pedes von London nach St. Petersburg gereister Kapitän der Royal Navy namens John Dundas Cochrane oder die ungleich bekanntere, das Leben als "vagabondage" begreifende Wüstenreisende und -reitende Isabelle Eberhardt. Kaum jemand hat die Idee vom Nomadentum so konsequent gelebt wie die in Genf geborene Sahara-Liebhaberin, Freidenkerin, konvertierte Muslimin und nicht zuletzt Autorin von Werken wie "Im heißen Schatten des Islam". Einige der hier vorgestellten Weltenwanderer waren Pioniere, andere hatten Vorbilder, Vorgänger, Vorausreisende. Ferner stellt Keay die These in den Raum, dass Landschaften auf die Art des Schreibens rückwirkten: So erzwängen die Weiten Sibiriens eine geradezu überstürzte Art des Reisens und infolgedessen - wie im Falle Cochranes - eine rasante, fast atemlose Schilderung. Kontrapunktisch zur trocken-kargen Prosa Ludwig Leichhardts, die ein natürliches Erzeugnis des australischen Hinterlands gewesen sei, stehen die syntaktisch verschlungenen Dschungelreportagen "Travels in West Africa" von Mary Kingsley. Das Buch überzeugt gerade in den abstrahierenden Reflexionen zur Gattung des Reiseberichts zwischen Ethnographie, Fabulierkunst und vorauseilender Erfüllung exotischer Erwartungshaltungen, wobei einige Geschichten als "Kommentar zu dem Genre und seinem Niedergang am Ende des neunzehnten Jahrhunderts" gelesen werden können.

sg

"Mit dem Kanu durch die Wüste. Sieben seltsame Forschungsreisende" von John Keay. Critica Diabolis 157. Edition Tiamat, Berlin 2008. 224 Seiten. Broschiert, 16 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.09.2008

Seltsame Vögel, wahnwitzig
Kurz vor dem Verschwinden: John Keays Reise-Exzentriker
Reisen bildet, lautet eine bekannte Formel. Aber die Gestalten, die John Keay porträtiert, sind Reisende ganz besonderer Art. Den in einem früheren Band vorgestellten Sonderlingen gesellen sich nun sieben weitere ausgesucht wahnwitzige Exemplare hinzu, die ihr Reisen prinzipiell als einmalige Individualleistung verstanden.
Etwa der Kanu-Fanatiker John „Rob Roy” McGregor (1825–1891), der den Suezkanal durchpaddelte, soweit er damals gebaut war, sein Kanu aber auch durch die wasserlose Wüste trug. Oder der eigensinnige, paranoide, aber kühne „Doktor” Ludwig Leichhardt (1813–1848?), der Australien von Ost nach West zu durchforschen suchte, doch mit seiner dritten Expedition rätselhaft und spurlos verschwand. Oder der Karl-May-artige Louis de Rougemont (1847–1921) alias Henri Louis Grin, dessen wilde Robinsonade eine Sensation war, bevor sie als Erfindung entlarvt wurde. Doch auch sein tatsächliches Leben war bizarr.
Oder die von Identitätsfindung, Sinnsuche und Selbstbestimmungsdurst beherrschten Damen Mary Kingsley (1862–1900), die sich in die Dschungel Westafrikas verliebte, und Isabelle Eberhardt (1877–1904), die als androgyne „Amazone der Sahara” in Männerkleidern schillerte, physisch zerrüttet und unheilbar schwermütig schon mit 27 Jahren starb. Der schottische Seemann John Dundas Cochrane (1793–1825) brach 1820 auf, die Welt zu Fuß zu umrunden, und durchwanderte unter härtesten Strapazen Sibirien bis zum Eismeer. Arnold Henry Savage Landor (1865–1924) reiste nahezu ununterbrochen durch die Welt, schnitt gewaltig auf und erlebte als unerlaubter Besucher Tibets Misshandlungen, die er in seinem Reisebericht gehörig herausstellte.
Keays „Forschungsreisende” waren immer auch Schriftsteller. Sie hatten begriffen, dass selbst die aberwitzigste, tollste Reise erst dann volle Wirkung erzielt, wenn in Büchern von ihren Fährnissen, Leiden und Heldentaten erzählt wird. John Keay vermag wieder mit vergnüglichem Understatement, das Norbert Hoffmann elegant ins Deutsche übertragen hat, sowohl das Kopfschütteln über seine verrückten Helden auszulösen, wie er es leichtfüßig schafft, ihr Profil mit so viel Respekt zu zeichnen, dass man ihre Einzigartigkeit amüsiert bewundern muss. HARALD EGGEBRECHT
JOHN KEAY: Mit dem Kanu durch die Wüste. Sieben seltsame Forschungsreisende. Aus dem Englischen von Norbert Hofmann. Edition Tiamat, Berlin 2008. 224 Seiten, 16 Euro
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wie schon in einem früheren Band gelingt es John Keay auch in diesen Porträts von sieben exzentrischen Reisenden, das Aberwitzige ihrer Abenteuer - John McGregor (1825-1891) etwa paddelte durch den Suezkanal und trug später sein Kanu durch die Wüste, Ludwig Leichhardt (1813-1848?) reiste quer durch Australien und verschwand auf seiner dritten Entdeckungsreise spurlos - eindrücklich darzustellen, meint Rezensent Harald Eggebrecht gefesselt. Zugleich schildere er seine Helden aber so respektvoll, dass man nicht umhin könne, diese Sonderlinge zu bewundern, so der Rezensent eingenommen, der auch von der "eleganten" Übersetzung ins Deutsche durch Norbert Hofmann sehr angetan ist.

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