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In der vorliegenden Prosaarbeit geht Christoph Leisten von einem Ort aus, nämlich dem berühmten Platz Djemaa el Fna in Marrakesch, wo Geschichtenerzähler und Akrobaten, Heiler, Wahrsager und Musikanten bis in die Gegenwart Tag für Tag ein Fest der Sinnlichkeit entfalten. In den 88 Fragmenten dieses Buches wird die Djemaa el Fna zu einer Schule des Sehens, des Hörens, der Poesie und der Begegnung mit dem Anderen.

Produktbeschreibung
In der vorliegenden Prosaarbeit geht Christoph Leisten von einem Ort aus, nämlich dem berühmten Platz Djemaa el Fna in Marrakesch, wo Geschichtenerzähler und Akrobaten, Heiler, Wahrsager und Musikanten bis in die Gegenwart Tag für Tag ein Fest der Sinnlichkeit entfalten. In den 88 Fragmenten dieses Buches wird die Djemaa el Fna zu einer Schule des Sehens, des Hörens, der Poesie und der Begegnung mit dem Anderen.
Autorenporträt
Christoph Leisten, geboren 1960, debütierte im Rimbaud Verlag mit dem Lyrikband «in diesem licht» (2003). -«Leistens Schreibbewegung geht von einzelnen Wörtern und von eindringlichen optischen Erscheinungen aus. Das Licht dieser Texte sind die Reflexe von Spiegelungen, ein hell-dunkles Zwielicht auch, das seismographisch Veränderungen anzeigt», schrieb Angelika Overath dazu in der Neuen Zürcher Zeitung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.12.2006

Auf dem Platz der Gehenkten
Es ist, wie es ist: Christoph Leisten meditiert über Marrakesch

Spätestens seit Elias Canettis "Stimmen von Marrakesch" zählt der Djemaa el Fna, der "Platz der Gehenkten" in Marrakesch, zu den Faszinationsorten der deutschen Literatur. Hubert Fichte hat ein ganzes Buch danach benannt, nun hat der Aachener Lyriker Christoph Leisten mit feingewebten Prosaminiaturen am Mythos dezent weitergeschrieben. Dem Ansatz nach steht Leisten dabei Fichte näher als Canetti, glücklicherweise ohne die zuweilen penetranten Fixierungen Fichtes. Sah dieser den Platz der Gehenkten vor allem als sexuellen Supermarkt, so macht sich Leisten die Beobachtungsgabe Fichtes zu eigen und rückt die Optik wieder zurecht. Der Djemaa el Fna ist mehr, um nicht zu sagen alles - die Welt in der Nußschale. Sinnbildlich dafür steht die irrwitzige Mischung aus Botschaften, die in allen Arten von Schriften und Sprachen auf dem Platz ausgesendet werden, etwa die T-Shirt-Aufdrucke: "University of New York, London, Madrid, Cottbus, Luder, Kölle Alaaf, Take me tonight (darüber ein Kopftuch tief ins Gesicht)."

Eine Geschichte wird nicht erzählt. Der Beobachter und Erzähler nimmt ein Zimmer in der Altstadt von Marrakesch, verbringt jeden Tag längere Zeit auf dem Platz und versucht, von immer neuen sinnlichen Eindrücken ausgehend, deren Fülle in Worte zu bannen, die anregenden Widersprüchlichkeiten zu verarbeiten. Der Platz entpuppt sich dabei als Metapher für alles menschliche Wirken und Sein; zuviel, als daß man mit der Beschreibung je zu Rande käme. Die schöne Schwierigkeit, das Durcheinander der Menschen aus aller Herren Ländern, das Treiben der Gaukler, Händler und Garköche ein für allemal literarisch gültig zu benennen, spiegelt sich im Namen des Platzes selber wider. Leitmotivisch zieht sich durch die achtundachtzig Prosastücke der Versuch, den Namen richtig zu deuten. Die gängige Übersetzung als "Platz der Gehenkten" wird der Aussagefülle des arabischen "Djemaa el Fna" nicht im geringsten gerecht. Hier ist Leisten aufmerksamer als Canetti und Fichte, die die Übersetzung und den damit verbundenen Mythos, daß hier einst die Köpfe der Hingerichteten ausgestellt wurden, nicht weiter hinterfragen.

"Fna", hocharabisch "Fana'", bedeutet "Auslöschung", "Vernichtung", "Nichts" und wird auch in der Mystik benutzt. "Al-Fna sei das, was niemals enden kann", weiß Leisten zu berichten und fragt, was dies sein könne: "Der Tod, das Paradies, die Kreise, Gott?" Oder ist es "das Erzählen", jedenfalls auf diesem Platz mit seinen Geschichtenerzählern? Auch Leisten, so scheint es, könnte immer so weitererzählen, frei nach seinem auch sonst empfehlenswerten Motto "Die Dinge nehmen, wie sie sind. Sich das Erstaunen bewahren über das Befremdliche, das Befremden über das Erstaunliche." Dieses kleine, sich leicht in jede Reisetasche schmiegende Buch sei jedem Marrakesch-Reisenden als große Schule der Wahrnehmung ans Herz gelegt.

STEFAN WEIDNER

Christoph Leisten: "Marrakesch, Djemaa el Fna". Rimbaud Verlag, Aachen 2006. 75 S., br., 10,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Stefan Weidner möchte diesen Band mit 88 kurzen Prosatexten von Christoph Leisten gern jedem Reisenden auf dem Weg nach Marrakesch mitgeben. Der Lyriker beschreibt darin seine täglichen Betrachtungen des Platzes "Djemaa el Fna", der seit Elias Canetti und Hubert Fichte in der deutschsprachigen Literatur zu einiger Berühmtheit gekommen ist, wie der Rezensent weiß. Besonders gefällt ihm, dass Leisten stets aufs Neue sehr aufmerksam und ohne Voreingenommenheiten das bunte Treiben und die vielen Gegensätze des Platzes in den Blick nimmt und selbst dessen Namen, der bei Canetti und Fichte lediglich als "Platz der Gehenkten" übersetzt wird, noch weitreichendere Bedeutungen abringt.

© Perlentaucher Medien GmbH