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Land ist begehrt wie nie: Staaten wie China, multinationale Firmen und reiche Privatanleger investieren neuerdings massiv in Grund und Boden. Ob in Afrika, Asien oder Südamerika - Anbauflächen von der Größe ganzer Provinzen wechseln den Besitzer. Doch wenn Agrarland zum Spekulationsobjekt wird und Hedgefonds über die fruchtbarsten Anbaugebiete unseres Planeten bestimmen, sind die Folgen für uns alle unabsehbar.Der bekannte Umweltjournalist Fred Pearce hat in über 20 Ländern Käufer und Investoren interviewt (unter denen sich neben Ölscheichs, Goldman Sachs und Lord Rothschild vermutlich auch…mehr

Produktbeschreibung
Land ist begehrt wie nie: Staaten wie China, multinationale Firmen und reiche Privatanleger investieren neuerdings massiv in Grund und Boden. Ob in Afrika, Asien oder Südamerika - Anbauflächen von der Größe ganzer Provinzen wechseln den Besitzer. Doch wenn Agrarland zum Spekulationsobjekt wird und Hedgefonds über die fruchtbarsten Anbaugebiete unseres Planeten bestimmen, sind die Folgen für uns alle unabsehbar.Der bekannte Umweltjournalist Fred Pearce hat in über 20 Ländern Käufer und Investoren interviewt (unter denen sich neben Ölscheichs, Goldman Sachs und Lord Rothschild vermutlich auch Ihr Pensionsfonds befindet), aber auch mit den betroffenen Bauern, Viehzüchtern und Naturvölkern in Sumatra, Brasilien oder Liberia gesprochen. Wir erfahren, was Abholzungslizenzen in Zentralafrika mit einer französischen Präsidentenwahl zu tun haben und wo und warum George Soros, aber auch die kolumbianische Drogenmafia und die Moon-Sekte in Land investieren. Es geht um Nahrungsmittelproduktion für eine wachsende Bevölkerung - aber auch um gewaltige Profite und einen neuen Kolonialismus, dessen Bedeutung und Dramatik selbst die Klimafrage in den Schatten stellt.Ein aufrüttelndes Buch, das die Methoden des Agrobusiness, aber auch die Motive mancher Naturschützer auf den Prüfstand stellt; eine fesselnde Reportage, die zum Schutz der Ressource Land aufruft: der Lebensgrundlage allen Wirtschaftens.
Autorenporträt
Pearce, Fred§Fred Pearce, geboren 1951, ist der Umweltberater des »New Scientist« Magazins und schreibt u.a. für den »Guardian« und »Yale e360«. Er ist Autor von fünfzehn Büchern und hat für seine internationalen Reportagen zu Umwelt- und Entwicklungsfragen in den vergangenen dreißig Jahren zahlreiche Preise erhalten; 2001 wurde er zum britischen Umweltjournalisten des Jahres gekürt und 2011 von der Association of British Science Writers für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Fred Pearce lebt in London.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Fred Pearce' Buch über "Land Grabbing" hat Agnes Steinbauer beeindruckt. Deutlich wird für sie, dass die im globalen Stil betriebene Landnahme durch finanzstarke Investoren schon heute katastrophale Folgen für Mensch und Umwelt hat: Umweltverschmutzung im gigantischen Ausmaß, Umsiedlungsaktionen für Tausende von Menschen, Ausbeutung und Arbeitslosigkeit. Besonders in Afrika ist ein Kampf um den Boden entbrannt, bei dem Investoren und Regierung undurchsichtige Deals zum Schaden der Bevölkerung schließen. Was der Wissenschaftsjournalist in diesem Buch schildert, ist für Steinbauer ein "wahrer Albtraum". Sie attestiert dem Autor profunde Recherchen auf allen Kontinenten und die erhellende Darstellung von Zusammenhängen, die häufig nicht gesehen werden. Ihr Fazit: "nichts für schwache Nerven", aber höchst lesenswert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.11.2012

Destruktive Folgen
Die umstrittene Aneignung von Land: Besitz und Nutzungsrechte

Die meisten wirtschaftlichen und politischen Vorgänge, die eine gewisse Größenordnung übersteigen, lassen sich heute nur noch in ihren globalen Kontexten erkennen und analysieren. Probleme, die sie bewältigen wollen, wie Hunger, Armut und Krieg, und Probleme, die sie schaffen, also auch Hunger, Armut und Krieg, kann man nicht mehr nur lokal oder regional definieren. Nun sind heute romantisierende Metaphern der Globalisierung zu Recht ein wenig aus der Mode geraten: vom Raumschiff Erde und dem global village sprechen nur noch Graubärte beiderlei Geschlechts. Und auch der Begriff der Weltgesellschaft - einst auf elegante Weise von Niklas Luhmann postuliert - stolperte über seine eigenen appellativen Füße. Globalisierung als "Kampf der Kulturen", da ist schon mehr dran, wenn auch auf ganz andere Weise, als von Samuel Huntington beschrieben.

Fred Pearce, reiseerfahrener Wissenschaftsjournalist aus Großbritannien, schildert in seinem informationsgesättigten Bericht über das Land Grabbing eine andere Globalisierung. Symbolisiert wird sie etwa durch die Mobilfunkmasten, auf die er auch in den entlegendsten Gebieten der Erde gestoßen ist, ob in Patagonien oder Papua-Neuguinea. Freilich sind das nur die äußeren Symbole, die Hardware. Was über sie an Daten und Aktionen läuft, darauf kommt es an.

Der Anglizismus Land Grabbing klingt etwas übertrieben nach Kriminalität und Mafia, der deutsche Ausdruck Landnahme hingegen eher zu harmlos. Benannt wird damit die umstrittene Aneignung von Landbesitz oder Landnutzungsrechten in großem Stil durch Ausländer oder andere Fern-Besitzer, unabhängig davon, ob dieser Vorgang auf legalen Wegen abläuft oder nicht. Wenn die Globalisierung bewirkt, dass "der Erdball schrumpft" (auch so eine der etwas zu eingängigen Metaphern), im Übrigen die Erdbevölkerung gleichzeitig weiter anwächst, dann liegt der Schluss nahe, dass die Ressource Land immer wertvoller wird. Zumal diese Ressource zahlreiche existentielle Aufgaben zugleich erfüllt: Nahrungsmittelproduktion, Erhaltung der Biodiversität, Abmilderung von Umweltschäden, Selbstregeneration.

Die von Pearce hier in deprimierender Übersichtlichkeit zusammengestellten Entwicklungsvorgänge um die Ressource Land auf verschiedenen Kontinenten während der vergangenen Jahre laufen darauf hinaus, dass hier etwas Elementares in Unordnung geraten ist. Und das nicht etwa, weil irgendwelche "Bösen" (Spekulanten, Kapitalisten, schwache Regierungen, reiche Leute an sich) solche Unordnung planen und zielbewusst herbeiführen würden. Dieses Attac- und Occupy-Weltbild ist von bestrickender Simplizität, aber beschränkt, selbst wenn ein paar Punkte davon nicht zu widerlegen sind. Stattdessen kommt es, weil verschiedene Akteure, oft mit den besten Absichten, ihre jeweiligen Interessen verfolgen, zu Nebenfolgen, die in ihrer Summe viel mehr zu Buch schlagen als die primären Ziele.

Das schlagendste Beispiel der jüngsten Zeit ist der Biosprit, dessen Kosten für die Welt den propagierten Nutzen bei weitem übersteigen. Die industrialisierte Landwirtschaft ("Fabrik ohne Dach") und das globale Agri-Business sind eine Antwort auf die gestiegene Nachfrage nach Nahrungsmitteln. Die ist zweifellos vorhanden und kann nicht einfach ignoriert werden. Landwirtschaftliche Kleinbetriebe gelten als unfähig, genügend Nahrung zu produzieren. Ob das wirklich stimmt, darüber streiten die Fachleute. Unübersehbar aber ist, dass die industrielle Landwirtschaft riesige Naturgebiete wie die Cerrados in Brasilien oder (im Falle der industriellen Holzwirtschaft) den Regenwald auf Sumatra verdirbt. Sie zieht die transnationale Spekulation an. Sie zerstört nachhaltige soziale Strukturen indigener Bevölkerungen und Natur-Mensch-Balancen. Die gigantischen Monokultur-Farmen, im Vergleich zu denen die Güter der ostelbischen Junker Mini-Klitschen waren, versprechen große Gewinne, egal, ob Mais, Soja, Zucker, Weizen oder Ölpalmen (oder Akazien) angebaut werden. Die Regierungen von landreichen Staaten willigen nur zu gern in Landverkäufe riesigen Ausmaßes ein, weil dieses Land angeblich unbenutzt ist und weil sie sich davon eine Modernisierung der Nahrungsmittelproduktion versprechen.

Unbenutztes Land aber gibt es nicht, nirgends. Nur unterschiedlich intensiv genutztes. Die Nutzarten differieren, ob es sich um wandernde Viehhirten in der Savanne handelt, um Jägervölker im Urwald, um Karawanenhändler in der Wüste oder um eine 42 000 Hektar große Farm, auf der 180 Mitarbeiter beschäftigt sind. Die positiven Auswirkungen der Nutzungsintensivierung der Erde sind heute noch ungewiss. Jedoch bestehen kaum Aussichten, die zwiespältigen bis destruktiven Folgen der Land-Grabbing-Globalisierung abzuwenden.

WILFRIED VON BREDOW

Fred Pearce: Land Grabbing. Der globale Kampf um Grund und Boden. Verlag Antje Kunstmann, München 2012. 397 S., 22,95 [Euro].

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