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Es ging um Krieg und Frieden Am 10. Mai 1940 brachen deutsche Truppen ohne Kriegserklärung in Holland, Belgien und Luxemburg ein. Nur elf Tage später, am 21. Mai, gelang es den Deutschen, die französische Nordarmee und das britische Expeditionsheer an der französischen Küste bei Dünkirchen einzuschließen. 340000 britische und französische Soldaten waren der deutschen Wehrmacht hilflos ausgeliefert. Das britische Kriegskabinett spaltete sich in zwei Fraktionen, deren Meinungsführer um den künftigen Kurs gegen Hitler rangen.Entschieden vertrat der erst seit zwei Wochen amtierende Premierminister…mehr

Produktbeschreibung
Es ging um Krieg und Frieden Am 10. Mai 1940 brachen deutsche Truppen ohne Kriegserklärung in Holland, Belgien und Luxemburg ein. Nur elf Tage später, am 21. Mai, gelang es den Deutschen, die französische Nordarmee und das britische Expeditionsheer an der französischen Küste bei Dünkirchen einzuschließen. 340000 britische und französische Soldaten waren der deutschen Wehrmacht hilflos ausgeliefert. Das britische Kriegskabinett spaltete sich in zwei Fraktionen, deren Meinungsführer um den künftigen Kurs gegen Hitler rangen.Entschieden vertrat der erst seit zwei Wochen amtierende Premierminister Winston Churchill seine Position: »Aber sicher! Was auch immer in Dünkirchen geschieht, wir sollten weiterkämpfen.« Selbst viele seiner Parteigänger hielten ihn für einen ungestümen Draufgänger und schlossen sich seinem Gegenspieler Halifax an, der auf Verhandlungen setzte, »falls diese für die Lösung europäischer Fragen und der Schaffung eines friedlichen Europa dienlich« seien. Minutiös verfolgt John Lukacs die dramatischen Ereignisse in der Downing Street 10: das Ringen der Kabinettsmitglieder um ihre Verantwortung für England und ganz Europa, die hektischen Konsultationen mit der französischen und italienischen Regierung, die Suche nach historischen Präzedenzfällen, die hitzigen Wortgefechte, das Hin und Her der Meinungen. Nicht minder schwankend verlief die Willensbildung der britischen Bevölkerung, die Lukacs anhand von Berichten und Kommentaren in der englischen Presse und den von der Regierung in Auftrag gegebenen Stimmungsberichten nachzeichnet. Am Abend des 28. Mai hatte Churchill sich durchgesetzt. Ohne seine Entschlossenheit hätte England wahrscheinlich einen Verhandlungsfrieden akzeptiert.
Autorenporträt
John Lukacs John Lukacs war Professor für Geschichte am Chestnut Hill College, Philadelphia. Der hervorragende Kenner der englischen und deutschen Geschichte trat durch zahlreiche Publikationen hervor, für die er diverse Auszeichnungen bekam. Im Siedler Verlag erschien 1990 "Ungarn in Europa".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.11.2000

Mit großer Seele und weitem Blick gegen Hitler
Premierminister Churchill und Außenminister Halifax: Fünf Tage in Whitehall im Mai 1940

John Lukacs: Fünf Tage in London. England und Deutschland im Mai 1940. Aus dem Englischen von Michael Hanke. Siedler Verlag, Berlin 2000. 240 Seiten, 7 Abbildungen, 39,90 Mark.

Zuweilen spitzt sich die geschichtliche Entwicklung in wenigen entscheidenden Tagen zu. John Lukacs zeigt, wie nah zwischen dem 24. und dem 28. Mai 1940 Hitler einem Sieg über England und damit über ganz Europa war, wie knapp der Kampf um die britische Politik zwischen Lord Halifax und Churchill entschieden wurde. Churchill selbst hat in seinem Buch über den Zweiten Weltkrieg - vermutlich aus Rücksicht auf das Ansehen seiner unterlegenen Gegenspieler - diese entscheidenden Tage kaum erwähnt. Die Tatsache, daß der eben erst zum Premierminister Ernannte vor allem in der britischen Aristokratie als Außenseiter mit schlechten Manieren - obendrein als "Bastard" eines englischen Adligen mit einer Amerikanerin - galt, ist heute fast vergessen. Halifax, Churchills wichtigster Gegenspieler, der als Außenminister noch bis Ende 1940 dem Kriegskabinett angehörte, war dagegen mit dem Königshaus eng befreundet und besaß sogar einen eigenen Schlüssel zum Park des Buckingham-Palastes.

Der Premierminister Chamberlain, den Churchill am 10. Mai abgelöst hatte, stand anfangs auf der Seite von Halifax, wurde aber von Churchill großmütig behandelt und konnte nach und nach für dessen Kurs gewonnen werden. Churchill brauchte ihn, da er selbst im Unterhaus keine eigene Mehrheit hatte und auf die Unterstützung der höchst reservierten Konservativen angewiesen war.

Lukacs rekonstruiert die sich überstürzenden Ereignisse auf mehreren Ebenen: In Frankreich und Belgien geht der Kampf gegen die erfolgreich vorgehende Wehrmacht allmählich dem Ende entgegen. Der belgische König gibt auf, die Franzosen wanken, und die britischen Streitkräfte auf dem Kontinent sind in Gefahr, vernichtend geschlagen zu werden. In Dünkirchen fast vollständig eingeschlossen, muß mit ihrer baldigen Niederlage gerechnet werden. In dieser Lage, und angesichts einer vagen Hoffnung auf eine mögliche Vermittlerrolle des italienischen Diktators Mussolini, tritt nicht nur Halifax, sondern auch sein Staatssekretär Cadogan dafür ein, die Möglichkeiten eines Arrangements zu sondieren, das Mussolini von der Seite des Deutschen Reiches löst und Frankreich einen Vorstoß der italienischen Armee erspart. Vielleicht könnte man auch Roosevelt dazu veranlassen, bei Mussolini zugunsten Frankreichs und Englands zu intervenieren. In Gesprächen wird sogar daran gedacht, Mussolini verlockende Angebote zu machen, falls er sich "herüberziehen" lasse. Halifax spricht wiederholt mit dem italienischen Botschafter in London.

Die französische Regierung ist besonders an einem Arrangement interessiert. Churchill kann diese Vorschläge nicht von vornherein zurückweisen. Er taktiert, ist aber im Grunde fest entschlossen, alle derartigen Versuche zu unterbinden. Vor allem dürfen keine "Bittbriefe" - sei es in die Vereinigten Staaten, sei es in anderer Richtung - versandt werden. Am Ende setzt er sich durch. Der reale Faktor, der für Churchills eher moralisch und emotional als pragmatisch fundierte Haltung ausschlaggebend war, ist die "öffentliche Meinung" und die "Moral der Bevölkerung". Hier hat er seinen wirklichen Rückhalt. Insbesondere die Mehrheit der "kleinen Leute" hält durch, teils vielleicht, weil ihr die reale Gefahr nicht bekannt ist, teils aber auch aus patriotischem Selbstbewußtsein und aus unerwartet großer Opferbereitschaft. Wenn es unter dem Adel und dem Großbürgertum anfangs defaitistische Stimmungen gibt, dann gelingt es Churchill durch eindrucksvolle Reden im Unterhaus und im Radio, auch in diesen Kreisen Rückhalt zu finden.

Weit knapper behandelt Lukacs Hitler und dessen Strategie. Churchill unterschätzt ihn keineswegs und rechnet für das britische Expeditionskorps mit dem Schlimmsten. Warum Hitler den Befehl zum Anhalten an Rundstedts vorstoßende Panzerdivisionen gibt, ist bis heute Anlaß für Spekulationen.

Auch Lukacs entscheidet sich nicht gegen die These, Hitler sei es darum gegangen, durch eine großzügige Geste die Briten zu einem Sonderfrieden zu veranlassen. Das entspricht zwar späteren Aussagen Hitlers. Dagegen läßt sich aber einwenden, daß Generaloberst Rundstedt mit Rücksicht auf den bedenklichen Zustand seiner Panzer ebenfalls um eine Ruhepause gebeten haben soll und daß der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Generalfeldmarschall Göring, versprochen haben soll, allein mit der Sache fertig zu werden. So könne man durch den Einsatz der Luftwaffe Bodenstreitkräfte schonen.

Vor allem läßt sich mit dem "Großzügigkeitsargument" nicht erklären, warum Hitler nach drei Tagen den Vormarsch wieder anlaufen ließ. Was aber immer die Motive der Wehrmachtsführung gewesen sind, sie erleichterte die erfolgreiche Evakuierung des größten Teils der britischen Truppen und von mehr als hunderttausend französischen Soldaten.

Churchill war entschlossen, auch bei einem vollständigen Verlust seiner Streitkräfte auf dem Kontinent weiterzukämpfen. Überzeugend stellt Lukacs fest: "Hätte Großbritannien im Mai 1940 den Kampf eingestellt, dann hätte Hitler seinen Krieg gewonnen. Deshalb war er einem Sieg niemals näher als während der fünf Tage im Mai 1940. Gott sei Dank wußte er das nicht. Er war überzeugt, Churchill würde früher oder später . . . abtreten müssen. In dieser Hinsicht scheiterte Hitler, weil sich Churchill durchsetzte . . . Churchill und Großbritannien hätten den Zweiten Weltkrieg nicht gewinnen können, das taten am Ende Amerika und Rußland. Im Mai 1940 war Churchill aber derjenige, der ihn nicht verlor."

Churchills aufrechte und mutige Haltung überzeugte schließlich auch Roosevelt, der England schon verloren gegeben hatte. Am 30. Juli 1940 bot er England 50 alte Zerstörer an und gab damit die amerikanische Neutralität praktisch auf. Churchill schickte Ende Dezember 1940 den schwierigen Außenminister Halifax als Botschafter nach Washington, wo er sich ausgezeichnet bewährte.

Als Hitler am 19. Juli im Reichstag sein "Friedensangebot" machte, stellte das keine gefährliche Versuchung mehr dar. Die gegensätzlichen Positionen von Halifax und Churchill gingen auf unterschiedliche "Visionen" zurück: Der rationale, emotionslose Pragmatiker Halifax dachte in den traditionellen Kategorien der "Balance of Power" und des britischen Empire. Der emotionalere Halbamerikaner Churchill sah deutlicher die radikale Herausforderung durch Hitlers "Neue Ordnung", die zum Untergang aller europäischen Werte und Institutionen führen mußte.

Um Hitler zu überwinden, war Churchill sogar bereit, sich "mit dem Teufel zu verbünden" (jedenfalls mit Stalin) und das Empire aufzugeben, wenn es unvermeidlich sein sollte. Jeder nüchterne Diplomat mußte sich auf die Seite von Lord Halifax stellen, aber die Geschichte gab Churchill recht. Es ist das große Verdienst dieses Buches, sich gegen die kleingeistigen Kritiker und großdeutschen Nostalgiker zu wenden, die noch immer dem "verlorenen deutschen Sieg" von 1940 nachtrauern und in Churchill einen Verräter an der gemeingermanischen Sache sehen. Nicht immer behalten die kühlen Rechner gegenüber den Menschen mit der großen Seele und dem weiten Blick recht.

IRING FETSCHER

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

"Berechtigt" aber "pathetisch" findet Wilhelm von Sternburg die These, mit der der britische Historiker John Lukacs seine Studie über die fünf Tage im Mai 1940 einleitet, in denen der ungeliebte Außenseiter Churchill innenpolitisch seine Macht festigen konnte, während er außenpolitisch energisch von der Appeasement-Politik seines Vorgängers Chamberlain gegenüber Hitler Abstand nahm. Lukacs behaupte, jene fünf Tage hätten die Welt hätten verändert, wenn Churchill die Nation nicht geeint hätte. Denn die übrigen westlichen Demokratien waren in wenigen Wochen überrollt, Amerika und Russland noch nicht in den Krieg eingetreten. Der Rezensent gibt jedoch zu, Lukacs urteile in seiner "spannenden Studie" richtig, wenn er sage, Churchill und Großbritannien hätten den Zweiten Weltkrieg nicht gewinnen können, im Mai 1940 sei Churchill aber derjenige gewesen, der ihn nicht verlor.

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