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Ein Idiot ist schwer zu verstehen. Wer es versucht, wird enttäuscht: Da ist nichts. Nichts bis auf einen diffusen Instinkt, der leben will. Doch eines Tages gerät der Idiot in einen umzäunten Garten. Dort kämpft ein bitterer alter Mann gegen das Böse im Weib - drillt seine zwei Töchter mit Disziplin, Folter und Abschottung von der Welt. Als der Alte den Idiot bei seiner Tochter findet, tötet er das Mädchen und beinahe auch den Jungen. Ein Farmer findet den Halbtoten und pflegt ihn gesund. Ein Idiot, der nun im Wald lebt wie ein Tier. Dazu: ein nicht sehr nettes kleines Mädchen mit seltsamen…mehr

Produktbeschreibung
Ein Idiot ist schwer zu verstehen. Wer es versucht, wird enttäuscht: Da ist nichts. Nichts bis auf einen diffusen Instinkt, der leben will. Doch eines Tages gerät der Idiot in einen umzäunten Garten. Dort kämpft ein bitterer alter Mann gegen das Böse im Weib - drillt seine zwei Töchter mit Disziplin, Folter und Abschottung von der Welt. Als der Alte den Idiot bei seiner Tochter findet, tötet er das Mädchen und beinahe auch den Jungen. Ein Farmer findet den Halbtoten und pflegt ihn gesund. Ein Idiot, der nun im Wald lebt wie ein Tier. Dazu: ein nicht sehr nettes kleines Mädchen mit seltsamen Fähigkeiten. Und zwei noch kleinere: sprachgestörte Zwillinge mit der extrem unpopulären Neigung, sämtliche Kleider abzustreifen. Schließlich noch ein Säugling mit Down-Syndrom... Keines dieser Geschöpfe ist in der menschlichen Gesellschaft geborgen. Keines von ihnen kann sagen, warum das so ist. Und dann entdecken sie, dass sie miteinander mehr vermögen, als der begabteste Mensch z uwege bringen kann. Doch ein Element fehlt ihnen noch, um vollständig zu werden. "Die Ersten ihrer Art" (Orig.: "More Than Human") ist ein Kronjuwel der phantastischen Literatur: ein Roman, der Staunen weckt und gebannte Schauder zu erzeugen versteht. Die philosophische Dimension öffnet sich so mühelos wie verblüffend und radikal, und die visionäre Energie dieser Dichtung könnte unendlich beklemmend sein, wüchse sie nicht so warm und hoffnungsvoll aus der Dunkelheit empor.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.07.2001

Lesetipp zum Wochenende
Allein das Ding
„Die Ersten ihrer Art” – klassische
SF von Theodore Sturgeon
Die amerikanische Einsamkeit ist anders. Kein Vergleich mit der europäischen, jener nachdrücklich in sich gekehrten Melancholie. Amerikanische Einsamkeit hat mit der Landschaft zu tun, mit Weite und Grenzenlosigkeit. Eine Einsamkeit von Natur aus, keine forcierte Isolation.
Es ist die Nachkriegseinsamkeit, von der Theodore Sturgeon erzählt in seinem legendären Buch „More Than Human”, deutsch nun in vollständiger Form vorgelegt unter dem Titel „Die Ersten ihrer Art”. Es ist die Einsamkeit der Kinder, schon deshalb erinnert sie an die vor dem Krieg, in der Depressionszeit. Sturgeons „Helden” sind eine Gruppe kleiner Freaks, Jugendliche und Kinder mit telepathischen und -kinetischen Fähigkeiten: ein mongoloides Baby, ein Mädchen, das weglief von Zuhause, ein Waisenknabe, der seine Bestimmung sucht, ein einsamer wilder Wolfsjunge. Ein Farmerehepaar, das sich seit langem einen Sohn wünscht, nimmt ihn auf. Der Junge lernt, er nimmt alles wahr, was um ihn geschieht, aber er kann nicht sprechen. Eines Tages muss er sich festlegen, sich einen Namen geben. „Name. Er suchte, sandte blitzartig eine Frage aus, und zurück kam so etwas wie eine Definition . .. Name ist das einzelne Ding, das ich bin und was ich getan habe und gewesen bin und gelernt habe. Es war alles da und wartete auf dieses eine Symbol, einen Namen. All die Wanderungen, der Hunger, der Verlust und das, was schlimmer ist als Verlust: Mangel ... Ganz allein ... Er versuchte es zu sagen. (...) Ganz allein ... Ol-ol .. . lein, keuchte er.”
Lein wird von da an sein Name – Lone im Original. Hier ist, ein weiteres Mal, der loner der amerikanischen Mythologie, der amerikanischen Geschichte. Die Schatten der Vergangenheit sind ganz dicht in dieser Erzählung, die manchmal mehr Lyrik ist. Der europäische Faschismus wurde eben erst besiegt – aber die Fragen sind geblieben: Was ist der Einzelne, was soll er sein in der Gesellschaft? Wie verbindet man sich mit den anderen und behält doch sein Ich.
Moral ist ein entscheidendes Element der Erzählung, aber den Faschismus kann Sturgeon nicht per se verdammen – als Erzähler muss er immer beide Seiten einer Sache sehen. Sein Übermensch steht als eine Figur ohne besondere Aura in der amerikanischen Landschaft. Das Buch schildert die Geburt eines Gewissens – aber die Drohung von alltäglichem Terror und Bigotterie, Hass und Faschismus lauert weiter unter der Oberfläche.
Amerikanische Einsamkeit wird am Ende zur Gemeinschaft führen – sie trägt in diesem Buch den Namen Gestalt: „Durch seinen Geist wehte eine stille Willkommensmusik. Da war Wärme und Lachen und Weisheit. Es gab Begrüßungen; denn jede dieser Stimmen war eine eigene Persönlichkeit, enthielt einen Hinweis auf das Aussehen, den Rang, gab Auskunft über den genauen Standort, den Aufenthalt des Körpers. Und doch tönten alle Stimmen gleich stark. Sie waren alle hier, oder zumindest alle gleich nah.” Es ist hier schon eine Kommunikation, die ans Internet erinnert. Sie ist uralt, hat Papa Haydn bereits eine Melodie zugepfiffen oder William Morris bei den Rossettis eingeführt. Willkommen also, homo Gestalt.
FRITZ GÖTTLER
THEODORE STURGEON: Die Ersten ihrer Art. Vollständige überarbeitete Neuausgabe. Aus dem Englischen von Walter Brumm und Birgit Will. Argument Verlag, Hamburg 2001. 255 Seiten, 19,90 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Offenbar angetan, wenn nicht sogar sprachlich und formal inspiriert, scheint Fritz Göttler von Sturgeons "legendärer" Erzählung "More than Humans", die in einer vollständig überarbeiteten Neuausgabe nun unter dem Titel "Die Ersten ihrer Art" vorliegt. Ort der Handlung: die USA. Zeit: Ende der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts ("Der europäische Faschismus wurde eben erst besiegt ..."). Der Plot: Ein sprachbehinderter Waisenjunge, offenbar der Protagonist, wird von einem kinderlosen Farmerehepaar adoptiert. Indem sich der Junge selbst einen Namen gibt, findet er den Weg von Sprachlosigkeit hin zu Identität, indem er sich als Teil eines Ganzen begreift, verlässt er seine Einsamkeit und findet die Gemeinschaft: ein amerikanischer Kaspar Hauser? Darüber hinaus scheinen Erzählung und Hauptperson nach Göttler ein Spiegelbild amerikanischer Befindlichkeit der Endvierziger darzustellen: "Das Buch schildert die Geburt eines Gewissens - aber die Drohung von alltäglichem Terror und Bigotterie, Hass und Faschismus lauert weiter unter der Oberfläche." Die Sympathie des Rezensenten für Sturgeons Erzählung ist unüberlesbar, wenn auch der Gegenstand selbst - Erzählung und Autor - eher im Diffusen bleibt.

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