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Eine Welt, die war und ist, fortbestehen wird" entwirft die Isländerin Álfrún Gunnlaugsdóttir. Drei Erzählstränge, eine spätmittelalterliche Fabel, eine Geschichte vom ausgehenden 18. Jahrhundert und ein Beziehungsdrama aus der heutigen Zeit, sind in ihrem Roman zu einem Netz aus dunklen Begierden, Eifersucht, Verrat und Obsessionen verwoben.

Produktbeschreibung
Eine Welt, die war und ist, fortbestehen wird" entwirft die Isländerin Álfrún Gunnlaugsdóttir. Drei Erzählstränge, eine spätmittelalterliche Fabel, eine Geschichte vom ausgehenden 18. Jahrhundert und ein Beziehungsdrama aus der heutigen Zeit, sind in ihrem Roman zu einem Netz aus dunklen Begierden, Eifersucht, Verrat und Obsessionen verwoben.
Autorenporträt
Álfrún Gunnlaugsdóttir, geboren 1938 in Reykjavik, hat lange in Spanien und in der Schweiz gelebt und ist heute Professorin für Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Islands. Sie hat Erzählungen und vier Romane veröffentlicht, die ins Dänische, Schwedische und Französische übersetzt sind.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.05.2003

Die spinnen, die Nornen
Nebel über Island: Ein Roman von Alfrún Gunnlaugsdóttir

Der Sitz der Dichter, im alten Griechenland der Parnaß, wäre heute auf der Insel Island zu suchen. Jede Großfamilie, so geht das Gerücht, könne einen Schriftsteller vorweisen, jeder zehnte Isländer eine Veröffentlichung. Lyrikbände werden im Viertelmillionenvolk von ebenso vielen Menschen gekauft wie im Achtzigmillionenvolk der Deutschen. Ja, Island ist heute das Land der Dichter und Leser, und Halldór Laxness war sein ungekrönter König.

Nobelpreisverdächtig allerdings ist unter den Schriftstellern Islands zur Zeit wohl niemand, auch nicht die Erzählerin Alfrún Gunnlaugsdóttir, deren vierter Roman jetzt in deutscher Übersetzung vorliegt. Aber die Autorin, Literaturwissenschaftlerin in Reykjavík, weiß, was sie der literarischen Tradition des Landes, den Sagas, schuldig ist. Atmosphärisch lebendig bleibt über weite Strecken des Romans die Erinnerung an eine Literatur der Bauern und Fischer, an die Bilder einer herben, aber grandiosen Landschaft, an die Darstellung eines harten Lebenskampfes und unerbittlicher Leidenschaft, Eifersucht und Rache.

Doch über die archaische Schicht legen sich die Sedimente neuzeitlichen Lebens und neuerer Erzählweise. Ständig muß der Leser Zeitsprünge mitvollziehen, immer wieder soll das Fehlen des Satzsubjekts oder -prädikats das Erzähltempo, soll kalkulierte Unverständlichkeit die Spannung steigern. Die Haupthandlung ist ein Bericht an die Erzählerin, die selbst die Konflikte einer Dreiecksbeziehung durchsteht. So erfahren wir die Geschichte des Pfarrers, Bauern und Schmieds Síra Jón, der seine Sinnlichkeit nicht mäßigen kann, die Saga von einer Zeit, in der Handel und Verkehr zu blühen beginnen, Seuchen die Bevölkerung hinwegraffen und sich Menschen gegen die Herrschaft der Kirche auflehnen. Vielleicht liegt es auch an der mangelnden Vertrautheit mit isländischen Personennamen, daß sich der deutsche Leser manchmal wie in einem Irrgarten bewegt, in einem Labyrinth von Namen, Ortswechseln und Handlungsfragmenten. Ein Garnknäuel geistert als mysteriös-magisches Dingsymbol durch den Roman (eine Anspielung auf den Schicksals- und Lebensfaden, den die Nornen spinnen?). Viel Nebel liegt über der Landschaft, leider auch über der Romankonstruktion, und er lichtet sich erst zum Schluß.

Am geschlossensten wirkt noch der Handlungskomplex, der historisch am weitesten zurückreicht, die Geschichte des Diafanus, die in mittelalterlicher Kulisse spielt. Der junge Diafanus reitet an einem Frühlingsmorgen vom heimatlichen Gehöft in die Welt hinaus, begegnet einem Eremiten, gewinnt einen Freund, wird auf märchenhafte Weise in die Liebe eingeführt, gerät aber in eine Stadt, in der die Anhänger der ketzerischen Lehre vom Dritten Reich die Macht ergriffen haben, und wird, nachdem der Bischof die Stadt zurückerobert hat, wegen des Verdachts der Teufelsanbetung gefoltert und kehrt nach der Entlassung zum mütterlichen Gehöft zurück. Merkwürdig islandfremd wirkt diese Geschichte. Kein Wunder - sie steht in einem Buch, das am Ende Síra Jón unter einer Steinplatte vergräbt und das in anderer Sprache in einer Leihbücherei zu finden war. So gibt sich alles Erzählte ausdrücklich als literarische Fiktion zu erkennen.

WALTER HINCK

Alfrún Gunnlaugsdóttir: "Im Vertrauen". Roman. Aus dem Isländischen übersetzt von Andreas Vollmer. Steidl Verlag, Göttingen 2003. 363 S., geb., 19,50 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

"Im Vertrauen" gesagt, murmelt der Rezensent laut und deutlich, dieser Roman der isländischen Autorin Alfrun Gunnlaugsdottir ist eine Qual. Da raunt und fabuliert es durch alle Mottenkisten isländischer Mythen, es gibt das Elfisch-Entrückte, die Tristesse, das Moos, alles was man sich unter Island vorstellen darf, stöhnt Christian Schüle. Drei Erzählstränge werden ausgeworfen und nebulös miteinander verflochten: eine Fabel aus dem späten Mittelalter, eine aus dem 18. Jahrhundert und eine Parabel auf das moderne Island mit einer obsessiven menage a trois. Alles bleibt in dunklen Andeutungen, kritisiert Schüle, die Figuren würden kaum charakterisiert, Orte nicht näher beschrieben, stakkatohaft, monoton und "gerne subjektlos" erzählt. Bestimmt ambitiös gemeint von der isländischen Literaturprofessorin, befürchtet Schüle. Aber für ihre Leser eine Zumutung.

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