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Stirbst du nicht, dann lebst du nicht.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.07.2000

Lustpartie zum Sinai
Ein Roman über Leiden und Leben
eines alternden Paares
Stirbst du nicht, dann lebst du nicht. So lautet das Motto. Um dies zu erhärten, hat Mathias Schröder den Roman Sinai zu Papier gebracht. Der Autor, geboren 1941 in Kassel, praktiziert in München als Arzt und huldigt der Schriftstellerei. Sein Roman Der Krähenbaum wurde für das ZDF sogar verfilmt.
Ungefähr die Hälfte des Textes behandelt den figurenreichen Alltag eines dem Judentum auch privatim verpflichteten Arztes, dessen Edelmut keinen Anlass gibt, ihm Ungutes nachzusagen. Solche Geschichten sind vorzüglich für Geschenkpakete geeignet, mit denen jüngere Leute sich die Nachsicht ihrer in Heime abgeschobenen Mütter und Väter zu erkaufen versuchen.
Das Buch Sinai nun soll uns lehren, wie recht dessen Autor hat, wenn er meint, dass der liebe Gott undenkbar wäre, wenn es den Teufel nicht gäbe. Ohne Gegenspieler kein Spieler. Schön.
Weniger schön ist die epische Handlung geraten, die der Verfasser für diese Niederschrift sich hat einfallen lassen. In groben Zügen skizziert, handelt es sich um die milde Entfremdung eines vordem glücklichen, nun aber von den Wechseljahren heimgesuchten Paares, das, um einander wieder ganz nahe zu werden, zu einer Lustpartie nach Ägypten aufbricht, respektive zu jenem dem Herrgott und seinem Widersacher teuer gewordenen Flecken in der Wüste, wo der Legende nach Moses persönlich, dem heiligen Satanas trotzend, die Tafel mit den Zehn Geboten empfing. Derweil passiert unten der Tanz ums Goldene Kalb. Für Kenner der Bibel nichts Neues.
Nun aber kommt der Haken. Just in Ägypten nämlich erleidet Mathias Schröders Heldin jenen Schlaganfall, dessen traurige Folgen der Romancier zu abwechslungsreich ausmalt, als dass wir sie hier nacherzählen könnten. Richtig ist, die Story läuft so exakt, dass – wie der Volksmund sagen würde – „kein Auge trocken bleibt”. Ärgerlich nur, dass die Spiele mit der so genannten Wirklichkeit immer wieder unterbrochen und gestört werden durch Teufeleien, von denen versichert wird, sie seien nur geträumt.
K. H. KRAMBERG
MATHIAS SCHRÖDER: Sinai. Roman. Matthes & Seitz Verlag, München 2000. 272 Seiten, 29 Mark.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

"Eheleid und Eheglück liegen nicht nur im Leben sehr nah beieinander, sondern auch in den beiden von Bruno Steiger besprochenen "Ehebüchern". Während jedoch der Sammelband "Schlimme Ehen" ganz und gar nichts Gutes verheißt, ist es in Mathias Schröders Roman "Sinai" der unerwartete Zufall, der die "Schlimmheit" in die glückliche Ehe trägt, so der Rezensent.
1.) Koch/Overath (Hrsg.): "Schlimme Ehen" (Eichborn)
Der Sammelband enthält nach Steiger eine sorgfältig zusammengetragene Auswahl schlechter Ehen der Weltliteratur. Die Texte machen dabei erwartungsgemäß weniger "Lust" auf die Ehe als auf die Lektüre der auszugsweise angeführten Texte aus "verschiedenen literarischen Epochen". Als besondere Entdeckung hebt dabei der Rezensent den Briefwechsel zwischen Bettina (geb. Brentano) und Achim von Arnim hervor sowie ein befremdliches Eheritual im Text von Dacia Maraini. Alles in allem ein "schön editierter Band", der allerdings "vielleicht zu viele Autoren mit jedenfalls zu kurzen Textbeispielen" bietet.
2.) Mathias Schröder: "Sinai" (Matthes & Seitz)
Eine zunächst "geradezu fabelhaft ideale Ehe" erwartet den Leser hier, so der Rezensent. Am Anfang stehe das "nicht ohne liebevolle Distanz geschilderte Münchner Alltagsidyll". Das Unglück - ein Hirninfarkt der Frau - bricht im Urlaub über diese Gemeinschaft herein. Was danach kommt, bleibt im Dunkeln. So die kurze und knappe Zusammenfassung des Rezensenten, der trotz des trivial erscheinenden Plots dem Buch eine "Authentizität" bescheinigt, die der Kolportage keine Chance gebe. Dies führt er nicht zuletzt auf die "spröde und einfühlsame Sprache" des Autors zurück. Mehr sagt der Rezensent nicht, und wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass auch in der Rezension einiges im Dunkeln geblieben ist.

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