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Einer der dunkelsten und faszinierendsten Texte Eric Voegelins. Fragment geblieben, behandelt er das Thema der Metaphysikblindheit der Moderne. Peter J. Opitz, der Herausgeber seiner Schriften, geht in einem luziden Nachwort auf die Zusammenhänge seiner Entstehung und den Kontext ein, in dem "Realitätsfinsternis" thematisch und werkgeschichtlich steht. "Durch einen Akt der Imagination kann der Mensch sich zu einem Selbst schrumpfen, das dazu 'verdammt ist, frei zu sein'."

Produktbeschreibung
Einer der dunkelsten und faszinierendsten Texte Eric Voegelins. Fragment geblieben, behandelt er das Thema der Metaphysikblindheit der Moderne. Peter J. Opitz, der Herausgeber seiner Schriften, geht in einem luziden Nachwort auf die Zusammenhänge seiner Entstehung und den Kontext ein, in dem "Realitätsfinsternis" thematisch und werkgeschichtlich steht. "Durch einen Akt der Imagination kann der Mensch sich zu einem Selbst schrumpfen, das dazu 'verdammt ist, frei zu sein'."
Autorenporträt
Voegelin, Eric§Eric Voegelin, 1901 in Köln geboren, war Politikwissenschaftler und Geschichtsphilosoph. Er lehrte bis zu seiner Entlassung 1938 in Wien und emigrierte dann in die USA. Von 1958 bis 1969 war er Professor für Politische Wissenschaft am Geschwister-Scholl-Institut in München und kehrte nach dieser Tätigkeit wieder in die USA zurück, wo er 1985 starb.

Fischer-Barnicol, Dora§Dora Fischer-Barnicol, geboren 1940, lebt in Mannheim. Studium am Dolmetscherinstitut der Universität Heidelberg. Übersetzungen in den Bereichen Philosophie, Religionswissenschaft, Literatur und Physiologie; außerdem langjährige Übersetzungstätigkeit mit japanischen Wissenschaftlern.

Opitz, Peter J.§Peter J. Opitz, 1937 in Brieg/Schlesien geboren, lehrte Philosophie an der Ludwig Maximilians-Universität München und ist Gründer des Eric-Voegelin-Archivs.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.05.2010

Selbstkontraktion

Der 1985 verstorbene Politikwissenschaftler und Geschichtsphilosoph Eric Voegelin gehörte zu den Autoren, die ein Offenbarungserlebnis zum Ausgangspunkt ihrer Theorie machen. Seiner fundamentalen Kritik an der westlichen Moderne gab dies eine Form der Streitbarkeit und Unangreifbarkeit zugleich. Ablehnung oder Zustimmung richten sich nach der Akzeptanz seiner metaphysischen Prämisse. Voegelins von Platon her geschriebene Verfallsgeschichte des westlichen Bewusstseins sieht den Menschen im Zuge der Säkularisierung in eine geistige Krise geraten. Schuld daran sei der Verlust einer aus der Spannung zu Gott gelebten Existenz. In diesen normativen Zusammenhang ordnet sich die kurze, Fragment gebliebene Schrift "Eclipse of reason" ein, die in den siebziger Jahren entstand und jetzt unter dem Titel "Realitätsfinsternis" zum ersten Mal auf Deutsch erschienen ist. Nur auf dem Boden wahrhaften Seins könne sich eine vernünftige politische Ordnung entfalten. Die neuzeitliche Verdunklung der Realität durch ein "kontrahiertes Selbst", das seine Offenheit zu Gott verloren hat, verführe die Vernunft auf die Abwege selbstgemachter Projektionen, die den Zugang zur wahrhaften Erfahrung verdecken. Unter diese fatale Hybris rechnet Voegelin die spekulativen Systeme des Idealismus nicht weniger als die aufklärerischen Selbsterlösungsversuche durch zivilisatorischen Fortschritt und die revolutionäre Aktion des Sozialismus. Die Zeit der großen philosophischen Entwürfe und der politischen Religionen als Produkte hypertropher Selbstermächtigung sei vorbei. Es bleiben Sekundäreffekte wie Liberalismus, Positivismus und Hedonismus, die vor nihilistischem Hintergrund weiterlaufen. Der einsamen Arbeit des Philosophen obliegt es, die Rückkehr aus der Düsternis zur Transzendenz zu schaffen. (Eric Voegelin: "Realitätsfinsternis". Aus dem Englischen von Dora Fischer-Barnicol. Hrsg. und mit einem Nachwort von Peter J. Opitz. Matthes & Seitz Berlin 2010, br., 160 S., 14,80 [Euro].)

thom

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.12.2010

Platons Schockstarre
„Realitätsfinsternis“:
Ein Essay von Eric Voegelin
1989 war der Untergang des letzten großen Gesellschaftsentwurfs besiegelt, gescheitert an der Realität. Dass solche „Realitätsfinsternis“ nicht an einer falschen Umsetzung einer richtigen Idee, sondern im Gestus des Entwerfens selbst liege, begründet der Politologe Eric Voegelin im gleichnamigen Großessay. Voegelin, Gründer des Geschwister- Scholl-Instituts an der Universität München, sah die Totalitarismen als „politische Religionen“, als Ersatzreligionen, und als Einführung zu diesem Gedanken lässt sich auch „Eclipse of Reality“ lesen, das jetzt, begleitet von einer Einordnung durch Peter J. Opitz, erstmals auf Deutsch vorliegt. Seit etwa zweihundert Jahren, so Voegelin, würfen sich bedeutende Philosophen – er analysiert Schiller, Hegel, Comte, Marx – zu Pseudo-Erlösern auf, die zukünftige Paradiese versprächen. Dazu müssten sie anstelle der Ersten eine Zweite Realität und anstelle des Menschen einen Homunkulus, ein „kontrahiertes Selbst“ setzen.
Das Scheitern ist für Voegelin bereits 1967 unausweichlich. Nur folgt dem Primär- ein Sekundärprozess: Obwohl das überschwängliche Projektieren des ausgehenden 18. Jahrhunderts augenscheinlich in die selbstanalytische Verzweiflung des 20. geführt habe, wage der Mensch nicht mehr, zur Realität zurückzukehren, wie sie aus aller Geschichte vom Mythos an ablesbar sei. In den immer gleichen Resten ideologischer Klischees wühlend, reibe sich das Selbst in „aufrichtiger Unaufrichtigkeit“, deformiert von Angst und Entfremdung, schwankend zwischen Hochstimmung und Zynismus, an immer mehr Wirklichkeitsblockaden ab. Die Rettung: zurückzukehren zur vollen Existenz, in der der Mensch immer auf Transzendenz hin ausgespannt sei.
Dass hier am Ende erst Gott als vollkommenes Sein alles Seiende und damit Realität überhaupt verbürgen kann, lässt „Realitätsfinsternis“ so außergewöhnlich erscheinen wie die apodiktische Klarheit, mit der der Autor schreibt und urteilt. Doch Voegelin bleibt auch darin einfach strikt platonisch: Wer angesichts Zweiter Realitäten auf eine Erste hingewiesen wird, reagiert derart verstört und gekränkt, dass er möglichst schnell ins Höhlenkino zurückwill. Egal, welcher Film dort grad läuft. MICHAEL STALLKNECHT
ERIC VOEGELIN: Realitätsfinsternis. Aus dem Englischen von Dora Fischer- Barnicol. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Peter J. Opitz. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2010. 158 Seiten, 14,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Erst sieht es so aus, als wollte Otto Kallscheuer uns Eric Voegelin als vergessenen Intellektuellen vom Schlag eines Adorno oder Löwith in Erinnerung rufen. Anhand von Voegelins düsterer Zeitdiagnostik gelingt ihm das allerdings nur insofern, als er uns das "grandiose Scheitern" des Autors vorstellt. Das von Peter J. Opitz edierte und kommentierte Fragment jedenfalls, in dem Voegelin etwa die Psychose und Sartres Existenzialismus als Belege für die Realitätsfinsternis in der Moderne anführt, lässt laut Rezensent eines ganz schmerzlich vermissen: Einen Gegenentwurf nämlich, ein unabhängiges Kriterium, wie sich ein krankes von einem gesunden Selbstbewusstsein denn unterscheidet. Obgleich Voegelins Diagnose im Anfang stecken bleibt, vermag Kallscheuer ihr dennoch etwas abzugewinnen. Die vom Autor angeführten, freilich gleichfalls verdammten Ersatzrealitäten des an der Moderne erkrankten Menschen (Schillers Universalgeschichte, Comtes Positivismus) scheinen ihn in diesem Kontext immerhin zu beeindrucken.

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