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Ein ungewöhnlich reiches Buch von einem der international renommiertesten Wagner-Kenner. Ein magistrales Buch über Richard Wagner, das sein Werk in überraschenden Zusammenhängen sieht und neue Denkansätze liefert. Richard Wagner ist seit über hundert Jahren auch der "Fall Wagner". Es ist noch immer unmöglich, über ihn zu schreiben, ohne auf Adornos "Versuch über Wagner" und dieses außerordentliche Pamphlet Nietzsches Bezug zu nehmen: Diese zwei entscheidenden Texte über das Phänomen Wagner verwirren noch immer die Karten der Kritik. Der italienische Musikphilosoph Mario Bortolotto nimmt mit…mehr

Produktbeschreibung
Ein ungewöhnlich reiches Buch von einem der international renommiertesten Wagner-Kenner. Ein magistrales Buch über Richard Wagner, das sein Werk in überraschenden Zusammenhängen sieht und neue Denkansätze liefert.
Richard Wagner ist seit über hundert Jahren auch der "Fall Wagner". Es ist noch immer unmöglich, über ihn zu schreiben, ohne auf Adornos "Versuch über Wagner" und dieses außerordentliche Pamphlet Nietzsches Bezug zu nehmen: Diese zwei entscheidenden Texte über das Phänomen Wagner verwirren noch immer die Karten der Kritik. Der italienische Musikphilosoph Mario Bortolotto nimmt mit "Wagner der Dunkle" die Herausforderung an und rechnet mit diesen beiden Texten ab, ebenso wie mit dem Wagnerismus und den Wagnerianern. Er befreit die Sicht auf Wagner gleichermaßen von seinen Apologeten und seinen Feinden und zeigt uns einen unvermuteten und überraschenden Künstler: den Mythenpoeten und Schalk, der Aristophanes mehr liebte als die Tragiker, einen Schüler Schopenhauers und der Upanischaden. Bortolotto rückt Wagners Werk mit seiner dramatischen Ballung und mit seiner alles seit Bach überbietenden Phantasie in die Nähe von Joyce und Artaud, Bataille und Lévi-Strauss, Strawinsky und Boulez - inmitten die Moderne des 20. Jahrhunderts. Er zeigt darüber hinaus, daß mit ihm die Psychologie in der Musik beginnt - aus ihr stammen Schönberg und Berg. Ohne sich auf eine vordergründig-politische Ebene einzulassen zeigt Bortolotto aber auch, dass Wagners Musik politische Musik ist.Musik, die die Welt unter ihren Druck setzt. Die italienische Presse urteilte über "Wagner der Dunkle": Ein "ungeheuer weiträumiger Essay eines großartigen Musikkritikers, ein Buch, das in die Abgründe der europäischen Décadence" führt und eine "Atmosphäre gefühlter Zeitgenossenschaft" schafft. (Il Foglio / La Stampa)
Autorenporträt
Bortolotto, Mario
Mario Bortolotto ist Musikhistoriker und Musikkritiker. Er ist Autor wichtiger Bücher über Musik und Kultur des 19. Jahrhunderts. Neben Wagner der Dunkle, seinem ersten Buch in deutscher Sprache, sorgte besonders sein Buch über das deutsche romantische Lied von Schubert bis Webern in der Fachwelt für Aufmerksamkeit.

Palézieux, Nikolaus de
Nikolaus de Palézieux, 1950 in Zürich geboren, ist Autor und Übersetzer. Zuletzt bei Matthes & Seitz Berlin: Wagner. Das Dunkle von Mario Bortolotto.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Dunkel, wirklich! Jens Malte Fischer tappt in diesem Buch herum, wie in einem überdimensionalen Zettelkasten. Was der Musikphilosoph Mario Bortolotto verzapft hat, steht für ihn in der Tradition einer raunend "Bildungsgeröll" um sich anhäufenden kulturwissenschaftlichen Literatur, die ihren Gegenstand nur noch weiter entrückt. Bortolotto, meint Fischer, gelingt das vorzüglich, indem er möglichst Unverständliches von sich gibt (den Übersetzer trifft nach Fischers Ansicht ausdrücklich keine Schuld!), uralte Gerüchte aufwärmt und alles ganz "ohne konzise Thesenentwicklung und Beweisführung", dafür garniert mit "drucktechnisch mäßigen", fehlerhaften Notenfaksimiles und wenig originellen musikalischen Analysen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.06.2007

Über Stock und über Steine
Mit Wagner im Dunkeln: Mario Bortolotto lässt die Schnipsel seines Zettelkastens ungeordnet zu Boden fallen
Man hat in dem Wagner-Buch des italienischen Musikphilosophen Mario Bortolotto erst fünf Seiten gelesen, da stolpert man schon über einen Satz im Kontext einer Bemerkung über Wagners Pamphlet „Das Judentum in der Musik”: „Der antisemitische Unterton gehört einzig dem Wagnerismus der Küster an, nicht dem der Priester; die Küster waren seine Bankiers, die von seiner Abstammung von der Edda überzeugt waren.” Als Leser möchte man kommentieren: „Doch was du singend mir sagst, staunend versteh ich’s nicht” (Siegfried zu Brünnhilde). Oder anders gesagt: Wer diesen Satz erklären kann, dem sollte eine Freikarte in Bayreuth winken.
Man will sich als pflichtbewusster und gerechtigkeitsempfindlicher Rezensent vergewissern, wer hier Unverständliches von sich gibt: der Autor oder der Übersetzer. Man besorgt sich das italienische Original, und siehe da: Die Übersetzung ist durchaus korrekt, die Rätselhaftigkeit geht auf das Konto des Autors, und es ist nicht die einzige in diesem Buch.
Raunen und Munkeln
Die Übersetzung ist keineswegs unfehlbar, vor allem nicht in musikalischen Sachverhalten. Dass das Schwert Nothung im „Ring” durch die Posaune motivlich Klang wird, statt durch die Trompete, beruht auf der Verwechslung von „tromba” mit „trombone”. Der Begriff „Melodramma” ist nicht mit „Melodrama” zu übersetzen, sondern in diesem Zusammenhang schlicht mit „Oper”. Vor allem sollte sich ein Übersetzer hüten, vermeintliche Irrtümer des Originals stillschweigend zu verbessern: die Freundin Nietzsches Malwida von Meysenbug wird in diesem Buch durchgehend „Meysenburg” genannt, aber der Autor hatte sie korrekt buchstabiert.
Es ist üblich geworden, Übersetzer in Rezensionen anzugiften, aber in diesem Fall wird man auch Mitleid empfinden müssen: Zwischen Priestern und Küstern geht es über Richard Wagner so holterdiepolter her, dass man sich an Walter Benjamins scherzhaftes Motto zu seinem „Ursprung des deutschen Trauerspiels” erinnert fühlt: „Über Stock und über Steine, aber brich dir nicht die Beine”.
In diesem Fall hätte die Unfallchirurgie mehr als genug zu tun. Das beginnt mit der ungeprüften Übernahme uralter Klischees und Gerüchte, angereichert durch ärgerliche Fehler: Der jüdische Pianist und Wagnerianer Joseph Rubinstein hat zwar Selbstmord begangen, aber nicht auf dem Grab Wagners in Bayreuth, sondern im fernen Luzern. Der jüdische Bankier „N. Cohn” war keineswegs der „Verwalter von Bayreuth”, sondern hieß Moritz C., war Hofbankier Wilhelms I. und verwaltete im fernen Berlin nur die Finanzen des Bayreuther Patronatsvereins. Der Komponist Bellini kann sich nicht kritisch über Wagner geäußert haben, als er 1835 starb, war Wagner 22 Jahre alt, Kapellmeister in Magdeburg und über die Grenzen dieser Stadt hinaus nicht bekannt.
Ärgerlicher als solche Irrtümer ist, dass Bortolotto ein offensichtlich unaustilgbares Gerücht wieder aufwärmt: dass Wagners Stiefvater Ludwig Geyer „vermutlich Jude” war, vermutlich der Vater Wagners und deswegen Wagner vermutlich „Halbjude”. Die Vaterschaft Geyers ist durch nichts zu belegen, seine Jüdischkeit schon gar nicht – Martin Gregor-Dellin hat das vor fast 30 Jahren widerlegt, aber das scheint nichts zu nützen. Uraltgerücht ist auch, dass der erste Sänger des Tristan, Schnorr von Carolsfeld, an den Anstrengungen der Rolle gestorben sei; man fasst es nicht, dass diese Story hier wieder fröhliche Urständ feiert.
Schwerer als alle Fehlleistungen wiegt der hochfahrende Gestus des Autors, ein Gestus des Raunens und Bedeutung suggerierenden Munkelns, der leider nicht ganz untypisch ist für eine bestimmte Spielart gerade italienischer geistes- und kulturwissenschaftlicher Literatur, sofern sie sich mit Gegenständen beschäftigt, denen bereits von Hause aus das „Dunkle” anzuhaften scheint: Wagner, Nietzsche und Benjamin sind die Hausgötter dieser verschwurbelten Exklusivität. „Wagner der Dunkle” heißt programmatisch das Buch. Die angestrebte Bedeutungserhöhung versucht Bortolotto durch Bildungsgeröll zu erreichen, das aus Zitaten und Gewährsleuten aus allen Zeiten und Kulturen besteht. Das kann innerhalb weniger Absätze von Bataille zu Canetti, von Benn zu Platon, von Swinburne zu Cage, von Lyotard zu Mallarmé, von Wittgenstein zu Blanchot und von Heidegger zu Proust führen.
Die schwierige Harfe
Wie von einem unermüdlichen Blasebalg hochgewirbelt, fallen die Schnipsel des Zettelkastens ungeordnet zu Boden. Eine typische Wortkaskade des Buches sieht dann so aus, die Beziehung Nietzsches und Wagners betreffend: „Den Kreuzungspunkt der beiden für die moderne Musik schicksalhaften Kometen hätte kein Theater ermöglichen können außer der boulevardière, dem Boulevardtheater, zwischen Eugène Scribe und Henri Meilhac, zwischen Gyp und Octave Feuillet. Der verfängliche Theoretiker der französischen Operette, der Bewunderer, ja der Fan von Mlle. Judic, der plötzliche Exeget Jacques Offenbachs, Joaquín Valverdes und Edmon Audrans (drei Begriffe, die einen zukünftigen Karl Kraus ergeben sollten) konnte sein Logbuch nicht unter günstigere Sterne stellen. Der Teratologe Nietzsche lernte, sich herumzutreiben, mehr als es schicklich war, aber er ging nicht über zur ,Musichetta‘, wie es der strenge Curt von Westernhagen mit offizieller Dumpfheit aussprach, als Hüter Bayreuths. Man kann allerdings kaum Nietzsches Gehör bezweifeln, wie es wiederholt und nach so vielen Unwissenden auch der so aufmerksame Joseph Kerman tat.” Der hier apostrophierte Karl Kraus nannte so was „Desperanto”.
Dass Bortolottos Buch vor allem zwei Ziele habe, nämlich einerseits mit Nietzsches „Fall Wagner” und mit Adornos Wagner-Buch abzurechnen und andererseits Wagners Werk mitten in die Moderne des 20. Jahrhunderts zu rücken, das kann man eigentlich nur dem Klappentext entnehmen. Der Text löst diesen Anspruch nicht ein, sondern mäandert assoziativ am chronologischen Faden der Werkentwicklung entlang, ohne konzise Thesenentwicklung oder Beweisführung. Nietzsche kommt häufig vor, Adorno nur mit wenigen pointillistischen Bemerkungen.
Die Notenfaksimiles sind drucktechnisch mäßig und leider aus den alten, fehlerhaften Eulenburg-Partituren genommen, anstatt aus der Richard-Wagner-Gesamtausgabe. Die musikalischen Analysen bewegen sich in traditionellen Bahnen, sind allerdings für die hier anvisierte Leserschaft allzu spezialistisch formuliert. Zu diesem musikwissenschaftlichen Proseminarstil kontrastiert die verquollene Rabulistik der „philosophischen” Exkurse auf befremdliche Weise, nirgends gelingt eine Verzahnung der beiden Ebenen. Manchmal wird’s auch komisch: „Die Harfe ist ein außerordentlich schwieriges Instrument, wenn man es nicht zu spielen weiß” – in der Tat.
Es muss an Wagner liegen, dass es sicherlich keine Erscheinung der Kulturgeschichte gibt, an der ein solch unübersichtlicher Wust von Literatur extrem unterschiedlicher Qualität sich angelagert hat. Nietzsche hat alles vorausgesehen: „Wagner wirkt wie ein fortgesetzter Gebrauch von Alkohol. Er stumpft ab, er verschleimt den Magen ... Ah, dieser alte Minotaurus! Was er uns schon gekostet hat! Alljährlich führt man ihm Züge der schönsten Mädchen und Jünglinge in sein Labyrinth, damit er sie verschlinge”. JENS MALTE FISCHER
MARIO BORTOLOTTO: Wagner der Dunkle. Matthes & Seitz, Berlin 2007. 460 Seiten, 39,80 Euro.
Wagner, so wusste Nietzsche, wirkt wie fortgesetzter Gebrauch von Alkohol. Aufführung des „Rings” in der Regie von Patrice Chéreau. Foto: wdr/sv-bilderdienst
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Die italienische Presse urteilte über "Wagner. Das Dunkle": Ein "ungeheuer weiträumiger Essay eines großartigen Musikkritikers, ein Buch, das in die Abgründe der europäischen Décadence" führt und eine "Atmosphäre gefühlter Zeitgenossenschaft" schafft. (Il Foglio / La Stampa)