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"Der Papst der römischen Kirche ist der Nachfolger des Petrus, dem Christus die Schlüsselgewalt am Tor zum Himmel übertragen hat. Das ist, in einem Satz, die spirituelle Grundlage der Macht des mittelalterlichen Papsttums. (...) An dieses Fundament rührt ein beispiellos kühner Dialog, der seit jeher dem Humanisten Erasmus von Rotterdam zugeschrieben wird. Ein soeben verstorbener Papst, der gewaltsame und weltliche Julius II., den wir vor allem als Auftraggeber Raffaels und Michelangelos im Gedächtnis haben, gelangt an die Himmelspforte und wird von Petrus nicht eingelassen.Wer sich mit der…mehr

Produktbeschreibung
"Der Papst der römischen Kirche ist der Nachfolger des Petrus, dem Christus die Schlüsselgewalt am Tor zum Himmel übertragen hat. Das ist, in einem Satz, die spirituelle Grundlage der Macht des mittelalterlichen Papsttums. (...) An dieses Fundament rührt ein beispiellos kühner Dialog, der seit jeher dem Humanisten Erasmus von Rotterdam zugeschrieben wird. Ein soeben verstorbener Papst, der gewaltsame und weltliche Julius II., den wir vor allem als Auftraggeber Raffaels und Michelangelos im Gedächtnis haben, gelangt an die Himmelspforte und wird von Petrus nicht eingelassen.Wer sich mit der aufgewühlten geistigen Lage vor dem Sturmlauf der Reformation bekannt machen will, sollte dieses brillante Stück lateinischer Prosa lesen, das Werner von Koppenfels jetzt zweisprachig mit deutscher Übersetzung herausgegeben hat. Schon Dante hatte einzelne Päpste in die Hölle geschickt; doch so schneidend, so witzig und zugleich so grundsätzlich umfassend war die Institution des Papsttums vorhernoch nie angegriffen worden."Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung
Autorenporträt
Erasmus Desiderius von Rotterdam zählt zu den bedeutendsten Repräsentanten des philosophischen Humanismus. Als Philologe und Kirchenkritiker bestimmte er wesentlich die Grundlagen der protestantischen Bewegung mit.

Werner von Koppenfels ist Professor für Englische Philologie an der Universität München.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

An dieser Erasmus von Rotterdam zugeschriebenen satirischen Schrift hatte, wie Gustav Seibt weiß, Martin Luther sein Vergnügen und auch ihn fesselt und amüsiert sie als bissiger Kommentar zum Papsttum kurz vor der Reformation. Die zweisprachige Ausgabe nebst fundierten Anmerkungen demonstriert nicht nur die Kühnheit, mit der Erasmus die Lasterhaftigkeit des bereits verstorbenen Papstes Julius II. anprangert, so der Rezensent beeindruckt. Er zeigt den Renaissance-Papst eben auch als modernen Menschen, der sich in seinen "Freiheitsmöglichkeiten" nicht einschüchtern lässt, und zugleich ein "neues Heidentum", das mit der Reformation in seine Schranken verwiesen wurde, so Seibt fasziniert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.04.2012

Dieses Buch las Luther gern
Wie sich ein ruchloser Pontifex verteidigt: Erasmus lässt den Renaissance-Papst Julius II. am Himmelstor warten
Der Papst der römischen Kirche ist der Nachfolger des Petrus, dem Christus die Schlüsselgewalt am Tor zum Himmel übertragen hat. Das ist, in einem Satz, die spirituelle Grundlage der Macht des mittelalterlichen Papsttums. Es beanspruchte die Verwaltung des Seelenheils und gründete darauf seinen Riesenapparat von Strafen und Bußen, finanzielle Kompensationen eingeschlossen. Selten hat eine Religion den Glauben ihrer Anhänger so konsequent in Macht und Geld ummünzen können wie die katholische Kirche.
An diese Fundamente rührt ein beispiellos kühner Dialog, der seit jeher dem Humanisten Erasmus von Rotterdam zugeschrieben wird: Ein soeben verstorbener Papst, der gewaltsame und weltliche Julius II., den wir vor allem als Auftraggeber Raffaels und Michelangelos im Gedächtnis haben, gelangt an die Himmelspforte und wird von Petrus nicht eingelassen. Die Schrift „Julius exclusus e coelis“ entstand in der kurzen Zeit zwischen dem Tod des Papstes im Jahr 1513 und Luthers Wittenberger Thesenanschlag im Jahr 1517; der Reformator hat das scharfe Büchlein gern gelesen.
Wer sich mit der aufgewühlten geistigen Lage vor dem Sturmlauf der Reformation bekannt machen will, sollte dieses brillante Stück lateinischer Prosa lesen, das Werner von Koppenfels jetzt zweisprachig mit deutscher Übersetzung und gründlichen Erläuterungen herausgebracht hat. Schon Dante hatte einzelne Päpste in seine Hölle geschickt; doch so schneidend, so witzig und zugleich so grundsätzlich umfassend war die Institution des Papsttums vorher noch nie angegriffen worden – kein Wunder, dass der Verfasser sich nicht offen zu seinem satirisch-theologischen Werk bekennen wollte, weshalb es bis heute Zweifel an der Autorschaft des Erasmus gibt. Dass sie wenig begründet sind, erläutert von Koppenfels schlüssig. Jedenfalls hielten die meisten Zeitgenossen den damals schon weltberühmten Gelehrten für den Urheber, was dem Text zusätzliche Wucht verlieh.
Petrus, der nicht allwissend ist, fragt aus dem am Himmel anklopfenden Julius Stück für Stück alle Untaten einer kriegerischen, prunksüchtigen, sogar lasterhaften Regierung heraus. Das führt unweigerlich zur Befragung des Kirchenbegriffs: Kann ein Papst mit einem solchen Sündenregister noch Papst sein? Ja, sagt Julius, der Papst bleibt immer Papst – auch bei Mord! –; er ist die Kirche, und nicht etwa das in einem Konzil versammelte Gottesvolk. So weit, so nachvollziehbar die wichtigen historischen Fragen dieser Epoche. Literarisch kühn und großartig aber ist, dass Erasmus dabei nicht stehen bleibt. Denn sein Julius redet seine Weltlichkeit gar nicht klein, nein, er bekennt sich offensiv zu irdischem Glanz, Machtgenuss, zu jener Ruchlosigkeit, die man seit dem 19. Jahrhundert als „Renaissance-Menschentum“ auch gefeiert hat. Zwar wird er von Petrus feierlich verworfen, aber das kann ihm die irdischen Freuden eines goldenen Throns, des Donners der Kanonen und des Geschmetters von Hörnerfanfaren nicht verderben.
Papst Julius II. ist hier ein stolzer Frevler und darum vielleicht ja, wie Koppenfels darstellt, ein Nachfahr des „miles gloriosus“, des Soldaten-Aufschneiders der römischen Komödie; vor allem ist er ein schon ziemlich moderner Mensch, der jene von keiner Transzendenz mehr eingeschüchterte Freiheitsmöglichkeit verkörpert, die Friedrich Nietzsche zufolge von Luther erst einmal wieder aufgehalten wurde. Der Text blättert ein Kapitel in der postchristlichen Geschichte des Bösen auf, also eines neuen Heidentums, welches das Christentum gleichsam schon wieder hinter sich hat. Erasmus von Rotterdam war doch nicht nur der sanfte Humanist, als der er heute erinnert wird.
GUSTAV SEIBT
ERASMUS VON ROTTERDAM: Papst Julius vor der Himmelstür. Julius exclusus e coelis. Lateinisch-deutsch. Übersetzt und erläutert von Werner von Koppenfels. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Mainz 2011. 213 Seiten, 15 Euro.
So schneidend, so witzig und
so grundsätzlich war das Papsttum
noch nie angegriffen worden
Julius II., Papst von 1503 bis 1513, war kriegerisch, machtgierig und versessen auf äußere Pracht. In einem dem Humanisten Erasmus zugeschriebenen Dialog muss er sich an der Himmelspforte gegenüber Petrus für seine Amtsführung rechtfertigen. Sein berühmtes Porträt von Raffael – hier ein Ausschnitt – hängt in der National Gallery in London.
Abb.: Bridgeman Art Library
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.06.2012

Totengespräch
"Papst Julius vor der Himmelstür" neu übersetzt

Als himmlischer Türsteher ist man schon geplagt: Männer in seltsamer Tracht verlangen hochnäsig und völlig grundlos Einlass. "PETRUS: Sehen? Was ich sehe, ist ein höchst merkwürdiges, mir bislang unbekanntes Spektakel, um nicht zu sagen: ein Monstrum." Das Wesen entpuppt sich als Papst Julius II. (1443 bis 1513). Und ein Papst hat nicht alle Zeit der Welt: "Mir steigt die Galle hoch! Denen schlag ich glatt die Tür ein! Heda, he!" Zwischen Petrus und Julius II. entspinnt sich ein Wortwechsel: Prahlerei und Kritik, Beschimpfung und Einspruch wechseln sich ab. Thema: Leben und Verdienst des verstorbenen Papstes sowie das Verdikt seines illustren Vorgängers, das wenig schmeichelhaft ausfällt.

Erasmus von Rotterdam, der berühmteste der Humanisten, hat mit "Julius exclusus e coelis" eine der bissigsten Satiren aller Zeiten geschrieben. Öffentlich hat er sich zu dem 1517 anonym erschienenen Text nie bekannt. Schonungslos führt er ein geistliches Oberhaupt vor, das völlig verweltlicht ist: "Schließlich wußte ich genau, daß ohne Geld gar nichts zu machen ist, nichts Heiliges und auch nichts Weltliches." Erasmus weiß, was er seine Figur sagen lässt: 1506, im besiegten Bologna, war er Zeuge des heidnischen Triumphzugs von Julius II.; die blutige Territorialpolitik im Namen der Kirche hat er bereits im "Lob der Torheit" (1511) verurteilt. Der Dialog lässt den Papst Auskunft geben über Herkunft, Machterwerb sowie über die Schachzüge, mit denen er Italien unter seiner Herrschaft einen wollte. Zynisch lässt er Julius II. schlimmste Fehler und Vergehen als von Amts wegen entschuldbar darstellen: Auch wenn er "ungebildeter als ein Holzklotz und schmutziger als die Lerna" sei, müsse man zu ihm als "dem heiligsten der Menschen aufsehen". Wer "so offensichtlich kriminell, dem Trunk ergeben, mörderisch, ein Simonist, Giftmischer, Meineidiger, Raffgieriger, ganz besudelt von monströsen Lüsten" sei, könne nur Satan als Stellvertreter dienen. Der Papst als Teufelspriester: Die paradoxe Spitze fällt ein vernichtendes Urteil; Luther, der Julius II. als "Blutsäufer" beschimpft, stimmt mit Erasmus überein.

Die Kritik wäre nichts ohne ihre literarischen Mittel: Von Seneca weiß Erasmus, dass Kaiser Kürbissen gleichen können, von Lukian kennt er die Gattung des satirischen Totengesprächs. Auch aus der Komödientradition schöpft er: Julius II. wird als Steigerung des Miles Gloriosus inszeniert, des soldatischen Prahlhanses aus Plautus' Stücken. Mit Wortwitz kann Erasmus stechen: Aus den päpstlichen Bullen macht er Blubberblasen, die er laut platzen lässt. Dem Soldatenpapst antwortet der Gelehrte mit der Schneide des Wortes.

Der Übersetzer Werner von Koppenfels ist in Sachen Satire einschlägig ausgewiesen. In der Tat: Die Übertragung ist frisch, das Nachwort lesenswert. Die schöne Reihe "excerpta classica" bietet derzeit die einzige Einzelausgabe von "Papst Julius vor der Himmelstür", ja die einzige neuere Übersetzung überhaupt. Es ist zu hoffen, dass Erasmus' Dialog von der Renaissancebegeisterung, die Fernsehserien wie "Die Tudors" und "Borgia" ausgelöst haben, profitiert: An Witz und deftigen Details mangelt es ihm nicht.

NIKLAS BENDER

Erasmus von Rotterdam: "Papst Julius vor der Himmelstür/Julius exclusus e coelis".

Zweisprachige Ausgabe, hrsg. von Werner von Koppenfels. Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung, Mainz 2011. 216 S., br., 15,- [Euro].

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