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Produktdetails
  • Verlag: Rowohlt, Berlin
  • Seitenzahl: 282
  • Abmessung: 220mm
  • Gewicht: 589g
  • ISBN-13: 9783871343506
  • ISBN-10: 3871343501
  • Artikelnr.: 08226308
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.03.2000

Geschichte aus der Starre der Zahlen lösen
Zu zwei Büchern über den Holocaust, die für junge Leser gedacht sind
BARBARA ROGASKY: Der Holocaust. Ein Buch für Junge Leser, Rowohlt, Berlin 1999. 283 Seiten, 29,80 Mark.
STÉPHANE BRUCHFELD / PAUL A. LEVINE: Erzählt es euren Kindern. Der Holocaust in Europa. C. Bertelsmann Jugendbuch Verlag, München 2000. 160 Seiten, 14,90 Mark.
Wie viele Bücher es wohl zum Holocaust gibt? Selbst wenn man die Fachliteratur nicht berücksichtigt, nur Publikationen für die breite Leserschaft der Nichtspezialisten bedenkt: das Richtige auszuwählen überfordert jeden – und ganz bestimmt Eltern und Lehrer, die für Kinder eine Vorauswahl treffen müssen.
Was also sage ich meinen Kindern – und wie sage ich es ihnen? Welche Mindestinformationen sind nötig, welchen Ton gilt es anzuschlagen, damit an dieses Kapitel der Weltgeschichte angemessen erinnert wird? Es ist kein Zufall, dass diese Frage jetzt gestellt wird, da die Generation der Urenkel heranwächst, für die das „Dritte Reich” so fern und so unvorstellbar ist wie das deutsche Kaiserreich.
Zwei jüngst zu dem Thema erschienene Bücher sind Übersetzungen. Das eine, von der amerikanischen Kinderbuchautorin Barbara Rogasky, wendet sich direkt an „junge Leser”; das andere, in Schweden im Rahmen des Projekts „Levande Historia” (Lebendige Geschichte) herausgebracht, stellt eine Art Handreichung für Eltern und Lehrer dar.
Wer jemals mit der Vermittlung von Stoff zur Zeitgeschichte zu tun hatte, das eben nicht Stoff bleiben sollte, nicht nur ein Lern-Pensum, der weiß: Es gibt keinen besseren Zugang als Literatur. Gute Kinderbücher, die Empathie ermöglichen, jene emotionale Beteiligung also, die Voraussetzung ist für Wissenwollen, gibt es dabei genug. Ob Kerrs „Rosa Kaninchen” oder Leroys „Gelber Vogel”, ob neuere Literatur wie Uri Orlovs „Bleisoldaten”, Klassiker wie das Tagebuch der Anne Frank oder die in den 70er Jahren veröffentlichten Erinnerungen Max von der Grüns an eine widerständige Kindheit im oberpfälzischen Selb: Sie machen Hunger nach Wissen, geben Anstoß zur Beteiligung, sind geeignet, Kinderherzen aufzuschließen – man muss es so pathetisch sagen, denn genau darum geht es.
Die falschen Fragen
Und eben am Mangel solcher Kraft zur Einfühlung krankt Rogaskys Buch. Das liegt nicht zuletzt an der unangemessenen Sprache, den simplen und simplifizierenden Höchstens-zwölf-Wörter-Sätzen, die kontrastieren mit den Zitaten und Zeugnissen. Zu breiten Raum nimmt zudem die Diskussion der Frage „Warum haben sich Juden wie Lämmer zur Schlachtbank führen lassen?” ein (und quasi als Wiedergutmachung dann die überproportionale Behandlung des jüdischen Widerstands); sie mag amerikanische Leser bewegen, für deutsche stellen sich andere Fragen.
Vorbildlich dagegen gelingt es den Historikern Stéphane Bruchfeld und Paul A. Levine, Geschichte aus der Starre von Daten, Zahlen und Begriffen zu lösen, sie aufzulösen in Geschichten. Mit knappen, erläuternden Texten, gestützt auf mit großem Fingerspitzengefühl ausgesuchte Bilder und Dokumente (so roh, wie es manche Fernsehserien glauben machen, sind Kinder nicht), ordnen die Autoren das immense Material, unterschlagen nichts, erfüllen ihre Aufgabe, einen Ausgangspunkt für begleitende Gespräche zu schaffen: über das, was geschehen ist, und das, was als Konsequenz aus dem Geschehenen zu ziehen ist – auch für Erwachsene.
ELISABETH BAUSCHMID
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Elisabeth Bauschmid bespricht dieses Buch zusammen mit "Erzählt es euren Kindern - der Holocaust in Europa" von Stéphane Bruchfeld und Paul A. Levine (C. Bertelsmann). "Was sage ich meinen Kindern - und wie sage ich es ihnen?", sei die Grundfrage beider Bücher. Als besten Weg in das Verständnis des historischen Grauens sei eigentlich Literatur, meint die Rezensentin und erinnert an Bücher wie das "Rosa Kaninchen". Genau diese Einfühlung gelinge Rogasky aber nicht. Bauschmid kritisiert, dass es der Frage, warum sich die Juden wie Lämmer zur Schlachtbank hätten führen lassen, aber auch dem jüdischen Widerstand viel zu großen Platz einräume. Hier sei das Buch offensichtlich allzusehr aus amerikanischer Perspektive geschrieben und für das deutsche Publikum kaum geeignet. Wesentlich gelungener findet Bauschmid darum das Buch von Stéphane Bruchfeld und Paul A. Levine: Diesen Autoren gelinge es, das Geschehen in Geschichten aufzulösen, die für Kinder und Jugendliche nachvollziehbar seien.

© Perlentaucher Medien GmbH
Eines der besten Bücher für junge Erwachsene aus den letzten 25 Jahren Amerikanische Gesellschaft für Sprache, ALA