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Emanuel Goldberg war Chemiker, Ingenieur und Gründer von Zeiss Ikon. Er beeinflusste maßgeblich die Bildtechnologie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ist Emanuel Goldberg der Erfinder der ersten Suchmaschine? 1925 bereits entwickelte er ein Gerät, das das Suchen, Auffinden und Anzeigen von beliebig vielen Dokumenten möglich machte. In dieser Statistischen Maschine, wie er sie nannte, kamen verschiedenste Technologien auf kreative Art und Weise zusammen: Mikrofilm für das Speichern von Dokumenten; Lochkarten für die Spezifikation der Suchanfragen; Elektronik für das Erkennen von…mehr

Produktbeschreibung
Emanuel Goldberg war Chemiker, Ingenieur und Gründer von Zeiss Ikon. Er beeinflusste maßgeblich die Bildtechnologie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Ist Emanuel Goldberg der Erfinder der ersten Suchmaschine? 1925 bereits entwickelte er ein Gerät, das das Suchen, Auffinden und Anzeigen von beliebig vielen Dokumenten möglich machte. In dieser Statistischen Maschine, wie er sie nannte, kamen verschiedenste Technologien auf kreative Art und Weise zusammen: Mikrofilm für das Speichern von Dokumenten; Lochkarten für die Spezifikation der Suchanfragen; Elektronik für das Erkennen von Codierungsmustern; Optik; Kinematographie für die beweglichen Teile; und Telefonie für die Dateneingabe. Goldberg leistete Pionierarbeit, denn die Statistische Maschine scheint der erste Bildschirmarbeitsplatz mit elektronischen Komponenten gewesen zu sein und darüber hinaus das erste System zur Auffindung von Dokumenten, das über die Lokalisation von Einträgen mit bereits bekannten Positionsadressen hinausging und sich dem wesentlich anspruchsvolleren Unterfangen widmete, Dokumente hinsichtlich bestimmter Suchkriterien suchen, auswählen und abbilden zu können.
Michael Buckland zeichnet hier eine unglaubliche Lebensgeschichte nach, die nicht nur Goldbergs Kreativität und Genialität honoriert, sondern auch ein intellektueller und gesellschaftlicher Spiegel einer historisch wichtigen Zeit für die Geschichte der Informationswissenschaften und Technologie ist.
Autorenporträt
Michael Buckland, geboren 1941 in England, ist emeritierter Professor der School of Information der University of California, Berkeley. Nach einem Studium der Geschichte und des Bibliothekswesens zog er 1972 in die Vereinigten Staaten und wurde Dekan der School of Library and Information Studies in Berkeley und Präsident der American Society for Information Science. Buckland ist Autor zahlreicher Publikationen, u. a. zur Geschichte des Informationsmanagements.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.12.2010

Vater des Hypertexts
Michael Buckland revidiert die Vorgeschichte des PC

Vannevar Bush, Cheforganisator des Manhattan Project und als Forschungsdirektor verantwortlich für die Koordination der gesamten amerikanischen Weltkriegstechnologie, gilt als einer der Ahnherren der PC-Ära. Diesen Status verdankt Bush einem unscheinbaren, im Mai 1945 publizierten Aufsatz. Er trägt den Titel "As We May Think", handelt von einem seltsamen Schreibtisch namens "Memex" und gilt nicht zuletzt als erste Beschreibung der Prinzipschaltung des Hypertexts.

Michael Buckland ist es zu verdanken, dass dieses Heldenepos nun revidiert werden kann. Dafür ist im Gegenzug das aus den Annalen der Wissenschaftsgeschichte nahezu vollständig gelöschte Leben eines anderen Mannes wiederzuentdecken, dasjenige des russisch-jüdischen Chemikers und Pioniers der Phototechnik, Emanuel Goldberg (1881-1970).

Der 1881 in Moskau geborene, in bürgerlich-behüteten Verhältnissen aufgewachsene Goldberg studierte an den renommiertesten naturwissenschaftlichen Ausbildungsstätten des Deutschen Kaiserreichs, bei Adolf Miethe an der TU Charlottenburg und bei Wilhelm Ostwald in Leipzig. Seine außerordentlichen Fähigkeiten führen Goldberg dabei rasch in das Gebiet der prosperierenden Photochemie, was ihm bereits 1907, im Alter von sechsundzwanzig Jahren, eine Professur an der Königlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig einbringt. Am Ende des Ersten Weltkriegs wird Goldberg von der Firma Carl Zeiss Jena abgeworben und zum Gründungsdirektor und Vorstandsmitglied der Zeiss Icon AG. 1933 flieht er vor den Nationalsozialisten nach Palästina.

Bei Zeiss entwickelt er die erste tragbare Amateur-Filmkamera, "Kinamo" (1922), und die "Contax I" (1932), eine standardsetzende Kleinbildkamera. Aber die Grundlagenforschung, insbesondere auf dem Gebiet der Mikrophotographie, stellte er deshalb nicht ein. Und genau hier liegt der Grund, warum Emanuel Goldberg und nicht Vannevar Bush als der geistige Vater und auch als erster Konstrukteur einer Dokumentverschaltungs- und Suchmaschine wie der "Memex" gelten muss. Bereits 1925 präsentiert Goldberg eine bahnbrechende Methode zur Mikrophotographie von Schriftstücken und Bildern, eine Technik, deren Bedeutung Bush immer wieder hervorhob.

Das entscheidende Element von "Memex" ist jedoch nicht die mikroskopische Verkleinerung, sondern vielmehr ein Suchmechanismus, der anhand von vorgegebenen Begriffen die entsprechenden Dokumente aus dem Speicher holt und mit Hilfe eines photoelektrischen Abtastmechanismus auf einen Bildschirm projiziert. Eine technische Lösung für dieses Verfahren reicht Goldberg 1927 als internationales Patent ein. Zudem stellt er vier Jahre später einen Schreibtisch vor, der erstaunliche Ähnlichkeiten zur "Memex" aufweist. Auch wenn die drei Prototypen - einschließlich Goldbergs eigenem Exemplar mit in den Schreibtisch eingelassenem Bildschirm - bei den Luftangriffen auf Dresden im Februar 1945 wahrscheinlich zerstört wurden, ist hellsichtigen Zeitgenossen dieser technologische Durchbruch nicht verborgen geblieben. So vermerkte etwa Michael Gesell bereits 1926, dass sich mit Goldbergs Mikroaufnahmen eine Nationalbibliothek bequem auf Westentaschenformat verkleinern lasse.

Michael Buckland ist jeder noch so unscheinbaren Spur nachgegangen. Seine Kunst der Recherche ist bewundernswert, und sie setzt einen Maßstab für Historiker der Informationsverarbeitung. Und noch in einer anderen Hinsicht kann dieses Buch als Lehrstück dienen. Zeichnet es doch die Stationen eines Lebens nach, das aus den Lehrbüchern, Darstellungen der Disziplin und der Firmengeschichte von Zeiss getilgt wurde.

Die Gründe dafür werden sorgsam analysiert: Von ehemals nationalsozialistischen Parteigängern, die sich nach 1945 in den Vordergrund spielen wollten, bis zu Vannevar Bushs Verfahren, die eigentlichen Erfinder der von ihm präsentierten Konzepte stillschweigend zu übergehen. Goldberg selbst soll seit 1950 einen zerknitterten Artikel aus der "Cairo Times" mit sich herumgetragen haben, in dem von der "Memex" zu lesen war und von Bushs Anspruch, mit ihm das Zeitalter der elektronischen Informationsverarbeitung eingeläutet zu haben. Nach der Lektüre von Michael Bucklands Buch wissen wir es nun besser.

MARKUS KRAJEWSKI

Michael K. Buckland: "Vom Mikrofilm zur Wissensmaschine". Emanuel Goldberg zwischen Medientechnik und Politik.

Avinus Verlag, Berlin 2010. 380 S., Abb., br., 38,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In den Augen des Medienhistorikers und Kulturwissenschaftlers Markus Krajewski ist es Michael K. Buckland zu verdanken, dass er den Mythos, Vannevar Bush sei mit seinem "Memex" der Urvater des Hypertext-Prinzips, nun zurechtrückt. Emanuel Goldbergs Biografie dem Vergessen zu entreißen preist der Rezensent aber als nicht minderes Verdienst, denn der russisch-jüdische Chemiker und Vorreiter der Fototechnik wurde nicht nur von den Nazis aus dem allgemeinen Gedächtnis gründlich getilgt, erklärt der Rezensent. Viel Lob erhält der Autor für seine bewunderungswürdige Rechercheleistung, womit sein Buch selbst zum "Lehrstück" der Informationsverarbeitungsgeschichte wird, wie Krajewski rühmt.

© Perlentaucher Medien GmbH