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Der Strandausflug, den der junge Lehrer Francis Mason zusammen mit seinen Zweitklässlern unternimmt, endet mit einer schockierenden Entdeckung: In einer Bucht finden die Schüler die Leiche einer Frau, die sich von der Golden Gate Bridge gestürzt hat. Die traumatisierten Kinder brauchen Francis' ganze Aufmerksamkeit - genau wie zu Hause seine schwangere Frau -, doch statt sich um das Naheliegende zu kümmern, verstrickt sich Francis in einer schrecklichen Vorstellung: In der Frau am Strand glaubt er Nora erkannt zu haben, die vor zwei Jahren aus seinem Leben verschwand, gerade als zwischen ihnen…mehr

Produktbeschreibung
Der Strandausflug, den der junge Lehrer Francis Mason zusammen mit seinen Zweitklässlern unternimmt, endet mit einer schockierenden Entdeckung: In einer Bucht finden die Schüler die Leiche einer Frau, die sich von der Golden Gate Bridge gestürzt hat. Die traumatisierten Kinder brauchen Francis' ganze Aufmerksamkeit - genau wie zu Hause seine schwangere Frau -, doch statt sich um das Naheliegende zu kümmern, verstrickt sich Francis in einer schrecklichen Vorstellung: In der Frau am Strand glaubt er Nora erkannt zu haben, die vor zwei Jahren aus seinem Leben verschwand, gerade als zwischen ihnen endlich alles gut zu werden schien. Mit unerwarteter Wucht holt ihn die Vergangenheit wieder ein, und Francis weiß, dass er sich ihr stellen muss - denn sie birgt eine Geschichte zwischenmenschlicher Unzulänglichkeiten und uneingestandener Gefühle, vor allem aber die Geschichte der ersten, der großen - der einzigen? - Liebe. Mit beeindruckender psychologischer Präzision und poetischem Sog erzählt Katie Arnold-Ratliff davon, wie ein junger Mann seine Dämonen aus Zweifeln und Selbstbetrug Schritt für Schritt hinter sich lässt. Doch bald weiß man nicht mehr, was man ihm wünschen soll: Dass er bei seiner Frau Greta bleibt? Oder dass er die Chance bekommt, noch einmal von vorn anzufangen?
Autorenporträt
Katie Arnold-Ratliff, geboren 1982 in Sacramento, Kalifornien, erhielt ihren Master of Fine Arts am Sarah Lawrence College im Westchester County, New York. Sie ist Redaktionsmitglied von 'O, the Oprah Magazine' und lebt in New York City. 'Was uns bleibt' ist ihr erster Roman. Nicole Seifert, geboren 1972, studierte nach einer Ausbildung im S. Fischer Verlag Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaften und Amerikanistik in Berlin. Seit ihrer Promotion lebt sie als freie Lektorin und Übersetzerin in Hamburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.06.2012

Schuld und Sühne eines Feiglings

Katie Arnold-Ratliff ist noch keine dreißig und steckt doch manche Größen der amerikanischen Literatur in die Tasche: Nun erscheint ihr Debütroman "Was uns bleibt" auf Deutsch.

Katie Arnold-Ratliff wurde in Sacramento geboren und arbeitet für Oprah Winfreys Lifestylemagazin "O", aber von kalifornischer Hochglanzoptik ist ihr erster Roman meilenweit entfernt. Nichts an "Was uns bleibt" ist gefällig, oberflächlich oder heiter, im Gegenteil. Die Zukunft des zweiundzwanzig Jahre alten Lehrers Francis Mason ist so düster wie seine Kindheit, das Wetter meistens schlecht, der Ton rauh. Selbst der Strand unterhalb der Golden Gate Bridge, wo Francis' Zweitklässler bei einem Ausflug eine verstümmelte Wasserleiche finden, ist angemessen trostlos.

Der Junglehrer macht es sich und anderen auch nicht gerade einfach. Nora und Greta, die beiden Frauen, zwischen denen er sich nicht entscheiden kann, stößt er mit seinen Lügen, Ausflüchten und kleinen Gemeinheiten immer wieder zurück. Die Kinder, die er unterrichten soll, machen ihm Angst und leben selbst in Angst vor seinen Absencen und Wutanfällen. Nicht einmal der Leser hat es leicht: Ein wenig gewinnender Held, der sich in Beziehungsproblemen, Panikattacken und manisch-depressiven Selbstanalysen zerfleischt, verwirrende Rückblenden und stilistische Eigentümlichkeiten wie das häufig eingesetzte Präteritum der zweiten Person Singular ziehen eher hinunter als in den Roman hinein. Aber es lohnt sich, dranzubleiben, nicht nur, weil am Ende des Tunnels ein Hoffnungsschimmer leuchtet.

Die Wasserleiche, vermutlich eine Selbstmörderin, erinnert Francis an seine erste und größte Liebe. Nora war für ihn da, wenn sein Vater ihn verprügelte und seine vulgäre Mutter ihn abstieß. Sie gab ihm das Gefühl, kein Versager zu sein, verzieh ihm seine Schroffheiten und verschwand dann doch spurlos aus seinem Leben. Dass sie jetzt, wenn auch nur aus seiner Erinnerung, wiederauftaucht, wirft Francis völlig aus der Bahn. Statt sich um die verstörten Kinder zu kümmern, suhlt er sich in Selbstmitleid; statt die Hilfe besorgter Eltern und wohlmeinender Kollegen anzunehmen, flüchtet er sich in Provokationen, Alkohol und sedierende Tabletten. Francis will immer das Richtige tun und macht alles falsch.

Er soll den Kindern helfen "zu lernen, wie man Mensch wird", und ist doch selbst bloß ein Nervenbündel, gehetzt von Schuld und Schamgefühlen, Paranoia und Albträumen, unsicher, unreif und unfähig, der "jämmerlichen Wahrheit" ins Auge zu blicken. Mit Versteckspielen und Verdrängen hofft er sich durchmogeln zu können, aber nicht einmal seine Überlebensstrategie "Sei woanders, zieh dich still in dich selbst zurück" geht auf. Am Ende wird Francis erkennen müssen, dass all seine Lügen Fehlkalkulationen waren, weil sie ihn mehr kosteten und mehr verrieten als jede Wahrheit.

Greta, die Frau, die Francis mehr als einmal für Nora verließ, weiß, dass sie für ihn nur die nette, unkomplizierte Gefährtin, ein Notnagel und stiller Vorwurf ist. Erst als er die Schwangere wieder einmal im Stich lässt, ist ihre Geduld erschöpft: "Du wählst den Weg des geringsten Widerstandes. Und dann findest du ihn langweilig. Du wählst den besseren Weg, und du fällst. Du machst weiter die Dinge, die du hasst, damit du dich beraubt fühlen kannst, damit du verwirrt rumlaufen und dich fragen kannst, wie du um alles betrogen werden konntest, was du jemals haben wolltest." Francis hat Frau, Job und den letzten Rest seines Selbstvertrauens verloren. Aber ganz unten, gestrandet in der amerikanischen Provinz, findet er endlich wieder Boden unter den Füßen, in einem waffennärrischen Friseur einen väterlichen Freund und in New York schließlich die verschollene Nora. Nach einer letzten Nacht mit ihr kehrt Francis zu Greta zurück: Der jämmerliche Egoist beginnt sich endlich seiner Verantwortung zu stellen. Sein Unglück war kein Unfall, kein böser Albtraum, sondern der Bruch eines grundlegenden Abkommens: "Dass wir frei sind und dass wir entscheiden, was für Menschen wir werden ... Die Geschichte, die ich kennen muss, ist die, die ich gemacht, aus dem Rohmaterial meines Scheiterns gefertigt habe."

Katie Arnold-Ratliff erzählt die Geschichte eines verzweifelten Feiglings so lakonisch und doch behutsam, dass man am Ende fast so etwas wie Sympathie oder wenigstens Mitgefühl für ihn empfindet. Die durchgängig männliche Perspektive und die psychologische Unerbittlichkeit und Kälte, mit der sie ihren Anti-Helden seziert, traut man eigentlich eher einem Raymond Carver oder John Cheever als einer Frau zu. Katie Arnold-Ratcliff ist noch keine dreißig Jahre alt, aber literarisch und menschlich schon reifer als so mancher große alte Mann der amerikanischen Literatur.

MARTIN HALTER.

Katie Arnold-Ratliff: "Was uns bleibt". Roman.

Aus dem Englischen von Nicole Seifert. Mare Verlag, Hamburg 2012. 334 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit ihrem Debütroman "Was uns bleibt" lässt Katie Arnold-Ratcliff so manche Größe der amerikanischen Literatur weit hinter sich zurück, meint Rezensent Martin Halter. Die Autorin, die eigentlich für Oprah Winfreys Lifestylemagazin "O" arbeite, erzähle hier mit "psychologischer Unerbittlichkeit und Kälte", aber dennoch nicht ohne Feingefühl die Geschichte des paranoiden, manisch-depressiven und selbstmitleidigen Junglehrers Francis, der nicht nur seinen Schülern, sondern auch seiner Ehefrau und seiner Geliebten das Leben mit seinem Egoismus zur Hölle macht. Der Kritiker begleitet Arnold-Ratcliffs brillant geschilderten Antihelden nicht nur bei seinem Abstieg in die amerikanischen Provinz, in der er sich - nachdem er alles verloren hat - erstmals seiner Verantwortung stellt, sondern erfährt in Rückblenden auch von Francis' kaputter Kindheit mit einem prügelnden Vater und einer vulgären Mutter. Ein exzellenter Roman, der an die Erzählkunst eines Raymond Carver erinnert, jubelt der eingenommene Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH
" Ein außergewöhnliches Debüt, eine großartige, fesselnde Lektüre, ein Juwel." Morgan Callan Rogers
Morgan Callan Rogers