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"Falls ich Ihnen kein Begriff bin: das vierte der sechs ungeratenen T.M.-Kinder", schrieb Monika Mann 1972 an Martin Gregor-Dellin, und sie hatte allen Grund, ihre Bekanntheit nicht vorauszusetzen: Literaturkritiker und Filmemacher übersahen sie, oder sie orientierten sich am Urteil Katia und Thomas Manns, die
ihre Tochter als minderwertig und sonderbar einstuften.
Mit der Ausbürgerung ihres Vaters verlor Monika Mann im Herbst 1936 die deutsche Staatsangehörigkeit. Nach Stationen in Sanary-sur-Mer, Florenz, Wien, Zürich, London und New York lebte sie schließlich über dreißig Jahre auf
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Produktbeschreibung
"Falls ich Ihnen kein Begriff bin: das vierte der sechs ungeratenen T.M.-Kinder", schrieb Monika Mann 1972 an Martin Gregor-Dellin, und sie hatte allen Grund, ihre Bekanntheit nicht vorauszusetzen: Literaturkritiker und Filmemacher übersahen sie, oder sie orientierten sich am Urteil Katia und Thomas Manns, die

ihre Tochter als minderwertig und sonderbar einstuften.

Mit der Ausbürgerung ihres Vaters verlor Monika Mann im Herbst 1936 die deutsche Staatsangehörigkeit. Nach Stationen in Sanary-sur-Mer, Florenz, Wien, Zürich, London und New York lebte sie schließlich über dreißig Jahre auf Capri.

Dort überwand sie ihr großes Trauma, den Verlust des Ehemanns, der 1940 auf der Flucht von Europa nach Kanada vor ihren Augen ertrank, nachdem ein deutsches U-Boot ihr Schiff torpediert hatte. Knapp vierzig Jahre arbeitete sie als Feuilletonistin und publizierte in deutscher, englischer und italienischer Sprache, doch wurden ihre Veröffentlichungen selten gewürdigt.

Karin Andert, Deutschlands führende Monika-Mann-Expertin, geht mit Sachkenntnis und Feingefühl der Frage nach, warum die mittlere Mann-Tochter stets am Rand der Familie stand. Diese Biografie - die erste überhaupt - enthält neben zahlreichen Fotos auch Monika Manns bisher unveröffentlichtes New Yorker Tagebuch von 1945 und Katia Manns Monika-Büchlein aus den

Jahren 1910-1914.
Autorenporträt
Andert, Karin
Karin Andert, geboren 1943 in Elbing, studierte Soziologie und Vergleichende Literaturwissenschaft in Darmstadt. Von 1992 bis 2008 war sie Studienleiterin der Evangelischen Akademie Tutzing, wo sie zahlreiche Tagungen zur Familie Mann durchgeführt hat. Seit Juli 2008 ist sie als Redakteurin von Konferenzdokumentationen des GRP an der Ludwig-Maximilians-Universität München tätig. 2007 brachte sie bei Rowohlt die Schriften von Monika Mann heraus: Das fahrende Haus. Aus dem Leben einer Weltbürgerin. Karin Andert lebt in Tutzing.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.06.2010

Landschaft, Ruhe, Menschenleere
Erste Monika-Mann-Biographie vorgestellt

"Das vierte der sechs ungeratenen Thomas Kind-Kinder", wie sie sich selbst einmal bezeichnete, war eine in sich gekehrte Frau, die den Kontakt zu den meisten Menschen mied. Am besten mitteilen konnte sie sich in schriftlicher Form: Monika Mann hat Naturbeobachtungen, Märchen und Gedichte von hohem literarischen Wert verfasst. Anlässlich des Geburtstags der mittleren Thomas-Mann-Tochter, die am 7. Juni hundert Jahre alt geworden wäre, erschien im Mare Verlag die erste Lebensbeschreibung Monika Manns. Verfasserin Karin Andert stellte das Buch jetzt zusammen mit ihrem Verleger Nikolaus Gelpke und der Schauspielerin Hannelore Elsner in der Deutschen Nationalbibliothek vor.

Schon das Titelbild des Buches deutet auf Manns introvertierten Charakter hin: Die junge Frau sitzt mit leicht gesenktem Kopf abseits von ihrer Familie auf einem Tisch. Während sich Eltern und Schwester angeregt zu unterhalten scheinen, geht ihr Blick weit in die Ferne. Auch für das schwierige Verhältnis zu ihrer Familie ist das Bild symbolisch: Mann wurde von ihren Eltern und Geschwistern gemieden, sie galt als "schwarzes Schaf". "Monika Mann hatte es als schweigsame Person schwer in einer Familie, in der das gesprochene Wort eine wichtige Rolle spielte", sagte Andert. Eigenwillig und selbstbewusst sei sie gewesen: Viele ihrer Texte habe sie gegen den Widerstand ihrer Familie veröffentlicht.

Ein weiteres wichtiges Thema in Manns Leben sprach Gelpke, ein enger Freund von Manns Schwester Elisabeth, an: Monika Mann habe eine besondere Beziehung zum Meer gehabt. Auf tragische Weise verlor sie 1940 ihren Ehemann Jenö Lányi auf hoher See: Das britische Passagierschiff City of Benares, an dessen Bord sie sich mit ihm befand, wurde auf der Überfahrt von Liverpool nach Kanada von einem deutschen U-Boot torpediert und versenkt. Lányi ertrank, Mann überlebte die Katastrophe, sollte diese schlimme Erfahrung jedoch niemals ganz vergessen. Trotzdem zog es sie später wieder ans Meer: Von 1954 an lebte sie mit dem Fischer Antonio Spadaro 30 Jahre lang auf Capri zusammen. Auf der italienischen Insel sei sie täglich an den Strand gegangen und habe die Anonymität gefunden, die sie zum Leben benötigt habe. "Mann suchte Landschaft, Ruhe und Menschenleere. Ihr Gang nach außen waren ihre Texte."

Monika Mann sei von der Forschung bisher vernachlässigt worden, sagte Andert. Es habe niemanden gegeben, der über ihr Leben wirklich Bescheid wusste. Gerade das hätte Anderts Interesse für die mittlere Tochter Thomas Manns geweckt. Hinzu komme Monika Manns Sprache, die Andert als "schwebend, poetisch und literarisch" beschrieb. 40 Jahre lang veröffentlichte sie Feuilletonartikel auf Deutsch, Englisch und Italienisch. Ihre Werke seien voller unerwarteter Wendungen, sowohl im Stil als auch in ihren Ideen. Besonders ausdrucksvoll habe sie die kleinen Dinge des Lebens beschrieben.

Anderts Biographie beigefügt ist Manns "New Yorker Tagebuch" aus dem Jahr 1945, sowohl im englischen Original als auch in der deutschen Übersetzung. Hannelore Elsner trat zweimal auf die Bühne, um aus dieser Übersetzung vorzulesen. In den Passagen, die sie auswählte, äußert sich Mann unter anderem zu ihrer Suche "nach dem Richtigen im Leben", die noch unvollendet sei. Sie verspüre ein "elementares Bedürfnis", sich "auf geistig-schöpferischem Wege" mitzuteilen. Die Liebe zu ihrem Ehemann und die Todesangst, die sie während der Überfahrt auf der City of Benares verspürte, kommen genauso zur Sprache wie das Verhältnis zu ihrem Vater: Sie wolle nicht so werden wie er, schreibt Mann, und fühle sich wegen ihres berühmten Vaters auch nicht als jemand Besonderes. Dies unterscheide sie von ihren Geschwistern Golo und Elisabeth, die sich als Mitglieder der Familie Mann viel wichtiger genommen hätten als Monika, sagte Gelpke.

Über das Ende des Zweiten Weltkrieges schreibt Mann: "Wir müssen mit aller uns zur Verfügung stehenden Macht den Geschlagenen aufhelfen." Andert bezeichnete dies als bemerkenswerte Haltung in einer Familie, in welcher der Hass auf Deutschland stark ausgeprägt gewesen sei.

FRANK LUTZ

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Genaueres über "das Möhnle" der Familie Mann hat Tilmann Lahme aus dieser knappen Biografie von Karin Andert erfahren. Dass die Autorin Sympathien hegt für die Außenseiterrolle, die Monika Mann zeitlebens innerhalb der Familie innehatte, wird für Lahme rasch klar. Allerdings fragt sich der Rezensent, ob Monika Mann das Mitleid der Autorin wirklich nötig hat. Immerhin, so mutmaßt er, auch im Hinblick auf das mit abgedruckte Tagebuch Manns aus dem Jahr 1945, könnte diese Position durchaus selbst gewählt sein. Hier, meint Lahme, schießt die Autorin mitunter übers Ziel hinaus und deutet nach ihrem Verständnis von Manns Opferrolle. Formal kritikwürdig findet Lahme die achronologische Einteilung des Buches nach Themen. So kommt es zu ärgerlichen Wiederholungen.

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