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Georg Gustav Erbkam reistals Architekt im Expeditionsteam von Richard Lepsius 1842 bis 1845 durch Ägypten und Nubien und wurde zum Bahnbrecher für die exakte Aufnahme von Architektur in ihrer Umwelt. Die detailgetreuen Grundrisse und Durchschnitte durch Gräber und Tempel und ihre Verortung in der Landschaft waren nach bisheriger Kenntnis neu in der jungen Wissenschaft der Ägyptologie und blieben lange Zeit einmalig. Der scharfe Blick des Geodäten und die Disziplin des Baumeisters resultierten aus einer langjährigen Ausbildung in Berlin, wo er als Sohn eines preußischen höheren Beamten und…mehr

Produktbeschreibung
Georg Gustav Erbkam reistals Architekt im Expeditionsteam von Richard Lepsius 1842 bis 1845 durch Ägypten und Nubien und wurde zum Bahnbrecher für die exakte Aufnahme von Architektur in ihrer Umwelt. Die detailgetreuen Grundrisse und Durchschnitte durch Gräber und Tempel und ihre Verortung in der Landschaft waren nach bisheriger Kenntnis neu in der jungen Wissenschaft der Ägyptologie und blieben lange Zeit einmalig. Der scharfe Blick des Geodäten und die Disziplin des Baumeisters resultierten aus einer langjährigen Ausbildung in Berlin, wo er als Sohn eines preußischen höheren Beamten und einer aus Theologenkreisen stammenden Mutter aufwuchs, studierte und später arbeitete und lebte.Er war nicht nur Architekt, sondern Stellvertreter von Lepsius in krisengeschüttelten Zeiten, wenn letzterer krankheitsbedingt oder zur Organisation der weiteren Reise in Kairo arbeitete oder auf Exkursionen tief in den Süden des Sudan oder auf die Sinai-Halbinsel ging. Erbkam sorgte dafür, daß die Dokumentationsarbeiten fortgingen. Nach der Rückkehr baute Erbkam an der Seite von August Stüler vor allem Kirchen in Berlin und Umgebung. Nach Stülers Tod übernahm er gemeinsam mit Heinrich Strack den Bau der Nationalgalerie nach den Entwürfen von Stüler.Seine Briefe von der Expedition zeigen den zwar selbstbewußten, aber bescheidenen und tiefreligiösen Menschen und gestatten einen Blick in die Innenwelt dieser sagenhaften Expedition, die auf alle Beteiligten einen prägenden Eindruck hinterließ: 'wer hier 100 Augen hätte und Hände, um festzuhalten und wiederzugeben, er würde doch nur ein halbes Bild herstellen können.'
Autorenporträt
Elke Freier ist promovierte Ägyptologin und war bis zu ihrer Pensionierung Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe Ägyptisches Wörterbuch an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.07.2013

Er zeichnete den starken Mann am Nil
Der Mann an der Seite von Richard Lepsius: Georg Gustav Erbkams Briefe aus Ägypten und Nubien zeigen ihn als einen Reisenden mit Blick für Details

In Alexandria, in der Rue Lepsius Nummer zwölf, lebte viele Jahre lang der große griechische Dichter Konstantinos Kavafis. Damals, im späten neunzehnten Jahrhundert, war Alexandria - wie übrigens schon in der Antike - eine multikulturelle Stadt, in der neben muslimischen und koptischen Ägyptern viele Griechen, Armenier, Italiener, Libanesen, Türken und Angehörige anderer Nationen und Religionen wohnten. Begonnen hatte dies in der ersten Jahrhunderthälfte, als sich - nach den Forschungsreisenden, Entdeckern und Archäologen der ersten Stunde - mit Wunsch und Willen Muhammad Alis, des Staatthalters der Hohen Pforte in Ägypten, Ausländer am Nil niederließen: zunächst Fachleute auf den Gebieten Ingenieurwesen und Wasserbau, dann Geschäftsleute, Abenteurer und - eben auch Dichter.

Richard Lepsius, der Namensgeber für jene Straße in Alexandria, gilt als Begründer der wissenschaftlichen Ägyptologie in Deutschland. Noch heute verehrt man ihn auch in Ägypten. Lepsius reiste an der Spitze einer Expedition zwischen 1842 und 1845, unermüdlich forschend, in Ägypten und Nubien und erwarb durch seine Arbeiten über Saqqara, das Gräberfeld von Gizeh und andere altägyptische Stätten bleibenden Ruhm. Den zweiten Mann seiner Exkursion, Georg Gustav Erbkam, kennt außer Spezialisten hingegen so gut wie niemand. Erbkam (1811 bis 1876) begleitete Lepsius als Architekt, Geodät und Zeichner. Der wissenschaftliche Ertrag der Expedition, soweit er die exakte Aufnahme von (altägyptischer) Architektur in ihrem landschaftlichen Kontext betrifft, dazu detailgetreue Grundrisse und Durchschnitte von pharaonischen Gräbern, war weitgehend Erbkams Werk.

Seine jetzt unter dem Titel "Wer hier hundert Augen hätte ..." von der Ägyptologin Elke Freier wissenschaftlich edierten und kommentierten Reisebriefe aus Ägypten und Nubien, am Ende auch aus dem Heiligen Land und Kleinasien zeigen einen Mann, der die akribische Beobachtungsgabe des Baumeisters und Landvermessers mit dem Talent zur Schilderung von Landschaften, lyrischen Stimmungen und der Beschreibung menschlicher Charaktere und Handlungen verbinden konnte.

Ein Aufenthalt in Ägypten, der wenig später für vermögende Kreise in Europa fast zur Mode wurde, war in jenem Jahrzehnt noch etwas Besonderes, und entsprechend ausführlich berichtete Erbkam darüber den Daheimgebliebenen: im Wesentlichen der Mutter, seinen Geschwistern und Freunden. Er beobachtete eine damals in der Tat noch sehr fremde Welt, die sich freilich schon - seit der militärischen Invasion und wissenschaftlichen Expedition Bonapartes 1798, als deren Resultat die berühmte "Déscription de L'Egypte" entstand - im Umbruch befand. Unter dem Albaner Muhammad Ali (auch Mehmed Ali), der die Mameluken-Herrschaft beendet hatte, bekam Ägypten eine Modernisierung verordnet, deren Spuren noch heute sichtbar, deren Wirkungen noch immer spürbar sind.

Als Erbkam den starken Mann am Nil für sein Tagebuch zeichnete, näherte sich dessen politisches Lebenswerk (er herrschte seit 1805 in Kairo) schon bald dem Ende. Der vorliegende Band enthält zahlreiche zu den Texten passende Skizzen von der Hand Erbkams.

Erbkams Briefe folgen den Stationen der Reise. Sie beginnen in Triest - damals der Ausgangspunkt für die meisten Passagen nach Ägypten. Es folgen Alexandria, Kairo, El Fayyum, Theben (Luxor), Korusko, Neu Dongola und Khartum in Sudan, schließlich Jerusalem, Beirut, Smyrna, das heutige Izmir, und wieder Triest. Aufgehalten hat sich die Expedition natürlich an wesentlich mehr Orten und Plätzen. Freimütig charakterisiert der Schreiber der Briefe auch Menschen, die ihm begegnen, und er macht - etwa bezogen auf die übrigen Teilnehmer der Expedition, die ihm nicht alle gleich sympathisch waren - aus seinem Herzen keine Mördergrube. Neidisch liest man in solchen Reiseberichten, was die Menschen in jener Zeit noch sahen, was ihnen auffiel und welche winzigen Details sie registrierten - anders als der heutige Pauschaltourist, dessen "exotische" Erlebnisse durch den Massentourismus bereits programmiert sind und in den seltensten Fällen noch Raum lassen für eigene, ganz intime Wahrnehmungen.

Die Lepsius-Expedition, die nur ein Dutzend Jahre nach der epochalen Expedition Jean-François Champollions, des genialen Entzifferers der Hieroglyphen und Gründers der Ägyptologie überhaupt, folgte, war von Alexander von Humboldt mit angeregt worden. Sie war, was die Forschungsergebnisse anging, nicht weniger epochal. Noch heute arbeiten die Ägyptologen mit den Forschungsergebnissen von Richard Lepsius. Und auch König Friedrich Wilhelm IV. stand dahinter; er wollte nicht nur die Wissenschaft fördern, sondern auch Preußens Beziehungen zu Ägypten verbessern. Die Herausgeberin beleuchtet die historischen und politischen Hintergründe dieser Bemühungen sowie die Entwicklung in Ägypten selbst unter dem nominell noch immer dem osmanischen Sultan untergebenen Muhammad Ali in einem informativen Vorwort.

Die Lepsius-Expedition war das zentrale Ereignis in Erbkams Biographie. Nach seiner Rückkehr strebte er eine Professur in Berlin an, ein Plan, der sich zerschlug. Immerhin wurde er preußischer Landesbaumeister und konnte zahlreiche Kirchenbauten errichten, was dem tiefreligiösen Protestanten gewiss Befriedigung verschafft haben dürfte. Seine Aufzeichnungen über Ägypten, Nubien und den Vorderen Orient - mancher Brief ist so lang wie ein ganzes Buchkapitel - sind ein erhellender Beitrag mehr zur Reiseliteratur im Orient, nicht zuletzt für den neuen Zweig der Orientalismus-Forschung. WOLFGANG GÜNTER LERCH

Elke Freier (Hrsg.): "Wer hier hundert Augen hätte ...". G.G. Erbkams Reisebriefe aus Ägypten und Nubien.

Kulturverlag Kadmos, Berlin 2013. 280 S. Abb., geb., 26,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Geradezu neidisch hat Rezensent Wolfgang Günter Lerch das von Elke Freier unter dem Titel " Wer hier hundert Augen hätte..." herausgegebene Buch mit Briefen von Georg Gustav Erbkam gelesen. Denn der Mann, der den Begründer der wissenschaftlichen Ägyptologie in Deutschland, Richard Lepsius, auf einer Expedition zwischen 1842 und 1845 als Architekt, Geodät und Zeichner begleitete, beschreibe den Aufenthalt in Ägypten so detailverliebt und mit akribischer Beobachtungsgabe, dass Lerch versichert, vieles hätte der heutige Pauschaltourist komplett übersehen. Nicht nur die Schilderungen der Landschaften, lyrischen Stimmungen und offenherzigen Beschreibungen menschlicher Charaktere und Handlungen haben den Kritiker tief beeindruckt, sondern er bewundert auch Erbkams Zeichnungen. Nicht zuletzt lobt Lerch das äußerst informative Vorwort der Herausgeberin, die historische und politische Hintergründe vorbildlich darstelle.

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