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Seit »Stuttgart 21« verkörpert Bürgerbeteiligung wieder die Möglichkeit, Demokratie aktiv mitzugestalten: Immer mehr Menschen bekunden ihren Willen, mitzureden und mitzuentscheiden - oft lautstark und manchmal schrill. Aber auch die Politik erkennt zunehmend die Bedeutung bürgerschaftlicher Teilhabe - vor allem, wenn es um die Umsetzung des »Gemeinschaftswerks Energiewende« geht.Doch wie kann das in der Gesellschaft vorhandene Wissen beispielsweise für die Realisierung großer Infrastrukturprojekte nutzbar gemacht werden? Wie müssen Partizipationsmodelle beschaffen sein, um demokratisch…mehr

Produktbeschreibung
Seit »Stuttgart 21« verkörpert Bürgerbeteiligung wieder die Möglichkeit, Demokratie aktiv mitzugestalten: Immer mehr Menschen bekunden ihren Willen, mitzureden und mitzuentscheiden - oft lautstark und manchmal schrill. Aber auch die Politik erkennt zunehmend die Bedeutung bürgerschaftlicher Teilhabe - vor allem, wenn es um die Umsetzung des »Gemeinschaftswerks Energiewende« geht.Doch wie kann das in der Gesellschaft vorhandene Wissen beispielsweise für die Realisierung großer Infrastrukturprojekte nutzbar gemacht werden? Wie müssen Partizipationsmodelle beschaffen sein, um demokratisch legitimierte und von der Bevölkerung akzeptierte politische Entscheidungen hervorzubringen? Das hochkarätige Autorenteam liefert inspirierende, manchmal auch provozierende Antworten auf diese Fragen und leistet so einen wertvollen Beitrag zur Belebung unserer demokratischen Kultur.
Autorenporträt
Dr. iur. Dolores Volkert ist seit März 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam. Sie absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaft und schloß im Jahr 2011 ihre Promotion ab. Zu ihren Forschungsschwerpunkten am IASS gehören die rechtlichen Aspekte der Energiewende, v.a. in den Bereichen des Deutschen und Europäischen Verfassungs-, Fachplanungs- und Energieumweltrechts.

Ulrich Mans arbeitet als Projektleiter am Centre for Innovation der Universität Leiden (Niederlande) und promoviert zum Thema Green Economy in Schwellenländern an der Universität Amsterdam. Bis Februar 2013 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Plattform Energiewende am IASS Potsdam tätig. In der Vergangenheit arbeitete er für verschiedene Think Tanks, das Niederländische Außenministerium und für die UNO-Umweltorganisation UNEP.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Transparenz und Öffentlichkeit, aber dem Volkswillen eine Grenze, so sieht Stefan Dietrich den Tenor der hier versammelten aus einer Tagung am Potsdamer Institut für Nachhaltigkeitsstudien hervorgegangenen 14 Beiträge. Wie die Akzeptanz für die Energiewende erreicht werden kann, dazu liest der Rezensent unterschiedliche Meinungen. Ob die "Zukunftsklammern" und Volksversammlungen von Klaus Leggewie helfen, die Beschränkung der Delegetimierung von Institutionen der repräsentativen Demokratie (Reinhard Loske) oder echte "Bottom-up-Beteiligung" (Wolfram König) überlegt er und einigt sich mit den Autoren auf den oben genannten Tenor.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.04.2014

Wutbürgers Zähmung
Wie viel Demokratie verträgt die Energiewende in Deutschland?

Fortschrittsskepsis war ein Kennzeichen der neuen sozialen Bewegungen, aus denen die Grünen hervorgingen. Sie ist zur Grundhaltung ganzer Generationen geworden. Manche hat es dennoch unangenehm überrascht, dass die Geister, die sie riefen, nicht mehr nur gegen Endlagerprojekte, Rollbahnen und überdimensionierte Bahnhofsprojekte mobilmachen, sondern sich hier und da sogar gegen die urgrüne Energiewende formieren. Was kann man dagegen tun, dass der "Wutbürger" auch noch dieses Projekt torpediert? Das war das unausgesprochene Thema einer Tagung am Potsdamer Institut für Nachhaltigkeitsstudien, deren 14 Beiträge hier versammelt sind. Das explizite Thema - "Verändern durch Wissen" - gab bereits die gewünschte Antwort vor: Akzeptanz, so die in der Einleitung aufgestellte These, könne durch Aufklärung und Bürgerbeteiligung erreicht werden. "Der mündige, kritische, aber auch oftmals politikverdrossene Bürger kann und soll mit ins sprichwörtliche Boot geholt werden." An Bord geholt und beteiligt werden soll vorzugsweise jener Teil des Protestpotentials, das grundsätzlich schon auf der richtigen Seite steht.

Es dürfte ein Leichtes sein, die "Zukunftskammern", von denen der Politikwissenschaftler Klaus Leggewie träumt, entsprechend zu besetzen. Leggewie hat sich schon als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats für globale Umweltfragen (WBGU) weit vorgewagt. Der setzte den gewählten Politikern die Pistole auf die Brust: Entweder sie kriegen die "ökologische Transformation der Gesellschaft" hin, oder die Demokratie hat als System versagt. Nun möchte Leggewie Parlament, Regierung und Justiz mit Volksversammlungen auf die Sprünge helfen, welche die Richtung vorgeben, in die sich die gewählten Volksvertreter zu bewegen haben. "Agenda-Setting" heißt das bei ihm.

Reinhard Loske, der die Politik nicht nur theoretisch, sondern auch aus der Praxis als ehemaliges Mitglied des Deutschen Bundestages und früherer Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa der Freien Hansestadt Bremen kennt, warnt zwar vor einer weiteren Delegitimierung von Institutionen der repräsentativen Demokratie und einem "Participation Overkill" - aber nur, um darzutun, dass "ökologisch Vernünftiges" manchmal "gegen den Volkswillen durchgesetzt werden" müsse. Womit er von Leggewies gelenkter Demokratie nicht weit entfernt ist.

Ein Vorbote neuer Beteiligungsformen war die im Frühjahr 2011 von der Bundeskanzlerin eingesetzte Ethikkommission, die Angela Merkels Kehrtwende in der Kernenergiepolitik die Weihe eines volonté générale verleihen sollte - und dies auch tat. Von etwaigen Kontroversen in diesem Gremium weiß Matthias Kleiner, sein einstiger Vorsitzender, nichts zu berichten Die große Mehrheit der 17 Kommissionsmitglieder war eben bereits auf der richtigen Seite. So konnte man postulieren, dass der Verzicht auf Kernenergie "ohne Rückgriff auf fossile Brennstoffe" zu bewerkstelligen sei. Nur ein Appell war auch die Kernaussage des Abschlussberichts, die Energiewende könne nur gelingen, wenn sie von der Gesellschaft als "Gemeinschaftswerk" angenommen werde. Der seither tobende Kampf um die Kostenverteilung ist der verdiente Hohn auf solchen von oben organisierten Bürgerwillen.

Das andere Extrem, eine echte "Bottom-up-Beteiligung", referiert Wolfram König, der Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS). Er hat die undankbare Aufgabe übernommen, eine allseits akzeptierte Lösung für das verkorkste Endlagerprojekt Asse herbeizuführen. Und so sieht sie aus: Der Staat (in Gestalt des BfS) streut Asche auf sein Haupt und gelobt, von nun an nichts mehr gegen den Willen der betroffenen Anwohner zu tun. In den Gremien der Asse-Gegner, denen er auch den wissenschaftlichen Beistand finanziert, hat er zwar Sitz, aber keine Stimme. Für das, was in deren Sinne entschieden wird - jetzt: die höchst riskante Bergung aller Abfälle -, soll dann allerdings die Politik "die Verantwortung übernehmen". Tenor der interdisziplinären Betrachtungen des Themas Bürgerbeteiligung und Energiewende ist denn auch, möglichst frühzeitig Transparenz und Öffentlichkeit herzustellen, es aber mit dem Volkswillen nicht zu übertreiben.

STEFAN DIETRICH

Klaus Töpfer/Dolores Volkert/Ulrich Mans (Herausgeber): Verändern durch Wissen. Chancen und Herausforderungen demokratischer Beteiligung: Von "Stuttgart 21" bis zur Energiewende. Oekom Verlag, München 2013. 191 S., 17,95 [Euro].

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