Produktdetails
  • Verlag: Steidl
  • Seitenzahl: 110
  • Erscheinungstermin: Oktober 2006
  • Deutsch
  • Abmessung: 145mm
  • Gewicht: 137g
  • ISBN-13: 9783865213280
  • ISBN-10: 3865213286
  • Artikelnr.: 20846870
Autorenporträt
Sarah Kirsch, geboren 1935 in Limlingerrod im Harz, studierte Biologie und Literatur. Sie war als Lyrikerin schon während ihrer DDR-Zeit stark beachtet. Sie lebte in Schleswig-Holstein als freie Schriftstellerin und Malerin. Für ihr Werk wurde sie unter anderem mit dem Heinrich-Heine-, dem Hölderlin- und dem Österreichischen Staatspreis für europäische Literatur ausgezeichnet. 1996 erhielt sie den Georg-Büchner-Preis, 2005 den Jean-Paul-Preis und 2006 den Johann-Heinrich-Voß-Preis. Sarah Kirsch starb im Mai 2013.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.11.2006

Apfelberg, in rosa Seide gepackt
Sarah Kirsch erinnert sich
Hätte man Sarah Kirsch früher, in ihrer großen Zeit als Lyrik-Ikone der Frauenbewegung, mit Textilien in Verbindung bringen sollen, wäre die Wahl wohl assoziativ auf irgend etwas Dunkles, Rauhes, höchstens noch Samtiges gefallen. Deshalb verblüfft es, ihren Namen nun auf hellrosa Seidenleinen erscheinen zu sehen, ziemlich genau in der Farbe von Ohropax und mit der haptischen Anmutung von Dessous. Ferner irritiert, dass der kleinformatige Band „Kuckuckslichtnelken” heißt, als Vignette jedoch einen aufgeschnittenen Apfel trägt und mit bunten Apfelbildern fast kinderbuchmäßig illustriert ist.
Des Rätsels Lösung: Sarah Kirsch erzählt wieder einmal aus ihrem Leben, aus dem autobiographischen Roman, der als ganzer ungeschrieben bleibt, den sie aber seit Jahren auf kleine Prosaskizzen verteilt, eine Lücke nach der anderen schließend. Diesmal geht es um ihre Kinder- und Schulzeit, und da spielen die Äpfel aus dem Garten des Großvaters in Halberstadt eine große Rolle: „Mit Apfelbergen bin ich zu Bett gegangen, hab gelesen und die Äpfel gefressen, und das war das Schönste auf der Welt.” Die Kuckuckslichtnelke kommt auch vor, mit ihrem lateinischen Namen „Lychnis flos-cuculi”, als klangvoller Beleg für die Erkenntnis, „dass diese alte Sprache nicht nur für die Allgemeinbildung, sondern auch für das Studium der Naturwissenschaften nützlich ist”. Was aber das seidige Rosa betrifft, so passt es zum Verlagstext, in dem es heißt, die Dichterin habe eine „liebenswerte Verklärung ihrer Kindheit” geschrieben.
Das führt in die Irre, denn „Verklärung” im landläufigen Sinn bedeutet ja, dass etwas im nachhinein erfreulicher, positiver dargestellt wird, als es in Wirklichkeit war. Bei Sarah Kirsch, die als hellwache Zehnjährige den Übergang vom Nazireich zum DDR-Experiment erlebte, gewinnt man hingegen den Eindruck, dass sie nicht mit verklärendem, sondern mit geklärtem Blick zurückschaut.
Die kleine Erzählung, die in ihrer eigenwilligen, oft elliptischen, manchmal ruppigen Diktion klingt wie ein spontaner mündlicher Bericht, erfasst sehr zielsicher das, was jenseits der einander ablösenden, in ihren Accessoires teilweise so ähnlichen Ideologien die Persönlichkeit des Kindes prägte und formte: Naturerfahrungen, Erkundungen im „Trümmerparadies”, selbst eroberte Freiheitsräume, Lektüre, Musik, die Einsicht, dass Bildung etwas „Fabelhaftes” ist. Kurzum: Ein kleines pädagogisches Kompendium, ganz ohne rosa Brille zu goutieren.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
Sarah Kirsch
Kuckuckslichtnelken
Mit Zeichnungen von Siegfried Klopper. Steidl Verlag, Göttingen 2006. 110 Seiten, 12 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Kristina Maidt-Zinke wundert sich zunächst über die Aufmachung des Bandes von Sarah Kirsch, die in "Kuckuckslichtnelken" über ihre Kindheit erzählt. Während sich die Rezensentin mit den Apfelillustrationen dann doch anfreunden kann, weil Kirsch in ihrem autobiografischen Text dem Apfelgarten des Großvaters einen wichtigen Platz einräumt, findet sie das zarte Rosa des Einbandes dann doch ziemlich unpassend und die Behauptung des Klappentexts, es handle sich hier um einen verklärenden Rückblick in die Kindheit der Autorin, für verfehlt. Vielmehr kann man in dem in seiner Diktion an einen "mündlichen Bericht" erinnernden Text einen klarsichtigen Rückblick auf die Zeit zwischen dem Ende des Nationalsozialismus und dem Anfang der DDR entdecken, lobt die Rezensentin, die auch von einem interessanten "pädagogischen Kompendium" schreibt.

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