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Innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche gilt die Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX) als besonders konservativ und reaktionär. Aufgrund der Ablehnung des nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil festgelegten Messritus und einiger Aussagen des Konzils selbst hat die Piusbruderschaft nunmehr seit 1975 keinen kanonischen Status mehr. Warum die Priesterbruderschaft allerdings gegründet worden ist und auf welche theologischen und kirchengeschichtlichen Grundsätze sie sich beruft, weiß innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche kaum jemand.
Während der Pontifikate von Johannes Paul
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Produktbeschreibung
Innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche gilt die Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX) als besonders konservativ und reaktionär. Aufgrund der Ablehnung des nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil festgelegten Messritus und einiger Aussagen des Konzils selbst hat die Piusbruderschaft nunmehr seit 1975 keinen kanonischen Status mehr. Warum die Priesterbruderschaft allerdings gegründet worden ist und auf welche theologischen und kirchengeschichtlichen Grundsätze sie sich beruft, weiß innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche kaum jemand.

Während der Pontifikate von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. gab es viele konfliktreiche Situationen zwischen den beiden Päpsten und den Leitungsgremien der FSSPX. Bemühungen des gemeinhin als liberal und reformorientiert geltenden Papstes Franziskus um die Versöhnung mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. können da durchaus verwundern.

Das Gespräch mit Pater Franz Schmidberger soll die hochemotionale Luft aus der Diskussion rund um die FSSPX herauslassen und statt einer bislang ideologisch geführten, eine faktenbasierte Diskussion anstoßen und ermöglichen.
Autorenporträt
Langner, Ingo
Ingo Langner ( 1951 in Rendsburg) ist Regisseur, Filmemacher und Publizist. Er führte zahlreiche Interviews mit bekannten Persönlichkeiten aus Kultur, Kirche und Politik. Zuletzt sind von ihm zwei Gesprächsbücher mit Walter Kardinal Brandmüller erschienen.Schmidberger, Franz
Pater Franz Schmidberger ( 1946 in Riedlingen) studierte Mathematik und wurde 1975 durch Erzbischof Marcel Lefebvre zum Priester geweiht. Zwischenzeitlich wirkte er als Distriktoberer der FSSPX und elf Jahre lang als Generaloberer. Heute ist Pater Schmidberger Regens des Priesterseminars Herz Jesu der Priesterbruderschaft St. Pius X. im bayrischen Zaitzkofen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.12.2017

Mitten im liederlichen Leben
Schmidbergers Popanz: Ein Spitzenfunktionär der Piusbrüder packt aus

Es ist schade um den Begriff des "schlechten Katholiken". Er ist heute nicht mehr im Umlauf. Heute gibt es nur noch gute Katholiken, weil sich die Religion nach den Gläubigen richtet statt umgekehrt. Jeder will jederzeit zur Kommunion gehen dürfen, basta. Die traditionalistischen Piusbrüder haben leichtes Spiel, wenn sie auf diesen Missstand den Finger legen. Tatsächlich gibt, wer sich demgegenüber als schlechten Katholiken bezeichnet, zweierlei zu verstehen: zum einen, dass es nicht der Religion anzulasten sei, wenn man es mit ihr nicht so genau nimmt; zum anderen, dass es Dinge gibt, die zu tun sind, egal, was die Religion dazu sagt - und man dann, im Stand der Unwürdigkeit, als Konsequenz eben Kommunionverzicht übt.

In seinem Roman "Liebe in Ruinen" führt Walker Percy den Typus des gottesfürchtigen schlechten Katholiken wie folgt ein: "Ich zum Beispiel bin römischer Katholik, obschon ein schlechter. Ich glaube an die heilige katholische apostolische und römische Kirche, an Gott, den Vater, an die Auserwähltheit der Juden, an Jesus Christus, seinen Sohn, unseren Herrn, welcher die Kirche gegründet hat auf Petrus, seinen ersten Stellvertreter, welche dauern wird bis ans Ende der Welt. Vor ein paar Jahren allerdings habe ich aufgehört, Christus in der Kommunion zu essen, und führe seither ein liederliches Leben. Ich glaube an Gott und den ganzen Kram, aber Frauen liebe ich am meisten, dann Musik und Wissenschaft, dann Whisky, Gott an vierter Stelle und meinen Nächsten fast überhaupt nicht. Im Allgemeinen mache ich, was ich will. Ein Mann, schrieb Johannes, der sagt, er glaube an Gott, und seine Gebote nicht hält, ist ein Lügner. Wenn Johannes recht hat, dann bin ich ein Lügner. Trotzdem, ich glaube noch." .

Es ist ganz erstaunlich, dass bei all dem Reaktionären, das Pater Franz Schmidberger im Gespräch mit Ingo Langner zum Besten gibt - der Streit um die Liturgie ist da noch nebensächlich -, ein charmanter Grundzug nicht zu verkennen ist. Woran das liegt? Keine Frage, die Piusbrüder, zu deren Spitzenfunktionären Schmidberger seit Jahrzehnten gehört, halten vorderhand den Begriff des schlechten Katholiken in Ehren, sie nehmen die Religion institutionell, naturrechtlich, antipersonalistisch, das Individuum spielt da nicht die erste Geige, entsprechend darf es sich entlastet, im guten Sinne "schlecht" fühlen, solange es, das Individuum, an den Geboten Gottes nicht rührt, sondern sich nur nicht an sie hält. Entsprechend irrte Papst Johannes Paul II. in den Augen der Piusbrüder, als er, personalistisch inspiriert, meinte: "Der Weg der Kirche ist der Mensch." Pater Schmidbauer hält, an die "Seinsordnung" appellierend, entschieden dagegen: "Es ist umgekehrt. Der Weg des Menschen ist die Kirche."

Diese Unwilligkeit, den institutionellen Aspekt mit der persönlichen Herangehensweise zu vermitteln, ist freiheitstötend und hat hier Methode. Die christlichen Lehrsätze, auf die der Piusbruder zu sprechen kommt, werden offensiv abgeschottet gegen die komplexen Bezüge, in denen sie stehen, sobald ein Individuum glaubt.

Während er auf Schritt und Tritt eine subjektivistische Deformation des Glaubens wittert, bleibt Pater Schmidberger bei allem überzeitlichen Anspruch doch selbst einem höchst zeitgebundenen politisch-kulturellen Konzept verhaftet. Es ist im Kern theokratisch und integralistisch, ohne einen wirklichen Begriff von Säkularität. Wie Schmidberger den katholischen Staat fordert, so lehnt er die Religionsfreiheit als naturrechtliches Postulat ab. Im Laufe des Gesprächs geraten Fehllektüren und Falschdarstellungen in den Blick, auf deren Grundlage die Piusbrüder das Zweite Vatikanische Konzil (1962 - 1965) als Traditionsbruch verteufeln. Wobei nicht zu bestreiten ist, was den Pater ärgert: dass etliche Konzilstexte sehr zeitgeistig, naiv anthropozentrisch und stellenweise auch absichtlich zweideutig gehalten sind.

Aber muss man deshalb einen Popanz aufbauen? Dass der christliche Wahrheitsanspruch sich gerade nicht relativistisch verflüchtigt, wenn er mit Toleranz gegenüber anderen Religionen einhergeht, und zwar selbstverständlich auch im öffentlichen Raum, ebendies ist vom kirchlichen Lehramt mehrfach klargestellt worden. Doch das schert die Piusbrüder nicht. Relativismuskritik durch dick und dünn - "der Irrtum hat keine Rechte" - gehört nun einmal zum Markenkern der Traditionalisten, an dem auch Pater Schmidberger feilt. Würde er, wenn er könnte, die Zeugen Jehovas verbieten? "Ich würde sie nicht verbieten. Aber ich würde deren Tätigkeit einschränken." Sie dürften also nicht mehr am Bahnhof stehen? "Nein, die dürften nicht mehr am Bahnhof stehen."

Tja, kein "Wachtturm" am katholischen Gleisverkehr! So schnell kann er verfliegen, der Charme des schlechten Katholiken, wenn die Piusbrüder ihren Himmel auf Erden errichten.

CHRISTIAN GEYER

"Gott, Kirche, Welt und des Teufels Anteil". Ingo Langner im Gespräch mit Pater Franz Schmidberger von der Priesterbruderschaft St. Pius X.

Patrimonium Verlag, Aachen 2017. 216 S., br., 14,80 [Euro].

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