Marktplatzangebote
9 Angebote ab € 7,90 €
  • Gebundenes Buch

Knapp 5000 Einwohner hatte Ahrensbök im Jahr 1933. Auf den ersten Blick scheint das Schicksal der damals zum Freistaat Oldenburg gehörigen Kleinstadt nicht anders verlaufen zu sein als jenes vergleichbarer Gemeinden in Deutschland. Doch der Ort hat in der deutschen Geschichte des Nationalsozialismus eine überregionale Bedeutung: Hier wurde eines der ersten Arbeitsdienstlager eingerichtet und später in ein KZ umgewandelt, hier lässt sich der Zwangsarbeitereinsatz so gut dokumentieren wie kaum anderswo, hierhin führte am Kriegsende der Todesmarsch der KZ-Häftlinge von Auschwitz. In diesem Band…mehr

Produktbeschreibung
Knapp 5000 Einwohner hatte Ahrensbök im Jahr 1933. Auf den ersten Blick scheint das Schicksal der damals zum Freistaat Oldenburg gehörigen Kleinstadt nicht anders verlaufen zu sein als jenes vergleichbarer Gemeinden in Deutschland. Doch der Ort hat in der deutschen Geschichte des Nationalsozialismus eine überregionale Bedeutung: Hier wurde eines der ersten Arbeitsdienstlager eingerichtet und später in ein KZ umgewandelt, hier lässt sich der Zwangsarbeitereinsatz so gut dokumentieren wie kaum anderswo, hierhin führte am Kriegsende der Todesmarsch der KZ-Häftlinge von Auschwitz. In diesem Band schildert der gebürtige Ahrensböker Jörg Wollenberg die Industrialisierung der kleinen Agrargemeinde, die Hintergründe der Errichtung des FAD-Lagers und seiner Umwandlung in ein KZ, später in eine Realschule. Lawrence D. Stokes beleuchtet aus regionalgeschichtlicher Sicht die letzten Jahre der Weimarer Republik sowie die Frühphase des Nationalsozialismus, und Norbert Fick analysiert den Zwangsarbeitereinsatz 1939 bis 1945. Im zweiten Abschnitt des Bandes dokumentiert Jörg Wollenberg vor allem das Kriegsende am Beispiel der überlebenden KZ-Häftlinge von Auschwitz-Fürstengrube. In Interviews, Berichten und Stellungnahmen aus Prozessakten kommen der Lagerälteste genauso zu Wort wie Mitglieder der Häftlingskapelle, der SS-Lagerführer sowie die Auftraggeber seitens der I.G.Farben. Über hundert Fotos, Tabellen und Dokumente illustrieren die Geschichte der Stadt Ahrensbök im Nationalsozialismus.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.08.2001

Auf der Probebühne

NATIONALSOZIALISMUS. "Als ich mit meiner Arbeit anfing, gab es kein Werk, das die gesamte Periode der nationalsozialistischen Revolution umfaßte und sich zugleich auf eine begrenzte Gegend beschränkte", vermerkte der amerikanische Historiker William Sheridan Allen im Vorwort zu seiner Dissertation, die 1965 in deutscher Übersetzung erschien unter dem Titel ",Das haben wir nicht gewollt'. Die nationalsozialistische Machtergreifung in einer Kleinstadt 1930 bis 1935". Nach Allens Buch, das als "großartige Reportage" und vorbildliches "Zeit- und Sittengemälde" gepriesen wurde, entstanden zahlreiche Monographien zur Entwicklung des Nationalsozialismus in deutschen Städten und Provinzen. Was hat Wollenbergs Studie Neuartiges zu bieten? Die Kleinstadt Ahrensbök liegt auf halber Strecke zwischen Lübeck und Eutin, hatte 1933 knapp 5000 Einwohner und gehörte bis 1937 zum Freistaat (ehemaligen Großherzogtum) Oldenburg, anschließend zur preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Von anderen Regionen des Deutschen Reiches unterschied sich der oldenburgische Landesteil um Ahrensbök vornehmlich dadurch, daß er bereits seit 1931 eine "Hochburg der Hitler-Bewegung" war. Aus der Landtagswahl im Mai 1931 ging die NSDAP mit etwa 42 Prozent der Stimmen als stärkste Partei im Landesteil Lübeck hervor, seit Juni 1932 regierten die Nationalsozialisten im Freistaat Oldenburg allein. Die ganz überwiegend evangelisch-lutherische Wählerschaft, die stark agrarisch-mittelständische Sozialstruktur und nicht zuletzt die vergleichsweise hohe Erwerbslosenquote in Ostholstein trugen hauptsächlich zu den frühen Wahlsiegen der NSDAP bei. Nach dem Machtantritt der NSDAP in Oldenburg herrschte ein ehemaliger Rechtsanwalt und SA-Führer als Regierungspräsident in Ostholstein, der nicht nur die sozialdemokratische, sondern auch die deutschnationale Opposition rücksichtslos unterdrückte. Ostholstein geriet 1932 zur "Probebühne" für die nachfolgende Politik der Nationalsozialisten in ganz Deutschland. In Ahrensbök wurde eines der ersten Arbeitsdienstlager eingerichtet, aus dem dann 1933 ein Konzentrationslager hervorging. Nach Ahrensbök führte 1945 der Todesmarsch zahlreicher KZ-Häftlinge von Auschwitz. Über hundert Fotos, Tabellen und Dokumente illustrieren die lesenswerte Geschichte der Stadt Ahrensbök zwischen 1930 und 1945. (Jörg Wollenberg: Ahrensbök. Eine Kleinstadt im Nationalsozialismus. Konzentrationslager, Zwangsarbeit, Todesmarsch. Verlag Edition Temmen, Bremen 2001. 271 Seiten, 39,90 Mark.)

HANS-JÜRGEN DÖSCHER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Bietet diese Studie Neuartiges, fragt Hans-Jürgen Doscher, ohne direkt eine Antwort darauf zu geben. Für lesenswert hält er die historische Arbeit über eine Kleinstadt im Ostholsteinischen schon, denn Ahrensbök war bereits vor 1933 eine Hochburg der Hitler-Bewegung und geriet damit zu einer Art "Probebühne" für die Nationalsozialisten, die hier eines der ersten Arbeits- und späteren Konzentrationslager einrichteten. Als Gründe für die frühen Wahlerfolge der NSDAP nennt der Autor Doscher zufolge die überwiegend protestantische Wählerschaft, die hohe Erwerbslosenzahl und die ländlich-mittelständische Sozialstruktur. Die Opposition, einschließlich der deutschnationalen, sei von Anfang an brutal unterdrückt worden. Viele Fotos, Dokumente und Tabellen helfen die laut Doscher interessante Geschichte dieser ostholsteinischen Kleinstadt zu illustrieren.

© Perlentaucher Medien GmbH