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Die Essays "Aus Shakespeares Welt" sind wichtige Zeugnisse der lebenslangen Beschäftigung des englischen Dichters Wystan H. Auden mit dem Werk William Shakespeares. Sie haben Shakespeares Dramen, seine Sonette sowie die Bedeutung der Musik in Shakespeares Werk zum Gegenstand. Die Texte geben Einblick in das Denken Audens, der als radikaler lyrischer Spracherneuerer die nachfolgenden angelsächsischen Dichtergenerationen wie kaum ein anderer geprägt hat. Zugleich dokumentieren sie eine herausragende Stimme in der Shakespeare-Rezeption des 20. Jahrhunderts. Mit der Unbefangenheit, die der…mehr

Produktbeschreibung
Die Essays "Aus Shakespeares Welt" sind wichtige Zeugnisse der lebenslangen Beschäftigung des englischen Dichters Wystan H. Auden mit dem Werk William Shakespeares. Sie haben Shakespeares Dramen, seine Sonette sowie die Bedeutung der Musik in Shakespeares Werk zum Gegenstand. Die Texte geben Einblick in das Denken Audens, der als radikaler lyrischer Spracherneuerer die nachfolgenden angelsächsischen Dichtergenerationen wie kaum ein anderer geprägt hat. Zugleich dokumentieren sie eine herausragende Stimme in der Shakespeare-Rezeption des 20. Jahrhunderts. Mit der Unbefangenheit, die der angelsächsischen Essayistik zu eigen ist, nähert sich Auden dem Werk seines berühmten Kollegen und beginnt einen Dialog, der ihn zu ebenso fruchtbaren wie überraschenden Einsichten gelangen läßt. Der vorliegende Band versammelt sämtliche Essays Audens über Shakespeare. Sie liegen mit einer Ausnahme hier erstmals auf Deutsch vor.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Eine wahre Flut von neuen Publikationen über Shakespeare sichtet Rezensentin Stefana Sabin. Unter anderem liegen nun auch die Shakespeare-Vorträge des Dichters W. H. Auden in deutscher Übersetzung vor, die Sabin im großen und ganzen recht gut gefallen haben. Auden strebe keine allumfassende Deutung an, sondern kombiniere Textanalyse mit Elementen von Sozialgeschichte, stelle unkonventionelle Verbindungen zwischen dem Renaissance-Alltag und der modernen Wirklichkeit her und pflege einen essayistisch unbefangenen Ton. "Auden erzählt mehr, als dass er interpretiert", bringt Sabin ihre Eindrücke auf den Punkt. Audens Methode und auch sein Shakespeare-Verständnis im Allgemeinen ist durch ein "Ineinandergreifen von Psychologie und Dramaturgie" gekennzeichnet, wie Sabin Hanno Helbling aus seinem Nachwort mit voller Zustimmung zitiert. Zwar ist Audens Essays keine psychologische, literarische oder dramaturgische Erkenntnis über Figuren oder die Stücke abzugewinnen, stellt die Rezensentin fest. "Aber in ihrer philologisch verbrämten Begeisterung und in ihrer assoziativen Phantasie", schließt sie wohlwollend, "führen sie hin zum Text."

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.02.2002

Nicht alle dicken Männer sind Trinker
Aber alle männlichen Trinker werden dick: Wie Falstaff wollen wir sein – W.H. Auden liest William Shakespeare
Scharfsichtig und knapp hat Klaus Mann festgehalten, welche Eigenschaften seines englischen Schwagers ihn nervten. Zwar war er froh, das der „ausgezeichnete Schriftsteller” 1935 Erika Mann geheiratet hatte, damit sie Engländerin werden konnte, aber Wystan Hugh Audens „dünkelhafte Unparteiischkeit” und „seine akademisch starre Liebe für alles, was lebt” haben den engagierten Emigranten Klaus Mann dennoch verdrossen. Nur persönlich stehe er „etwas netter mit ihm”. Das schrieb er, nachdem Auden am spanischen Bürgerkrieg teilgenommen hatte und 1939 nach Amerika übergesiedelt war.
Wie dünkelhaft unparteiisch, wie nett ist Auden gewesen? Die Frage hat wenig mit literarisch getarntem Voyeurismus zu tun, der den Schleier der Worte nur betrachtet, weil er hinter ihm pikante Details oder ein aufregendes Seelchen vermutet. Und wer Audens Verse liest – etwa „Stoppt alle Uhren, Kappt das Telefon” oder „September 1939”, das im vergangenen Jahr viele neue Leser gefunden hat – der muss sich mit der Person des Dichters nicht unbedingt befassen. Wer aber den schönen Band des Züricher Pendo-Verlages mit Audens Essays über Shakespeare zur Hand nimmt, benötigt Vertrauen zum Autor, die zumindest momentane Bereitschaft, seinen allgemeinen Behauptungen über das menschliche Treiben zu glauben.
„Nicht alle dicken Männer sind Trinker,” liest man da, „aber alle männlichen Trinker werden dick. Und je mehr sie trinken, umso weniger essen sie.” Eine Anmerkung verleiht dem Lehrsatz den Status geprüfter Wahrheit. „Alle trinkenden Frauen, die mir begegnet sind, waren leichter und dünner als der Durchschnitt.” Warum glaubt man solche Sätze, gegen deren unumschränkte Geltung der Augenschein doch einiges vorzubringen wüsste?
Die Plausibilität wird wohl kaum durch das psychologische Argument erreicht, feste Nahrung sei für den Trinker ein „symbolischer Hinweis auf den Verlust der Mutterbrust und die Vertreibung aus dem Paradies”. Auch die von Auden angeführte Bemerkung über Falstaffs Rechnung – „O, ungeheuer! Nur für einen halben Pfennig Brot zu dieser unbilligen Menge Sekt!” – rechtfertigt die allgemeine Behauptung über die Leibesfülle trinkender Männer kaum.
Dass sie unmittelbar evident erscheint, hängt wohl mit Audens Leidenschaft der Unterscheidung zusammen, die beinahe zwangsläufig mit Listen endet, in denen jeder einzelne Fall unter einer gesonderten Rubrik verzeichnet ist. Wer so präzise unterscheidet, dem einzelnen keine Gewalt antut, darf darauf vertrauen, dass man seinen summarischen Behauptungen bereitwillig glaubt.
Zuhause in der Musik
Als Shakespeare-Leser ist Auden legendär. Um Geld zu verdienen – was seiner tiefen Einsicht zufolge mit dem Reden über Dichtung bedauerlicherweise leichter fällt als mit dem Dichten – , hat er 1946/47 an der New School for Social Research in Greenwich Village Vorlesungen über Shakespeare gehalten. Die Hörer, so soll einer von ihnen bemerkt haben, hätten nicht begeisterter sein können, wenn Shakespeare über Auden gesprochen hätte.
Auden sprach frei, seine wenigen Notizen hat er später vernichtet. Nur dank emsiger Mitschreiber konnten die „Lectures on Shakespeare” im vergangenen Jahr veröffentlicht werden. Die deutschen Leser werden auf sie wohl noch einige Zeit warten müssen, die sie sich mit den von Hanno Helbling in ein bewundernswert reines Deutsch gebrachten Essays „Aus Shakespeares Welt” gut verkürzen können. Leider verrät die Ausgabe nichts über den Zusammenhang zwischen den Vorlesungen und den Essays. Sie geizt überhaupt mit philologischen und biographischen Informationen. Dass die Essays mit einer Ausnahme dem Band „The Dyer-s Hand and Other Essays” entnommen sind, wird immerhin mitgeteilt. Man erfährt, dass der Aufsatz über Shakespeares Sonette ein Nachwort war, bleibt aber ansonsten über Anlässe und Absichten der Essays unbelehrt.
An der New School for Social Research kam Auden eines Tages auch auf „Die lustigen Weiber von Windsor” zu sprechen, aber er weigerte sich, viel über das Stück zu sagen. Es missfiel ihm, obwohl sein Lieblingsheld Falstaff darin eine große Rolle spielt. Kurzentschlossen legte Auden eine Schallplatte auf und ließ seine irritierten Hörer Verdis „Falstaff” lauschen.
Die deutende Geste hat mit Jovialität oder Lässigkeit wenig zu tun. Schon gar nicht steht sie für ein kollegiales, unverkrampftes Verhältnis zum kanonischen Autor, wie es vornehmlich von denen gepriesen wird, die zu ihren Klassikern überhaupt keines haben. Audens Entscheidung für die Schallplatte beruhte vielmehr auf ästhetischer Spekulation. Dass er elegant zu formulieren versteht, ändert daran nichts. Selbst in den „Lustigen Weibern von Windsor”, heißt es in den Essays, habe Falstaff „kein wahres Zuhause gefunden – konnte es nicht finden, denn Shakespeare war nur ein Dichter.” Wie Tristan und Isolde und Don Giovanni finde Falstaff sein wahres Zuhause allein in der Musik. Das Argument geht auf Kierkegaards „Entweder - Oder” zurück. Neben Marx und Freud verdanken die Essays der romantischen Kunstphilosophie mehr, als sie auf den ersten Blick zu erkennen geben.
Sie beginnen mit der typologischen Unterscheidung zwischen dem reinen Drama des Bewusstseins und dem Drama der reinen Objektivität, um sodann das elisabethanische Drama als Versuch der Verschmelzung auszuzeichnen. In ihm bringe der Held die Zeit selber hervor, als Medium, das die Möglichkeiten seiner Person verwirft oder verwirklicht; stets hat der Held die Wahl, und sie ist entscheidend. In jedem Augenblick etwa könne Othello seine Eifersucht zügeln, die Intrige durchschauen und ein komödienhaftes Ende herbeiführen. Und schließlich erscheint im elisabethanischen Drama das Leiden als unaufhebbares Element des Lebens. Wenn es die Figuren zu Selbsterkenntnis, Reue und Liebe führt, ergibt das eine Komödie. In den Tragödien führt es zu Verblendung, Trotz und Hass.
Zwei Figuren Shakespeares haben es Auden besonders angetan: Falstaff und Jago, der trinkende Dicke und der systematisch vorgehende Bösewicht.
Minuten wie Kapaunen
Falstaff tritt in beiden Teilen des Historiendramas „König Heinrich IV.” auf, der im Kontrast zum Freund seiner Jugendtage als gerechter König erscheint. Aber Falstaff, schreibt Auden, passt nicht in die Welt historischer Wirklichkeit. Er finde deshalb sein Zuhause allein in der Musik, weil er wie Don Giovanni der Welt des zeitlichen Wandels nicht angehöre. „Was Teufel, hast Du mit der Zeit am Tage zu schaffen?”, fragt ihn Prinz Heinrich. „Die Stunden müssten denn Gläser Sekt sein und die Minuten Kapaunen ...”.
Als Trinker ist Falstaff ein „freiwilliger Versager”, als Dicker hat er sich aus dem sexuellen Wettstreit zurückgezogen und ist ein „emotionaler Selbstversorger” geworden, ein Narziss. „Die Griechen stellten sich Narcissus als schlanken Jüngling vor, aber ich meine, da täuschten sie sich. Ich stelle ihn mir als einen Mann mittleren Alters mit einem Schmerbauch vor ...”. Was zunächst wie eine Deutung aus Überdruss am Druck des sozialen Lebens klingt, wird bei Auden zwanglos zur Verteidigung des Individuums gegen die Ansprüche der Allgemeinheit wie die der Mitmenschen. In seiner Weltabgewandtheit, sich an die Flasche haltend und nicht an Morgen denkend, demonstriert Falstaff eine starre Liebe, zu allem was lebt. Er hat, mit der Aushebung von Soldaten beauftragt, nur die genommen, die wenig zu verlieren und einiges an Beute zu gewinnen haben, erbärmliches Gesindel. „Falstaffs Missachtung des Staatsinteresses zugunsten privater Angelegenheiten ist ein Sinnbild des Rechts, nach dem die Nächstenliebe einen jeden nicht als eine Nummer, sondern als diese eine Person behandelt.”
Ebenso distanziert gegenüber der historischen Welt, ohne Beziehung zu Zeit und Ort, als Extrem auf der anderen Seite, erscheint Jago, der Streichmacher, der Schurke schlechthin, „der einen ganz allgemeinen Groll auf das Leben und die Gesellschaft hegt”. Er ist die einzig handelnde Figur der Tragödie „Othello”, und Auden entziffert sein Verfahren als das der wissenschaftlichen Ermittlung nach Bacons Definition: „die Natur auf den Prüfstand setzen”.
Immer wieder entdeckt Auden in Shakespeares Dramen das Aufeinandertreffen von historischer Realität und Zeitenthobenem. Im „Kaufmann von Venedig” stehen die arkadische Landschaft Belmonts und die geldscheffelnde Stadt gegeneinander, in „Heinrich IV.” der ästhetisch faszinierende „Fürst der Unordnung” und der gerechte König, in „Othello” der „practical joker” Jago und das Objekt seiner Experimente, der Mohr von Venedig.
„Shakespeare ist in der einmalig glücklichen Lage, jeder Absicht und jedem Zweck gegenüber anonym zu sein”, schrieb Auden 1964 und stellte damit ein vornehmes Ideal der Dichtung auf. In seinen Essays aber folgte er einem eigenem Zweck, entwarf in unterscheidungswütiger Lektüre eine Anthropologie der Brüderlichkeit, die deutlich der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts angehört. Das Grauen vor dem Zwang und der Versuchung, jeden anderen als „gesichtslose algebraische Zahl” zu betrachten, lenkt Audens Blick. Er endet mit der Sehnsucht nach einem Ort, an dem nichts als Stille ist. In diesem Frühjahr erscheinen seine Gedichte bei Pendo. Endlich werden auch die deutschen Leser eines der großen Werke des zwanzigsten Jahrhunderts zur Hand haben.
JENS BISKY
W.H. AUDEN: Aus Shakespeares Welt. Aus dem Englischen und mit einem Nachwort von Hanno Helbling. Pendo Verlag Zürich 2001. 213 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2001

Caliban liest Shakespeare
Der Windhauch der Unheimlichkeit: W. H. Auden blickt in den Theaterspiegel / Von Friedhelm Kemp

Solange Menschen lesen, solange sie Theater spielen, wird Shakespeare, über alle Grenzen hinweg, der Meistgelesene, der Meistgespielte sein. Und wem er früh begegnet ist, wer sich ein Leben hindurch in ihn eingelesen hat, wird gestern und heute anderen begegnen, die ihn einbeziehen in das endlose Gespräch über diesen Unvergleichlichen. Mit einem von Mal zu Mal sich verlagernden Schwerpunkt; immer aber in dem größeren Kontext von Welt und Gesellschaft.

Augenblicksweise mag dieser Akzent sich von den Stücken auf das Nebenwerk der Sonette verlagern, die nun freilich innerhalb der elisabethanischen Sonettistik ein Hauptwerk sind. Die seit den Romantikern immer wieder unternommenen Versuche, sie in die Gegenwart herüberzuholen, haben in unseren Tagen geradezu springflutartigen Charakter angenommen. Eine der gewissenhaftesten und gewandtesten Übertragungen dieser Sonette ins Deutsche stammt von Hanno Helbling, der sich nun auch der Betrachtungen über Shakespeare angenommen hat, die der Dichter W. H. Auden in den fünfziger Jahren als Elected Professor den Oxforder Studenten vorgetragen hat.

Diesen lectures hat Helbling, unter dem Titel "Aus Shakespeares Welt", einen späteren Essay über die Sonette und ein eigenes Nachwort beigefügt. Auden selbst hat den fünf Hauptkapiteln je ein Motto von Ludwig Wittgenstein, Simone Weil, Hannah Arendt, Kardinal Newman und aus einem Sonett von Shakespeare vorangestellt, die als gewichtiger Auftakt jeweils mitreden und nachklingen. Das Entscheidende auch in diesen Betrachtungen, die weniger als eigentliche Vorlesungen denn als sehr persönliche Improvisationen sich darbieten, ist ebender Umstand, daß hier eine weitere Stimme sich in das endlose Gespräch mischt; die Stimme eines Dichters und Essayisten, dem einer seiner Freunde einmal den gründlichsten Gemeinverstand zugestanden hat, mit einem Einschlag höchster Phantastik und Laune, wenn er sich gehenließ.

Und dem sehen wir uns hier auch sogleich ausgesetzt: Einläßliche, kenntnisreiche und höchst beherzigenswerte Erörterungen wechseln mit scherzhaften oder auch bedrohlichen Intermezzi und gipfeln in einer Nachschrift über "höllische Wissenschaften"; unsere nämlich, die heutigen: höllisch, "weil wir in unserer Bildungswelt akzeptiert haben, daß das Recht auf Erkenntnis unbedingt und unbegrenzbar ist"; weil wir Menschen zu Dingen, zu Nummern machen, statt sie als "authentische, einmalige, selbsttätige Personen" zu nehmen.

Genau dies ist nämlich bei Shakespeare durchaus und in einem sich ständig verändernden Handlungszusammenhang der Fall. Nun sollte man erwarten, daß auch Auden sein Perspektiv vornehmlich auf die rätselumwitterte Figur des Hamlet richtet. Doch ihm haben es drei andere bedenkliche und bedenkenswerte Gestalten angetan: Falstaff, das "komische Abbild einer vollkommen selbstlosen Liebe"; Shylock, der gewerbsmäßige Wucherer, "der wie eine Prostituierte eine soziale Funktion hat, aber von der Gesellschaft ausgeschlossen bleibt"; und schließlich der Schurke Jago als die Verkörperung der reinen Bosheit "ohne Motiv", dem Boito in seinem Libretto zu Verdis Oper das Credo in den Mund legt: "Ich glaube an einen grausamen Gott, der mich ihm gleich erschaffen hat. Ein Verbrecher bin ich, weil ich Mensch bin." Jago ist der "practical joker", der seinen Selbsthaß auf die anderen und zuletzt auf alles Geschaffene projiziert.

Spätestens hier haucht uns ein Wind der Unheimlichkeit an. Schaut nicht, während von Shakespeares Stücken und mancherlei anderem die Rede ist, je länger, desto inständiger wie aus einem Spiegel Auden selber uns an? Der Dichter, der bereits während des Zweiten Weltkriegs in "The Sea and the Mirror" mit allen Stimmen aus Shakespeares "Sturm" gesprochen hatte und der dort ausgerechnet den Darsteller des Caliban mit dem gewaltigen Epilog an die Zuschauer beauftragt. Und warnt er hier nicht vor Anfechtungen und Versuchungen, die seine eigenen, die unsere sind?

Insgeheim - man scheut sich, dies zu sagen oder gar es hervorzuheben - zieht sich durch das hier locker Zusammengeschobene so etwas wie ein moralischer Traktat. Und es wird uns auch mit sehr ausdrücklichen Worten gesagt, worum es in diesem geht: um die von jedem einzelnen geforderte und so schwer zu leistende, fast unmögliche brüderliche Liebe, um eine, wie Auden bereits 1933 in einer Rezension für T. S. Eliots Zeitschrift "The Criterion" schrieb, "intensity of attention or, less pompously, love", "als die unerläßliche Voraussetzung sowohl der wissenschaftlichen Entdeckung als auch der Vision des Künstlers".

W. H. Auden: "Aus Shakespeares Welt". Aus dem Englischen übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Hanno Helbling. Pendo Verlag, Zürich / München 2001. 213 S., geb., 48,- DM.

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