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Vor dem realen Hintergrund des Absturzes der Fuerza Aerea five seven one in den 1970er-Jahren gestaltet Jürg Amann seine Menschheitsparabel als Gleichnis von Leben und Tod jenseits von Moral und Tabu:Ein Flugzeugabsturz mitten in der Gletscherwüste der Anden, damit beginnt es. Was folgt, ist der Lebens- und Überlebenskampf derer, die der Hölle scheinbar entkommen sind, die dem Wrack der Unglücksmaschine wenigstens körperlich heil entsteigen. Sie kämpfen miteinander, gegeneinander, die einen auf Kosten der anderen. Wovon sollen sie sich ernähren, in der unbarmherzigen Höhe und Kälte des ewigen…mehr

Produktbeschreibung
Vor dem realen Hintergrund des Absturzes der Fuerza Aerea five seven one in den 1970er-Jahren gestaltet Jürg Amann seine Menschheitsparabel als Gleichnis von Leben und Tod jenseits von Moral und Tabu:Ein Flugzeugabsturz mitten in der Gletscherwüste der Anden, damit beginnt es. Was folgt, ist der Lebens- und Überlebenskampf derer, die der Hölle scheinbar entkommen sind, die dem Wrack der Unglücksmaschine wenigstens körperlich heil entsteigen. Sie kämpfen miteinander, gegeneinander, die einen auf Kosten der anderen. Wovon sollen sie sich ernähren, in der unbarmherzigen Höhe und Kälte des ewigen Eises, bevor die Suchmannschaften sie finden? Falls die sie überhaupt finden? Wie weit kann, wie weit darf der Mensch gehen, um dabei Mensch zu bleiben? Wo verläuft der menschliche Horizont? Und wo bleibt dabei die Liebe?
Autorenporträt
Jürg Amann, geboren 1947 in Winterthur/Schweiz, lebte bis zu seinem Tod im Jahr 2013 in Zürich. Studium der Germanistik in Zürich und Berlin, Literaturkritiker und Dramaturg, seit 1976 freier Schriftsteller. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Ingeborg-Bachmann-Preis, Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis. Bei Haymon: "Zwei oder drei Dinge". Novelle (1993), "Über die Jahre". Roman (1994), "Und über die Liebe wäre wieder zu sprechen". Gedichte (1994), "Schöne Aussicht". Prosastücke (1997), "Kafka". Wort-Bild-Essay (2000), "Am Ufer des Flusses". Erzählung (2001), "Mutter töten". Prosa (2003), "Übermalungen. Überspitzungen". Van-Gogh-Variationen (zus. mit Urs Amann, 2005), "Zimmer zum Hof". Erzählungen (2006), "Nichtsangst". Fragmente auf Tod und Leben (2008) und "Die Reise zum Horizont". Novelle (2010). Zuletzt erschienen: "Wohin denn wir". Roman (2012) und "Lebenslang Vogelzug". Gedichte (2014).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.03.2011

Tödlicher Abstieg
Jürg Amann lässt Existenzen zerschellen

Mit dem Sterben hat sich der Schweizer Schriftsteller Jürg Amann, Jahrgang 1947, immer wieder auseinandergesetzt, zuletzt in "Fragmente auf Tod und Leben". "Der Tod ist der Fehler in der Welt" heißt der erste Satz dieser Sammlung von Zitaten und eigenen Einsichten, die kaum einen Trost zulassen, es sei denn Hermann Burgers stoisches Bekenntnis: "Ich sterbe, also bin ich." Die jüngste Novelle "Die Reise zum Horizont" gibt diese verzweifelt tapfere Todesgewissheit bildhaft wieder.

Ein Flugzeugabsturz über den Anden (er fand tatsächlich in den siebziger Jahren statt): Die Explosion hat zerfetzte Körper und Überlebende auf ein Eisfeld geschleudert. Im aufgeschlitzten Rumpf der Maschine verkohlen eingeklemmte Passagiere und ihre Gepäckstücke. Einer der Überlebenden, der Arzt einer Rugby-Mannschaft, leistet Erste Hilfe und "sortiert" die Hoffnungslosen aus. Er ist einer der wenigen, der aus dem anonymen Wir, das Jürg Amann für seinen Bericht anwendet, hervortritt.

Die Hoffnung, dass das auf dem Radarschirm verlorene Flugzeug entdeckt wird, schwindet von Tag zu Tag, die kärglichen Nahrung ist bald verzehrt. Der Kälte in der Gletscherwüste schutzlos ausgeliefert, bleibt den Katastrophenopfern nur eines übrig: sich mit dem Sterben abzufinden. Doch der Lebenswille erlischt zuletzt. Er überwindet sogar Widerwillen und moralische Schranken: Jürg Amann beschreibt mit grausiger Genauigkeit Kannibalismus als Verzweiflungstat. Zum letzten Mal flackern aber auch Lebensgier und Sexualität in den geschwächten aneinandergedrängten Körpern auf. "Etwas Besseres als den Tod vielleicht nicht, aber den Tod jedenfalls finden wir überall, sagten wir uns" - so heißt es am Schluss, als die wenigen Überlebenden beschließen, den Abstieg zu wagen. "Wenn wir schon sterben mussten, dann lieber im Gehen, unterwegs, auf der Reise hinter den Horizont."

Der Horizont ist die Grenzlinie zwischen Himmel und Erde, zwischen Leben und Tod. Einer muss sie überschritten haben, sonst gäbe es diese Parabel nicht, die so abrupt endet wie sie angefangen hat.

MARIA FRISÉ

Jürg Amann: "Die Reise zum Horizont". Novelle.

Haymon Verlag, Innsbruck / Wien 2010. 104 S., geb., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Spektakulär findet Sibylle Birrer den Stoff, den Jürg Amann sich in seiner klassisch gebauten Novelle vorknöpft. Vom Absturz der "Fuerza Aerea five" 1972 in den Anden und den bekannten kannibalistischen Folgen erzählt ihr der Autor reduziert, dramatisch und aus der kollektiven Wir-Perspektive. Sind wir also alle Kannibalen? Das im Sog der Erzählung an die Rezensentin ergehende Identifikationsangebot bleibt für Birrer allerdings ein Spiegelspiel. Für echte Zweifel und Reflexion über das Menschsein in Extremsituationen fliegt der Text ihr wohl doch allzu straff und pointiert vorüber.

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