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Die Dokumentation einer Freundschaft in unruhigen Zeiten: der Briefwechsel Ludwig von Fickers mit Karl Kraus.»Daß die einzige ehrliche Revue Österreichs in Innsbruck erscheint, sollte man, wenn schon nicht in Österreich, so doch in Deutschland wissen, dessen einzige ehrliche Revue gleichfalls in Innsbruck erscheint.« Diese Feststellung in der »Fackel« vom 5. Februar 1913 kennzeichnet die Frühzeit einer Freundschaft zwischen Karl Kraus und Ludwig von Ficker. Sie hatte über ein Vierteljahrhundert Bestand. Am Anfang stand Fickers Begeisterung für das Werk von Karl Kraus, die »Studien über Kraus«…mehr

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Produktbeschreibung
Die Dokumentation einer Freundschaft in unruhigen Zeiten: der Briefwechsel Ludwig von Fickers mit Karl Kraus.»Daß die einzige ehrliche Revue Österreichs in Innsbruck erscheint, sollte man, wenn schon nicht in Österreich, so doch in Deutschland wissen, dessen einzige ehrliche Revue gleichfalls in Innsbruck erscheint.« Diese Feststellung in der »Fackel« vom 5. Februar 1913 kennzeichnet die Frühzeit einer Freundschaft zwischen Karl Kraus und Ludwig von Ficker. Sie hatte über ein Vierteljahrhundert Bestand. Am Anfang stand Fickers Begeisterung für das Werk von Karl Kraus, die »Studien über Kraus« (1913) und die »Rundfrage« (1913) - und Kraus begegnete Ficker als Freund, um den er sich sorgte und dessen Erfahrungen im Krieg sich in seinem Hauptwerk »Die letzten Tage der Menschheit« buchstäblich niederschlugen. Ficker war in Kraus' Beziehung zu Sidonie Nádherny durch gemeinsame Besuche in Innsbruck eingeweiht; im September 1917 war Ficker Gast in Janowitz - eine Auszeichnung, die außerihm nur noch Adolf Loos zuteil wurde. Die Sorgen um die finanzielle Situation des Freundes, die Überführung der sterblichen Überreste von Georg Trakl auf den Friedhof von Mühlau und das Fortbestehen des Brenner-Verlags sind die Themen in den zwanziger Jahren, während Kraus in den Jahren des heraufziehenden Faschismus sich mehrfach bei einem Rat holte: bei Ludwig von Ficker.
Autorenporträt
Karl Kraus (1874-1936) war als Herausgeber und fast alleiniger Verfasser der »Fackel« einer der meistverehrten und zugleich meistgehassten Kritiker seiner Zeit.

Markus Ender, geb. 1977, ist Mitarbeiter des Forschungsinstituts Brenner-Archiv der Universität Innsbruck.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.01.2018

„Brenner“ und „Fackel“
Die österreichischen Zeitschriftenmacher Karl Kraus und Ludwig von Ficker in Briefen und Dokumenten 1910 – 1936
„Dass die einzige ehrliche Revue Österreichs in Innsbruck erscheint, sollte man, wenn schon nicht in Österreich, so doch in Deutschland wissen, dessen einzige ehrliche Revue gleichfalls in Innsbruck erscheint.“ Als Karl Kraus dies in der Fackel schrieb, Anfang 1913, war Der Brenner, den er dem Publikum so nachdrücklich empfahl, gerade einmal drei Jahre alt. Die Zeitschrift, die der Innsbrucker Literat Ludwig von Ficker jenseits der Metropole Wien herausgab, erschien bis 1934 durchgehend, dann trat eine zeitgeschichtlich bedingte Pause ein, und 1946 begann sie erneut zu erscheinen, um 1954 zu enden. Ihr Herausgeber starb hochbetagt 1967.
Der Brenner war in der Tat schon den ersten Jahren vor dem Weltkrieg etwas ganz Besonderes. Literarisch wurde dem Ungewöhnlichen und nicht auf der großen Heerstraße Liegenden Platz eingeräumt. Unter den ersten Autoren der frühen Jahrgänge finden sich Peter Altenberg, Theodor Däubler, Else Lasker-Schüler und Albert Ehrenstein. Dass Die Fackel ein Vorbild war, wurde nicht verheimlicht. Schon im ersten Jahrgang erschien ein Essay mit dem Titel „Karl Kraus“.
Erst ein Jahr später bekam Kraus mit, dass er vom Herausgeber des Brenner unter einem Pseudonym ebenso respektvoll wie klug behandelt wurde, was ihm in einer österreichischen Publikation nur äußerst selten widerfuhr. Der größte Lyriker, den Ficker förderte, war der Salzburger Georg Trakl. Ficker und Trakl hatten sich 1912 kennengelernt, als der junge Militärapotheker in Innsbruck stationiert war.
Als Trakl in Wien nicht Fuß fassen konnte, kehrte er nach Innsbruck zurück und lebte im Hause des Freundes. Es gab bis zu seinem Tod im November 1914 kein Brenner-Heft ohne einen Text Trakls. Dass Kraus auf Trakl große Hoffnungen setzte und ihn auch persönlich hochschätzte, mit ihm gemeinsame Ausflüge und Reisen unternahm, war ein weitere Verbindung zwischen Ficker und Kraus.
Als Kraus im Januar 1912 in Innsbruck eine Vorlesung hielt, vom Brenner veranstaltet, begegneten sich die beiden Zeitschriftenherausgeber zum ersten Mal persönlich. Es gibt bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs keine deutschsprachige Publikation, in der Karl Kraus und sein Werk rückhaltloser verehrt und propagiert werden als im Innsbrucker Brenner. Kraus dankte es Ficker und seiner Frau Cissi mit einer für ihn keineswegs gewöhnlichen freundschaftlichen Zuwendung. Im Februar 1913 schreibt er ihm nach einem Besuch in dessen Haus in Mühlau bei Innsbruck: „Wenn ich – statt sie ‚nur zu zerstören‘ – mich auf allgemeines Verlangen entschlösse die Welt ‚auch aufzubauen‘, so brauchte ich einen Plan. Und den nehme ich von der Erinnerung an den einen Tag in Mühlau. Haben Sie Dank für Brief und Buch von Ihrem Karl Kraus.“
Als Ficker Anfang 1915 zum Militär eingezogen wird, treibt Kraus die Sorge um den Freund, so wird man ihn nennen dürfen, um, vor allem weil die gemeinsame fruchtlose Sorge um Georg Trakl noch mehr als präsent ist (die sterblichen Überreste Trakls wurden Mitte der Zwanzigerjahre nach Mühlau überführt, und seit Fickers Tod liegen die Freunde direkt nebeneinander auf dem Mühlauer Friedhof).
Ein privater Brief Fickers vom Kriegsende geht sogar mit kleinen redaktionellen Änderungen wörtlich in Kraus’ Drama „Letzten Tage der Menschheit“ ein. Die Wendung des Brenner zu einem dezidierten Katholizismus mit starker Anlehnung an die Philosophie Sören Kierkegaards, verkörpert durch neue Autoren wie Theodor Haecker und Ferdinand Ebner, kann Kraus jedoch (ganz unabhängig von seiner eigenen Konversion und dem späteren Austritt aus der katholischen Kirche von 1923) nicht nachvollziehen.
Das polemisch-satirische Reagieren auf Zeitereignisse war nie gänzlich die Sache Fickers und seiner Zeitschrift. Zunehmend schwächte sich im Brenner die nahezu bedingungslose Kraus-Verehrung der ersten Jahre ab, ohne je in eine Abwendung zu münden. Eine Gemeinsamkeit blieb, die nahezu religiöse Verehrung von Sprache und Wort, der Glaube daran, dass der Gedanke im Wort erlöst werde, Sprache und Existenz des Menschen in einem nur unter gravierenden Verlusten aufhebbaren Zusammenhang stehen. Die Freundschaft zwischen Ludwig von Ficker und Karl Kraus wurde auch trotz solcher Schwankungen nie infrage gestellt. Als sich im Juni 1936 die Nachricht verbreitete, dass Kraus gestorben war (was außer für den allerengsten Kreis überraschend kam), fuhr Ficker sofort nach Wien. Er konnte den in der Wohnung im Sarg liegenden Kraus noch einmal sehen: „Es hat mich maßlos erschüttert. Es schien mir wie das Antlitz eines Heiligen, der aus Versehen in die Hölle geraten ist und nun wartet, dass er in den Himmel geführt wird. Es war ganz unverzerrt, unvoreingenommen und kindlich erschöpft.“
Seit 2002 gibt Friedrich Pfäfflin die „Bibliothek Janowitz“ heraus, genannt nach Schloss und Garten von Sidonie Nádherný von Borutin, der wichtigsten Frau im Leben von Karl Kraus. Über zwanzig Bände sind inzwischen publiziert, nicht nur über Kraus und Sidonie Nádherný, sondern auch zu Arthur Schnitzler, Peter Altenberg und Rainer Maria Rilke. Die größeren Editionen erscheinen bei Wallstein, die kleineren im Verlag Ulrich Keicher. Die Briefe und Dokumente zur Beziehung zwischen Kraus und Ficker treten in diesen Kontext ein. Eine Frage sei angefügt. Zwischen 1987 und 1994 hat der Göttinger Germanist Christian Wagenknecht die zwanzigbändige Ausgabe der Schriften von Kraus im Suhrkamp-Verlag herausgebracht. Von dieser Ausgabe sind derzeit nur noch drei Bände vorrätig. Man fragt sich, ob dieser trostlose Zustand unabänderlich ist.
JENS MALTE FISCHER
Markus Ender, Ingrid Fürhapter, Friedrich Pfäfflin (Hrsg.): „Erinnerung an den einen Tag in Mühlau“. Karl Kraus und Ludwig von Ficker. Briefe und Dokumente 1910 – 1936. Wallstein Verlag, Göttingen 2017. 378 Seiten, 24,90 Euro.
Der tote Kraus: „… wie das Antlitz
eines Heiligen, der aus
Versehen in die Hölle geraten ist“
Parallelakteure.
Foto: Wallstein Verlag
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»This well-edited volume is valuable for scholars of early twentieth-century literature and cultural life« (Laura McLary, Journal of Austrian Studies 51.3, 2018)