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Als Leo Böwe im Spätherbst 1957 durch die Frankfurter Kaiserstraße geht, hört er vom Mord an der Edelprostituierten Rosemarie Nitribitt. Der Name setzt sich in seinem Kopf fest wie der Name einer Geliebten, der er nie begegnet ist. Böwe ist im Begriff, eine Stelle als Vertreter für Waschmaschinen anzutreten, er lernt die Regeln des Geschäfts: "Der Verkauf beginnt, wenn der Käufer Nein sagt."Zehn Jahre später hat Böwe eine Tochter, Jule, die beiden haben es nicht leicht miteinander. Als Jule im Fernsehen den erschossenen Benno Ohnesorg sieht, beschließt sie: "Papi, wenn ich groß bin, erschieße…mehr

Produktbeschreibung
Als Leo Böwe im Spätherbst 1957 durch die Frankfurter Kaiserstraße geht, hört er vom Mord an der Edelprostituierten Rosemarie Nitribitt. Der Name setzt sich in seinem Kopf fest wie der Name einer Geliebten, der er nie begegnet ist. Böwe ist im Begriff, eine Stelle als Vertreter für Waschmaschinen anzutreten, er lernt die Regeln des Geschäfts: "Der Verkauf beginnt, wenn der Käufer Nein sagt."Zehn Jahre später hat Böwe eine Tochter, Jule, die beiden haben es nicht leicht miteinander. Als Jule im Fernsehen den erschossenen Benno Ohnesorg sieht, beschließt sie: "Papi, wenn ich groß bin, erschieße ich dich auch."Durch fünf Jahrzehnte begleitet Judith Kuckarts großer Roman das Leben von Leo und Jule Böwe. "Kaiserstraße" ist ein Fotoalbum in Worten, in fünf Stationen verfolgt es die Entwicklung zweier gegensätzlicher Helden und markiert zugleich fünf Wendepunkte in der Geschichte der Republik: 1957, 1967, 1977, 1989, 1999. Und wie das Land sich verändert, verändern sich auch seine Bewohner. Es ist eine brüchige Karriere - denn verkaufen lässt sich vieles, Waschmaschinen ebenso wie Ideen, Werte und Politik. Verkaufen kann man am Ende auch sich selbst.
Autorenporträt
Judith Kuckart, geboren 1959 in Schwelm (Westfalen), lebt als Autorin und Regisseurin in Berlin und Zürich. Sie veröffentlichte bei DuMont den Roman "Lenas Liebe" (2002), der 2012 verfilmt wurde, den Erzählband "Die Autorenwitwe" (2003), die Neuausgabe ihres Romans "Der Bibliothekar" (2004) sowie die Romane "Kaiserstraße" (2006), "Die Verdächtige" (2008), "Wünsche" (2013), "Dass man durch Belgien muss auf dem Weg zum Glück" (2015) und "Kein Sturm, nur Wetter" (2019). Judith Kuckart wurde mit zah
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Judith Kuckart sei etwas gelungen, staunt Rezensentin Andrea Köhler, was nur allzu oft schief gehe, nämlich die in Klischees erstarrten 50er und 60er Jahre in lebendig Erinnerung zu rufen. Darüber hinaus reiche Kuckarts Roman bis in die Gegenwart und habe als "Aufhänger" der fünf Kapitel historische Ereignisse. Der Mord an einer Prominenten-Prostituierten 1975, die Erschießung Benno Ohnesorgs 1967, die Ermordung Hans Martin Schleyers 1977, der Mauerfall 1989 und die Jahrtausendwende 1999. Zentrale Figur des in parallelen Geschichten erzählten Romans, referiert die Rezensentin, sei Leo Böwe, ein ohne Liebe aufgewachsenes Trümmerkind, das im Adenauerdeutschland Karriere als Waschmaschinenvertreter mache und gewissermaßen die Träume aller vertrete. Aus einer beiderseits enttäuschenden Ehe wird Jule geboren, die mit 16 ein Kind bekomme, dass sie fortgebe. Ein Kreislauf der leer laufenden Sehnsüchte. Judith Kuckart, so die Rezensentin, hauche dieser traurigen Prosa der Wirklichkeit nun dadurch Leben ein, dass sie die Sprache ihrer Figuren zu einem "poetischen Kunstjargon" forme und zum Sprechen bringe. Hinter den "flotten Parolen" und "hemdsärmeligen Sprüchen" zeigten sich die "Wünsche", die "stumm rebellieren".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.03.2006

Böwe und wie er die Welt sah
Zeitgeschichte im Schleudergang: Judith Kuckart durcheilt die erotischen Abgründe der alten Bundesrepublik

Romane schreiben ist im Grunde so ähnlich wie Waschmaschinen verkaufen. Man kann seinen Gegenstand fremd und exotisch erscheinen lassen, auf die Neugier bauen, man kann dabei riskieren, den Kunden zu verwirren oder zu überfordern, aber darauf setzen, daß der mit der Fülle an Informationen und Innovationen schon irgendwie zurechtkommt. Oder man kann eben das neue Produkt als das simpelste und idiotensicherste Gerät auf der Welt erscheinen lassen, sich bemühen, sein Gegenüber genau dort abzuholen, wo es steht, und vom Bekannten so wenig wie möglich abweichen. Man kann, kurz gesagt, den Erwartungen entgegenkommen oder sie unterlaufen. Schreiben ist wie Waschmaschinen verkaufen. Der Unterschied: Was hier zum Erfolg führt, geht dort meist in die Binsen.

Der erste Teil von Judith Kuckarts neuem Roman spielt in den fünfziger Jahren. Wer an die fünfziger Jahre denkt, denkt: "Adenauer". Denkt "Wirtschaftswunder". "Nitribitt". "Eiscafé Venezia". Oder "Capri". Denkt Elvis und Peter Kraus. Rahn und Fritz Walter. Denkt "Ovomaltine" und "Olivetti", "Gummibaum" und "Negligé", "Cocktailsessel" und "BMW Isetta". Na ja, und eben "Waschmaschine". Und genau das bekommt er hier auch.

Eine der beiden Hauptfiguren des Romans ist Leo Böwe, ein junger, ehrgeiziger, zeichnerisch begabter Mann aus einer Kleinstadt nahe Wuppertal, der sich nach seinem vorzeitigen Schulabgang vom Waschmaschinenvertreter zum Marketingfachmann hochgearbeitet hat. 1957 wird er, frisch mit der hübschen, aber biederen Liz verheiratet, als rechte Hand seiner Chefs nach Frankfurt geschickt, um die dortigen Vertreter zu beaufsichtigen. Die Firmendependence liegt im verruchten Bahnhofsviertel; der Kleinbürger Böwe ist augenblicklich fasziniert vom Duft der großen, weiten Welt mit ihren erotischen Versprechungen. Bald schon unternimmt er Ausflüge ins mondäne Baden-Baden, wo er sich eine Geliebte zulegt - der Beginn eines Doppellebens, das sich als Grundmotiv durch sein Leben zieht: "Intelligent, begeisterungsfähig, aber unruhig" sei er, so sein Abschlußzeugnis.

Zufällig ist Böwe auch an jenem Tag in Frankfurt, an dem die Edelprostituierte Rosemarie Nitribitt ermordet wird. Die Begegnung mit einem verwirrten Mann auf der Kaiserstraße weckt in ihm die fixe Idee, ihren Mörder zu kennen. Der Mythos Nitribitt wird für Böwe zum Leitstern seiner Existenz, die doch äußerlich weiter seiner bürgerlichen Umlaufbahn folgt. Nun gibt es auch in seiner Heimatstadt im Bergischen eine Kaiserstraße, dort bezieht er ein standesgemäßes Haus, dort wird 1960 seine Tochter Jule geboren, die zweite Hauptfigur des Romans, der in vier weiteren Zeitstufen - 1967, 1977, 1989, 1999 - die Geschicke der Familie bis in die Gegenwart verfolgt und zugleich ein Panorama der Bundesrepublik ausmalt.

Die Lebensläufe von Vater und Tochter haben damit die Last des Repräsentativen zu tragen: Böwe wird CDU-Kommunalpolitiker, dann Landtagsabgeordneter; Jule wird Ballettänzerin, macht aber dann ihren Betriebswirt nach und arbeitet in den neunziger Jahren als Personalberaterin in einem Großunternehmen. Vollauf damit beschäftigt, neben der Politikerkarriere seine Affären zu organisieren, entfremdet sich der Vater zunehmend von Frau und Tochter. Als er, inzwischen lustiger Witwer, wegen seiner Eskapaden für die Partei am Ende nicht mehr tragbar ist, beschließt er, einen autobiographischen Roman zu schreiben.

Beide Biographien sind gegenläufig - Böwe bereut den Verzicht auf seine künstlerische Begabung und blickt auf ein Leben als Hallodri zurück; Jule hangelt sich von Liebhaber zu Liebhaber auf der Suche nach Mr. Right und gibt ihre Tanzträume auf. Beide sind getrieben von einem ebenso nagenden wie unbestimmten Glücksverlangen. Die alte Bundesrepublik - ein Staat der ausgelebten Sehnsüchte, die Nation der Verspäteten. In der Instrumentalisierung der Figuren für eine mentalitätshistorische Klippschule bleibt allerdings deren Individualität auf der Strecke. Mitunter hat man das Gefühl, an der Seite der Böwes einen Rundgang durch das Bonner Haus der Geschichte zu unternehmen: Nicht nur in den Fünfzigern werden Zeitgeschehen und Atmosphäre vorhersehbar und klischeehaft abgehakt: Schahbesuch und Sechstagekrieg, Deutscher Herbst und Mauerfall - das Prinzip Waschmaschine eben: das ganze Archiv rein in die Trommel, einmal Schleudern mit Spartaste. Das klingt dann so: "Jule kaufte sich am Bahnhofskiosk Baden-Baden nicht die Zeitung, auf der auf der ersten Seite noch immer die Rede von einer in Mogadischu entführten Landshut-Maschine und einem erschossenen Flugkapitän war."

Überhaupt: die Perspektive! Zwar wird personal aus der Sicht der beiden Hauptfiguren erzählt, dies aber keineswegs konsequent: Aus Gründen des Effekts wird immer wieder auktorial vor- und danebengegriffen - bis hin zu purem Kitsch wie "Hoch über ihr sang eine Schwalbe im Flug" -, als sei das schon eine Regieanweisung für die erhoffte Verfilmung.

Doch was am meisten gegen das Buch einnimmt, ist der durchgängig mißgelaunte, ja misanthropische Blick, den Judith Kuckart auf ihr Personal und beileibe nicht nur auf die selbstsüchtigen männlichen Nebenfiguren wirft. Es wimmelt von unangenehm riechenden, geschmacklos gekleideten, unfreundlichen und beschränkten Menschen. So empfinden Böwe und seine Braut sogar die eigenen Hochzeitsgäste als dumm und störend: "Es roch nach Zigaretten. Wie aus der Hölle riecht es, flüsterte Liz." Die interessant angelegte Böwe-Figur wächst so nicht zur tragischen Gestalt, die herkunftsbedingt die Kraft zur Selbstbefreiung nicht findet, sondern schrumpft zum kleingeistigen und unsensiblen Spießer. Für die Vermutung, daß es Kuckart nicht gelingt, sich von der konventionellen weiblichen Opferperspektive ihres Alter ego zu emanzipieren, spricht auch das peinliche Detail, daß das in ihrer Danksagung bedachte Künstlerhaus im Roman als Oase der Selbstfindung verewigt wird.

Am Ende spüren sowohl Vater als auch Tochter dem Schicksal der Nitribitt nach: Sie symbolisiert, was jedem Leben - nicht zuletzt erotisch - vorenthalten bleibt. Doch ist die doppelt vorhandene Kaiserstraße des Titels als Bild innerer Zerrissenheit überdeutlich und platt. "Parallelen, das waren zwei Geraden, die sich im Unendlichen berührten, wußte Böwe aus dem Mathematikunterricht." Judith Kuckarts Kaiserstraßen schneiden sich aber nicht im Unendlichen, sondern höchstens irgendwo im Westerwald.

Judith Kuckart: "Kaiserstraße". Roman. DuMont Literatur und Kunstverlag, Köln 2006. 320 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.03.2006

Nierentischblues
Judith Kuckart betätigt den Weichspülgang und trägt einen Schminkspiegel durch die „Kaiserstraße”
Von Stephan Maus
Leo und Liz Böwe sind eine dieser bedauernswerten Keimzellen des deutschen Wirtschaftswunders. Was arbeitet der Mensch so in den Fünfzigern? Waschmaschinenvertreter natürlich, denn nichts braucht das schuldbefrachtete Land so sehr wie weiße Leibchen. Wie liebt man so im Bannkreis der Nierentische? Klar, mit spießiger Unaufrichtigkeit, die einem gegen Abend scharfkantig ins Gemüt kiekst wie der Nierentisch ins triste Halbdämmer. Und was ziert das Innere unserer rätselhaften Vorfahren? Schnell vergilbende Blümchenmuster auf der Seelentapete. Was aber, erzähle mir, oh Muse, ist des homo oeconomicus mirabilis innigstes Begehr? Sein balletttanzendes Töchterchen wenn möglich zur RAF-Terroristin zu erziehen, sie mindestens aber schwer zu verkorksen.
Der Waschmaschinenvertreter Leo Böwe liest am liebsten den Verkaufsratgeber „Die heimlichen Verführer”. Mehr ist eigentlich nicht über diese Klischeefigur zu sagen. Das Leben dieses vorgestanzten Nachkriegsmenschen ist so abgedichtet wie die Waschmaschinen, die er verkauft. Doch Leo kennt keinen Schleudergang. Das größte Abenteuer, zu dem er sich aufschwingen kann, ist das schäbige Doppelleben eines Ehebrechers, der durch seine Lieblosigkeit seine dümmlichen Gattin Liz malträtiert, als wäre diese nicht schon genug mit ihrer stereotypen Romannebenrolle gestraft. Irgendwann muß Liz dann ihr Leben in einem Laden für Trauerkleidung gleich neben dem Friedhof beerdigen, auch so ein dramaturgischer Einfall - Kuckart kommt vom Tanztheater.
Leo stopft so viele Lebenslügen in seine kalte Herztrommel wie Liz schmutzige Socken in ihren Frontlader. Lebenslänglich ist er fasziniert von Geschichten über den Mord an der Prostituierten Rosemarie Nitribitt. In „abendwehen” Tagträumereien über Boulevardnachrichten sublimiert der Spießer seine verdrängte Abenteuer- und Lebenslust. Wie man nun als Wirtschaftswunderkind sein Leben meistern soll, wird uns Leos und Liz’ seelisch überreizte Tochter Jule vorführen, deren Lebensstationen Kuckart in ihrem sentimentgetränkten Roman nachzeichnet. In diesem Text ist alles so beseelt, dass sogar das Licht innerhalb von fünf Seiten gleich zwei Mal frieren kann.
1957, 1967, 1977, 1989, 1999. Im Weichspülgang geht Kuckart noch einmal die letzten fünfzig Jahre der BRD durch, wobei sie die Epoche nicht ein einziges Mal aus einer überraschenden Perspektive beleuchtet. Wieder einmal riecht es nach Putzmittel in den Fluren der Republik. Der Text ist eine Collage aus hundert Mal beschriebenen und gesendeten Zeitbildern. Die konventionelle Geschichts-Nachhilfestunde wird mit einem naiven Handlungsreisenden-Realismus gestaltet. Ist dafür Wolfgang Koeppen gestorben? Ist Arno Schmidt für eine solche erzähltechnische Ahnungslosigkeit durch sein Heidemartyrium gegangen? Der Roman wird Opfer eben jenes Spießertums, das er anprangern will. Das Sujet hat seine verheerenden Spuren in der Ästhetik hinterlassen. Kuckarts Neobiedermeier lässt keine Frage offen. Das Geheimnis einer jeden Figur wird mit einem Halbsatz erklärt. Die Psyche ist hier so unkompliziert wie im Montagshoroskop. Der Roman arbeitet an der Veredelung der Lore-Heft-Poetik. In verzweifelter Kunstanstrengung zurrt Kuckart ihre Motive zu einem starren Korsett zusammen. Billige Symbolschminke erstickt jede Poesie im Ansatz. Vom Handlungsverlauf bis ins kleinste Bild wirkt der Roman gezwungen. Jeder Absatz tröpfelt in einer dieser typischen BRD-Nachkriegsprosakadenzen aus, die den widerwilligen Leser in einen bittersüß lasierten Nierentischblues hineinbugsieren möchte: „Der abgebrochene Kopf der Nelke lag auf dem Gehsteig vor dem Kino.” Werden keine Blumen geköpft, geht’s dem beseelten Mobiliar an den Kragen: „Die Tischdecke verwelkte.” Jedes noch so kleine Detail bekommt einen Gemütszustand übergestülpt. Immer gibt es einen Vergleich zu viel, und der ist dann genau eine Nummer zu groß.
Penetrant stoßen gewollte Symmetrien und Korrespondenzen den Leser auf pathetischen Bewertungsüberschuss. Eine Wollmütze, die Jule am Silvesterabend in Berlin verliert, entdeckt Leo später auf dem Kopf einer rumänischen Akkordeonspielerin wieder. Nur der beißende Ostwind weiß, was es bedeuten soll. Mit solch willkürlichem „Manhattan Transfer”-Motivzauber ist heute kein Metropolenfeeling mehr zu erzeugen. Schon der Romantitel verweist auf überkonstruierten Krampf: Sofort nach Leos Karrieresprung ziehen die Böwes in die Kaiserstraße ihres Provinzstädtchens. So versucht Leo, sein Schicksal mit dem der Prostituierten Nitribitt zu verschränken, die in der Frankfurter Kaiserstraße ermordet wurde. Die ermordete Prostituierte wird zum Symbol aller verdrängten Wünsche. Nitribitt verkaufte Liebe und wurde ermordet, Leo verkauft seine Träume und meuchelt sein Leben. Am Ende des Romans steht er in der Wohnung der Ermordeten, die unterschwellig sein ganzes Leben beherrscht hat.
Schon mehrfach wurde Kuckart als Meisterin der Sinnlichkeit gefeiert, was sie in diesem Roman zur Konstruktion von grotesken erotischen Verwicklungen anzuspornen scheint: Jules schwül-schwurbeliges Liebesleben spannt sich zwischen den Polen einer Entjungferung durch eine zwanzig Jahre ältere Vaterfigur und einer erfüllenden Schwängerung durch einen zwanzig Jahre jüngeren Apoll. „Ein Roman ist ein Spiegel, der sich auf einer großen Straße fortbewegt”, zitiert Kuckart Stendhal im Motto ihres Romans. Schön wär’s. „Kaiserstraße” ist ein schminkeverschmierter Handspiegel, den Hedwig Courths-Mahler durch die Lindenstraße spazieren trägt.
Judith Kuckart
Kaiserstraße
Roman. DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2006. 317 Seiten, 19,90 Euro.
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