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"Die Liebe zur Literatur versagt auch in ernsten Fällen nicht. Der Herzog von Charost las im Karren auf dem Weg zum Schafott ein Buch. Ehe er die Stufen zur Guillotine hochstieg, machte er ein Eselsohr in die zuletzt gelesene Seite."
Vierundzwanzig leichtfüßige Feuilletons versammelt Die Glühbirne der Etrusker - Rezensionen und Marginalien aus den Jahren 1999 bis 2002 sowie bisher unveröffentlichte Radioessays. Besprechungen von Martin Mosebach, Max Goldt oder Georg Klein stehen neben einem einfühlsamen Porträt des Paares Véra und Vladimir Nabokov. Literarische Schätze finden sich in den…mehr

Produktbeschreibung
"Die Liebe zur Literatur versagt auch in ernsten Fällen nicht. Der Herzog von Charost las im Karren auf dem Weg zum Schafott ein Buch. Ehe er die Stufen zur Guillotine hochstieg, machte er ein Eselsohr in die zuletzt gelesene Seite."

Vierundzwanzig leichtfüßige Feuilletons versammelt Die Glühbirne der Etrusker - Rezensionen und Marginalien aus den Jahren 1999 bis 2002 sowie bisher unveröffentlichte Radioessays. Besprechungen von Martin Mosebach, Max Goldt oder Georg Klein stehen neben einem einfühlsamen Porträt des Paares Véra und Vladimir Nabokov. Literarische Schätze finden sich in den Marginalien - neu gedeutete Erzählungen von Vladimir Nabokov und Henry James, eine Gegenüberstellung von Nietzsche und G. K. Chesterton oder Borges' Harvard-Vorlesungen. Geistreich und begeisternd knüpft Michael Maar seinen ganz persönlichen Teppich der Literatur des 20. Jahrhunderts. Wer den verführerisch und geschickt gelegten Fährten folgt, macht wundervolle Entdeckungen - eine wahre Trouvaille ist Halldór Laxness' frühe Erzählung Das gute Fräulein, ein Meisterwerk aus den dreißiger Jahren, das nichts von seiner Strahlkraft verloren hat. Klug, kurzweilig und vergnüglich zu lesen - Die Glühbirne der Etrusker beleuchtet Literatur und bringt sie zum Leuchten.

"Michael Maar ist der begabteste deutsche Literaturkritiker der jüngeren Generation." (London Review of Books)
Autorenporträt
Michael Maar wurde 1960 in Stuttgart geboren und lebt in Berlin. Für seine Dissertation über den Zauberberg wurde er 1995 mit dem Merck-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ausgezeichnet, der er seit 2002 angehört. Im Jahr 2000 erhielt Michael Maar den Lessing-Förderpreis für Kritik. 2002 war er Gastprofessor an der Universität Stanford. Zuletzt veröffentlichte Michael Maar Warum Nabokov Harry Potter gemocht hätte (2002).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.08.2004

Schmetterlingshammer
In seinen Essays ist Michael Maar ein Virtuose der Bewunderung

Klatsch ist der Kitt des Menschenwesens. Er versöhnt die kleinen Leute mit den Mächtigen und Berühmten. Bill Clinton hat sich als Politiker weltweit Respekt erworben, die Liebe aber, die ihm allenthalben entgegenschlägt, verdankt er nicht zuletzt dem öffentlichen Klatsch über seine Eskapaden.

Michael Maar ist ein brillanter und großzügiger Kritiker. Er liebt die Literatur so uneigennützig, daß er sie nicht ändern will. Und er liebt seine Größen, also Borges, Chesterton, Thomas Mann oder Nabokov, nur um so mehr, wenn er ihren kleinen Schwächen und Wunderlichkeiten auf die Spur kommt. Was in der Geistesgeschichte Zusammenhang stiftet, sind ihm nicht die abstrakten Kategorien, sondern die kleinen Geschichten, die Randbemerkungen und Anekdoten.

Die schwierige Beziehung zwischen Adorno und Thomas Mann etwa wird bei Michael Maar in anekdotischer Möglichkeitsform frappierend transparent: Es könnte "ihnen gegangen sein wie den schottischen Eulenmännern, die sich beide für begnadete Vogelstimmenimitatoren hielten und einander über die hohe Mauer hinweg abwechselnd etwas vorpfiffen" - jeweils im Glauben, sich mit einem Käuzchen zu unterhalten. Adorno kommt in dieser Paarung scheinbar nicht gut weg: ein Eitler, ein Besserwisser, eine Nervensäge. Der Teufel im "Doktor Faustus" aber war, entgegen landläufiger Meinung und auch Adornos koketter Annahme, keineswegs dem Philosophen der Neuen Musik nachgebildet. In detektivischer Feinarbeit weist Maar vielmehr nach, daß jener "kleine, geniale, nervös zuckende und aufstampfende Komponist" gemeint war, der für Thomas Manns Ohren das Erbe der Spätromantik in die Neue Musik einbrachte. Der aber war zugleich das mehr oder minder versteckte Vorbild Adornos.

Michael Maar verzeichnet die Eitelkeiten großer Denker und Schriftsteller mit Vergnügen, aber niemals gehässig. Denn mit Chesterton weiß er, daß Eitelkeit gesellig ist, Stolz dagegen einzelgängerisch und unzivilisiert. So kann die gemäßigt üble Nachrede auch im Falle Adornos in höchstes Lob auf einen treulich Liebenden münden: Was Adorno in der Schrift über jenen Komponisten "an treffenden Beobachtungen und proustisch zündenden Vergleichen wie aus einem Füllhorn auf jeder Seite" ausschütte, sei "schlechterdings unerhört". Den als eitel Verschrienen läßt dieser Virtuose der Bewunderung gern ausgleichende Gerechtigkeit widerfahren: "George Steiner ist nicht nur ein Meister der Kunstbetrachtung und Muster der Gelehrsamkeit, er ist ein Schriftsteller von Graden, der es nicht nötig hat, sich wegen der Konkurrenz zu grämen." Nietzsche nimmt Maar sogar gegen die Unterstellung seines Lieblings Chesterton in Schutz, jener sei eigentlich "ein äußerst furchtsamer Denker" gewesen.

Ungnädig ist der Chronist des "schönen Details" nur mit den gnadenlos und unzivilisiert Stolzen. Da kann es dann ganz hart kommen. In der Auseinandersetzung mit dem repressiven "Scheusal" Peter Hacks kann auch die Anerkennung seiner stilistischen Meisterschaft das Urteil nicht mildern: "Die Regel, die harte Rute, Stalins ernster Humor und eine von den Läusen der Romantik gesäuberte Welt - das ist der Paradiesgarten, wie Hacks ihn sich malt." Bei solcher Gelegenheit erfährt der Leser ganz unmißverständlich, auf welcher Seite der Kritiker Michael Maar steht.

Er bevorzugt die beiläufige Weisheit, die dem Wunderlichen entspringt und der kuriosen Metapher. Nietzsche und Chesterton sind bei solcher Betrachtungsweise "zwei Flügel eines Vogels, der das Trümmerfeld des Materialismus überfliegt". An Harold Blooms "Kunst der Lektüre" zeigt er, wie Belesenheit, die mit dem Hammer hantiert, den Leser blind und dumm machen kann. Michael Maars Ideal ist dagegen die schmetterlingshafte Leichtigkeit, die den argentinischen Leser und Träumer Jorge Luis Borges auszeichnet: "Fülle im Beschränkten". An ihr darf der Leser dieses Bandes reichlich und immer vergnüglich teilhaben.

FRIEDMAR APEL

Michael Maar: "Die Glühbirne der Etrusker". Essays und Marginalien. DuMont Verlag, Köln 2003. 208 S., geb., 17,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.11.2003

Gebrauchsanweisung zur Levitation
Ein gut gemischtes Investment-Portfolio: Neue Essays, Kritiken und Marginalien von Michael Maar
„Michael Maar ist der begabteste deutsche Literaturkritiker der jüngeren Generation.” Das schrieb einmal die London Review Of Books, und so steht es wieder im Klappentext eines neuen Bandes mit „Essays und Marginalien” von Michael Maar. Wäre Maar, 1960 geboren, bloß ein Literaturkritiker unter anderen seiner Generation, dann gäbe es wahrscheinlich dieses Buch nicht. Es sammelt Aufsätze und Kritiken, die in den letzten zwei, drei Jahren vor allem in der Zeitschrift Literaturen erschienen sind und von daher nicht unbedingt nach einer Buchpublikation riefen – es sei denn, sie wären tatsächlich so viel begabter als alles, was jüngere Literaturkritiker heute sonst so publizieren. „Die Glühbirne der Etrusker”, so der Buchtitel, lädt ein zum Maar-Test. Wie wird man, wie bleibt man der begabteste deutsche Literaturkritiker der jüngeren Generation? Und was kann so einer, wenn der Superlativ zutrifft, was andere nicht können?
Belesener Schnüffelsinn
1995 hat Michael Maar für seine Dissertation, in der er H. C. Andersens Allgegenwart im Werk von Thomas Mann mit philologischer Akribie nachwies, den Merck-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung erhalten. Das war ungewöhnlich, aber nicht unverdient. So viel Belesenheit und Spür-, ja Schnüffelsinn, gepaart mit Distanz zum theoretischen Jargon, sind selten. Sie allein führen aber nicht zwangsläufig zu einem Akademie-Preis. Was bei Maar wohl hinzu kam, war, dass seine literarischen Gegenstände ihre Würde nicht erst unter Beweis stellen mussten. Mit Andersen und Thomas Mann, mit – nimmt man einige Themen seines Buches hinzu – den Brüdern Grimm, Nabokov, Borges und Chesterton befindet man sich als Kritiker fraglos auf der sicheren Seite.
Ein wenig vom Glanz der besprochenen Autoren würde auf den Kritiker selbst dann abfallen, wenn er nicht zu er den besten gehörte. Maars Kanon ist gut gemischt wie ein Investment-Portfolio: es gibt in ihm viele konservative und nur ein paar spekulative Werte. Zu den konservativen zählen Andersen, die Brüder Grimm und Thomas Mann; und auf dieser bewährten Unterlage ist dann die eine oder andere Exkursion ins ungesicherte Terrain möglich, zu Autoren, über deren Rang heute keinesfalls abschließend entschieden werden kann: Max Goldt, Susanne Riedel, Georg Klein und andere. Die Durchmischung der zur Kritik erwählten Autoren sorgt auch dafür, dass das Neue vom Glanz und Gewicht des Alten profitiert und dass umgekehrt auf das Alte stets das Licht der Gegenwart fällt. Ist so etwas eine Strategie? Wohl kaum. Geschickt darf man es trotzdem nennen.
Die Wahl der Gegenstände ist das eine, die Sprache das andere. Maar ist – darin zum Beispiel Rolf Vollmann nicht unähnlich – ein beinahe behaglich erzählender Kritiker. Er verschleift die Kanten zwischen „primärem” und „sekundärem” Text, er schweift ab, lässt sich scheinbar gehen und behält doch von überallher den Mittelpunkt im Blick. „Die Glühbirne der Etrusker” heißt die Besprechung eines Romans von Martin Mosebach, und so heißt das ganze Buch, wohl weil der Titel so schön Maars Spannweite zwischen philologischer Gediegen- und feuilletonistischer Verschmitztheit unter Beweis stellt.
Zunächst geht es aber typischerweise um etwas anderes: „Im Biologieunterricht der Oberstufe spaltet sich die Klasse nach einem gerne vorgenommenen Test in zwei Gruppen auf, die Schmecker und die Nicht-Schmecker. Die einen schmecken Phenylthiolharnstoff, die anderen nicht, und wer zur einen Gruppe gehört, kann durch keinen Bekehrungsversuch zur anderen hinübergezogen werden. Der Stoff, der bei Martin Mosebach die Kritiker in zwei Gruppen zerfallen lässt, ist der Humor.”
Der feste Wille zum Lob
Man kann diesen Einstieg genial oder auch nur ein bisschen manieriert finden, aber wahrscheinlich rührt beides von nichts anderem als Maars Überschuss an erzählerischen Ideen. Ein paar Sätze später hat er schon wieder eine Idee: „Literatur im einzig interessanten Sinn”, schreibt er da, „ist nichts, was oft passiert, sondern eine sehr seltene Ausnahme. Sie ist ein Schwebezauber, bei dem die meisten Applikanten versagen. Wenn Literatur gelingt, ist es Levitation.” Und hat er nicht Recht? Deshalb also schreibt Maar so begeistert über die Bücher, die ihm gefallen, und deshalb führen alle seine Erzähl-Ausflüge irgendwann zu einer fundierten (und fast immer positiven) Beschreibung und Bewertung von Büchern zurück, in diesem Fall von Martin Mosebachs Roman „Eine lange Nacht”.
Verrisse scheinen ihn nicht zu interessieren – schon deshalb nicht, weil ihm keine normative Idee von Literatur vor Augen steht. Ebenso wenig ist Maar ein eifriger Verfechter des „Neuen”. Fast scheint es, als mache ihn dasjenige Neue am glücklichsten, in dem das Niveau der Alten – Nabokov, Borges, Chesterton – natürlich nicht übertroffen, sondern vielleicht dann und wann gestreift wird.
Klug, belesen, wohlformuliert und witzig sind diese kleinen Arbeiten. Das ist ihre Stärke, und für diese Stärke ist Maar einiges Lob zuteil geworden. Zuweilen kann man freilich bei ihm den Eindruck gewinnen, Literatur sei vornehmlich eine Angelegenheit wohlerzogener und kultivierter junger Männer. Eine gewisse Artigkeit zieht sich durch diese Beiträge, manchmal auch etwas Alt- und Alterskluges, das eigentlich schlecht zu einem führenden Vertreter der jüngeren Generation passt. Von den Lese- und Lebenswelten heutiger Zwanzigjähriger scheint Michael Maar jedenfalls weiter entfernt als vom gutbürgerlichen Habitus seiner literarischen Helden.
So lohnend es auch ist, von Maar die Geschichte von Thomas Mann und Theodor W. Adorno noch einmal erzählt zu bekommen: es sind und bleiben alte Geschichten, die er am liebsten und am besten erzählt. Vom philologischen Restaurieren und Auffrischen des Vergangenen aber kann auch der beste Kritiker auf Dauer nicht leben. Mehr Mut zur Gegenwart möchte man Michael Maar wünschen, insgesamt weniger Etrusker und mehr Glühbirne, dann wird er am Ende noch, was er vielleicht schon ist: „Der begabteste. . .”
CHRISTOPH BARTMANN
MICHAEL MAAR: Die Glühbirne der Etrusker. Essays und Marginalien. DuMont Literatur Verlag, Köln 2003. 208 Seiten, 17, 90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Michael Maar wird als der begabteste deutsche Literaturkritiker der jüngeren Generation gepriesen, weshalb Christoph Bartmann neugierig ist, wie er gesteht, diesen Superlativ zu überprüfen. Was kann so einer, was andere nicht können, fragt Bartmann. Der vorliegende Band enthält überwiegend Kritiken und Aufsätze Maars, die in den letzten drei Jahren in der Zeitschrift "Literaturen" erschienen sind, und als erstes stellt Bartmann fest, Maars Literaturkanon wirke wie ein "Investment-Portfolio", d.h. er enthält "viele konservative und nur ein paar spekulative Werte". Zu den konservativen Werten zählen Autoren wie Thomas Mann, die Gebrüder Grimm, Nabokov, Chesterton und Borges - damit begebe sich der Kritiker fraglos auf die sichere Seite, meint Bartmann. Er sieht auch "eine gewisse Artigkeit" und fast etwas Altkluges aus Maars Texten hervorlugen (der so jung nun auch nicht mehr ist, mit seinen 43 Jahren). Maar ist in seinen Augen ein "fast behaglich erzählender Kritiker", der an Verrissen nicht interessiert ist, dem es also um die Literatur geht, die er, philologisch versiert und feuilletonistisch gewitzt, so Bartmann, vorstellt. Maar ist schon einer, kommt der Rezensent auf seine Ausgangsfrage zurück, der, bei etwas mehr "Mut zur Gegenwart", auf dem besten Wege sei, auch der Beste zu werden.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Michael Maar ist der begabteste deutsche Literaturkritiker der jüngeren Generation." (London Review of Books)