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New York, die Stadt, das Faszinosum in all seinen Spiegelbildern spielt die Hauptfigur in der Reportage der Kulturkorrespondentin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Am Gedächtnis von New York entlang, das von Beginn an die Stadt der Außenseiter war, in der sich die die Welt getroffen hat, schreibt Verena Lueken ihre Reportage, in der der Übergang der vergangenen Monate und ein Stück Stadtgeschichte sich verbinden zum Bild des augenblicklichen Zustands einer Metropole. Was wird die "Hauptstadt der Welt" in der Zukunft sein können? Verena Lueken folgt in New York den Bewegungen der Menschen,…mehr

Produktbeschreibung
New York, die Stadt, das Faszinosum in all seinen Spiegelbildern spielt die Hauptfigur in der Reportage der Kulturkorrespondentin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Am Gedächtnis von New York entlang, das von Beginn an die Stadt der Außenseiter war, in der sich die die Welt getroffen hat, schreibt Verena Lueken ihre Reportage, in der der Übergang der vergangenen Monate und ein Stück Stadtgeschichte sich verbinden zum Bild des augenblicklichen Zustands einer Metropole. Was wird die "Hauptstadt der Welt" in der Zukunft sein können? Verena Lueken folgt in New York den Bewegungen der Menschen, in den Straßen, über das Wasser und die Brücken; vor allem aber durch das U-Bahnnetz. Sie folgt den Bewegungen des Mülls der Bewohner dieser Stadt, und das ist neuerdings auch der Abtransport der Millionen Tonnen Schutt von Ground Zero. Und schließlich folgt Verena Lueken den spekulativen Strömen des Geldes im nicht mehr ganz heimlichen neuen Finanz- und Unterhaltungsviertel in Midtown. Ve rena Luekens Reportage ist voller Bewegungen, hält Augenblicke fest und bietet elegant geschriebene originelle Erkundungen.
Autorenporträt
Verena Lueken wurde 1955 geboren. Sie studierte Soziologie, Filmwissenschaft und Germanistik in Frankfurt am Main und Tanz in Philadelphia und New York. Seit 1991 arbeitet sie als Redakteurin im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, deren New Yorker Kulturkorrespondentin sie seit 1995 ist. Im Jahre 1992 erhielt sie den Internationalen Publizistikpreis. Sie ist die Herausgeberin des 1995 erschienenen Bandes Kinoerzählungen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.02.2003

Aus dem
alten Amerika
Verena Lueken war
im Bauch von New York
Die bleischwere Kiloware, die uns seit dem 11. September 2001 darüber belehren will, was New York ist oder was es war, wird von einem kleinen Bändchen aufgewogen, das wie auf mehreren langen Spaziergängen durch die Stadt geschrieben ist und das man auch bequem auf Erkundungsfahrten in der New Yorker Subway lesen kann: Verena Lueken, die bis vor kurzem für das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung aus New York berichtete, hat es verfasst, und als habe sie Donald Rumsfeld zeigen wollen, was eine Harke ist, nennt sie es im Untertitel „Reportage aus einer alten Stadt”. So wächst zusammen, was zusammengehört: das alte Amerika und das alte Europa, dessen letzte heimliche Hauptstadt – vor der verspäteten Eingemeindung in die amerikanische Nation – das mit beiden gealterte New York war.
Lange Zeit war New York die Stadt der Zukunft. Unaufhörlich erzeugte sie im Rhythmus ihres zu Lande, zu Wasser und in den Lüften pulsierenden Verkehrs neue Bilder und Selbstbilder: Bilder ohne Vergangenheit, ohne Gedächtnis und ohne Interesse an der Ewigkeit. Letztere war wie alle unsichtbaren Welten, frei nach Woody Allen, eine bloße Frage der Öffnungszeiten auf den Wegen von und nach midtown. Die „provisorische Stadt” wurde New York von Henry James genannt, der am Washington Square lebte, und wie ein Roller-Coaster war die von Gewässern umgebene Inselstadt auf stählernen Gerüsten und eisernen Stelzen errichtet worden.
Da die Vorstellung eines Alterns und eines physischen Verfalls mit dem Mythos von New York aber unvereinbar war, hat niemand bedacht und beizeiten dagegen Vorsorge getroffen, dass Eisen und Stahl rosten können. Und so verrostete sie, mitsamt ihren 842 einsturzgefährdeten Brücken und den 9700 Kilometern Wasserrohr, die Tag für Tag an irgendeiner Stelle brechen.
Henry Siwiak und der 11.9.
Erst als am Ground Zero – so die Reporterin – wie in einem „Schnitt durch den Bauch der Stadt” deren Eingeweide offen und sichtbar dalagen, habe New York im traumatischen Bewusstsein seiner Verwundbarkeit auch sein Gedächtnis wiedergefunden, das unter gleißenden und himmelstürmenden Oberflächen vergraben lag. Lueken selbst macht sich den gleichsam chirurgischen Blick in sonst unsichtbare Tiefen, in die labyrinthischen Tunnel- , endlos verzweigten Röhren- und Kabel-, Verkehrs- wie Kommunikationssysteme der Stadt zu eigen und präsentiert ein New York, wie es außerhalb der filmischen und literarischen Fiktion – der Roman „Underworld” von Don de Lillo stand ebenso Pate wie „Der Himmel unter der Stadt” von Colum McCann – in solch anschaulicher Präzision nur selten geschildert wurde. Und doch schwingt immer so etwas wie ein knochiges Geräusch mit, das an den schlürfenden Gang des Orson Welles durch die unterirdische Kanalisation des mitteleuropäischen Wien in „Der dritte Mann” erinnert.
Dabei baut Lueken New York als Stadt, die im Kern ein einziges gigantisches, aus heutiger Sicht vielleicht unlösbar gewordenes Transportproblem darstellt, wieder von den Gewässern her auf, in deren Mitte und an deren Ufern die Stadt im Jahre 1643 von etwa 500 Siedlern, die bereits in 18 verschiedenen Zungen redeten, gegründet wurde, und von den komplizierten Transportwegen, die die vielen einzelnen Städte, die unter dem Namen New York firmieren und allesamt älter als das von 1898 an datierende große Gebilde sind, miteinander verbinden. Inmitten dieses Gewimmels endloser Schienenstränge und unaufhörlicher Zeichenflüsse erzählt sie unzählige, manchmal vollplastische Geschichten, kleine und große, kurze und lange.
Die kürzeste handelt von dem polnischen Einwanderer Henryk Siwiak, der in der Nacht vom 11. auf den 12. September 2001 ermordet an einer U-Bahn- Station im Stadtteil Queens aufgefunden wurde. Er war „das einzige normale” Mordopfer jenes langen und grausamen Tages, auch wenn sein Fall nie aufgeklärt wurde. Die längste Geschichte, die sich unaufdringlich immer wieder mit allen anderen Geschichten vermischt und sie überlagert, ist die Schilderung der Planung und Erbauung des World Trade Center durch die New Yorker Hafenbehörde, die ursprünglich zum Bau eines Transporttunnels gegründet worden war, bevor sie ihre Aktivitäten auf Immobilien und in die Lüfte verlegte.
Immer wieder gelingen Lueken messerscharfe Befunde wie der folgende: „Die einzige große urbane Geste, die alle Glaubensbekenntnisse weltlicher und religiöser Art umfassen konnte, war die Straßenkreuzung – leicht zu erreichen und ebenso leicht zu fliehen, ein Ort, an dem sich Verkehr, Menschen und auch Geldströme trafen und wieder auseinander drifteten.” Anders als in konventionellen Reportagen entsteht hier ein wirkliches Bild der Stadt, ganz so fragmentarisch, flüchtig und transitorisch wie das Vorbild.
Ein kleines Buch, aber eine große Reportage, obgleich an manchen Stellen mit allzu großer Hast geschrieben. Aber, so schreibt die Autorin: „Laufen ist in New York immer eine Alternative”, und am Ende kehrt auch dort die Stille ein: „Die Dämmerung bricht herein. Sie ist rot, und ich gehe nach Haus.”
VOLKER BREIDECKER
VERENA LUEKEN: New York. Reportage aus einer alten Stadt. Verlag DuMont, Köln 2002. 178 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.2002

VERENA LUEKEN, in den vergangenen sieben Jahren Kulturkorrespondentin dieser Zeitung in New York, erzählt in ihrem Buch, wie diese Stadt wurde, was sie ist: wie das Transportsystem funktioniert, der Immobilienmarkt und das Verbrechen. Sie sagt, welche Männer, die nie gewählt wurden, das Stadtbild schufen, das wir heute kennen, und warum Ground Zero nicht New York gehört. Sie schreibt über die vielen Versionen New Yorks, die in der Literatur entstanden sind, und versucht zu verstehen, warum die Phantasie stillstand, als Bürgermeister Giuliani begann, Ordnung zu schaffen, die in der U-Bahn zum Beispiel hoch willkommen ist. Schließlich geht es auch darum, was von dem bleibt, das wir so dringend haben wollten und dann nicht mehr: um den Müll. (Verena Lueken: "New York. Reportage aus einer alten Stadt". Dumont Verlag, Köln 2002. 180 S., geb., 19,90 [Euro].)

F.A.Z.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ein kleines Buch, aber eine großartige Reportage, schwärmt Volker Breidecker. Ihm kommt es so vor, als habe New York mit den Ereignissen vom 11. September 2001 auch sein Gedächtnis wiedergefunden, denn bis dahin sei die Vorstellung des Älterwerdens und physischen Verfalls mit New York eigentlich unvereinbar gewesen. Insofern trifft Luekens Buch, das im Untertitel "Reportage aus einer alten Stadt" heißt, den Nerv der Zeit. Die Autorin versenkt Breidecker zufolge ihren Blick in die Tiefen der Stadt, in die Tunnel- und Röhrensysteme, Wasser- und Verkehrsstraßen, Transport- und Kommunikationsmittel der auf Wasser gebauten Stadt, die heute ein fast unlösbares Transportproblem hat und zugleich von unten schlicht wegrostet. Die Leser erfahren anhand von vielen kleinen und längeren Geschichten die Vorgeschichte des heutigen New Yorks, das 1643 von etwa 500 Siedlern angelegt wurde. Anders als in konventionellen Reportagen, schwärmt Breidecker weiter, entstehe hier "ein wirkliches Bild der Stadt", das er als fragmentarisch, flüchtig und transitorisch empfindet. Allerdings, bemängelt er, sind einige der Reportagen mit allzu großer Hast geschrieben.

© Perlentaucher Medien GmbH