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Vor nunmehr 50 Jahren, im Mai 1960, trat Hans-Jochen Vogel als damals jüngster Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt an die Spitze der Landeshauptstadt München. Zahlreiche Aufgaben und beträchtliche Herausforderungen warteten auf den neuen Chef der Verwaltung. Das München der 1960er Jahre war eine Stadt im Zwischenzustand, strukturell durch die dramatischen Kriegszerstörungen immer noch zurückgeworfen und dennoch gezwungen, sich mit den Auswirkungen einer machtvoll in die Zukunft drängenden Moderne zu befassen. Wie würde man die Folgen eines offenbar ungebremsten Wachstums und seine…mehr

Produktbeschreibung
Vor nunmehr 50 Jahren, im Mai 1960, trat Hans-Jochen Vogel als damals jüngster Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt an die Spitze der Landeshauptstadt München. Zahlreiche Aufgaben und beträchtliche Herausforderungen warteten auf den neuen Chef der Verwaltung. Das München der 1960er Jahre war eine Stadt im Zwischenzustand, strukturell durch die dramatischen Kriegszerstörungen immer noch zurückgeworfen und dennoch gezwungen, sich mit den Auswirkungen einer machtvoll in die Zukunft drängenden Moderne zu befassen. Wie würde man die Folgen eines offenbar ungebremsten Wachstums und seine Begleiterscheinungen wie zunehmende Automobilisierung, anhaltender Zuzug in die Städte, Wohnungsnot, Energiekrise, steigende Umweltbelastungen und Trend zur gesichtslosen »Allerweltsstadt« mit dem erklärten Wunsch nach Bewahrung eines spezifischen Münchner Stadtcharakters in Einklang bringen?Die in diesem Buch veröffentlichten Reden Hans-Jochen Vogels aus den Jahren 1960 bis 1972 dokumentieren die Bemühungen, die gewachsenen Besonderheiten Münchens zu bewahren und gleichzeitig dem Fortgang der urbanen Entwicklung genügend Raum zu geben. Stichworte hierfür sind u. a. die erfolgreiche Bewerbung um die Olympischen Sommerspiele 1972, der Ausbau von U- und S-Bahn, die Eröffnung des Mittleren Rings und der Fußgängerzone. Der Blick zurück in die Zeit der »Ära Vogel« macht eindrucksvoll deutlich, wie markant und nachhaltig die damaligen Entscheidungen und Maßnahmen das Gesicht Münchens bis heute prägen.
Autorenporträt
Hans-Jochen Vogel, geboren 1926, bekleidete zahlreiche bedeutende politische und öffentliche Ämter, u.a. war er Oberbürgermeister von München, Bundesjustizminister, Regierender Bürgermeister von Berlin, SPD-Chef und Oppositionsführer. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag 1994 hat er sich für wichtige gesellschaftspolitische Fragen engagiert, u.a. als Gründungsvorsitzender des Vereins "Gegen Vergessen für Demokratie". Neben autobiographischen Büchern hat er auch Werke zu historischen und politischen Fragen verfasst.

Andreas Heusler ist Mitarbeiter des Münchner Stadtarchivs, wo er für die Bereiche Zeitgeschichte und jüdische Geschichte zuständig ist.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.09.2010

Münchner Allerlei
Hans-Jochen Vogels Reden aus den Jahren 1960 bis 1972

Vor 50 Jahren wurde Hans-Jochen Vogel zum Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München gewählt - Anlass für das Stadtarchiv München, aus einer geschätzten Gesamtzahl von 1000 Reden während seiner Amtszeit 47 auszuwählen und zu veröffentlichen. Es ist eine bunte Mischung: Grußworte, Würdigungen, Ansprachen bei Empfängen hoher Würdenträger, Trauerreden sowie Reden bei markanten Ereignissen der Stadtentwicklung (U-Bahn-Projekt, Stachus-Bauwerk, Mittlerer Ring, Olympiabauten, Fußgängerzone). Von besonderem Interesse sind Grundsatzreden wie "Die Zukunft des sozialen Wohnungsbaues" (1966) und "Die Stadtregion als Lebensraum" (1969). Die selbstverfassten Texte des SPD-Politikers zeichnen sich durch Kompetenz, Sinn für Stil, Präzision, analytische Kraft, Maß und Mitte (Reden zu den Schwabinger Krawallen 1962 oder zu den Studentenunruhen 1968), menschliche Wärme - und auch Humor aus. Es fehlt jegliches hohles Pathos. Das Buch sei jedem angehenden Politiker zur Lektüre empfohlen.

Es lohnt sich, Vogels Reden-Sammlung parallel zu den schon im Jahre seines Abschieds aus dem Amt 1972 erschienenen Erinnerungen ("Die Amtskette") zu lesen. Hier berichtet er, dass er auf eine dritte Kandidatur letztlich wegen der heftigen Richtungskämpfe in seiner Partei verzichtete. Der Oberbürgermeister musste sich im Spannungsfeld zwischen Stadt und Partei behaupten, was viel Kraft kostete. Der Reden-Band übergeht die parteipolitischen Auseinandersetzungen und spiegelt nur das beeindruckende Aufgabenspektrum des Stadtoberhaupts in einer Phase des Modernisierungsschubes wider. Andreas Heusler ordnet in seiner Einleitung die prägende "Ära Vogel" angemessen in die Münchner Nachkriegsgeschichte ein.

Die sechziger Jahre sind - nach der Beseitigung der größten Kriegsschäden - durch eine wachsende Machbarkeits- und Planungseuphorie gekennzeichnet. Natürlich scheinen die "Moden" der Zeit auch in Vogels Denken durch. Insgesamt aber sind seine Vorstellungen über die Zukunft der Stadt heute noch aktuell - so der gegenwärtige Münchner Oberbürgermeister Christian Ude in einem Vorwort. In Vogels Worten: "Vermögen unsere Städte ihren Bewohnern noch das Gefühl der Geborgenheit, der Individualität, des Beheimatetseins, kurz, des Lebensraumes zu vermitteln, in dem man nicht nur mühsam sein Dasein fristet, sondern ein sinnvolles und zumindest halbwegs vernünftiges Leben lebt?"

Das Buch kann als Appell gelesen werden, das Gemeinwesen stärker von der Kommune her zu denken; spielt sich hier doch der Alltag der Menschen in seiner ganzen Fülle ab. Hans-Jochen Vogel ist wie sein christdemokratischer Bruder Bernhard Vogel - dem Zwei-Länder-Ministerpräsidenten - eine der bedeutenden politischen Persönlichkeiten der Bundesrepublik. Als Oberbürgermeister, Bundesminister, Regierender Bürgermeister von Berlin, Kanzlerkandidat, Oppositionsführer im Deutschen Bundestag und SPD-Vorsitzender setzte er sich viele Jahrzehnte mit ganzer Kraft für das Gemeinwohl ein - eine vorbildliche Karriere auf allen politischen Ebenen, ausgehend von der Kommune als Schule der Politik. Man möchte Vogel eines seiner Lieblingswörter zurufen: "Respekt"!

WOLFGANG JÄGER

Hans-Jochen Vogel: Maß und Mitte bewahren. Reden des Münchner Oberbürgermeisters 1960-1972. Herausgegeben für das Stadtarchiv München von Andreas Heusler. Herbert Utz Verlag, München 2010. 349 S., 24,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Voller Respekt legt Rezensent Wolfgang Jäger den Band mit 47 ausgewählten Reden Hans-Jochen Vogels als Münchens Oberbürgermeister beiseite. So bunt die Mischung aus Grußworten, Würdigungen, Empfangs- und Trauerreden und Reden zu Stadtentwicklungsprojekten (U-Bahn, Stachus etc.) auch ist. Durchgängig sieht Jäger darin Vogels Kompetenz widergespiegelt, ebenso seinen Sinn für Stil (ohne Pathos), seine analytische Kraft und seine Wärme, sein Humor. Als Lektüre für angehende Politiker empfiehlt er den Band wärmstens, am besten zusammen mit Vogels Erinnerungen von 1972. Aber auch Münchener Stadtgeschichte wird dem Rezensenten aus der "Vogel-Perspektive" gut erkennbar, und wie sich der OB zwischen Stadt und Partei mühsam zu behaupten hatte.

© Perlentaucher Medien GmbH