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Seit Jahrzehnten erfahren wir aus den Medien, wie erbärmlich viele Menschen den Hungertod erleiden. Das Bevölkerungswachstum in den Entwicklungsländern beschleunigt den Nahrungsmangel noch zusätzlich. Spenden und Entwicklungsleistungen schaffen keine richtige Abhilfe. Warum ist es in unserer neoliberalen Gesellschaft nicht möglich, alle Menschen satt zu bekommen?Manfred Heuser sucht nach Antworten, indem er den Ursachen des Problems auf den Grund geht und die bisher gescheiterten Konzepte der Weltorganisationen untersucht. Zugleich präsentiert er zukunftsfähige Konzepte, die den systematischen…mehr

Produktbeschreibung
Seit Jahrzehnten erfahren wir aus den Medien, wie erbärmlich viele Menschen den Hungertod erleiden. Das Bevölkerungswachstum in den Entwicklungsländern beschleunigt den Nahrungsmangel noch zusätzlich. Spenden und Entwicklungsleistungen schaffen keine richtige Abhilfe. Warum ist es in unserer neoliberalen Gesellschaft nicht möglich, alle Menschen satt zu bekommen?Manfred Heuser sucht nach Antworten, indem er den Ursachen des Problems auf den Grund geht und die bisher gescheiterten Konzepte der Weltorganisationen untersucht. Zugleich präsentiert er zukunftsfähige Konzepte, die den systematischen Hunger besiegen und damit weitere Migrationswellen verhindern können.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.04.2018

Der naive Revolutionär
Der Hunger in der Welt wird nicht auf wunderbare Weise verschwinden

Die Literatur über den Hunger in der Welt füllt Bibliotheken. Es gibt unzählige offizielle Berichte, von der Welternährungsorganisation FAO oder anderen Unterorganisationen der Vereinten Nationen, anklagende Schriften von Nichtregierungsorganisationen (NGO) und eine umfängliche wissenschaftliche Literatur. Unbestritten ist, dass der Kampf gegen Unter- und Mangelernährung in den vergangenen Jahrzehnten Fortschritte gemacht hat. Es bleibt jedoch der Skandal, dass in einer Welt, die eigentlich ausreichend Lebensmittel für alle produziert, immer noch etwa ein Zehntel der Weltbevölkerung Hunger leidet und viele Menschen, vor allem auch Kinder, täglich an Unterernährung sterben.

Warum es diese ungleiche Verteilung gibt, genauer: wer oder was daran schuld ist, mit diesen Fragen hat sich Manfred Heuser, der von Haus aus Betriebswirt ist und für Unternehmen im Ausland tätig war, nach seinem aktiven Berufsleben intensiv beschäftigt. Am Ende seines Buches entwickelt er eine "alternative Methode", die das Problem des Welthungers an der Wurzel packen soll; er nennt sie "bedarfsgerechte Selbstversorgung".

Zunächst macht er sich jedoch an eine Analyse, die keine der eigentlich allgemein bekannten Ursachen und Missstände auslässt: vom Bevölkerungswachstum über Folgen des Klimawandels, von Ressourcenplünderung und Missernten über Kriege und Naturkatastrophen, Finanzspekulationen und Profitinteressen - die Liste ist noch länger und allseits bekannt.

Heusers Streben nach Vollständigkeit führt dazu, dass (fast) alles erwähnt, aber nur wenig vertieft wird. Der Autor ist kein Kapitalismusverächter, auch wenn er große Konzerne kritisiert, die etwa den Markt für Saatgut oder für Wasserversorgung beherrschen; für die vom Finanzmarkt getriebene Seite der ("neoliberalen") Globalisierung hat er gleichfalls wenig Sympathie - zumindest was die Einbeziehung armer Länder in diesen Prozess angeht.

Einseitig ist diese Kritik jedoch nicht: Er weiß, dass viele gängige Methoden zur Bekämpfung des Hungers - etwa das "süße Gift" Entwicklungshilfe - mehr Schatten- als Lichtseiten haben. Er sieht auch die Dysfunktionen, die aus dem Wettbewerb zwischen "humanitären" Nichtregierungsorganisationen entstehen. Auf der einen Seite verwirft er übertriebene Hoffnungen, die sich mit gentechnisch verändertem Saatgut verbinden; auf der anderen weist er auf die Grenzen und Fallen hin, in die gutgemeinte Initiativen wie "Fair Trade" oder Mikrokredite laufen.

Umso erstaunlicher ist es nach dieser umfassenden, manchmal etwas redundanten Bestandsaufnahme, wie politisch naiv Heusers eigener Vorschlag ist. Die "bedarfsgerechte Versorgung", die er propagiert - im Grunde die Forderung nach absoluter Priorität für traditionelle landwirtschaftliche Produktion zur Arbeitsbeschaffung und Eigenversorgung in den ärmsten Ländern der Welt -, setzt eine Revolution im Welthandelssystem voraus.

Sie erfordert außerdem, wie Heuser selbst aufführt, ungeheure finanzielle Ressourcen, weil sie ohne die Renaturierung von Böden oder den Aufbau eigener Wertschöpfungsketten (die vom Weltmarkt abgeschottet werden müssen) nicht funktionieren kann. Wie Heuser nach seiner Analyse all der vielfach verschlungenen Ursachen und Gründe für Hunger daran glauben kann, dass man "den Hunger trotz Armut nachhaltig" abstellen könne, indem man diese Aufgabe "mit militärischer Präzision" (?) angehe, bleibt sein Geheimnis.

Auf die Frage, wie das unter den gegebenen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen auf dieser Welt durchzusetzen sein sollte, also angesichts verbreiteter Bürgerkriege und der Rivalität von Nationalstaaten gerade in Afrika, gegen Diktatoren und korrupte Eliten, bleibt Heuser eine Antwort schuldig. Oder vielmehr: An diesem Punkt erreicht das Buch den Gipfel der Weltfremdheit. Heuser setzt darauf, dass sich die Religionen der Welt unter Führung von Papst Franziskus zur Bekämpfung des Hungers zusammenschließen sollten, denn sie hätten die moralische Autorität, die materiellen Mittel und die organisatorische Infrastruktur, um diese Aufgabe zu übernehmen und - "von oben nach unten straff geführt" - erfolgreich zu bewältigen. Heuser ist gläubiger Christ; offenbar glaubt er, dass Religionsgemeinschaften Wunder vollbringen können. Doch seine eigenen Analysen und die vielen Konflikte auf der Welt, die mit Religion verbunden sind, sprechen nicht dafür, dass der Welthunger auf wunderbare Weise verschwinden wird.

GÜNTHER NONNENMACHER

Manfred Heuser: Zeitbombe Welthunger. Massengräber. Exodus oder Marshallplan.

Tectum Verlag. Baden-Baden 2017. 403 S., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Günther Nonnenmacher erfährt bei Manfred Heuser noch einmal, warum es Hunger auf der Welt gibt, über ungleiche Verteilung und die Schuldigen. Für Nonnenmacher ist das alles sattsam bekannt. Heuser erwähnt wirklich fast alles, geht aber nicht in die Tiefe, meint er. Dass der Autor kein Kapitalismusverächter ist, scheint den Rezensenten zu erleichtern. Weniger froh macht ihn Heusers "politisch naiver" Lösungsvorschlag. Die vom Autor geforderte Initiative zur Eigenversorgung der ärmsten Länder der Welt auf Grundlage traditioneller Landwirtschaft mit Papst Franziskus an der Spitze kann sich Nonnenmacher ohne eine Revolution des Welthandels jedenfalls nicht vorstellen.

© Perlentaucher Medien GmbH