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Vor 25 Jahren stieß ich in Patagonien auf die Existenz eines pittoresken französischen Abenteurers vom Ende des 19. Jahrhunderts. Ein Waffenhändler, Magnetiseur, Forscher und Aufschneider, der in Feuerland eine als "wunderlich" geltende Expedition durchgeführt hatte. Jahre später erfuhr ich, dass er auch ein Freund Manets war, der von ihm ein kurioses Porträt als Löwenjäger gemacht hatte. Dies ist die phantastische Geschichte ihrer Begegnungen. Wir setzen darin von den Pariser Großen Boulevards über an die Ufer der Magellanstraße, durchqueren Revolutionen in Peru, die Pariser Kommune und die…mehr

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Produktbeschreibung
Vor 25 Jahren stieß ich in Patagonien auf die Existenz eines pittoresken französischen Abenteurers vom Ende des 19. Jahrhunderts. Ein Waffenhändler, Magnetiseur, Forscher und Aufschneider, der in Feuerland eine als "wunderlich" geltende Expedition durchgeführt hatte. Jahre später erfuhr ich, dass er auch ein Freund Manets war, der von ihm ein kurioses Porträt als Löwenjäger gemacht hatte.
Dies ist die phantastische Geschichte ihrer Begegnungen. Wir setzen darin von den Pariser Großen Boulevards über an die Ufer der Magellanstraße, durchqueren Revolutionen in Peru, die Pariser Kommune und die Blutige Woche, treffen Mallarmé, Berthe Morisot, eine Gräfin unter den Petroleusen, eine wilde Frau, angebliche Kannibalen... Und im Hintergrund der Landschaft auch der Autor, auf der Suche nach der vergangenen Zeit: der einzigen Jagd, bei der man versichert sein kann, am Ende vom Raubtier getötet zu werden, der einzigen Forschungsreise, die immer unter den Zähnen von Anthropophagen endet. Olivier Rolin
Autorenporträt
Oliver Rolin wurde 1947 in Boulogne-Billancourt geboren. Einen Teil seiner Kindheit verbrachte Rolin in Senegal, 1967 trat er in Paris der "Union des jeunesses communistes" bei. Ein Jahr später wurde er Mitglied der maoistisch orientierten Nouvelle Resistance Populaire (NRP) und wirkte unter dem Decknamen "Antoine" an deren militanten Aktionen mit. Als die NRP sich 1973 auflöste, verschwand Rolin im Untergrund, bis er 1978 Lektor und später Herausgeber bei dem Pariser Verlag Editions de Seuil wurde. 1994 erhielt er den Prix Femina für seinen Roman "Port Sudan".
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Was wollen die Franzosen bloß mit ihrem Grand Siècle?, fragt Ingeborg Waldinger angesichts von Olivier Rolins Roman, der die Rezensentin mitnimmt ins ausgehende 19. Jahrhundert, nach Paris, Peru und Feuerland, auf den Spuren des großmäuligen Glücksritters Eugène Pertuiset, den Manet einst malte und dessen Porträt der Autor zum Ausgangspunkt nimmt für seine biografische Spurensuche. Waldinger aber ist nur mäßig begeistert. Das liegt an Rolins Neigung zur Ab- und Weitschweifigkeit und daran, dass er mit eigenen Reiserlebnissen nicht hinterm Berg halten kann und so die Zeitebenen (und damit die Rezensentin) allzu arg durcheinander bringt. Die eigentlich starke Hansdampf-Figur gerät dabei für Waldinger bedauerlicherweise fast aus dem Blick.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.07.2014

Porträt des Jägers als stumpfer Klotz

Erst dem zweiten Blick enthüllt sich das Raffinement: Olivier Rolins Roman "Ein Löwenjäger" beschreibt einen eigenwilligen Freund des Malers Édouard Manet und erzählt von den schönsten Seiten der Pariser Belle Époque.

Mancher Roman gelingt dadurch, dass sich der Autor eine Figur vorknöpft, die ihn nicht die Bohne interessiert oder ihm sogar unsympathisch ist. Abstand meint die Freiheit, gut zu schreiben - so jedenfalls muss man schließen, wenn gerade eine "Speckschwarte" mit einem "Ausdruck imposanter Dummheit" dafür sorgt, dass Olivier Rolins Roman "Ein Löwenjäger" eine wunderbar unterhaltsame Geschichte über Pioniergeist, Aufschneiderei, Kunst und Träumerei erzählen kann. Die Schwierigkeit liegt freilich darin, sich einem solchen Gegenstand mit Anteilnahme zu widmen, nicht ironische Ferne zu wahren, sondern sich auf ein wohldosiertes Wechselspiel von Nähe und Distanz einzulassen: eine Schwierigkeit, die Rolin souverän meistert.

Dabei ist das einzige evidente Verdienst des besagten Katzentöters, mit bürgerlichem Namen Eugène Pertuiset, seinem Freund Édouard Manet 1881 für das Gemälde "Chasseur de lions" Modell gestanden zu haben: ein schnurrbärtiger Mann mit buschigen Koteletten, in dunkelgrüner Jacke, weißem Hemd und schwarzen Stiefeln, von massiver Physiognomie, der vor einem niedergestreckten Löwen posiert, das rechte Knie auf dem Boden. Die zentrale Frage ist: "Wie kam der geistvolle Manet dazu, diesen stumpf blickenden Klotz zu porträtieren?" Rolin gibt eine Antwort darauf, indem er es Manet nachmacht und Pertuiset ein Werk widmet.

Erzählt wird ein ebenso pittoreskes wie letztlich gescheitertes Abenteurerleben in Zeiten kolonialer Expansion, irgendwo zwischen romantischem Entdeckergeist und erzbürgerlichem Profitstreben. Zwei längere Sequenzen sind besonders gelungen: Zunächst wäre da die Löwenjagd selbst, 1865 in Algerien, die - obwohl Rolin sich dagegen verwahrt und aus seiner Abneigung gegen Alphonse Daudet kein Hehl macht - an dessen berühmten Roman "Tartarin von Tarascon" (1872) erinnert. Die Landschaft ist postkartenuntauglich, Fehlschlag folgt auf Fehlschlag. Die Löwen wollen einfach nicht aus dem Versteck kommen, Pertuiset wird das Gespött der Einheimischen: Die Köderkühe lassen die Bestien kalt, der Jäger friert Nacht um Nacht vergebens. In höchster Not gelingt der Streich dann doch und liefert Pertuiset seine Heldenanekdote, die er in den Hurenhäusern dieser Welt dadurch besonders eindrücklich gestaltet, dass er den Kopf in eine Gießkanne steckt, um den Schrei der Bestie zu imitieren. Manchmal bleibt er stecken.

Die zweite Unternehmung ist noch weit pittoresker: Von Géraldine, einer Geliebten, die dem Tolpatsch einen Bären aufbindet, um ihn loszuwerden, wird Pertuiset auf den Inka-Schatz angesetzt - der wäre in Feuerland. Pertuiset geht auf Expedition, die in mehrfachem Sinn nach hinten losgeht: Sie endet an einem einsamen Strand in einer Massenschlägerei bei gleichzeitiger Muschelinkontinenz. Die kleine Groteske ist nicht nur urkomisch, die Bezüge auf die Geschichte Frankreichs und Lateinamerikas machen sie auch zum historischen Lehrstück.

Das gilt für den Roman insgesamt, er erzählt anschaulich, gefällig, man lernt vieles, ob Anekdoten oder große Geschichte: über das Frankreich des Zweiten Kaiserreichs, den Krieg von 1870/71, die Kommune, die Dritte Republik. Vor allem die Künstlerboheme wird in ihrer Verrücktheit und Exzessivität geschildert; das eine oder andere Klischee muss man in Kauf nehmen. Dennoch liest man mit Vergnügen von Absinthlokalen und Bordellen, von überraschenden Freundschaften und wandernden Geliebten. Besonders reizvoll wird es, wenn Rolin in die Kunst der Zeit schlüpft, zum Pastiche greift und etwa Géraldine ein gelungenes Porträt widmet. Die üppige Kurtisane spielt die Hauptrolle in "Die schöne Helena": "Vielleicht nicht mit besonderem schauspielerischem Talent und nicht unbedingt überzeugend, es ließe sich auch nicht behaupten, dass sie eine große Stimme hätte, aber sie ist von einer körperlichen Präsenz, die die Säle in Ekstase versetzt." Das ist recht genau die Beschreibung von Émile Zolas Nana im ersten Kapitel des gleichnamigen Romans - und ein Verweis über Bande auf Manets Gemälde "Nana" (1877).

Spiegelungen dieser Art ziehen sich - mit wechselnder Raffinesse - durch "Ein Löwenjäger". Nana entspricht Señorita Géraldine, der "Maison Dorée" eine lateinamerikanische Kopie, und auch die historische Ebene wird verdoppelt: Rolin flicht Biographisches ein, setzt den historischen Kurtisanen eine sehr gegenwärtige Figur namens Milagros entgegen. Ob in Lima, Valparaíso, Punta Arenas oder Paris: Bei Begegnungen mit und Nachforschungen zu Pertuiset sieht der Erzähler stets Parallelen, findet im neunzehnten Jahrhundert das eigene; er vervielfältigt die Bezüge: auf "Tim und Struppi", Flaubert, Céline, Calvino oder Alexandre Vialatte. Der 1947 geborene Ex-Maoist Rolin, der in "Die Papiertiger von Paris" (2003) einen Abgesang auf die Revolution und ein Loblied der Literatur angestimmt hatte, weitet seine melancholische Suche aus: Er konstruiert eine literarische Traumwelt voll teils handfester, teils rätselhafter Entsprechungen.

So, wie die Kunstkritik irrte, die Manets "Olympia" Vulgarität vorwarf, so täuscht sich der Leser, der denkt, Pertuiset ließe sich auf ein profitgieriges Waffenhändler- oder ein sinnenfrohes Abenteurerleben reduzieren. Erstens erkennt er Manets Genie und sucht seine Nähe - ganz tumb kann dieser Pertuiset also wohl nicht gewesen sein. Zweitens nimmt Rolin ihn zum Anlass, die bodenständige Seite des Malers zu zeigen. Und schließlich zählt nicht die Plumpheit der Figur, sondern die feine Erzählung, die Rolin draus macht. Nebenbei bewahrt er eine Randfigur der Geschichte vorm Vergessen, und Literatur ist Erinnern in kunstvoll gesetzten Worten: "Das wenige, das nicht verlorengeht, wird zum Roman."

NIKLAS BENDER

Olivier Rolin: "Ein Löwenjäger". Roman.

Aus dem Französischen von Doris Heinemann. Berlin Verlag, Berlin 2013. 208 S., geb., 18,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Olivier Rolins Roman "Ein Löwenjäger" ist eine wunderbar unterhaltsame Geschichte über Pioniergeist, Aufschneiderei, Kunst und Träumerei. [...]. Er konstruiert eine literarische Traumwelt voll teils handfester, teils rätselhafter Entsprechungen. [...]. Nebenbei bewahrt er eine Randfigur der Geschichte vorm Vergessen, und Literatur ist Erinnern in kunstvoll gesetzten Worten: "Das wenige, das nicht verlorengeht, wird zum Roman."", Frankfurter Allgemeine Zeitung, Niklas Bender, 16.07.2014