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"Margaret Atwood ist in Deutschland nicht nur bekannt, sondern zum Mythos geworden." -- Die Zeit
In diesem Jahr feiert Margaret Atwood ihren siebzigsten Geburtstag und legt einen Roman vor, der nicht nur einmal mehr ihren klaren Verstand offenbart, die Vielschichtigkeit und Lebendigkeit ihrer Erzählkunst, ihre tiefe Menschenkenntnis, sondern auch eine jugendliche Kühnheit, der man nur mit Staunen und Bewunderung begegnen kann. Hoch auf den Dächern der Stadt, dem Himmel am nächsten, liegt das Paradies. Seine Bewohner nähren sich von Gemüse, Früchten und Honig und kultivieren ihren Garten…mehr

Produktbeschreibung
"Margaret Atwood ist in Deutschland nicht nur bekannt, sondern zum Mythos geworden." -- Die Zeit
In diesem Jahr feiert Margaret Atwood ihren siebzigsten Geburtstag und legt einen Roman vor, der nicht nur einmal mehr ihren klaren Verstand offenbart, die Vielschichtigkeit und Lebendigkeit ihrer Erzählkunst, ihre tiefe Menschenkenntnis, sondern auch eine jugendliche Kühnheit, der man nur mit Staunen und Bewunderung begegnen kann. Hoch auf den Dächern der Stadt, dem Himmel am nächsten, liegt das Paradies. Seine Bewohner nähren sich von Gemüse, Früchten und Honig und kultivieren ihren Garten Eden, den sie dem Waste Land einer Stadt jenseits der drohenden Klimakatastrophe abgetrotzt haben. Die junge, kämpferische Toby findet Zuflucht in dieser Gemeinschaft der Gärtner Gottes", nachdem sie durch die Maschen der Gesellschaft gefallen ist, die von einer rigiden, militärisch organisierten Wirtschaftsorganisation regiert wird. Hier trifft sie auf Ren, die spätere Trapeztänzerin, auf die anarchische Amanda und Jimmy, der zu ihnen allen in einer ganz speziellen Beziehung steht. Großenteils aus Tobys Perspektive erzählt Margaret Atwood von einer Welt, in der die globalisierte Wirtschaft die Exekutive übernommen hat, in der die Forschung lediglich ökonomischer Kontrolle unterworfen ist. Ihr berühmter Report der Magd, mit dem Atwood zum ersten Mal ihr waches poli - tisches Gespür für die unterschwelligen und gefährlichen Entwicklungen der Welt unter Beweis stellte, wurde ein halbes Jahrhundert nach Orwells 1984 zum Kultbuch einer ganzen Generation. Im Jahr der Flut entwirft Atwood aufs Neue eine Zukunft, deren Realität weniger fern liegt, als wir uns womöglich eingestehen möchten. Doch fest steht: Dieser Erzählerin folgt man mit größtem Vergnügen, wohin sie will, auch bis ans Ende unserer Welt.
Autorenporträt
Margaret Atwood, geboren 1939 in Ottawa, ist eine der wichtigsten Autorinnen Kanadas. Ihre Werke liegen in über 20 Sprachen übersetzt vor und wurden national und international vielfach aus gezeichnet. Neben Romanen verfasst sie auch Essays, Kurzgeschichten und Lyrik. Sie wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Booker Prize, dem kanadischen Giller Prize und mit dem Prinz-von- Asturien-Preis (2008),mit dem Nelly-Sachs-Preis (2009) und dem PEN Pinter Prize (2016).
Sie lebt mit ihrer Familie in Toronto.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.10.2009

Gärtner der Apokalypse
Flucht ins Wellness-Spa: Margaret Atwoods Dystopie

Einem rettenden Heißluftballon gleich schwebt eine goldgelbe Zwiebel auf dem Cover von Margaret Atwoods neuestem Roman - doch an ihrem Strunk ist kein Korb für mitfliegende Passagiere angebracht. Schon in "Oryx und Crake" (2003) stand die Auslöschung der herkömmlichen Menschheit zugunsten einer friedlicheren grasfressenden Variante im Mittelpunkt. Damals hatte die kanadische Gewinnerin des Booker Prize 2000 ihre Leserschaft erstmals mit männlichen Protagonisten überrascht oder auch schockiert, und nun präsentiert "Das Jahr der Flut", ähnlich wie "Die Penelopiade" (2005), die weibliche Version einer bereits vorliegenden Geschichte.

Bereits 1986 hatte sich Atwood im "Report der Magd" an einer Anti-Utopie versucht. Sie selbst bezeichnet ihre Romane als "speculative fiction", statt sie dem Genre der "science fiction" zuzuschreiben, und tatsächlich besticht Atwoods Werk durch die enge Verwobenheit seiner imaginierten Apokalyptik mit dem Hier und Jetzt. Wie jede Zukunftserzählung muss sich auch "Das Jahr der Flut" auf sein prophetisches Potential hin befragen lassen. Mit seinen manipulierten Retortenbabys hat sich Aldous Huxleys "Schöne Neue Welt" (1932), ähnlich wie George Orwells totalitäres Überwachungsszenario "1984" (1948), als leider nur allzu vorausschauend erwiesen. Atwood vermutet die Katastrophe im viralen Sektor: Die wasserlose Flut ist eine Seuche, und auch wenn es momentan so aussieht, als ob die Gefahr der Schweinegrippe überschätzt wurde, ist nicht ausgeschlossen, dass der Großteil der Menschheit eines Tages von einer weltweiten Epidemie dahingerafft werden wird.

Atwoods Roman changiert zwischen dem Jahr fünfundzwanzig der Flut und der Zeit vor der Katastrophe. Die burschikose Toby und die weitaus jüngere und mädchenhafte Ren sind zwei der wenigen Überlebenden - Toby, weil sie klug genug war, sich im rechten Moment allein in einem Wellness-Spa zu verbarrikadieren, und Ren, weil sie zum Zeitpunkt des Grippeausbruchs in der Isolationszelle ihres Nachtclubs eingesperrt war. Beide kennen sich von ihrer früheren Zeit bei den "Gärtnern", einer sektenartigen Vereinigung, die sich den Zwängen eines aufs brutalste ökonomisierten und technisierten Systems zu entziehen versucht, indem ihre Mitglieder auf den Dächern der Stadt ökologisches Gemüse anbauen und sich bemühen, in größtmöglicher Abgeschiedenheit und Eintracht zusammenzuleben.

Kein Fleisch zu essen, so lehrt jene Hippie-Vereinigung, ist weitaus entscheidender als das Ob und Wie des fleischlichen Genusses. In Notzeiten darf man kurzfristig auf tierische Proteine umsteigen - allerdings nur solange man seinen eigenen Körper ebenfalls als Teil von "Gottes großem Eiweißregen" versteht. Außerdem sollte man zumindest auf den Verzehr von Wirbeltieren verzichten, denn denen wird ein ausgeprägteres Schmerzempfinden nachgesagt als ihren Weichtierverwandten. Was die Gärtner euphemistisch unter notfalls zu vertilgenden "Landkrabben" verstehen, kann man sich also ungefähr vorstellen.

Neben den Gärtnern gibt es noch etliche andere Gruppierungen: die Sicherheitsleute des CorpSeCorps, die im Produzieren und Verschleudern von Leichen stark involviert sind; die Mitarbeiter des Gesundheitskonzerns HelthWyzer, der an der Ausmerzung sämtlicher Fehler im Bauplan von Mensch und Tier arbeitet; und schließlich die Masse der hedonistischen Plebsler. Atwood vermeidet eine allzu schematische Charakterisierung ihrer Figuren, denn auch innerhalb der Milieus gibt es große Unterschiede: während Adam Eins, der spirituelle Anführer der Gärtner, Gewalt radikal ausschließt, ist Zeb alias Adam Sechs der Ansicht, "dass Gewalt vor allem der eigenen Person gegenüber minimiert werden müsse". Der abschließende Ausblick auf die vom Genmanipulateur Crake hergestellten Gutmenschen ist da weit weniger unterhaltsam: Diesen Harmoniewesen mit ihren mächtigen blauen Genitalien geht jede Form von Aggressivität ab.

Die Gärtner hingegen bleiben nur allzu menschlich, abgesehen von Adam Eins, dem es vergönnt ist, jedes Kapitel mit einer christlich-mystischen Grundsatzrede einzuleiten, bevor er seine Gemeinde zum Anstimmen typischer Gärtnerlieder einlädt, deren Stanzen und Metrik stark an William Blakes "Songs of Innocence and Experience" erinnern, ohne allerdings auch nur annähernd deren Doppelbödigkeit zu erreichen. Aber vielleicht gefallen diese Texte manchem Leser gesungen ja viel besser - sie liegen online auch vertont vor.

Atwoods Roman hat seine Längen, doch die Stärken überwiegen. Die Schwierigkeit, den Leser davon zu überzeugen, dass in dieser Horrorwelt tatsächlich Menschen leben, meistert die Autorin, indem sie Beschreibungen vermeidet und es dem Fortgang der Handlung überlässt, zu klären, um was es sich zum Beispiel bei einem "See/H/Öhr-LekkerBit" handelt (eine portables synästhetisches Freizeitmedium), oder was es mit Rens "Biostrumpf" auf sich hat (ein atmungsaktives und höchst kleidsames Ganzkörperkondom). An dieser Stelle auch ein Hoch auf die Übersetzerin, die diese Details ins Deutsche übertragen hat, ohne dass deren lautmalerische Griffigkeit abhandengekommen wäre.

Ähnlich wie Atwoods erster Roman "Die essbare Frau" (1969, deutsch 1985) driftet auch "Das Jahr der Flut" stets unmerklich ins Surreale hinüber. Wie bei einem (Alb)Traum erscheinen einem allmählich selbst die absurdesten Details durchaus plausibel, die, sobald man bewusst darüber nachdenkt, plötzlich grotesk bis urkomisch wirken. Zum Beispiel die sogenannten Löwammer (Englisch: "liobams"), eine Mischung aus Löwe und Lamm, deren Heranzüchtung die Sekte der Wolf-Jesajaisten vorangetrieben hat, weil sie es nicht mehr erwarten konnten, bis die Löwen endlich friedlich bei den Lämmern liegen. Oder aber der Begriff der "Brache", den die Gärtner wählen, um den Zustand depressiver Frauen, meist Mitte fünfzig herum, zu beschreiben: mit Sicherheit ein sehr viel freundlicheres Wort als Klimakterium, da es die Möglichkeit erneuter (wenn auch vielleicht nicht biologischer) Fruchtbarkeit zumindest nicht ausschließt.

"Science" und "Fiction", Wissenschaft und Fiktion, sagt Margaret Atwood, gehen von den gleichen Fragen aus: Was wäre wenn? Und warum? Es ist kein Zufall, dass Schreiben im "Report der Magd" (1996) verboten ist und die Gärtnerkinder im "Jahr der Flut" ihre Notizen nur auf Schiefertafeln machen dürfen, die wieder leicht abzuwischen sind. Unkontrolliertes Schreiben ist kaum weniger riskant als eine Wissenschaft, die alle Fragen stellt und zu beantworten versucht. Die spätabendliche Lektüre des Atwoodschen Albtraums vom "Jahr der Flut" jedenfalls kann einen ruhigen Schlaf durchaus gefährden.

MARGRET FETZER.

Margaret Atwood: "Das Jahr der Flut". Roman. Aus dem Amerikanischen von Monika Schmalz. Berlin Verlag, Berlin 2009. 478 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.11.2009

Das Gesangbuch der Gottesgärtner
Mit siebzig Jahren für die Rettung der Biosphäre unterwegs: Margaret Atwood und ihr neuer Roman „Das Jahr der Flut”
Die einen glauben an die Technik, die anderen an die Natur, längst ist die Gesellschaft in konkurrierende Gruppen zerfallen. So könnte man auch schon die Gegenwart beschreiben. Margaret Atwood rechnet sie in ihrem neuen Roman nur noch ein wenig hoch. „Das Jahr der Flut” spielt in einer nicht allzu fernen Zukunft an der Ostküste der Vereinigten Staaten. Die Gesellschaft hat sich vollständig partikularisiert. Das gemeine Volk gibt sich dem Konsumrausch hin und lässt sich von ein paar Konzernen kontrollieren, die zum eigenen Nutzen an der Verbesserung des Menschen- und Tiergeschlechts mittels pharmakologischer und genetischer Manipulationen arbeiten. Die unterfinanzierte Polizei wurde durch private Sicherheitskräfte ersetzt, die aus dem Ruder laufen. Wer es sich leisten kann, geht zur Triebabfuhr in einen Sexclub, in dem die Prostituierten, von Kopf bis Fuß in einen „Biostrumpf” verpackt, geilen, aber gefahrlosen Sex anbieten. Auf den Dächern verlassener Hochhäuser aber wächst der Widerstand: dort lebt die Sekte der Gottesgärtner und breitet sich immer weiter aus. Sie predigt die Rückkehr zur Natur und die Hinwendung zu Gott als letztes und einziges Mittel, den Planeten zu retten.
Das klingt naiv und wäre es wohl auch, wenn Margaret Atwood, die große kanadische Autorin, die an diesem Mittwoch ihren siebzigsten Geburtstag feiert, nicht einen kleinen Stachel mitten ins Herz der Gottesgärtner gepflanzt hätte. Denn wir erfahren auf zwei verschiedenen Wegen, was dort vor sich geht. Zum einen durch die Predigten des Sektengründers, der den sprechenden Namen „Adam Eins” trägt, zum anderen durch eine der beiden weiblichen Hauptfiguren.
Toby gilt als „zähes Leder” und wird von den Kindern „Trockenhexe” genannt. Ihr macht man so leicht nichts vor. Sie hat Heilkunde studiert und ist eines Tages aus der „Außenhölle”, wie bei den Gottesgärtnern alles heißt, was sich jenseits ihrer Gärten befindet, dorthin geflohen. Und auch wenn sie froh ist über das Asyl, bleibt sie doch eine Zweifelnde, eine, die nicht an Gott glaubt. Die Beterei geht ihr auf die Nerven und die „Pingeligkeit bei der Lebensführung”.
Überhaupt findet sie die ganze Theologie ziemlich verworren. Irgendwann will sie sich wieder aus dem Staub machen. Doch bevor sie das tun kann, wird sie in den inneren Kreis berufen und muss als „Eva sechs” die Heilerin Pilar ersetzen, die freiwillig aus dem Leben schied, weil sie an Krebs erkrankte.
All das ist längst Vergangenheit, wenn der Roman beginnt. Wir erfahren nur in Rückblenden davon, durch die Erinnerung der beiden weiblichen Hauptfiguren. Im Jahr 25 der neuen Zeitrechnung ist jene Katastrophe eingetreten, vor der die Gottesgärtner in Analogie zur biblischen Sintflut gewarnt haben: die „wasserlose Flut”. Sie kam in Gestalt einer globalen Seuche. Am Anfang sieht es so aus, als hätten nur Toby und ihre junge Freundin Ren überlebt: die eine auf dem Dach einer luxuriösen Schönheitsfarm, die andere auf der Isolierstation eines exklusiven Sexclubs. Doch als Toby loszieht, um im Garten ihres Elternhauses das alte Gewehr ihres Vaters auszubuddeln, begegnen ihr andere Überlebende, plündernde Horden, verendende Menschen, allerlei Getier. Die Geier haben gut zu tun und lassen noch wochenlang Teile ihrer Beute fallen, es regnet Finger.
Margaret Atwood spart nicht mit schaurigen Details und lässt sich beim Erzählen der Vorgeschichte alle Zeit der Welt. Im letzten Drittel aber nimmt der Roman an Fahrt auf. Da wird gekidnappt, gefoltert und gejagt, da finden versprengte Mitglieder der Sekte zueinander und werden wieder auseinandergerissen, da vermischen sich die Zugehörigkeiten, die Erlösungsphantasien und die wissenschaftlichen Experimente zur Züchtung eines neuen Menschengeschlechts.
Und während der Leser mit den Figuren durch die postapokalyptische Landschaft zieht, offenbart ihm Margaret Atwood den Entstehungsweg der Seuche. Hier befindet sich der Roman ganz auf der Höhe des Genres einer negativen Utopie, die den lesenden Zeitgenossen warnen will. Man kann nicht umhin, immer wieder an die ganz reale Gegenwart zu denken, an das H1N1-Virus und an das seltsame Zusammenspiel von Pharmaindustrie, Medien und Gesundheitswesen.
Das Zeitalter der Tüchtigkeit
Auch wenn das der spannendste Teil des Romans ist, der im übrigen den Roman „Oryx und Crake” variiert, schlägt das Herz der Autorin offenbar für die Gottesgärtner. Es gibt eine eigene Homepage zum Buch – www.yearoftheflood.com –, auf der man sich die Hymnen aus dem „Gesangbuch der Gottesgärtner” anhören kann, die auch bei den Lesungen zur Aufführung kommen. Auf der Homepage kann man seinen ökologischen Fußabdruck berechnen lassen und findet Links zu Umweltschutzorganisationen sowie den Tourneeplan der Autorin mit fast vierzig Veranstaltungen in sechs Ländern, deren Erlöse zum Teil dem Umweltschutz zugute kommen. Ein beachtliches Pensum für eine Siebzigjährige, man staunt.
Sie sei im „Zeitalter der Tüchtigkeit” aufgewachsen, schreibt Margaret Atwood in ihrem autobiographischen Erzählungsband „Moralische Unordnung”. Etwas von dieser Tüchtigkeit strahlt ihre Prosa immer aus, von ihrem Romandebüt „Die essbare Frau” (1970) über „Der Report der Magd” (1983), der 1990 von Volker Schlöndorff verfilmt wurde, bis hin zu „Der blinde Mörder”, für den sie im Jahr 2000 den Booker Prize erhielt. Es ist eine Tüchtigkeit, die nicht so ganz zur Gattung der Sciencefiction passt. Wie Doris Lessing, die 2007 den Nobelpreis erhielt, für den auch Margaret Atwood immer wieder im Gespräch ist, geht sie versiert mit Technologien um, im Zentrum aber stehen zwischenmenschliche Beziehungen und gesellschaftliche Umgangsformen.
Wer der Meinung ist, dass es mit der Welt nicht weitergehen kann wie bisher, weil die Menschheit die Ressourcen aufzehrt, die sie zum Überleben braucht, hat im Prinzip nur zwei Möglichkeiten: Entweder er setzt auf eine Rückkehr zur Natur oder auf die Entstehung neuer Technologien, mit denen sich die Ausbeutung des natürlichen Ökosystems technisch kompensieren lässt.
Margaret Atwood, die in ihrem ersten spekulativen Roman „Der Report der Magd” vor einem neuen religiösen Fundamentalismus in den USA gewarnt hat, scheint nun mit „Das Jahr der Flut” auf einen dritten Weg zu setzen. Der Glaube an Gott habe dem Menschen einen evolutionären Vorteil verschafft, erklärt Adam Eins der zweifelnden Toby. Für Nihilismus sei der Mensch nicht gemacht. Man müsse deshalb „das Gefühl der Allgemeinheit in eine biosphärenfreundliche Richtung lenken”.
Auf eine solche Möglichkeit, das Weltbewusstsein mit einer Vielzahl kleiner Aktionen positiv zu beeinflussen, scheint Margaret Atwood zu setzen. Das verdient Respekt, auch wenn man nicht ganz daran glauben mag. MEIKE FESSMANN
MARGARET ATWOOD: Das Jahr der Flut. Roman. Aus dem Englischen von Monika Schmalz. Berlin Verlag, Berlin 2009. 478 Seiten, 22,70 Euro.
Margaret Atwood wird an diesem Mittwoch siebzig. Foto: Isolde Ohlbaum
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"Was Margaret Atwood - in jedem Genre - so glaub würdig macht, ist ihre entschiedene Sensibilität, ihre unerschrockene Einsicht und ihr Witz, der dem Schrecken sehr nah ist." -- Süddeutsche Zeitung

"Margaret Atwood ist die Queen der kanadischen Literatur." -- Literarische Welt

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Teilweise las sich dieser neue Science-Fiction Roman für Rezensentin Katharina Granzin wie ein Kommentar zu letzten Klimakonferenz. Dennoch eignet sich das Buch zu ihrer Erleichterung nicht zum Kultbuch der Generation Öko. Dazu nämlich sei es zu komplex angelegt. Es geht, wie wir lesen, um eine mutierte Welt nach einem rätselhaften biologischen Supergau. Das Buch erzähle in Rückblenden, wie diese unwirtliche, totalitäre Schreckenswelt entstand und spart den Informationen der Kritikerin zufolge nicht mit Schockszenarien. Allerdings verlangt es ihrer Ansicht nach dem Leser einiges an Konzentrationsfähigkeit ab, um in diese Welt einzusteigen und auch "denkende Mitarbeit" beim Lesen, um zu verstehen, was wann passiert. Wer es allerdings schaffe, einzusteigen und mitzukommen, dem garantiert die Kritikerin fesselnde Lektüre und lustvolle Gefangenschaft in einer komplexen Komposition.

© Perlentaucher Medien GmbH