Marktplatzangebote
2 Angebote ab € 10,00 €
  • Buch mit Leinen-Einband

1944. Auch in der sanften Hügellandschaft der Toskana herrscht Krieg. Vier amerikanische Soldaten haben sich hier in einem Bergdorf verschanzt - unter ihrem besonderen Schutz steht ein kleiner italienischer Junge, den sie aus den Trümmern einer Scheune geborgen haben.
Die Gegenwart des Kindes stiftet nicht nur eine merwürdige Schicksalsgemeinschaft zwischen den Soldaten, den verbliebenen Dorfbewohnern und einer Hand voll Partisanen - seine Unschuld gibt ihnen allen den Glauben an Liebe und Menschlichkeit zurück.

Produktbeschreibung
1944. Auch in der sanften Hügellandschaft der Toskana herrscht Krieg. Vier amerikanische Soldaten haben sich hier in einem Bergdorf verschanzt - unter ihrem besonderen Schutz steht ein kleiner italienischer Junge, den sie aus den Trümmern einer Scheune geborgen haben.

Die Gegenwart des Kindes stiftet nicht nur eine merwürdige Schicksalsgemeinschaft zwischen den Soldaten, den verbliebenen Dorfbewohnern und einer Hand voll Partisanen - seine Unschuld gibt ihnen allen den Glauben an Liebe und Menschlichkeit zurück.
Autorenporträt
James McBride hat als Redakteur für die Washington Post, das People Magazin und den Boston Globe gearbeitet. Heute ist er als Schriftsteller und Komponist tätig. Sein Roman "Die Farbe des Wassers" wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. McBride lebt mit seiner Familie in New York.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.06.2005

Kampfmoral und Katzenknochen
James McBrides GI-Roman „Das Wunder von St. Anna”
Sie sind zu viert. Train ist ein Riese von beschränktem Geist, sanftmütig und stark, Bishop ein halbseidener Prediger, der bei der donnernden Verkündigung von Gottes Wort vor allem seinen eigenen Vorteil im Auge hat, Hector, der Puertoricaner, friert und hat Angst. Stamps, der einzige Offizier, versucht verzweifelt, die Übersicht zu behalten. Und dann ist da noch der schwer verletzte italienische Waisenjunge. Beim Versuch, ihn zu retten, sind die amerikanischen Soldaten weit hinter die deutschen Linien geraten.
„Das Wunder von St. Anna” spielt 1944 in der Toskana. In der Literatur über die beiden Weltkriege sind die schwarzen GIs lange kaum berücksichtigt worden. Der Roman versteht sich daher zunächst als Hommage an die 15 000 überwiegend afroamerikanischen „Buffalo Soldiers”, aus denen die 92. Division der amerikanischen Armee bestand. Allerdings ist James McBride kein Propagandist: Er präsentiert seine Soldaten nicht als furchtlose Krieger, sondern als schwache, fehlbare Menschen, die in einer lebensbedrohlichen Situation über sich hinauswachsen. Seine besondere Zuneigung gilt den schlichten, kindlichen Gemütern; in der Fähigkeit, sich in sie hineinzuversetzen, liegt McBrides größte schriftstellerische Stärke. Die Passagen, in denen Train und der italienische Junge die Schrecken des Kriegs zu verarbeiten suchen, sind die besten des Romans.
McBride räumt mit der traditionellen weißen Wahrnehmung der Schwarzen als homogener Einheit auf und zeigt, dass die Gemeinsamkeit der Hautfarbe im wahrsten Sinne des Wortes nur oberflächlich ist. Stamps, der emanzipierte Hochschulabsolvent aus dem Norden, verachtet zunächst Train, den analphabetischen Landarbeitersohn, der ihm repräsentativ für die Schwarzen aus dem Süden erscheint: „Die hatten keinen Stolz, ließen sich alles bieten, nahmen jede Strafe hin, die die Weißen austeilten, machten keinen Schritt zu viel. Im Kampf erwiesen sie sich jedoch oft als zuverlässige, kluge, zähe Soldaten, die auch unter Druck noch ruhig und besonnen reagierten. Warum hoben sie sich nicht etwas von dieser Kampfmoral für die Weißen zu Hause auf? Stattdessen führten sie sich auf wie Idioten, fürchteten sich vor jeder Kleinigkeit, schleppten Katzenknochen und Bibeln mit sich herum und hatten kleine schwarze Beutel mit Pülverchen um den Hals hängen, hießen Jeepers und Pig und Bobo und katzbuckelten auf Schritt und Tritt vor den Weißen.”
Nah am Kitsch-Abgrund
Dass die Handlung des Romans sich auf die Tage vor Weihnachten konzentriert, ist ebenso signifikant wie der Umstand, dass der Junge, der die Herzen der kampferprobten Männer verzaubert, ausgerechnet in einer zerschossenen Scheune gefunden wird. Über alle Greuel des Krieges triumphieren hier die opferbereite Menschlichkeit und die Offenbarung der Güte Gottes. Das ist eine rührend-altmodische Botschaft, und der Leser wäre vielleicht sogar bereit, an sie zu glauben - würde McBride sie nur nicht so aufdringlich formulieren.
„Noch nie hatte ein Weißer sein Gesicht berührt”, heißt es, als der Junge Train streichelt. „Noch nie einer die Hand ausgestreckt und ihn liebevoll berührt, und diese Kraft, die Kraft kindlicher Unschuld und Reinheit trieb ihm Tränen in die Augen. Er war nicht darauf gefaßt gewesen, etwas zu spüren, als der Junge ihn berührte, spürte nun aber Mitleid, spürte Menschlichkeit, spürte Liebe, Harmonie, Sehnsucht, Hunger nach Güte, das Verlangen nach Frieden - Eigenschaften, von denen Train nicht gewußt hatte, daß Weiße sie besaßen.” Es hätte so vieler gewichtiger Wörter nicht bedurft. Die Beschreibung der Geste und ihrer Folgen wäre genug gewesen. Immer dann, wenn er erbaulich werden will, stürzt dieser Roman in einen Abgrund von Kitsch und Sentimentalität.
Im Nachwort lobt der Autor die „Charakterstärke” der Afroamerikaner, die gegen Hitler kämpften, und beklagt zugleich den „Zahlensalat von Einschaltquoten und Videospielen, die unseren Kindern das Kriegshandwerk in einer Welt beibringen, in der 125 Millionen Kinder jeden Tag hungrig zu Bett gehen”. McBride ist der Sohn eines schwarzen Geistlichen und einer polnischen Jüdin. Über seine Herkunft hat er 1996 den Bestseller „Die Farbe des Wassers” veröffentlicht. Er ist die Stimme eines bürgerlichen, zutiefst christlich geprägten Milieus, das in der medialenRepräsentation von Afroamerikanern kaum eine Rolle spielt. Als Zeugnis der Anschauungen dieses Milieus und zur historischen Aufklärung des europäischen Lesers ist „Das Wunder von St. Anna” lesenswert, literarisch kann der Roman nur bedingt überzeugen.
CHRISTOPH HAAS
JAMES MCBRIDE: Das Wunder von St. Anna. Roman. Deutsch von Silvia Morawetz und Werner Schmitz. Verlag Bloomsbury Berlin, Berlin 2004. 335 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Informativ als Milieustudie, aber literarisch nur bedingt überzeugend ist James McBrides "Wunder von St. Anna" in den Augen des Rezensenten Christoph Haas. Ort der Handlung ist die Toskana im Jahre 1944, die Protagonisten vier afroamerikanische GIs, die durch ihre sehr unterschiedlichen Wesensmerkmale zeigen, "dass die Gemeinsamkeit der Hautfarbe im wahrsten Sinne des Wortes nur oberflächlich ist", wie Haas mitteilt. Hierin sieht er auch die größte Stärke des Romans: dass er die in der Kriegsliteratur lange vernachlässigten schwarzen Soldaten in den Mittelpunkt rückt und - obgleich der Rezensent von einer "Hommage" spricht - diese mitnichten verklärt noch als "homogene Einheit" darstellt. Weiterhin, so Haas, spielt ein verletzter italienischer Waisenjunge eine Rolle, den die vier Soldaten unter Lebensgefahr retten. Dass dies kurz vor Weihnachten passiert und der Junge in einer Scheune gefunden wird, findet der Rezensent allerdings ein wenig zu dick aufgetragen. Noch schlimmer sei aber der Stil McBrides, der "immer dann, wenn er erbaulich werden will ... in einen Abgrund von Kitsch und Sentimentalität" stürze.

© Perlentaucher Medien GmbH