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In seinen Büchern zur Dichtung des Mittelalters und zur neueren Kunst und Kultur hat Peter Wapnewski, der bekannte Mediävist und bedeutende Wagner-Kenner, es stets meisterhaft verstanden, Vergangenheit und Gegenwart ineinander zu spiegeln. In seinen lang erwarteten Erinnerungen, deren erster Teil jetzt vorliegt, wird nun die eigene und damit deutsche Geschichte im Lichte des Biographischen lebendig. Geboren in der Weimarer Republik (1922 in Kiel) und aufgewachsen unterm Hakenkreuz, kommt Wapnewski 1942 als Panzerfahrer an die Ostfront, wo ihn ein Granattreffer das linke Auge kostet. Er erfährt…mehr

Produktbeschreibung
In seinen Büchern zur Dichtung des Mittelalters und zur neueren Kunst und Kultur hat Peter Wapnewski, der bekannte Mediävist und bedeutende Wagner-Kenner, es stets meisterhaft verstanden, Vergangenheit und Gegenwart ineinander zu spiegeln. In seinen lang erwarteten Erinnerungen, deren erster Teil jetzt vorliegt, wird nun die eigene und damit deutsche Geschichte im Lichte des Biographischen lebendig. Geboren in der Weimarer Republik (1922 in Kiel) und aufgewachsen unterm Hakenkreuz, kommt Wapnewski 1942 als Panzerfahrer an die Ostfront, wo ihn ein Granattreffer das linke Auge kostet. Er erfährt die Schrecken des Bombenkrieges in Berlin, wird denunziert und vom Kriegsgericht angeklagt, kann schließlich sein germanistisches Studium beginnen, das ihn nach Berlin, Jena, Freiburg und zuletzt nach Hamburg führt. Dort erlebt er das Kriegsende, die Hungerwinter und den mühsamen Neuanfang einer Universität, die bald zum Ausgangspunkt seiner eigenen wissenschaftlichen Karriere wird.
Autorenporträt
Peter Wapnewski, geboren 1922 in Kiel, ist Professor der Mediävistischen Germanistik (emer.) und Gründungsrektor desWissenschaftskollegs zu Berlin. Er veröffentlichte Bücher zur deutschen Literatur des Mittelalters (Minnesang, Walther von der Vogelweide, Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach, Nibelungenlied) und zur Literatur und Kultur des 19. und 20. Jahrhunderts.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.01.2006

Ein Peitschenschlag
So spricht und schreibt ein Herr: Peter Wapnewskis Erinnerungen

Autobiographie ist ein heikles Genre. Zunächst ist sie (so hat es Helmut Schmidt einmal schlicht, aber zutreffend gesagt) eine enorme Versuchung, "die eigene Nase schöner zu malen"; deshalb schreibe er keine. Freilich haben Politiker da andere Möglichkeiten. Dann wichtiger: Wer soll sie lesen? Wem soll sie nützen? Diese Frage muß sich nun eigentlich jeder Autor im Blick auf jeden Text stellen. Bei einer Autobiographie ist sie aber dringlicher, weil es, wenn man sich selbst zur Sache macht, um eine "Sache" ja nicht geht. Und um "Literatur" im Sinne des Fiktiven naturgemäß auch nicht. So liegt in der Autobiographie ein irritierender Anspruch, den man auch aggressiv nennen kann: alle mal herhören, denn was ich erlebt habe, was ich war und bin, ist wichtig - nicht nur für mich (was ja sofort zu konzedieren ist), sondern jedenfalls für viele.

Was das erste, die schöne Nase, angeht: Peter Wapnewski schont sich in seinen "Erinnerungen", die in diesem ersten Teil von der Geburt, 1922, bis zum Jahr 1959 reichen, wahrlich nicht. Dies gilt besonders für die doch eigentlich kurze, aber auch noch im Rückblick sehr lang scheinende Zeit von Januar 1933 bis Mai 1945 - Zeit ist ja nicht gleich Zeit.

Bei Wapnewski kommt sie ganz herein: die Schulen, die Lehrer, die "Hitlerjugend", die eigene Einstellung (er zitiert aus dem Tagebuch von 1939, das der Obersekundaner bereits führte). Da blitzt schon etwas auf von der späteren (einigermaßen gefräßigen) Ironie, dann der "Arbeitsmann" in einem Teil Polens, damals "Westpreußen", danach, ab 1941, der Soldat, ab Juni 1942 im Osten an der Front (im Panzer - "Fünf Zentimeter Langrohr", eine suggestiv sachliche Bezeichnung, die Kenner, zu denen der Rezensent nicht gehört, wohl lebhaft nicken läßt) und wie es damit schon im Juli 42 zu Ende war - durch eine schwere, klar untauglich machende Kriegsverletzung.

Mit guten Gründen vermutet der Autor, daß gerade diese Verwundung ihn hat überleben lassen. Sie erklärt auch den schönen Titel des Bandes: "Mit dem anderen Auge", denn Peter Wapnewski verlor durch diese Verletzung - ein Geschoß explodierte im Innern des Panzers - das linke Auge. Damit beginnt, abrupt ins Zentrum stoßend, das Buch: "Es war wie ein Peitschenschlag, nicht mehr, nicht weniger."

Was die Nationalsozialisten angeht, macht er sich gar nicht zum Oppositionellen. Freilich erlaubten ihm Verstandesschärfe und Nüchternheit, auch seine kräftige, ihm offenbar ganz natürliche, irgendwoher mitgebrachte Aufmüpfigkeit nicht, sich von dem (heute und schon seit langem so schwer verständlichen) Taumel um jenen einen Mann einfach mitreißen zu lassen. Nie, muß man sich ja klarmachen, weder vorher noch nachher, war eine Regierung dermaßen populär, ja geliebt. Als es um den Fahneneid ging, meldet sich der Rekrut: "Bitte Herrn Leutnant fragen zu dürfen, was geschieht, wenn ich den Eid auf den Führer nicht ablege?" Die Antwort war knapp und erschöpfend: "Kohlrübe ab, Wapnewski!"

Nicht oft dürfte diese Frage gestellt worden sein. Später, Mai 43, nach der Verletzung, kam es in einer "Johnny-Bar" am Kurfürstendamm, zusammen mit seinem Freund, dem Schriftsteller Horst Lange, zu wilden Redereien im Suff, die durch Denunziation zu einer Anklage führten. Seltsamerweise wurde diese im Juni '44 eingestellt. Über diese Redereien sagt er: "Kein Heldenstück, fürwahr . . . Nur wirr wütende Rodomontaden eines juvenilen Gemütes, das undiszipliniert seine Façon durchbrochen hatte im rauschverworrenen Zustand der Entrückung. Kein Anlaß zum Stolz, damals sowenig wie heute . . ." Dies ist besonders berührend, weil man spürt (und versteht), daß es den Autor noch immer aufwühlt, das Ende Karlrobert Kreitens, des siebenundzwanzigjährigen hochbegabten Pianisten, der ebenfalls denunziert wurde, aber dann in der Nacht vom 7. auf den 8. September 1943 in Plötzensee "hingerichtet" oder sagen wir richtiger - denn in "hingerichtet" liegt ja schon die Anerkennung von irgend etwas wie Recht - umgebracht wurde. Und eben in dieser Nacht, ohne es zu wissen (man kann aber danach trotzdem darunter leiden), feierte Wapnewski mit Lange, wieder mit viel Alkohol, seinen 21. Geburtstag - den Eintritt, damals, in die Volljährigkeit. Offensichtlich also keine Schönfärberei. Und wahrlich alles andere als "Besonnte Vergangenheit", wie ein vormals hochberühmter Titel lautete: die Erinnerungen, seinerzeit in sehr vielen Hausbibliotheken stehend, des Arzts Carl Ludwig Schleich, erschienen 1921.

Was nun die Frage nach der Leserschaft seiner Erinnerungen angeht, so hält sich Wapnewski, was bei ihm überraschen mag, an eine durchgehend politische Sicht. Von sich selbst will er nur schreiben, insofern er Zeuge ist. Er blendet also vieles aus, geht aufs Allgemeine, und dieses ist ja nun eben das alle Betreffende, das Politische. Das gilt schon für die knappe und schöne Evokation der "Kinderspiele". Und politisch ist auch noch, was er zu seiner Assistentenzeit bei dem Germanisten Richard Kienast in Heidelberg schreibt, und etwa sein verhaltenes Lob auf das "Institut der Habilitation".

Wapnewski malt nicht aus. Da ist überall Tempo. Knapp berichtet er von seiner sehr besonderen Studienzeit: Freiburg, Sommer 1944 (hier sprechende Episoden mit Martin Heidegger), Jena Winter 44, und, ab Herbst 45, Hamburg. Von dort dann also Heidelberg, dann, nach der Habilitation, eine Vertretung in Tübingen und alsbald eine Groß-Ausfahrt: ein Semester in Harvard. Und auch dieses sieht und schildert er politisch. Er hätte in den Vereinigten Staaten bleiben können. Aber er wollte nicht: "Ein Germanist ist fremd in jedem anderen Land als in Deutschland." (Österreich und die alemannische Schweiz sind hier sicher mitgedacht.)

Wie er mit mehr als achtzig Jahren zum Mitglied der NSDAP wurde ("Nie war ich so ,prominent' wie in den Wochen nach dieser demaskierenden Eröffnung"), schildert er ebenfalls. Als Christoph Königs "Internationales Germanistenlexikon" Anfang 2004 erschien, hörte man von ihm keinen Aufschrei, und auch in diesem Buch ist davon nichts. Nicht einmal Ärger über einzelne Historiker, die ganz genau wissen, wie dies damals "immer" lief und also mit "Das muß der gewußt haben" sogleich bei der Hand sind. Es ging da um die Aushändigung der Mitgliedskarte, die eben - und sei es nur aus Versehen oder Schlamperei - doch nicht immer ausgehändigt wurde. Aber auch hier bleibt er selbstkritisch: "Ich weiß . . ., daß ich nicht ,richtig' gehandelt habe."

Zeugenschaft also, "kein Selbstporträt". Dezidiert beruft Wapnewski sich auf das "asketische" Ranke-Wort: "Ich möchte mein Ich auslöschen." Dies allerdings ist ihm nun nicht gelungen. Und übrigens sagte ja selbst Ranke nur: "Ich möchte." Nein, Wapnewski ist hier ganz da, ganz als er selbst - in seinem Stil. Er schreibt, als ob er redete, und tut dies knapp, direkt, intensiv, präzis, trocken (bei aller verbalen Gewähltheit), ohne Sentimentalität und Selbstmitleid, das Zynische streifend, aber nur streifend (auch seine Ironie ist ja nur Panzer), scharfzüngig, wozu allein die Präzision schon kräftig beiträgt. Er erzählt denkbar ungemütlich, ist aber trotzdem seltsam heiter. In der Art seines Redens (wirklich: man hört ihn), aber auch in dem, was er sagt, ist Magie. Da ist souveräne Legitimation auch und gerade durch Stil. Es gibt nur wenige, die dies vermögen. Und noch etwas: Es ist ein Herr, der hier redet. Dies mag manche ärgern. Besonders die, die so wie er nicht reden könnten, sich ebendies aber nicht klarmachen und so tun, als täten sie's nur deshalb nicht, weil sie's nicht wollten. Jedenfalls: der irritierende Anspruch, der in dem Genre liegt - hier wurde er eingelöst. Man wird sehen, wie es weitergeht - im angekündigten zweiten Teil.

HANS-MARTIN GAUGER

Peter Wapnewski: "Mit dem anderen Auge". Erinnerungen 1922-1959. Berlin Verlag, Berlin 2005. 255 S., zahlr. Abb., geb., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2005

Die Generation der Zögernden
Eine deutsche Gelehrtenlaufbahn zwischen Panzerführerschein und Ruf nach Harvard: Die Lebenserinnerungen des Germanisten Peter Wapnewski von 1922 bis 1959
Von Hans-Harald Müller
Wissenschaftler schreiben ihre Memoiren nach dem Muster „Wie sie wurden, was sie sind” - Schriftsteller sind freier im Umgang mit ihrer Vergangenheit. Gelehrte Schriftsteller pflegen die Poetik ihrer Erinnerungen zu erläutern. Der Germanist Peter Wapnewski erklärt, er habe lediglich aus vorliegenden Materialien einen „Flickenteppich” genäht, er vertraue darauf, dass er „ein Kunstwerk ist der eigenen Art, nicht zwar selig in ihm selbst scheinend, aber doch sich behauptend in all seiner gebändigten Willkür”. Von solcher Bescheidenheit geprägt, ist nicht allein der Anspruch, sondern auch die Wirklichkeit der Erinnerungen Wapnewskis, die „sein Ich tilgen” sollen - ein Unterfangen, bei dem, wie man weiß, das Ich dem Autor meist ein Schnippchen schlägt.
Der 1922 in Kiel geborene Wapnewski beginnt mit einer Schilderung von Kindheit und Jugend in einem großbürgerlichen Elternhaus; hier und auf der Alten Gelehrtenschule in Kiel erwirbt er eine hanseatische Gelassenheit des Lebensstils, die mehr als ästhetische Stilsicherheit bedeutet. Die bündische Jugend und die Jugendgruppen des NS-Regimes lassen ihn kalt: „Meine Karriere im Jungvolk und der HJ war eine Kette von Niederlagen.” Gegen die „kollektive Vereinnahmung” sucht er sich mit Literatur und Swing-Musik zu immunisieren.
Weder der Reichsarbeitsdienst noch der Kriegsbeginn lösen bei dem Heranwachsenden Begeisterung aus. „Wir waren eine zögernde Generation”, schreibt er, und mit seinen Klassenkameraden meldet er sich als Kriegsfreiwilliger nur, weil er weiß, dass er ohnehin früher oder später eingezogen wird. Obwohl er den Kadavergehorsam hasst, will der junge Wapnewski „ein guter Soldat” werden, und er wird es. Am 30. Juli 1942 wird der Inhaber eines Panzerführerscheins nahe Rostow schwer verwundet und verliert das linke Auge. In seinen Erinnerungen preist es sich deshalb glücklich, denn die Alternative zu dieser frühen Verwundung wäre später, so meint er, der sichere Tod gewesen. Der Verlust des einen Auges, dem ein Gewinn an innerer Sehkraft entsprechen mag, hat Wapnewskis Erinnerungen den Titel gegeben.
Die Zeit vom Herbst 1942 bis zum Sommer 1944 verbringt er in einem Lazarett in Berlin. Hier, wo der „Ungeist der braunen Herrschaft keine Macht hatte”, ist er glücklich; hier beginnt seine Freundschaft mit dem schlesischen Dichter Horst Lange, der ihn in unbekannte Kapitel der deutschen und der Weltliteratur einführt. Das Sommersemester 1943 darf Wapnewski an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin studieren; der Pädagoge Eduard Spranger und sein späterer Lehrer, Ulrich Pretzel, ziehen ihn in ihren Bann. Zur gleichen Zeit durchstreift er das Berliner Nachtleben, und nachdem er im Vollrausch in einer Berliner Bar vor einer Gruppe von Offizieren den Nationalsozialismus lautstark verwünscht hat - „kein Heldenstück”, vermerkt Wapnewski - wird er wegen Wehrkraftzersetzung angeklagt. Es ist ein Delikt, auf dem die Todesstrafe steht. Wapnewski aber hat Glück und kommt glimpflich davon.
Im Sommer 1944 wird er zum Studium freigestellt, er hört in Freiburg bei dem Germanisten Walter Rehm und erwirbt bei Martin Heidegger einen Seminarschein über die „Grundbegriffe des Denkens”. Nachdem er in Berlin ausgebombt ist, erlebt Wapnewski Kriegsende und Nachkrieg in Hamburg. Lebensmittelkarten, Schwarzmarkt, Hamsterfahrten bestimmen den Alltag, aber die Theater öffnen wieder, und er sieht erstmals Stücke von Thornton Wilder, Jean Giraudoux und Jean Paul Sartre.
An der Universität Hamburg gibt es kaum einen Neubeginn, aber eine Gruppe literarisch ambitionierter Studenten um Karl-Ludwig Schneider, Hans-Joachim Lang und Ralf Dahrendorf probt den Neuanfang im AStA und mit der ehrgeizigen „Hamburger Akademischen Rundschau”, die in allen vier Zonen gelesen wird. „Die Vergangenheit, sie lag hinter uns. Wir aber begriffen bald: Sie lag scheinbar hinter uns. In Wahrheit lag sie auf uns. Wie sie noch heute auf uns liegt.” Den Basso continuo des Schicksals seiner Generation bildet Wapnewski zufolge die Frage: „Wie hältst du’s mit Hitler und den Seinen?”
Bis in die frühe Nachkriegszeit, über die Hälfte des Buches hinaus, hält Wapnewski das Programm einer distanzierten, emotional unterkühlten Lebensschilderung durch, die den Leser durch ihre Offenheit und den Verzicht auf Besserwisserei fesselt. Dann aber hält er sich nicht mehr an das Programm. Berichte zur Universitätsgeschichte, Reflexionen über Humboldt, die deutsche Universität und ihre Zukunft - viele „gedankenlastige Erwägungen”, wie er sie selbst nennt, überwuchern die authentischen Erinnerungen.
Das Kapitel „Germanist - warum einer es wurde und wie” enthält einen Exkurs zur Wissenschaftsgeschichte der Germanistik, erläutert aber nicht, warum und wie Wapnewski Germanist wurde, und auch die angekündigte Darstellung des sein Leben „bestimmenden Bildungserlebnisses”, das der Germanist Ulrich Pretzel für ihn verkörperte, bleibt das Kapitel schuldig (Nicht einmal als Dichter der fünf frischen Sonette, die er 1948 zu einer Hamburger Anthologie beisteuerte, gibt Wapnewski sich zu erkennen).
Kaum versöhnt ihn die lebendige Schilderung der Heidelberger Assistenten- und Privatdozentenzeit von 1949 bis 1958, schon muss sich der Leser durch eine Abhandlung „Zum Institut der Habilitation” quälen, bevor er einen Blick in das Land der unbegrenzten Möglichkeit, auf die Harvard University werfen darf. Die Ablehnung des Rufs nach Harvard beschließt diese erste Hälfte der Lebenserinnerungen. Selbst wenn sie am Ende ein wenig unentschlossen zwischen Wissenschafts- und Lebensgeschichte schwankt, darf man auf die zweite Hälfte gespannt sein.
Peter Wapnewski
Mit dem anderen Auge
Erinnerungen 1922-1959. Berlin Verlag, Berlin 2005. 255 Seiten, 24 Euro.
Peter Wapnewski
Foto: Jürgen Bauer
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zwiespältig bei aller Affirmation lautet das Urteil des Rezensenten Hans-Jürgen Schings. Lebenserinnerungen eines rundum Zufriedenen scheinen nicht eben das zu sein, was man lesen möchte, und sei der Autor auch so sympathisch wie Peter Wapnewski. Beinahe unheimlich erscheint Schings die Höflichkeit des Autobiografen vergangenen Begegnungen und Ereignissen gegenüber. Ausgehungert durchsucht er den Text nach "kräftigen Seiten". Spuren des Zorns entdeckt er beim Thema Martin Heidegger und bei Wapnewskis "durch keine liberale Milde" gebremster Revision der Studentenrevolte. Immerhin. Doch zu selten für den Rezensenten, der sich fragt, ob hier nicht sogar die Regeln der Textsorte Autobiografie verletzt werden. Was, wenn der Autobiograf nichts von sich preisgeben mag und von seiner geschätzten Gelehrsamkeit, wenn der Leser auf Ellipsen stößt, wo er brennt vor Neugierde? Ein Seufzen des Rezensenten zwischen den Zeilen. Schings begnügt sich mit atmosphärischen Schilderungen des geselligen Heidelberger akademischen Alltags und trauert leise.

© Perlentaucher Medien GmbH