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Kindheit, Jugend, Kino. Fünfziger Jahre. Das beginnt mit kinderfreundlichen B-Filmen, die bald verschwinden werden, es endet mit dem Beginn der Nouvelle Vague. Filme, die der Krieg nicht nach Deutschland kommen ließ, neben der üppigen Filmprodukion der Fünfziger in den USA und Europa. Ein Universum, das sich mit Lichtgeschwindigkeit ausdehnte. Filmgenres die Sternbilder, das Hollywoodkino die Milchstraße, für deutsche Filme, gesehen und kaum gemocht, ein schwarzes Loch. Für meine Kinobegeisterung Probleme: heimliche Kinobesuche, anhaltende, heftige Kritik von Eltern, Schule und Kirche an den…mehr

Produktbeschreibung
Kindheit, Jugend, Kino. Fünfziger Jahre. Das beginnt mit kinderfreundlichen B-Filmen, die bald verschwinden werden, es endet mit dem Beginn der Nouvelle Vague. Filme, die der Krieg nicht nach Deutschland kommen ließ, neben der üppigen Filmprodukion der Fünfziger in den USA und Europa. Ein Universum, das sich mit Lichtgeschwindigkeit ausdehnte. Filmgenres die Sternbilder, das Hollywoodkino die Milchstraße, für deutsche Filme, gesehen und kaum gemocht, ein schwarzes Loch. Für meine Kinobegeisterung Probleme: heimliche Kinobesuche, anhaltende, heftige Kritik von Eltern, Schule und Kirche an den Filmen und ihren moralisch gefährdeten Zuschauern, - 817,6 Mill. waren es 1956 in den alten Bundesländern (121,7 Mill. 2014 in allen Budesländern zusammen).Die pure Überwältigung wich langsam dem Vergnügen, den Filmen in die Karten zu schauen: Die reiche, schier endlos weite Kinowelt gab sich Schritt für Schritt als üppig geschmücktes Schaufenster zu erkennen. Aufgeschrieben hieß das Filmkritik. Ich drang ein in das Starsystem aus Göttern und Fußvolk, in die Unterschiede der Studios. Erste Namen von Regisseuren: Hitchcock, Ford, Huston, Chaplin (auch wenn ich seine Filme noch gar nicht sehen konnte).Die Filme traten ins Leben ein: Verweis auf ein mögliches Leben jenseits eng empfundener Gegenwart. Anregungen für Mode, Getränke, Lektüre. Die animierende, unermüdliche Sturheit der gegen alle Gewalten angtretenden Filmhelden. Die Zensur wütete gegen Erotik, die Filme sprachen unablässig davon. Hilfreich war das nicht: Die Paare in den Filmen waren Erwachsene, ihre Dialoge waren im Diesseits einfach nicht zu wiederholen. Es blieb eine große Neugier. Zur größten erotischen Verzauberung wurde ein Tarzan-Film.Erwachsen werden: Aus dem heimlichen Kinogänger wurde ein Filmclubmitglied und leser von Filmkritiken. Untertitelte Filme galten geradezu aus Ausweis für Filmkunst. Wenn da nicht Adornos vernichtende Kritik an aller Kulturindustrie verstört hätte. Meine erste Freundin fand Bardot-Filme gar nicht gut und las Simone de Beauvoir. Und dann ein erster Antonioni-Film: War das mit den richtigen und falschen Gefühlen doch ganz anders als angelesen und im Kino angeschaut?
Autorenporträt
Werner Dütsch, viele Jahre Kino und Film - in Filmtheatern, einem Filmarchiv, in der Filmredaktion des WDR (Spielfim, Dokumentarfilm, filmvermittelnde Sendungen). Feature für das Fernsehen und den Deutschlandfunk. Zwei Jahrzehnte Lehrbeauftragter an der Kunsthochschule für Medien Köln, Co-Autor des Buches Lola Montez - eine Filmgeschichte.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Fritz Göttler wünscht sich mehr solche aufmerksamen und erinnerungssatten Kinogeschichten wie die des langjährigen WDR-Filmredakteurs Werner Dütsch. Was Dütsch hier aufschreibt, ist für Göttler mehr als Kino, ist das ganze, schon vom Kind erfahrene Kino, seine Materialität, die Säle, die Gerüche, die Klänge und Bilder, Technicolor, Vistavision, 3D, Zeitschriften und Zensur. Daneben geht es auch um den italienischen Neorealismo, John Wayne und Lola Montez, versichert Göttler, der bei Dütsch lernt, dass die Kindheit nicht verloren ist, sondern aufgehoben auf der großen Leinwand. Eine Geschichte Nachkriegsdeutschlands ist das Buch für ihn auch.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.09.2016

Jede Sekunde
voller Bilder
Wie ein Kritiker
in den Bann des Kinos geriet
„Die Kinder von Mara-Mara“ sollte der erste Film in einem Kino sein für den Knaben Werner Dütsch, Jahrgang 1939, aber es wurde dann nichts daraus. Nur der Name blieb, ein Klang, ein Versprechen. Dennoch ein elementarer Teil dieser Kino-Kindheit, die in Düsseldorf und Hüls begann, mit Schaukastenbildern, dem Ritual von Werbung, Kulturfilm, Wochenschau, Vorschau, Hauptfilm, den Tricks, um möglichst billig hineinzukommen: Komplizenschaft mit den Kartenverkäufern! „Im Germania arbeitete eine Platzanweiserin, Edith mit Namen, die zum Viktoria wechselte, das schon bei seiner Eröffnung in Verruf geriet: Zu viele Tote, zu viele Wild-West-Filme, die noch nicht Western hießen. Das Kino erweckte den Eindruck des Unfertigen. Weiße Ziegel die seitlichen Außenmauern, eine stählerne Stiege zum Vorführraum – Betreten verboten! Innen eine Decke grau gestrichener Holzfaserplatten, erkennbar noch die groben Holzspäne, aus denen sie zusammengepresst und -geleimt worden waren, augenscheinlich in einer kleinen Fabrik in Sinsen, gut für eine Visite, die den Schülern der achten Klasse der Waldschule Einblicke in ihre zu erwartende Arbeiterzukunft geben sollte, wie auch ein für mich abschreckender Besuch unter Tage auf der Zeche Brassert, fünfhundert Meter unter der Erde.“
  Kino als Provisorium – es ist mehr als die Summe seiner Filme, die Rezeptionsgeschichte gehört immer dazu: wann und wo man einen Film sah, mit wem und wohin man danach ging, um davon zu erzählen. Es geht um die Materialität des Kinos in diesem Buch, die Stoffe und die Gerüche der Filmsäle, die Bilder und Klänge auf der Leinwand, die eine eigene Realität – durchaus eine künstliche – ergeben. Es geht um amerikanische Abenteuer, um den italienischen Neorealismus – erstaunlich, wie viele Amerikaner sich dort tummeln, Steve Cochran in „Il Grido“, Broderick Crawford bei Fellini. Es geht um Frankreich und den Existentialismus, Carné, Sartre, Bazin, die erste Parisreise, 1957, noch per Anhalter. Dann die Zulassung zu den Filmclubs, die damals entstanden, die technischen Neuerungen, Technicolor, Cinemascope, Vistavision, 3D. Die Zeitschrift Filmkritik, die in ihren frühen Jahren die naive Kinolust in Frage stellte. Rothaarige Frauen tauchen auf, die Tode des Errol Flynn und die Rebellion von James Dean und Lars Ekborg, die Lola Montez von Max Ophüls und der Jazz, die Inquisition des Filmdienst und, im Kurtheater Bad Ems 1958, das Treffen der Filmclubs. Schließlich 1959 der Schock von „Hiroshima mon amour“, der alles änderte.
  Werner Dütsch ist dann viele Jahre lang Filmredakteur beim WDR gewesen, er hat durch die Auswahl der gezeigten Filme und die Art, im Fernsehen über Kino zu reflektieren, mehreren Generationen den Sinn für das Kino geschärft, er hat Filme mitproduziert von Hartmut Bitomsky, Harun Farocki, Werner Schroeter, Straub/Huillet, Gerhard Friedl, Johan van der Keuken.
  Die Kindheit, das zeigt uns sein Buch, ist keine verlorene Zeit, man kann sie im Kino wiederfinden, als Teil des eigenen Lebens. Dann ist Brechts „Der Leib wird leicht im Wasser. Wenn der Arm/Leicht aus dem Wasser in den Himmel fällt“ reines Kino und führt direkt zu den Wasserfilmen von Jean Renoir und Robert Flaherty, und zu „Im Banne der roten Hexe“, 1949, von Edward Ludwig mit John Wayne. „Düstere Südsee, Geheimnisse. Zwei Männer, über Jahre verbunden in Hass und Gier. Gewalt und Tod an Bord der roten Hexe, auf Inseln, im Meer. Ein Schiffswrack, Gold, Taucher, ein Krake, der die Perlen der Götter bewacht.“
  Mit dem Kino erwachsen werden . . . Werner Dütsch schenkt dem Kino die Aufmerksamkeit und die Erinnerungskraft, die man in vielen Kritiken heute kaum noch spürt. Seine Kinogeschichte ist auch die Geschichte Deutschlands nach dem Krieg. „Zum Ende des Jahrzehnts war ich in Köln ein paar Mal im Lux am Dom, Hohe Straße, mit seiner immer ablesbaren Uhr rechts der Leinwand. Das Kino stand in dem Ruf, Vorführgeschwindigkeiten zu beschleunigen, Zeitgewinn für viele Vorstellungen? Hans Domnick will das an der Musik seiner Traumstraße der Welt ausgemacht haben. 25, 26 Bilder pro Sekunde?“
FRITZ GÖTTLER
Werner Dütsch: Im Banne der roten Hexe. Kino als Lebensmittel. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2016. 159 Seiten, 19,80 Euro.
John Wayne in Not, im Film „Im Banne der roten Hexe“.
Foto: dpa/Picture-Alliance
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