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Am 13. Dezember 2004 gedenkt die jüdisch-christliche Wissenschaftswelt des 800. Todestages von Moses Maimonides. Die vorliegende Untersuchung widmet sich den Bildern, die mit der Verwendung des Juden Maimonides in der christlichen Literatur verbunden waren. Beruhten die ersten Anführungen in astronomischer, aber auch in bibelexegetischer Hinsicht nicht auf schriftlich vorliegenden Übersetzungen sondern auf mündlicher Kenntnis, so änderte sich das im Zuge der Pariser Talmudstreitigkeiten von 1242, in deren Folge das enzyklopädische Hauptwerk More nevukhim als Dux neutrorum in lateinischer…mehr

Produktbeschreibung
Am 13. Dezember 2004 gedenkt die jüdisch-christliche Wissenschaftswelt des 800. Todestages von Moses Maimonides. Die vorliegende Untersuchung widmet sich den Bildern, die mit der Verwendung des Juden Maimonides in der christlichen Literatur verbunden waren. Beruhten die ersten Anführungen in astronomischer, aber auch in bibelexegetischer Hinsicht nicht auf schriftlich vorliegenden Übersetzungen sondern auf mündlicher Kenntnis, so änderte sich das im Zuge der Pariser Talmudstreitigkeiten von 1242, in deren Folge das enzyklopädische Hauptwerk More nevukhim als Dux neutrorum in lateinischer Sprache vorgelegt wurde. Sofort wurden zentrale Lehren bei Albertus Magnus und später u.a. bei Thomas von Aquino und Meister Eckhart aufgegriffen. Nur zwei Jahrzehnte später wurde die maimonidische Lehre vom Messias Streitpunkt in der Disputation von Barcelona (1263), literarisch aufgegriffen von Raimundus Martini. Neben die Verwendungsweisen als astronomus, exegeticus judaicus und philosophus trat an der Wende zum 14. Jahrhundert schliesslich die Verwendung als medicus.
Autorenporträt
Görge K. Hasselhoff, zuletzt Lehrstuhlvertretung an der Universität Potsdam und Gastprofessur an der EST Sao Leopoldo, RS; z.Zt. Research Scholar (Fellow) im Käte-Hamburger-Kolleg der Ruhr-Universität Bochum; verschiedene Publikationen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.07.2004

Disput der Unschlüssigen
Görge Hasselhoff rückt Moses Maimonides in ein neues Licht

Das Thema "Maimonides und das Christentum" war immer ein deutsches Thema. Moritz Steinschneider, Manuel Joel, Joseph Perles, Jacob Guttmann und David Kaufmann hatten im neunzehnten Jahrhundert darüber geschrieben. An diese Tradition knüpfte Joseph Koch 1928 an, und nach dem Zweiten Weltkrieg war es besonders Wolfgang Kluxen, der sie fortsetzte. Doch seine Kölner Dissertation von 1951 zur "Geschichte des lateinischen Moses Maimonides" hat Kluxen nie drucken lassen, und das Pflichtexemplar in Köln war ein Geheimtip für die Bewunderer dieses jüdischen Philosophen. 1954 hat Kluxen dann "Literargeschichtliches zum lateinischen Moses Maimonides" vorgelegt.

Genau fünfzig Jahre später sind diese damals verdienstvollen Arbeiten von Kluxen nun überholt, denn auf vierhundert Seiten beschreibt Görge K. Hasselhoff die Geschichte des Eindringens der Maimonidischen Gedanken in das lateinische Schrifttum der Christen in detaillierten philologischen Miniaturen, Kluxens Thesen korrigierend und großartig ergänzend. Freunde gelehrter Anmerkungen kommen bei der Lektüre dieses Buches auf ihre Kosten, zumal sie von dem Autor in die wichtigsten Handschriftenabteilungen der europäischen Bibliotheken zwischen Cambridge und Breslau geführt werden.

Wie aus Mose ben Maimon (1135 bis 1204) Moses Maimonides wurde, ist eine höchst spannende Angelegenheit, denn dazwischen steht der Rabbi Moyses, und von ihm berichtet das vorliegende Buch. Die erste Erwähnung Maimons als Rabbi Moyses findet sich 1230 in einem astronomischen Werk des "mageren, dünnen" (Dante) Astrologen Michael Scotus am Hofe Friedrichs des Staufers: "dixit Raby Moyses magnus philosophus" - sagte Rabbi Moyses, der große Philosoph. Obwohl im Mittelalter unter dem Begriff "Philosoph" immer Aristoteles verstanden wurde, wird unser Rabbi schon sechsundzwanzig Jahre nach seinem Tod ein großer Philosoph genannt, er, der sich selbst nie als Philosophen bezeichnet hätte. Und hiermit beginnt die steile Karriere des Mose ben Maimon bei den Scholastikern, die besonders durch die lateinische Übersetzung seines philosophischen Hauptwerkes "Führer der Unschlüssigen" um 1242/1244 vorangetrieben wird. Hasselhoff bleibt auf den Spuren des Maimonides bis hin zu Pico della Mirandola (gestorben 1494), mit dem ein neues Kapitel der Christen im Umgang mit Maimonides beginnt: das der christlichen Hebraistik (und der christlichen Kabbala).

Der Kern des Buches widmet sich der Maimonides-Rezeption im dreizehnten Jahrhundert durch die Dominikaner Albertus Magnus, Thomas von Aquin und Meister Eckhart (und der Rezeption derer, die sich auf diese beriefen). Doch das interessanteste Kapitel ist sicher das über Maimonides in der interreligiösen Kontroversliteratur. Hasselhoff beginnt mit der Disputation von Barcelona (1263) zwischen dem jüdisch-christlichen Konvertiten Pablo Christiani und dem Rabbiner Mose ben Nachman (Nachmanides) und wendet sich dann besonders Raimundus Martini und seinem polemischen antijüdischen Werk "Pugio Fidei" zu (nach 1270 geschrieben).

Bei der Überprüfung der Maimonides-Zitate bei Martini, meistens aus dem "Führer der Unschlüssigen", stieß Hasselhoff auf etwas sehr "Enigmatisches": Zwei Handschriften des Werkes haben an einer Stelle eine andere Lesart als die gedruckte Fassung von 1687. Die frühen Handschriften behaupten, Maimonides habe im Schlußkapitel seines Gesetzeskodex "Mischne Torah" (1180) geschrieben, Jesus der Nazarener sei als Messias angesehen und durch das Haus der Richter getötet worden. Und Jesus selbst sei der Grund dafür, daß Israel verdientermaßen durch das Schwert zerstört und sein Rest zerstreut und erniedrigt wurde. Nikolaus von Lyra wird später dieselbe Stelle zitieren.

Da das betreffende Schlußkapitel der "Mischne Torah" nach der Barcelona-Disputation stark zensuriert wurde und bis heute in den gedruckten Fassungen nicht immer vollständig wiedergegeben wird, Martini ansonsten korrekt den "Führer der Unschlüssigen" zitiert, könnte Hasselhoff in den Handschriften etwas gefunden haben, was zur Rekonstruktion des maimonidischen Textes beitragen könnte - und Maimonides' Interpretation des Christentums in ein ganz neues Licht rückte: Der Rabbi Maimonides wird zitiert als Zeuge für die Messianität Jesu. Paulus von Burgos, gestorben 1435, der sich auch Pablo de Santa Maria nannte und als Schlomo ben Levi beschnitten wurde, wird als letzter der Kontroverstheologen behandelt. Auch er sagt, Maimonides habe die Zerstörung Israels als Folge der selbsternannten Messianität Jesu beschrieben.

Hasselhoffs letztes Kapitel ist dem "Rabbi Moyses medicus" gewidmet; mit diesem Kapitel geht er weit über das hinaus, was seine Vorgänger zur christlichen Rezeption des Maimonides im Mittelalter geschrieben hatten. Von den zehn arabischen Traktaten zur Medizin wurden mindestens sieben im frühen vierzehnten Jahrhundert ins Lateinische übersetzt, und zwar entweder aus einer hebräischen Version oder etwas umständlicher: Ein Jude übersetzte den arabischen Text in eine Landessprache, ein Christ aus der Landessprache dann ins Lateinische. Die Zentren der Wirkung des Arztes Maimonides waren die Universitäten Montpellier, Bologna und Padua. Daß Maimonides ein Jude war, thematisieren diese medizinischen Übersetzungen nicht. Hasselhoffs Heidelberger kirchengeschichtliche Promotion über den Rabbi Moyses ist ein ungemein gelehrtes Buch und würdigt Mose ben Maimon zu seinem achthundersten Todestag, indem es das Staunen der Christen über den großen Rabbi Moyses aufzeichnet.

FRIEDRICH NIEWÖHNER

Görge K. Hasselhoff: "Dicit Rabbi Moyses". Studien zum Bild von Moses Maimonides im lateinischen Westen vom 13. bis zum 15. Jahrhundert. Verlag Könighausen & Neumann, Würzburg 2004. 400 S., br., 49,80 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Freunde gelehrter Anmerkungen kommen bei der Lektüre dieses Buches auf ihre Kosten", schreibt Friedrich Niewöhner, und ebenso gelehrt liest sich seine Besprechung der Promotion Görge Hasselhoffs. Der Autor beschreibt, wie das Gedankengut des arabisch-jüdischen Philosophen, Arztes und Rabbi Mose ben Maimon, der auch Rabbi Moyses und später Moses Maimonides genannt wurde, Einzug bei den christlichen Scholastikern hielt, nachdem seine Schriften ins Lateinische übertragen wurden. Eine "höchst spannende Angelegenheit", versichert Niewöhner, ohne die Lebensgeschichte dieses spannenden Mannes näher zu skizzieren. Zuletzt hatte wohl der Kölner Theologe Wolfgang Kluxen in den 50er Jahren zu Maimonides geforscht, doch seine Dissertation gab es nur als ein einziges Pflichtexemplar an der Kölner Uni, weiß Niewöhner. Doch Kluxen sei nun überholt beziehungsweise großartig ergänzt, schwärmt der Rezensent. Hasselhoff habe in den wichtigsten Handschriftenabteilungen der europäischen Bibliotheken geforscht und dabei entdeckt, dass Maimonides-Zitate abweichende Übersetzungen und Interpretationen beispielsweise bei dem Begriff der "Messianität Jesu" erfahren haben, was sich folgenreich auf die Dispute der "interreligiösen Kontroversliteratur" ausgewirkt haben dürfte.

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