Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 9,95 €
  • Broschiertes Buch

Drei Prosatexte Ernst Jüngers, drei Anläufe, schreibend 'den Krieg zu berühren', stehen im Zentrum der Untersuchung: In Stahlgewittern (1920), Der Kampf als inneres Erlebnis (1922) und Sturm (1923). Ihr Gemeinsames besteht in dem paradoxen, ästhetisch aber überaus reizvollen Anliegen, möglichst authentische Darstellungen des Krieges zu erreichen. Authentisch den oder vom Krieg erzählen zu wollen, impliziert die Negation von Subjektivität und damit auch die Negation der Bedingung der Möglichkeit des Erzählens. Jüngers Texte versuchen, dem Paradox poetisch zu entgehen, Subjektivität als…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Drei Prosatexte Ernst Jüngers, drei Anläufe, schreibend 'den Krieg zu berühren', stehen im Zentrum der Untersuchung: In Stahlgewittern (1920), Der Kampf als inneres Erlebnis (1922) und Sturm (1923). Ihr Gemeinsames besteht in dem paradoxen, ästhetisch aber überaus reizvollen Anliegen, möglichst authentische Darstellungen des Krieges zu erreichen. Authentisch den oder vom Krieg erzählen zu wollen, impliziert die Negation von Subjektivität und damit auch die Negation der Bedingung der Möglichkeit des Erzählens. Jüngers Texte versuchen, dem Paradox poetisch zu entgehen, Subjektivität als Bedingung oder Effekt narrativer Zeichenbildung und den Anspruch auf Authentizität in der Darstellung des Krieges auszubalancieren.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Keineswegs, findet Rezensent Helmuth Kiesel, sei über Jüngers frühe Prosa "bereits alles gesagt". Mergenthalers Studie führt nach Kiesel über "die erarbeiteten Befunde" in "bemerkenswerter Weise" hinaus. Ethische oder ideologische Fragen, lesen wir, werden hier "zugunsten der philologischen oder ästhetischen Erörterung "sistiert". Ein kurzer Exkurs über interpretatorische Verfahren der Studie kommt dann zu dem Ergebnis, dass Jüngers Texte zwar "der millionenfach tödlichen Negativität" des Krieges nicht gerecht werden konnten, aber einen Eindruck von dessen Grauen vermittelten, der andere zeitgenössische Berichte weit übertreffe. Hier sieht der Rezensent auch verschiedene Vorurteile dem jüngerschen Frühwerk gegenüber widerlegt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.11.2001

Poetik der Front
Eine Studie über Ernst Jünger

Ernst Jüngers Bücher über den Ersten Weltkrieg waren in den letzten dreißig Jahren so oft Gegenstand literatur-, geschichts- und politikwissenschaftlicher Untersuchungen, daß man meinen durfte, sie seien in ästhetischer wie ethischer Hinsicht ausreichend durchleuchtet und gewürdigt. Volker Mergenthalers Studie zeigt indessen, wie wenig man sich um die "poetische Faktur" von Jüngers Kriegsbüchern gekümmert hat. Sie führt über die erarbeiteten Befunde in bemerkenswerter Weise hinaus.

Als Hauptproblem der Kriegsdarstellung erscheint der Widerspruch zwischen dem Selbstverlust, den die Soldaten infolge der Fremdbestimmung wie der aufreibenden Destruktionserfahrungen erleiden, und der Notwendigkeit, diese Erfahrungen so zu fassen, daß sie überhaupt mitteilbar werden. Den tatsächlichen Erfahrungen entspräche ein chaotisches Gedanken- oder Stimmengewirr; kommunikativ notwendig ist eine strukturierte Darstellung.

Jünger hat auf dieses Paradox mit einer fortlaufend reflektierten Folge von drei unterschiedlich akzentuierten Schriften reagiert. In den "Stahlgewittern" (1920) etabliert sich ein vorerst unsterbliches Ich von "beinah göttlicher Vollkommenheit", das von dem "ruhmvollen Tod" der Gefallenen Zeugnis ablegen will; das Leitprinzip dieses Textes nennt Mergenthaler "Sakralisierung". Der Traktat "Der Kampf als inneres Erlebnis" (1922) kombiniert eine distanziert retrospektive Verarbeitung des Kriegs mit einer aktualisierenden Darstellung, in der die Destruktionserfahrungen wieder Gegenwärtigkeit gewinnen und das erzählende Ich erneut auszulöschen drohen; der Terminus technicus dafür heißt "Mythologisierung". In der Erzählung "Sturm" (1923) wird die Ich-Perspektive zugunsten einer Vielzahl von wahrnehmenden Instanzen aufgegeben; diese Auflösung des Erzählers wird als "Spiritualisierung" des Erzählens bezeichnet. Keine dieser Verfahrensweisen, die in jedem Fall die "Inszenierung" eines Überlebenden sind, kann der millionenfach tödlichen Negativität des Krieges tatsächlich gerecht werden; aber sie sind forcierte Annäherungen und vermitteln einen Eindruck von dem Grauen des Kriegs, der den Eindruck, den andere Kriegsbücher aus jener Zeit erwecken, weit übertrifft.

Die unmittelbar ethische oder ideologiekritische Fragestellung, von der die Auseinandersetzung mit Jüngers Kriegsbüchern weitgehend bestimmt war, wird von Mergenthaler zugunsten der philologischen oder ästhetischen Erörterung sistiert. Aber insofern "Ethik und Ästhetik Eins sind", wie Wittgenstein sagt, oder zumindest einiges miteinander zu tun haben, läuft die ethische Diskussion in der ästhetischen Untersuchung mit. Wer vom Hörensagen oder aus dem betreffenden Artikel im "Kindler" weiß, daß Jüngers Kriegsbücher durch eine inhumane Kälte oder Gleichgültigkeit gegenüber dem Elend der Soldaten geprägt sind und nur der Verherrlichung des Kriegs dienen, kann sich durch Mergenthalers Studie ästhetisch sensibilisieren und eines Besseren belehren lassen.

HELMUTH KIESEL

Volker Mergenthaler: "Versuch, ein Dekameron des Unterstandes zu schreiben". Zum Problem narrativer Kriegsbegegnung in den frühen Prosatexten Ernst Jüngers. Universitätsverlag C. Winter, Heidelberg 2001. 163 S., br., 38,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr