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"Schwenke die Fahne, rede über Waffen und Religion - und die ganze Unterschicht wählt republikanisch."Michael White, Pferdezüchter aus Idaho Inside USA: Anhand von vielen Begegnungen und Gesprächen sucht Bettina Gaus Antworten auf die Frage, was Amerikaner heute wirklich bewegt. Eine große Reportage über Träume und Albträume im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Monatelang reiste die taz-Journalistin Bettina Gaus durch 34 Bundesstaaten der USA, um herauszufinden, was seine Bewohner von sich und ihrem Land, der Weltlage oder den Europäern halten. Welche Rolle spielt es, Angehöriger der…mehr

Produktbeschreibung
"Schwenke die Fahne, rede über Waffen und Religion - und die ganze Unterschicht wählt republikanisch."Michael White, Pferdezüchter aus Idaho
Inside USA: Anhand von vielen Begegnungen und Gesprächen sucht Bettina Gaus Antworten auf die Frage, was Amerikaner heute wirklich bewegt. Eine große Reportage über Träume und Albträume im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Monatelang reiste die taz-Journalistin Bettina Gaus durch 34 Bundesstaaten der USA, um herauszufinden, was seine Bewohner von sich und ihrem Land, der Weltlage oder den Europäern halten. Welche Rolle spielt es, Angehöriger der einzigen Weltmacht zu sein? Was denken Amerikaner über den Irak-Krieg, illegale Einwanderung, Leben ohne staatliche Sozialversorgung? Sind sie so, wie wir sie uns vorstellen? Wie tolerant, rassistisch, religiös, mobil, naiv, nach Glück strebend, konservativ oder liberal sind die Amerikaner auf dem Land und in den Städten?
Bettina Gaus? Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Menschen erzählen von den gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Realitäten und Widersprüchen Amerikas. Dabei folgt sie der Reiseroute eines berühmten Amerikaners: John Steinbeck, der sich 1960 auf dem Höhepunkt des Wahlkampfs zwischen John F. Kennedy und Richard Nixon auf eben diesen Weg gemacht und seine Eindrücke in einem Buch festgehalten hatte.
Autorenporträt
Bettina Gaus, geboren 1956, lebte von 1990 bis 1996 in Nairobi und berichtete für den Deutschlandfunk aus den Krisengebieten in Ost- und Zentralafrika. Seit 1996 ist sie politische Korrespondentin der taz, deren Parlamentsredaktion in Bonn sie bis 1999 leitete. Im Jahr 2000 erschien ihr Buch Die scheinheilige Republik (dva).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.08.2008

Wie erklären Amerikaner einer Deutschen ihr Land?

Bettina Gaus ist drei Monate lang durch die Kleinstädte der Vereinigten Staaten gereist. Daraus ist ein kluges Buch voller Charme und Humor geworden.

Es kann überall passieren: Ein Bescheidwisser klärt ungebeten über die wahre Natur der dunkelhäutigen Menschen auf, sagt mal, was Sache ist mit den Negern. Was entgegnet man dann? Dass er oder sie sich schämen soll?

In diesem Buch steht die beste Antwort. Die Reiseschriftstellerin ist im Museum der "Wunder von Amerika" in Polson, Montana, gelandet, einer Art moderner Wunderkammer, in der Taschenuhren, Harfen und Flugzeugmodelle für das Tolle stehen, das die Amerikaner der Welt beschert haben, dazwischen selbstgefertigte Losungen wie "Amerika ist großzügig". Joanne Mangels, die betagte Gründerin des Museums, weiß aber auch, dass alle Probleme des Landes von der Rassenintegration herrühren, die weder gewünscht noch normal sei.

Die freundliche Rassistin rechnet mit allem, nur nicht mit dem, was ihr die nette Besucherin aus Deutschland nun mitteilt: "Irgendwann habe ich genug. Ich lächle sie ganz lieb an und sage: ,Mein Mann ist übrigens schwarz.' Die Scheidung ist mir vorübergehend entfallen. Joanne Mangels öffnet den Mund. Schließt ihn wieder. Öffnet ihn erneut. Schließt ihn wieder. Dann sammelt sie sich und holt mit letzter Kraft zum Gegenschlag aus: ,Ihr Deutschen habt schließlich die Juden umgebracht.' Interessanter Hinweis an diesem Punkt der Unterhaltung. Ich antworte: Stimmt. Und dafür schämen wir uns bis heute. Das Gespräch endet frostig."

Bettina Gaus, die bekannte politische Journalistin, ist durch Amerika gefahren, drei Monate lang. Die großen Städte hat sie dabei ausgelassen. Sie wollte keine Prominenten treffen und erst recht keine Experten. So gab es auch keine verabredeten Gesprächspartner, die ihr findige Stringer besorgt hätten. Immer wieder muss die Reporterin Leute ansprechen, die gar kein berufliches Interesse daran haben, mit Reportern zu reden. Mal wird's was, mal nicht. Oft genug erfährt sie aber viel mehr, als sie eigentlich wissen wollte. Ein nettes Ehepaar, kennengelernt in einem Restaurant an der Grenze zwischen Florida und Georgia, lädt sie in ihren Wohnwagen im dunklen Wald ein, wo sie nicht etwa aus wirtschaftlicher Not leben, sondern um den kommenden Weltuntergang besser vorzubereiten, den die dreizehn Familien, die die Welt regieren, planen. Das Paar deutete in den Sternhimmel und zeigte, von wo sie vermutlich kommen. Von den Affen jedenfalls wollten die beiden nicht abstammen.

Andere Geschichten sind ergreifender wie die von Linda Moore, die sich bei der Arbeit im Supermarkt die Knie brach und nun arbeitsunfähig ist. Die Berufsgenossenschaft erkannte jedoch eine Vorerkrankung am Gelenk und weigerte sich zu zahlen. Der Rechtsanwalt schien an dem Fall nicht sonderlich interessiert, zu wenig lukrativ. Nun müssen Linda und ihr Mann mit Mitte fünfzig das Traumhaus samt Traumgarten verkaufen und schauen, ob sie einen vernünftigen Wohnwagen finden. Die Furcht vor Krankheit und der ungenügende Versicherungsschutz tauchen immer wieder als die großen, nicht zu bändigenden Monster im amerikanischen Mittelklassealltag auf. Sie wirbeln das Leben ohne Gnade und Vorwarnung durcheinander.

Es kann, so lernt man bei der Lektüre dieser Lebensgeschichten, sehr schnell gehen in Amerika. Ein Unglück, eine Naturkatastrophe, eine Unfall - schon droht der Umzug in den Trailer Park.

Das Land ist zutiefst, aber auch zu Recht verunsichert. So sehr sie sich auch bemühte: Bush-Anhänger hat Bettina Gaus keine gefunden, nicht in Texas und nicht bei den Veteranen. Dafür jede Menge Sehnsucht nach einem politischen Neuanfang, an Obama hat sie dabei aber selber noch nicht gedacht!

Es sind nicht nur Individuen, die in Schwierigkeiten kommen können, sogar ganze Gemeinden haben mit unüberwindbaren Problemen wegen der Überalterung der Gesellschaft zu kämpfen. Wenn sich junge Familien die Wohnungen und Häuser nicht mehr leisten können, beginnt die Abwärtsspirale: Die Schule schließt, bald auch die letzte Kneipe und der Supermarkt, niemand zieht mehr zu. Mietshäuser verlieren ihren Wert, fallen als Alterssicherung weg. Bald schon stellen sich die Bewohner auch teurer Anwesen die bange Frage, woher aus den Weiten des Landes eigentlich die Feuerwehr anrücken müsste, wenn es mal brennt?

Bettina Gaus reist allein und doch wieder nicht. Ihr ständiger Begleiter ist John Steinbeck, der im Herbst 1960 in seinem umgebauten Kleinlaster Rosinante durchs Land zog, begleitet nur von seinem Pudel Charley. Der fehlt auf dieser Suche nach Amerika, aber das Verhältnis zwischen Gaus und Steinbeck ist, wenn auch zwangsläufig einseitig, doch so innig, dass es sogar zu einem imaginierten Ehekrach der Reisenden mit ihrem großen Vorbild kommt. Im Steinbeck-Museum in Monterey nutzt sie einen unbeobachteten Moment, um den Kotflügel seines Lasters zu streicheln.

Es ist der persönliche, neugierige, in jeder Hinsicht zivile Ton des Textes, der, neben der gewohnt scharfsinnigen Analyse, das Buch in ein ganz eigenes Genre befördert, es steht weit mehr in der literarischen und ironischen Tradition eines Bruce Chatwin als in jener der immer etwas erwartbaren Bücher unserer amtlichen Amerika-Korrespondenten. So bleibt es nicht aus, dass wir viel über Amerika und seine Kleinstädte erfahren, mehr aber noch über die Autorin und ihre Neigung, Höllenqualen zu leiden, wenn der Internetanschluss oder das Telefon im Motel nicht funktionieren.

Als einmal eine grüne Politikerin am Tage der Neuwahlankündigung durch Müntefering im Fernsehen so tat, als habe sie das immer schon kommen sehen, schrieb Bettina Gaus in der "Tageszeitung": "Politiker werden niemals überrascht, und sie sind auch nie neugierig. Es muß merkwürdig sein, als Person dieser Art durchs Leben zu gehen." Gaus ist in diesem Sinne eine Antipolitikerin, sie fährt staunend durchs Land, es ist eine zutiefst romantische Reise. Einmal erkennt sie hocherfreut auf einem Riesenplakat das aus der Kindheit vertraute Gesicht von Dan Blocker, dem Hoss aus Bonanza, den, wie sie vor Ergriffenheit schamlos übertreibend notiert, immer noch "Millionen Menschen lieben". Doch das ihn ehrende Museum findet sie dann nicht und wer beim Lesen nicht, auch enttäuscht ist, der hat kein Herz.

NILS MINKMAR

Bettina Gaus: "Auf der Suche nach Amerika". Begegnungen mit einem fremden Land. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2008. 240 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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”Es ist der persönliche, neugierige in jeder Hinsicht zivile Ton des Textes, der, neben der gewohnt scharfsinnigen Analyse, das Buch in ein ganz eigenes Genre befördert, es steht weit mehr in der literarischen und ironischen Tradition eines Bruce Chatwin als in jener der immer etwas erwartbaren Bücher unserer amtlichen Amerika-Korrespondenten."
Nils Minkmar, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.August 2008

”Auf 238 Seiten zeichnet diese Reportage ein großes, aktuelles und facettenreiches USA-Panorama. Was sich die Autorin vor Reiseantritt vorgenommen hat, nämlich zumindest einen 'Zipfel der Wirklichkeit' abzubilden, ist ihr gelungen, auf ebenso informative wie unterhaltsame Weise. Reisen, das wird klar, bildet. Das Lesen dieses Buches auch!“ Annette Moll, Deutschlandfunk, Andruck — Das Magazin für Politische Literatur, 4. August 2008

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.10.2008

Verunsichert im Jahre 8
Eine Reise zum Gemütszustand „des” Amerikaners
Und – haben Sie Bush gewählt? Das ist sozusagen die Preisfrage in dem Amerikabuch der politischen Journalistin Bettina Gaus, und gleichzeitig ist es ein hübscher Running Gag. Denn Gaus, Kommentatorin der tageszeitung, ist wochenlang mit einem Mietwagen durch die USA gefahren und hat Dutzende Menschen kennengelernt. Aus vollem Herzen „Ja, ich”, hat niemand auf ihre Frage nach der Wahl von Bush gerufen. Heraus kam eher Verdruckstes. So wie bei dem ehemaligen Soldaten und Wächter des kleinen Baumwollmuseums in Bishopsville, South Carolina. Der kann bei der obligatorischen Frage der Reporterin nicht mehr gerade stehen, verfällt in eine Art gequälten Tanz peinlicher Berührtheit und gibt schließlich zu, 2004 nicht John Kerry gewählt zu haben, sondern „das kleinste Übel”. Der Name Bush kommt ihm nicht über die Lippen.
Nun ist Bettina Gaus nicht ins drittgrößte Land der Welt aufgebrochen, um Bush-Wähler zu suchen. Ihre Leitfrage war, wo „inmitten der Fülle unserer Projektionen eigentlich die realen Bewohner der Vereinigten Staaten noch einen Raum” fänden. Anders formuliert: Wie leben und wie sind die Amerikaner? Wie denken sie von sich und der Welt? Wie ist das Verhältnis der Generationen zueinander? Und wie ist eigentlich das Essen?
Der Literaturnobelpreisträger John Steinbeck war 1960, im Jahr des Präsidentschaftswahlkampfs zwischen Kennedy und Nixon, drei Monate im Wohnmobil durch die USA gefahren, weil er feststellen musste, dass er seine Heimat schon lange nicht mehr „gefühlt” habe. Seiner Route ist Bettina Gaus mehr oder weniger gefolgt und hat dabei fast 24 000 Kilometer zurückgelegt. Und zwar nicht so, wie politische Journalisten sonst zu reisen pflegen: auf sorgfältig ausgeklügelter Strecke, mit vorher vereinbarten Terminen mit wichtigen Menschen und einem straffen Zeitplan. Sondern unter moderatem Zeitdruck, auf die Gunst des Zufalls hoffend und nicht ohne Respekt vor dem weiten Land.
Entstanden ist so ein reizvoller Reisebericht, der eben davon lebt, dass die Verfasserin vorher nicht wusste, wen sie treffen würde: auf den Hummerfischer Kirk Olsen in Maine, Sohn dänischer Einwanderer, den Politik an eine Seifenoper erinnert. Auf Rita und Dan im Bundesstaat New York, die in Steuern „vor allem einen Hemmschuh der wirtschaftlichen Entwicklung” sehen. Oder auf die Eisenbergers, ein Ehepaar in Georgia, ausnehmend nette Leute – die in einem Wohnwagen im Wald leben und bizarren Weltverschwörungstheorien anhängen.
Menschen mit ähnlichen Ansichten begegnet man auch in der deutschen Provinz. Anderen hingegen nicht, jedenfalls nicht in ihrer spezifisch amerikanischen Ausprägung: dem Waffenhändler, dem schwarzen Truck-Fahrer, dem militant evangelikalen Pastor, den Angestellten an Motel-Rezeptionen und in Supermärkten. Ihnen allen hat die Reporterin, wie es eben journalistische Art ist, Gespräche aufgedrängt oder hat sich hineinziehen lassen, ist ihnen kurz in ihre Biographien gefolgt, so wie sie sich auch der Geschichte der durchquerten Bundesstaaten immer mal wieder widmet.
Was kommt dabei heraus? Was können die deutschen Leser, deren Hassliebe zu Amerika im achten Jahr der Regierung Bush ausgeprägter ist denn je, über die Amerikaner erfahren? Mit den Worten der Autorin: „Es ist alles ganz anders. Aber einiges habe ich denn doch verlässlich erfahren: dass sich nämlich die Bevölkerung der kleinen Städte und Dörfer ganz und gar nicht als Teil einer Weltmacht fühlt, sondern dass sie Angst hat vor der Globalisierung, vor der Verarmung der Mittelschicht, vor dem sozialen Abstieg.”
Mit dem Wort „Verunsicherung” charakterisiert Bettina Gaus den vorherrschenden Gemütszustand der US-Bürger. Das passt kaum zum Amerikabild hierzulande, das überwiegend geprägt ist von der Arroganz und Uneinsichtigkeit der Regierung von George W. Bush. Umgekehrt ist dieses Bild genauso undenkbar ohne die Überheblichkeit vieler Deutscher gegenüber den vermeintlich hinterwäldlerischen Amerikanern. Gaus malt, mit den bunten Farben der eigenen Anschauung, ein anderes Bild. Es ist reich an Facetten , anregend und – ja, auch – bildend. Es steckt voller Reflexionen über den Journalismus und die Zufälle des Reisens. Es ist unterhaltsam, besonders dann, wenn die Autorin, die über eine knappe Ironie verfügt, sich ihre Gedanken macht über die Gedanken von Steinbeck.
Wer in New York oder San Francisco war und glaubt, dies sei schon Amerika, sollte dieses Buch lesen. Wer nicht reisen und etwas über die Amerikaner wissen will, sollte es auch lesen.
CORD ASCHENBRENNER
BETTINA GAUS: Auf der Suche nach Amerika. Begegnungen mit einem fremden Land. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2008. 236 Seiten, 19,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Sehr eingenommen ist Nils Minkmar von Bettina Gaus' Amerika-Buch, für das die Journalistin drei Monate durch die Kleinstädte der Vereinigten Staaten gereist ist. Entstanden ist in seinen Augen ein Buch, das eher in der literarischen Tradition eines Bruce Chatwin steht als in der "amtlicher Amerika-Korrespondenten". Die Menschen, denen Gaus begegnet ist, und deren Geschichten findet Minkmar mal skurril, mal witzig, mal anrührend. Spürbar ist für ihn die Verunsicherung des Landes. Bei der Lektüre hat er eine Menge über Amerika und seine Kleinstädte erfahren. Besonders gefallen hat ihm der Tonfall der Texte, den er als "persönlich" und "neugierig" beschreibt. Sein Fazit: ein "kluges Buch voller Charme und Humor".

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