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Allein im letzten Jahr wurden 40 Milliarden kriminell erwirtschaftete Euro in die deutsche Wirtschaft eingespeist. Entweder wird das Geld direkt in kriselnde Unternehmen investiert - wie im Fall der Wadan-Werft in Warnemünde oder der HSBC Bank. Oder aber die Gelder werden über Strohmänner und korrupte Banker auf Konten transferiert und von dort in Aktien, Fonds oder Unternehmen investiert. Der eigentliche Skandal: Politik und Justiz schauen nicht nur zu, sondern schützen die kriminellen Strukturen auf vielfältige Weise. Jürgen Roth zeigt, wie Kontrollinstanzen wie die BAFIN bewusst schwach…mehr

Produktbeschreibung
Allein im letzten Jahr wurden 40 Milliarden kriminell erwirtschaftete Euro in die deutsche Wirtschaft eingespeist. Entweder wird das Geld direkt in kriselnde Unternehmen investiert - wie im Fall der Wadan-Werft in Warnemünde oder der HSBC Bank. Oder aber die Gelder werden über Strohmänner und korrupte Banker auf Konten transferiert und von dort in Aktien, Fonds oder Unternehmen investiert. Der eigentliche Skandal: Politik und Justiz schauen nicht nur zu, sondern schützen die kriminellen Strukturen auf vielfältige Weise. Jürgen Roth zeigt, wie Kontrollinstanzen wie die BAFIN bewusst schwach gehalten werden, Abgeordnete, die keine Ahnung haben, auf Druck von Lobbyisten Gesetze durchpeitschen, die der organisierten Wirtschaftskriminalität zugute kommen, und wie die Geldelite mit den Gangstern kooperiert, deren wirtschaftlicher und politischer Einfluss dadurch massiv steigt. Auf der Strecke bleiben Rechtsstaat, Demokratie und Milliarden an hinterzogenen Steuergeldern, die der Öffentlichen Hand und damit den Bürgern fehlen.
Autorenporträt
Jürgen Roth, geboren 1945, ist einer der bekanntesten investigativen Journalisten in Deutschland. Seit 1971 veröffentlicht er brisante TV-Dokumentationen und aufsehenerregende Bücher über Korruption und organisierte Kriminalität.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.08.2010

Nur clever – oder kriminell?
Das organisierte Verbrechen floriert:
Der Journalist Jürgen Roth ist ihm auf den Fersen
Jürgen Roth liebt das Pathos. „Wie viel Blut, Raub und Erpressung (...) klebt an den Händen der mächtigen Investoren, die mit ihrem heute blütenweißen Kapital die legale Wirtschaft infiltrieren und
demokratische Prinzipien und Werte aushebeln?“, fragt er rhetorisch.
Das Thema des Journalisten Roth ist seit Jahrzehnten das organisierte Verbrechen, die Mafia und überhaupt die ganze „Gangsterwirtschaft“. Dass man sich eine Menge Ärger aufhalst, wenn man sich auf diese Dinge spezialisiert, versteht sich. Roth musste immer mal wieder Schadenersatz wegen übler Nachrede zahlen, gelegentlich konnten seine Bücher nur mit geschwärzten Passagen erscheinen. Unter anderen verklagte ihn Altkanzler Gerhard Schröder, weil Roth Behauptungen über sein Engagement beim russischen Energieriesen Gazprom in die Welt gesetzt hatte, die er nicht belegen konnte.
Solche Geschichten müssen nicht gegen einen Autor sprechen. Im zügellosen Kapitalismus war und ist die Grenze zwischen Cleverness und Kriminalität bekanntlich fließend, und manche Schlussfolgerung Roths mag zwar naheliegend sein, ist aber nur schwer zu beweisen. Doch obgleich Jürgen Roth allerlei Skandalgeschichten pingelig und detailverliebt recherchiert – sein Personenregister umfasst 379 Namen –, schießt er in der Analyse gern über das Ziel hinaus.
Ein Beispiel: Roth beschreibt ausführlich den dramatischen Niedergang der ostdeutschen Schiffbauindustrie in Rostock und Wismar. Die wurde trotz Hunderter Millionen europäischer Beihilfen zuerst von den betrügerischen Managern der „Vulkan“ ruiniert. Dann fand sich überraschend der schillernde russische Investor Andrej Burlakow, der allerdings jäh wieder aufgab und in Russland sogar inhaftiert wurde. Ob sein Nachfolger Vitali Jusufow die jetzigen „Nordic-Werften“ wirklich retten kann (und will) ist noch äußerst fraglich.
Den Arbeitern an der Küste ist jahrelang übel mitgespielt worden. Im vergangenen März gingen 1200 von ihnen auf die Straße und forderten von der Schweriner Landesregierung weitere Fördermittel, um den von Jusufow versprochenen eisbrechenden Spezialtanker bauen zu können. Da mag man annehmen dass die Arbeiter nur deshalb für Jusufow demonstrierten, weil alles ihnen besser erscheint als die Arbeitslosigkeit. Roth tut sich aber nicht genug damit, dieses Wirtschaftsdrama zu schildern, er muss die Geschichte auch mit einer waghalsigen These politisch überhöhen. So ist für ihn die ungewisse Zukunft der Schiffbauarbeiter gleich ein Beispiel dafür, „wie die Zukunft für alle Arbeitnehmer in Deutschland aussehen könnte“. Mitunter wechselt er allzu unbedacht zwischen Bericht und politischem Pamphlet.
Nicht schlüssig ist auch die Methode, mit der er Prominente unter vagen Verdacht stellt: Da kennt A einen B und der einen C. Letzterer steht im Ruch, möglicherweise Kontakte zur Mafia zu haben. Kann man deswegen aber A Vorwürfe machen oder ihn gar selbst verdächtigen?
Überhaupt sollte man eigentlich – das lässt Roth durchblicken – mit Russland, den übrigen ehemaligen Staaten der Sowjetunion und anderen irgendwie dubiosen Ländern keine Geschäfte machen: Roth sieht bei jedem Oligarchen und jedem Finanztycoon die blutige Hand der Mafia im Spiel, auch wenn er immer wieder einräumen muss, dass vieles leider natürlich nicht zu beweisen sei.
Die Frage muss erlaubt sein, ob der durchaus ehrenwerte moralische Rigorismus Jürgen Roths ernsthaft durchzuhalten ist für ein Land wie Deutschland, das auf die russischen Energieexporte angewiesen ist. Mit solchen pragmatischen Argumenten setzt sich Roth aber nicht auseinander. Und: Im Zeitalter der internationalen Finanzspekulanten, die inzwischen jährlich Hunderte Billionen Dollar verschieben und ganze Volkswirtschaften ins Wanken bringen, wirkt der Rothsche Furor gegen „die Mafia“ fast schon liebenswürdig anachronistisch.
Trotzdem: Indem Roth vor der Verflechtung der kriminellen und mafiösen Finanzbarone mit der legalen Wirtschaft warnt und darauf hinweist, welche Bedrohung des Rechtsstaats das mit sich bringt, hat er sich Verdienste erworben.
Er schreibt, dass der von der organisierten Kriminalität verursachte Schaden den deutschen Steuerzahler „mindestens 100 Milliarden jährlich kostet“. Wie er auf diese Ziffer kommt, würde der Leser allerdings auch gern erfahren. RALF HUSEMANN
JÜRGEN ROTH: Gangsterwirtschaft. Wie uns die organisierte Kriminalität aufkauft. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2010. 302 Seiten,19,95 Euro.
Legales Wirtschaften und
Kriminalität sind kaum zu trennen.
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"Die Faktenfülle ist beeindruckend, die Quellen sind systematisch aufgeführt. Roth fesselt den Leser, indem er alte Wahrheiten mit neuen Erkenntnissen verknüpft. Die Finanzkrise spielt dabei eine tragende Rolle. Ein Aufklärungsbuch, das zur rechten Zeit erscheint."(Alexander Linden, Financial Times Deutschland, 20. Juli 2010)

"Sicher eines der wichtigsten politischen Bücher des Jahres."(Jörg Riemenschneider, NDR Info, 12. Juli 2010)

"Roths düsteres Fazit: Eine Kultur von Geldgeschäften, die keine klare Grenze mehr kennt zwischen globalem Kapitalismus und organisierter Kriminalität, hat dafür gesorgt, dass Personen, die vor zehn, 15 Jahren noch Gangster pur waren, heute marktbeherrschende Aktionäre sind. [...] Gangsterwirtschaft ist Roths bislang politischstes Buch. [...] genau recherchiert und spannend geschrieben."(Andreas Förster, Berliner Zeitung, 6. Mai 2010)

"Brisante Rechercheergebnisse!"(Martina Forsthuber, Trend - Das österreichische Wirtschaftsmagazin, Juli 2010)

"Roth hat vermutlich wieder einen Bestseller geschrieben."(Marianne Körber, Süddeutsche Zeitung, 11. Juli 2010)

"Einer der wenigen nachhaltig kritischen Autoren Deutschlands, der mit Präzision empfindlich wirtschaftspolitische Themen auf den literarischen Seziertisch bringt."(Frizz Darmstadt, Mai 2010)

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Von Sympathie getragen ist die Besprechung von Ralf Husemann, und wie. Wie sonst könnte er das Buch von Jürgen Roth unbeirrt auf seine Verdienste hin abklopfen, während der Autor ihn ein ums andere Mal mit seinen waghalsigen Analysen und nicht belegten Behauptungen im Regen stehen lässt. Detailrecherche im Bericht (etwa über die Lage der Nordic-Werften) - schön. Dann aber kommt wieder so ein polemischer politischer Seitenhieb und untergräbt die Methode. Husemann setzt auch lieber auf pragmatische Argumente, Roth eher nicht. Lieber frönt er einem moralischen Rigorismus (alles Mafia!), den der Rezensent zwar ehrenwert findet, aber angesichts globaler Finanzspekulation auch anachronistisch.

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