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Tatort Deutschland: Marie war als Kind und Jugendliche 15 Jahre lang Opfer brutalster pornografischer Gewalt. Obwohl sie Täternamen und Tatorte nennen kann, verweigert die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen. Will man keinen Fall Dutroux in Deutschland? Oder liegt es daran, dass unter den mutmaßlichen Tätern auch hochrangige Juristen sind? In Hessen ist eine der obersten Richterinnen mit ihrem Mann, einem Rechtsanwalt, in eine gigantische Vermögensverschiebung involviert. Warum sich die Justiz mit allen Mitteln gegen Ermittlungen sträubt, weiß nur die hessische Landesregierung. Geldwäsche in…mehr

Produktbeschreibung
Tatort Deutschland: Marie war als Kind und Jugendliche 15 Jahre lang Opfer brutalster pornografischer Gewalt. Obwohl sie Täternamen und Tatorte nennen kann, verweigert die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen. Will man keinen Fall Dutroux in Deutschland? Oder liegt es daran, dass unter den mutmaßlichen Tätern auch hochrangige Juristen sind?
In Hessen ist eine der obersten Richterinnen mit ihrem Mann, einem Rechtsanwalt, in eine gigantische Vermögensverschiebung involviert. Warum sich die Justiz mit allen Mitteln gegen Ermittlungen sträubt, weiß nur die hessische Landesregierung.
Geldwäsche in Casinos: Seit Jahren laufen Hinweise bei verschiedenen deutschen Staatsanwaltschaften ins Leere. Stattdessen werden Wirtschaftskriminelle, Waffenhändler und Mafiabosse von den staatlichen Spielbanken hofiert und bevorzugt behandelt. Die Justiz schaut weg und der Staat profitiert.

Anhand skandalöser Fälle aus ganz Deutschland enthüllen die Autoren exemplarisch, wie der Rechtsstaat gefährdet wird, weil die dritte Gewalt nicht mehr funktioniert. Seilschaften mit Politikern und Wirtschaftsbossen machen es Staatsanwälten einfach, wegzuschauen, wenn sie nicht gar selbst verstrickt sind. Die Autoren zeigen, wie couragierte Bürger sich dagegen wehren und was geschehen muss, damit die Demokratie nicht noch weiter gefährdet wird.

Autorenporträt
Jürgen Roth, geboren 1945, ist einer der bekanntesten investigativen Journalisten in Deutschland. Seit 1971 veröffentlicht er brisante TV-Dokumentationen und aufsehenerregende Bücher über Korruption und organisierte Kriminalität.

Rainer Nübel, 1959 in Oberndorf geboren, lebt mit seiner Familie in Beuren, studierte in Tübingen Germanistik und Geschichte, danach arbeitete er als Redakteur bei der Nürtinger Zeitung, später bei den Stuttgarter Nachrichten. Seit 2000 ist er Mitglied der Reportageagentur "Zeitenspiegel" und Mitarbeiter des Magazins "stern".

Rainer Fromm, geb. 1965, ist Journalist und promovierter Politologe. Er arbeitet sowohl für das Fernsehen (Fakt, ARD; Arte; Frontal 21, ZDF; Aspekte) als auch für Zeitschriften und als Fachbuchautor (Rechtsextremismus, Jugendkulturen).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.07.2007

Was bleibt, sind unsortierte Geschichten
Wenn Auflage mehr als Aufklärung zählt: Ein Buch über die Schattenseiten der deutschen Justiz

Weniger als vor Skeptikern sollte der demokratische Rechtsstaat sich vor enttäuschten Liebhabern fürchten, vor denjenigen, die einmal all ihre Hoffnung in die Institutionen von Recht und Politik gesetzt hatten und nun sehen, dass die Welt ganz anders aussieht. Das vorliegende Buch präsentiert knapp zwanzig Fälle, in denen Fahndungsbehörden, Staatsanwaltschaft oder Gerichte bei der Verfolgung von Straftaten gescheitert sind, zumeist unter politischem Druck. Die Fälle sind zu einem guten Teil bekannt. Die Fakten erscheinen ordentlich recherchiert und lesen sich zumindest teilweise als erschreckende Berichte fachlichen oder moralischen Versagens deutscher Behörden.

Trotzdem haben die Autoren ihrer Sache keinen guten Dienst erwiesen: Das Buch ist in einem reißerischen Stil gehalten, der die bedauernswerten Opfer eher wie austauschbare Figuren eines Kolportage-Romans aussehen lässt. Für andere als die Opferperspektive ist kein Raum. Das mag man moralisch nachvollziehen, dämpft aber den Beschreibungswert erheblich. Schließlich arbeiten die Autoren mit Unterstellungen: Anzudeuten, die Generalbundesanwältin verdanke ihr Amt der strengen Rechtsprechung ihres alten Strafsenats zu Beweisanforderungen in Korruptionsverfahren, ist denn doch etwas viel.

Eigentlich geht es den Autoren gar nicht um Justiz, deren spezifische Strukturen sie wenig interessieren, sondern um die Korrumpiertheit des Staats: So werden von der hessischen Steuerfahndung, über den Strafgesetzgeber bis zur Spielbankenaufsicht Institutionen beschrieben, die nicht zur Justiz gehören. Das Narrativ aller Fälle lautet: Verbrechen geschieht, Opfer und einsamer Ermittler setzen sich gegen ein Kartell aus privaten Interessen und Politik nicht durch. Verbrechen bleibt ungesühnt. Kein Zweifel, das geschieht viel zu oft. Aber den Autoren fehlt jede Handhabe, die Fälle in einen Zusammenhang zu bringen. Erst auf den allerletzten Seiten finden sich einige Überlegungen zur Frage, was aus alldem eigentlich folgen soll. Am greifbarsten ist die Forderung nach politischer Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften, aber geht es so einfach? Schließlich handelt es sich bei der Unterstellung der Ermittler unter einen Minister um eine Form demokratischer Kontrolle.

So bleiben unsortierte Geschichten. Alle zeichnet ein typisches Element schwacher Justizkritik aus: Die Dramatik der Straftat wird gegen die Ermittlung gewendet: so als sei es genauso schlimm, einen Mord nicht zu verfolgen, wie ihn zu begehen. Aufgrund der Fälle von einer "tiefen Strukturkrise" der Justiz zu sprechen wirkt denn auch völlig unangemessen. Wo und wann gab es eine krisenfreie Justiz? Und welche Erwartungen an Institutionen sollen geweckt werden, nur um Enttäuschung zu produzieren? Die Autoren hängen am Rechtsstaat, aber ihre Art der Zuneigung spielt seinen Gegnern in die Hände. Ton und Aufmachung des Buchs folgen nicht der Logik des Rechts, sondern den Gesetzen medialer Aufmerksamkeit. So hat es dem Rechtsstaat seine Hilfe letztlich versagt, indem es Auflage über Aufklärung gestellt hat.

CHRISTOPH MÖLLERS

Jürgen Roth, Rainer Nübel, Rainer Fromm: "Anklage unerwünscht". Korruption und Willkür in der deutschen Justiz. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2007. 304 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Christoph Möllers rät zur Vorsicht bei diesem Buch. Schon den Ruf der Autoren nach einer einwandfreien, unabhängigen Justiz hält er für unrealistisch. Schlimmer noch erscheint ihm, dass neben "ordentlich recherchierten" Fakten über fachliches und moralisches Versagen deutscher Behörden vor allem Unterstellungen die Grundlage der Texte bilden und der Ton des Ganzen eher reißerisch ist. Möllers vermisst "jede Handhabe", Zusammenhänge herzustellen und aufzuklären. Stattdessen begegnet ihm einmal mehr ein "Element schwacher Justizkritik": Die Fälle würden geschildert, "als sei es genauso schlimm, einen Mord nicht zu verfolgen, wie ihn zu begehen."

© Perlentaucher Medien GmbH