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Was haben Candle-Light-Dinner und Autobahn-Drängeln mit dem Urmenschen zu tun?
So macht Naturwissenschaft Spaß: verblüffende Tatsachen über den Steinzeitmenschen, der in uns allen schlummert - und der in den überraschendsten Situationen das Kommando über unser Handeln übernimmt.
Wir fliegen mit Schallgeschwindigkeit um die Erde, werden im Auto von einem elektronischen Beifahrer begleitet und speichern auf kleinen silbernen Scheiben ganze Bibliotheken. Was sich jedoch so gut wie überhaupt nicht verändert hat, ist der Mensch. Was unsere Anlagen, Empfindungen, Wünsche und Reaktionen angeht,…mehr

Produktbeschreibung
Was haben Candle-Light-Dinner und Autobahn-Drängeln mit dem Urmenschen zu tun?

So macht Naturwissenschaft Spaß: verblüffende Tatsachen über den Steinzeitmenschen, der in uns allen schlummert - und der in den überraschendsten Situationen das Kommando über unser Handeln übernimmt.

Wir fliegen mit Schallgeschwindigkeit um die Erde, werden im Auto von einem elektronischen Beifahrer begleitet und speichern auf kleinen silbernen Scheiben ganze Bibliotheken. Was sich jedoch so gut wie überhaupt nicht verändert hat, ist der Mensch. Was unsere Anlagen, Empfindungen, Wünsche und Reaktionen angeht, unterscheiden wir uns kaum von unseren steinzeitlichen Vorfahren. Wir alle sind nichts weiter als Steinzeitwesen in einer Umgebung, der wir im Grunde nicht gewachsen sind.

Der Mediziner Jürgen Brater zeigt in seinem anschaulichen Buch, wo der Neandertaler überall durchscheint, und liefert verblüffende Antworten auf Fragen wie "Warum haben so viele von uns Gewichtsprobleme?" -"Warum sind Arztpraxen so und nicht anders eingerichtet?" - "Warum schaudert uns beim Fingernagel, der über die Tafel kratzt?" - "Warum kaufen Männer ungern Kleidung?" und "Warum brauchen Frauen so lange im Bad?".
Autorenporträt
Jürgen Brater, geboren 1948, schloß sein Studium der Medizin und Zahnmedizin mit der Promotion ab und praktizierte bis 1996 in eigener Niederlassung. Seitdem ist er als Seminarleiter in der Aus- und Weiterbildung medizinischer Fachkräfte sowie als Fachautor tätig und schreibt unter anderem populäre medizinische Bücher. Zuletzt erschienen von ihm »Lexikon der Sexirrtümer« und mit Kurt Pollack »Knaurs großes Gesundheitslexikon«. Jürgen Brater lebt im baden-württembergischen Aalen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.05.2007

Meine Frau geht schon wieder in die Pilze!
Jürgen Brater behauptet, wir modernen Menschen steckten noch immer in der Steinzeit. Sein Buch ist typisch für einen neuen Schmunzeldarwinismus
Sind wir alle Neandertaler? Natürlich nicht, das weiß auch Jürgen Brater. „Obwohl er also eine Art Seitenlinie der Evolution und nicht unser unmittelbarer Vorfahre war – diese Rolle schreibt man dem sogenannten ‚Cro-Magnon-Menschen‘ zu –, sprechen wir im Folgenden pauschalierend vom Neandertaler, wenn wir unsere vorzeitlichen Ahnen meinen. Die allseits geläufige Bezeichnung verwenden wir schlicht als Synonym für unsere archaischen Ururgroßeltern.” Der Autor weiß also, dass er eine Falschmeldung verbreitet – und macht es trotzdem, weil „Wir sind alle Neandertaler” einfach besser zieht, als „Sind wir nicht alle ein bisschen Cro-Magnon?” es täte. Diese lässige Ungenauigkeit ist typisch für eine Haltung, die in den letzten Jahren ihr eigenes Buch-Genre hervorgebracht hat: den partygesprächstauglichen Schmunzel-Darwinismus.
Brater zitiert selbst Vorgänger wie: „Mammutjäger in der Metro”, „The Ape in the Corner Office”, „Die das Fell auszogen”, „Unter dem Smoking das Bärenfell”, „Das Herrentier – Steinzeitjäger im Spätkapitalismus”. Man muss nur die Titel lesen, um zu wissen, um was es geht: Dass mal wieder in launigem Ton erklärt werden soll, warum es Männern beim Schuhkauf an Geduld fehlt und Frauen keine Quadrate zeichnen können.
Jedem Kapitel stellt Brater eine novellistische Skizze voran, die das Leben von Ugur, seiner Frau Wala und ihrer Sippe beleuchtet. Wir erleben sie auf der Mammutjagd, beim Beerensammeln und bei Verhandlungen mit dem Nachbarstamm. Das hat seinen Reiz, ist aber nicht ohne Gefahren. Notwendig mischt sich ins Rekonstruieren der Gegenverkehr, die anachronistische Projektion: Vielleicht verhält es sich ja so, dass die Frauen nicht das Shopping lieben, weil schon ihre Ahninnen in die Pilze gingen, sondern wir schicken die Urfrauen deswegen in die Pilze, weil wir uns etwas anderes vom shoppenden Geschlecht gar nicht vorstellen können?
Firmenlogos und Magersucht
Denn was damals, vor fünfzigtausend oder dreihunderttausend Jahren, wirklich der Fall war, wie die Gesellschaft, die Arbeitsteilung, das kulturelle Leben aussahen, darüber verraten uns die Knochenfunde, Faustkeile und allenfalls Aschenreste und Höhlenbilder sehr wenig – nicht einmal mit Bestimmtheit, ob diese Menschen schon die Sprache hatten, wodurch doch alles sogleich völlig verändert wäre. Es sind wahrhaft dunkle Zeiten; und Brater versteht nicht, dass man Dunkelheit durch Schweigen ehren muss. Von den Tücken und Fallen seiner analogisierenden Methode hat er ein schwächeres Bewusstsein als der Fernsehcomic, der immerhin weiß, dass es nur Spaß sein kann, wenn Fred Feuerstein und Barny Geröllheimer im Drive-in-Restaurant „Zum fröhlichen Mastodon” einen Brontoburger ordern.
So sehr bleibt Brater in seiner Phantasie-Steinzeit gefangen, dass er Indizien, die auf etwas anderes hindeuten, zwar nennt, aber nicht zu integrieren vermag. So hat man am Fuß eines Abhangs die Skelette Tausender Wildpferde gefunden, die offenbar im Zug einer großen altsteinzeitlichen Treibjagd über die Klippe sprangen. Zu einer Treibjagd aber braucht man möglichst viele Treiber, die möglichst viel Krach machen, da dürfen sich gern auch Frauen und Kinder beteiligen. Aber das passt nicht zum Klischee von schweigsamem Jäger und plaudernder Sammlerin, das kann der Autor nicht brauchen.
Brater benutzt die Steinzeit zur Deutung von schlechthin allem, was ihm heute über den Weg läuft, wie schon ein kurzer Blick ins Register belegt: Appetit – Arbeit – Augenblick – Außenseiter – Autofahren – Babysprache – Ballaststoffe – Bandscheiben – Bauch – Baum – Behaarung . . . Die nötige Mühe, jedes dieser Phänomene präzis auf die Urzeit zu beziehen, gibt er sich nur selten. Warum lieben wir den Kamin und das Kerzenlicht? Natürlich wegen der Lagerfeuer in der Altsteinzeit! Dass offenes Feuer, mindestens das halboffene des Küchenherds, noch vor 100 oder 200 Jahren die einzige Quelle von Wärme, Kochhitze und Licht überhaupt war, dass man hier also nicht das genetische Erbe ins Feld führen muss, sondern die historische Reminiszenz genügen würde, findet keine Erwähnung. Warum stechen uns Firmenlogos so scharf und werbewirksam ins Auge? „Damit verhalten wir uns im Grunde wie unsere steinzeitlichen Ahnen mit ihren faszinierenden Höhlenmalereien, denen Paläontologen ebenfalls tiefgreifende mystische Wirkungen zuschreiben.” Wo kommt die Magersucht her? Diese stellt ein relativ junges sozialmedizinisches Problem dar – Brater aber springt spekulativ in eine Zeit zurück, als Verhungernde ein euphorisiertes Wandern begannen. Er vergisst, dass sie dies wohl nur taten, wenn sie nichts zu essen hatten und darum auf die Suche gingen, während das Besondere der neuzeitlichen Magersucht gerade im Hungern angesichts voller Töpfe besteht.
Wie aber erklärt sich das aggressive Verhalten so vieler (männlicher) Autofahrer? „Dann wird der Fahrer nicht selten zum mammutkillenden Steinzeitjäger, der seine Aggressionen ungehemmt auslebt. Er rast, hupt und drängelt, als wäre ihm ein übermächtiges Ungeheuer auf den Fersen, vor dem er sich in Sicherheit bringen muss, oder als wäre er selbst einem gewaltigen Tier auf der Spur, das es unbedingt zu erlegen gilt.” Hier stimmt nun wirklich überhaupt nichts. Ganz abgesehen davon, dass es bestimmt nie einen Mammutjäger gab, der gerast ist, gehupt und gedrängelt hat, das ist Brater sozusagen gehupt wie gesprungen: Wenn dem Jäger ein Untier im Genick sitzt, dann wird er vor allem Angst haben und nicht aggressiv gegen einen Dritten vorgehen; und dieser Dritte wäre doch wohl der menschliche Feind und Konkurrent, nicht die Jagdbeute; der Vorgang des Überholens, in jedem Fall ein sozialer, wäre dem Rivalenkampf gleichzusetzen, nicht dem Erlegen des Wildes.
Und so immer weiter. Brater hangelt sich von einer gutgelaunten Schluderei zur nächsten, als hätte es alle Debatten um nature or nurture – was ist dem Menschen angeboren, was tragen Umwelt und Erziehung bei? – nie gegeben. Nur eines will er sich nicht nachsagen lassen: dass er unsere Angewohnheiten, deren hohes Alter er dartut, dadurch auch schon ins Recht gesetzt hätte, namentlich wenn es um unerquickliche Dinge wie den Fremdenhass geht. „Das (die ‚nachvollziehbare biologische Wurzel‘) darf jedoch keinesfalls als Rechtfertigung für verbale oder gar körperliche Ausschreitungen gegen ausländische Mitbürger gelten, denn im Gegensatz zu Affen – Schimpansen beispielsweise bringen unliebsame Artgenossen kurzerhand um – rühmen wir uns ja gerade unserer überragenden Intelligenz und sollten mit ihrer Hilfe doch in der Lage sein, das Tier in uns im Zaum zu halten.”
Wie, nach den eigenen Voraussetzungen des Autors, soll das gehen? Wenn dieses Buch eine Pointe hat, dann die, dass es sich bei unserer gerühmten Intelligenz hauptsächlich um die List des alten Stumpfsinns handelt. Beim Zopf des guten Vorsatzes will er sich und uns alle aus dem Sumpf des Neandertals ziehen. Da hat jedenfalls zum Schluss die Humanität den Sieg über die Konsequenz davongetragen. BURKHARD MÜLLER
JÜRGEN BRATER: Wir sind alle Neandertaler. Warum der Mensch nicht in die moderne Welt passt. Eichborn, Frankfurt am Main 2007, 225 Seiten, 19,90 Euro.
Das Kochen liegt den Frauen seit der Steinzeit in den Genen! Szene aus dem Film „Die Familie Feuerstein” defd
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Herzlich wenig Sympathie hat der Rezensent Burkhard Müller für den Versuch Jürgen Braters, die atavistischen Seiten menschlichen Verhaltens aus unserer Neandertaler-Herkunft herzuleiten. Das fange ja schon damit an, dass der Neandertaler kein direkter Vorfahr des heutigen Menschen war - aber griffig müsse es halt klingen. Schlimmer aber findet Müller, dass die ganzen Herleitungen überaus simpel und unsubtil funktionieren - und meist so, dass die Klischees von heute auf die Vergangenheit projiziert werden, um - nur zum Beispiel - die Geschlechtertypologien der Gegenwart zu erklären. Was dabei herauskomme, sei nicht mehr als im Grunde sehr ärgerlicher "Schmunzeldarwinismus". Der Erkenntniswert der "gutgelaunten Schludereien" geht nach Meinung des Rezensenten entsprechend wohl gegen Null.

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