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"Vom Leben geglüht, mit Fleiß gehämmert und nicht unzweckmäßig zusammengesetzt": so bezeichnete Busch seine Bildergeschichten. Man kann es auch, wie Robert Gernhardt, anders ausdrücken: Geschmacklos, kaltblütig, ohne Mitgefühl und Hintersinn hat Busch, dieser Klassiker anderer Art, "niedergemacht, was den Zeitgenossen heilig war: die Ehe, die Kirche, den Sinn des Lebens, die Erziehung, den gepflegten Suff und die holde Kunst." Aber der Kunst engeht man nicht so leicht. Heute erscheint uns der Meister als unfreiwilliger Prophet, von dessen Erfindungen bis heute der Comic zehrt, als…mehr

Produktbeschreibung
"Vom Leben geglüht, mit Fleiß gehämmert und nicht unzweckmäßig zusammengesetzt": so bezeichnete Busch seine Bildergeschichten. Man kann es auch, wie Robert Gernhardt, anders ausdrücken: Geschmacklos, kaltblütig, ohne Mitgefühl und Hintersinn hat Busch, dieser Klassiker anderer Art, "niedergemacht, was den Zeitgenossen heilig war: die Ehe, die Kirche, den Sinn des Lebens, die Erziehung, den gepflegten Suff und die holde Kunst."
Aber der Kunst engeht man nicht so leicht. Heute erscheint uns der Meister als unfreiwilliger Prophet, von dessen Erfindungen bis heute der Comic zehrt, als bedenkenloser Vorläufer der Amerikaner von Chaplin bis zu den Marx Brothers und als ironischer Pionier der sogenannten Avantgarde. "Er ist auch ein äußerst erfindungsreicher Regisseur", sagt Gernhardt ihm nach. "In seinen Bildfolgen gibt es Schwenks, Schnitte, den Wechsel von der Totalen zur Großaufnahme - filmische Techniken also, bevor es den Film gab."
Robert Gernhardt hält sich an ein ganz e lementares Auswahlprinzip: Er zeigt uns, wo Busch "die komische Sau rausläßt", und nimmt ihn vor allen feinsinnigen Auslegern, an denen es nie gefehlt hat, in Schutz.
Die Ausgabe greift auf frühe Vorlagen zurück, die den Strich des Meisters ohne Verfälschungen zeigen.
Autorenporträt
Wilhelm Busch, 15. 04. 1832 Wiedensahl bei Hannover - 9.01.1908 Mechtshausen bei Seesen. Er brach das 1847 in Hannover begonnene Maschinenbaustudium 1851 ab und schrieb sich stattdessen an der Düsseldorfer Kunstakademie ein. 1852 - 53 setzte er das Studium in Antwerpen fort, 1854 wechselte er nach München. Hier blieb er bis 1868; 1869 bis 1872 wohnte er in Frankfurt a. M., danach in Wiedensahl, bis er 1898 zu seinem Neffen nach Mechtshausen zog. Er konnte sich als Maler nicht durchsetzen, aber als Zeichner und Karikaturist. Mit "Max und Moritz' (1865) begann die Zeit der Bildergeschichten. Wilhelm Busch machte sich auch als Lyriker einen Namen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.06.2000

Böse trifft
ein jeder Scherz
Busch in Gernhardts Auswahl
Die Tendenz, unsere Klassiker auf das Besinnliche, Erbauliche und Heitere zurechtzustutzen, drückt sich gern in Hausbüchern aus. Robert Gernhardt verfolgt mit seiner Wilhelm-Busch-Auswahl die gegenteilige Absicht: „In ihr habe ich einige der mir liebsten, komischsten, kompromisslosesten, katastrophalsten und in Wort und Bild inspiriertesten Episoden aus Wilhelm Buschs Werk zusammengestellt. ” Es sind „kalte Geschichten” in des Wortes wörtlicher und übertragener Bedeutung, die Gernhardt hier zusammengestellt hat: Meister Zwiel stirbt den Kältetod; das kalte Gemüt (und Ende) von Kaspar Schlich wird in der Bildergeschichte von „Plisch und Plum” (1882) erzählt; und selbst der Feuertod der „frommen Helene” (1872) wird kalten Herzens inszeniert.
Die Bilderposse vom „Eispeter” – „der Vater weint, die Träne friert” –, gehört ebenfalls hierher . Getreu der Devise „Jeder Mensch ist ein Abgrund – und sei er noch so klein”, beschreiben die Kindergeschichten von Wilhelm Busch den „Einbruch der Barbarei in jedes geordnete Gemeinwesen”: Da ist zum Beispiel „Julchen” aus der Tobias Knopp-Trilogie, deren zerstörerisches Wirken in Form von munteren Bildsensationen zelebriert wird, und da sind Max und Moritz, jene Bösewichter, deren Ende grausam, grausam ist. Selbst die Tiergeschichten – Fipps, der Affe! – flottieren zwischen absurden Himmelfahrten und derben Notwehrexzessen hin und her.
Vom kalten Blick kündet auch die Compact-Disc, die Gernhardt besprochen hat. Diese kommentierte CD-Auswahl belegt, dass der Wortkünstler Busch selbst dann zur Geltung kommt, wenn auf seine Zeichnungen – des Mediums wegen – verzichtet werden muss. Die Texte pur tragen erstaunlich gut und werden nuanciert und ideenreich begleitet von Frank Wolff, der seinem Cello den ätherischen Flügelschlag des Schmetterlings ebenso zu entlocken weiß wie das gefährliche Summen der Hornisse. Von der Inspirationskraft des Altmeisters künden die beiden Hommagen respektive Paraphrasen in der Nachfolge Buschs, die Gernhardt aus eigener Feder beigesteuert hat, sowie ein Nachwort und ein Gespräch mit Heiner Boehncke, in welchem Gernhardt eindrucksvoll vorführt, dass Wilhelm Busch mit seinen komischen Mitteln praktisch die gesamte moderne Malerei vorweggenommen hat.
LUTZ HAGESTEDT
WILHELM BUSCH: Da grunzte das Schwein, die Englein sangen. Ausgewählt und mit einem Essay von Robert Gernhardt. 384 Seiten, 58 Mark.
– : Ein Dreifach-Tusch für Wilhelm Busch. Gelesen und kommentiert von Robert Gernhardt. Auf dem Cello begleitet von Frank Wolff. 2 CDs, 49,80 Mark.
Beides bei Eichborn, Frankfurt/M. 2000.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wilhelm Busch einmal als Klassiker, der jedoch von Robert Gernhardt nicht auf das Besinnliche, Erbauliche und Heitere" zurecht gestutzt wurde, schreibt Lutz Hagestedt über den Band "Da grunzte das Schwein, die Englein sangen". Vielmehr entfalten die Geschichten von Max und Moritz über die frommen Helene bis zum Affen Fipps hier ihre barbarische, grausame Seite ungeschönt. Auch die CD-Auswahl "Ein Dreifach-Tusch für Wilhelm Busch", die auf das gelesene Wort samt musikalischer Begleitung - durch Frank Wolff am Cello - vertrauen muss, hat dem Rezensenten gut gefallen. Lobend erwähnt werden Nachwort und Gespräch mit Gernhardt, der hier "eindrucksvoll vorführt", wie Busch "mit seinen komischen Mitteln praktisch die gesamte moderne Malerei vorweggenommen hat". Tatsächlich?

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