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Eine Sternschnuppe schoss über den schwarzen Himmel Dublins. Wo waren die drei Weisen aus dem Morgenland? Wo waren die Schafe und die Hirten? Sie hatten es verpasst, die verdammten Trottel. Sie folgten dem falschen Stern; sie hatten die Geburt von Henry Smart verpaßt, meine, die Geburt des einen, einzigen Henry S. Smart." Mitten in die Slums von Dublin wird Henry 1901 hineingeboren. Sein Vater ist Rausschmeißer im Bordell und berühmt dafür, blitzartig mit seinem Holzbein Störenfriede niederzuschlagen. Seine Familie kann er davon nur schlecht ernähren, besonders den kleinen, immer hungrigen…mehr

Produktbeschreibung
Eine Sternschnuppe schoss über den schwarzen Himmel Dublins. Wo waren die drei Weisen aus dem Morgenland? Wo waren die Schafe und die Hirten? Sie hatten es verpasst, die verdammten Trottel. Sie folgten dem falschen Stern; sie hatten die Geburt von Henry Smart verpaßt, meine, die Geburt des einen, einzigen Henry S. Smart."
Mitten in die Slums von Dublin wird Henry 1901 hineingeboren. Sein Vater ist Rausschmeißer im Bordell und berühmt dafür, blitzartig mit seinem Holzbein Störenfriede niederzuschlagen. Seine Familie kann er davon nur schlecht ernähren, besonders den kleinen, immer hungrigen Henry.
Aber Henry ist stark. Er wird ein kleiner König der Straße - verdreckt, gewitzt und ganz auf sich gestellt. Dann ist er beim Osteraufstand 1916 dabei, kämpft für die Freiheit Irlands. Und er findet seine Liebe: Miss O'Shea, die ihm einst das Lesen beibrachte und die jetzt an seiner Seite in die IRA eintritt. Henry verübt Anschläge und Morde auf Befehl. Er is t ein Rebell auf dem gestohlenen Fahrrad. Aber schließlich muss er erkennen, dass er immer nur ein Handlanger für andere war.
Roddy Doyle eröffnet in seinem großen Irland-Epos neue Erzähldimensionen. Gekonnt verwebt er Henrys außergewöhnliches Leben und seine schicksalhafte Liebe mit der irischen Geschichte. Ein grandioser Roman, in dem sich dieser berühmte Autor selbst übertrifft.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.02.2000

Der betrogene Rebell
Roddy Doyle hat den Schlüsselroman des irischen Freistaats geschrieben: „Henry der Held”
Es ist Zeit zurückzublicken. Als prosperierender EU-Staat hat Irland seine ökonomischen Probleme weitgehend gelöst und sich dabei andere Sorgen eingehandelt: Die Drogenkriminalität verbreitet sich so rasant übers Land wie einst die Kartoffelpest, Korruptionsaffären wie die um Charles Haughey beschäftigen die Gerichte, und in Nordirland sabotieren die Anführer radikaler Splittergruppen den Friedensprozess. Möglicherweise aber sind diese aktuellen Konflikte gar nicht so neu und haben ihre Wurzeln in der noch jungen Historie der Republik. Dies ist einer der Ausgangspunkte des jüngsten Romans von Roddy Doyle.
Der Dubliner Autor blickt zurück auf die Zeit des Kampfes um die Unabhängigkeit und auf die Anfänge des Freistaats. Was er aus der irischen Geschichte des frühen 20. Jahrhunderts zu Tage fördert, gleicht in vielen Aspekten der Gegenwart – von den Warlords bis hin zu zweifelhaften politischen Karrieren im Namen des Vaterlands. Henry der Held ist ein Schlüsselroman des irischen Freistaats; manchmal sieht die Geburt einer Nation fast wie eine Fehlgeburt aus.
Auf literarischem Neuland
Souverän wie in den vorausgegangenen beiden Büchern, Paddy Clarke Ha Ha Ha und Die Frau, die gegen Türen rannte, versetzt sich der Autor in die Perspektive seines Helden; er erzählt aus dessen Blickwinkel und scheint sogar die Welt mit dessen Augen wahrzunehmen. Doch Henry der Held ist nicht einfach die Fortführung einer einmal erfolgreichen Erzähltechnik vor geschichtlichem Hintergrund. Auch als Schriftsteller hat Roddy Doyle mit seinem jüngsten Roman Neuland durchmessen.
Henry Smart wird im Oktober 1901 in armseligste Verhältnisse hinein geboren und zählt bald zu den zahlreichen Straßenkindern der irischen Hauptstadt. Seine Kindheit ist noch schlimmer als jene, von der Frank McCourt in Die Asche meiner Mutter erzählt hat; statt der unterschwelligen Komik herrscht hier in und zwischen den Zeilen ein kaum unterdrückter Zorn auf die Verhältnisse einer Zeit, in der Irland noch eine britische Kolonie war. Frank McCourt hatte, trotz aller bitteren Erinnerungen, ein versöhnliches Buch geschrieben. Roddy Doyles Roman ist nicht versöhnt. Henrys Eltern gestattet er nicht einmal einen dramatischen Abgang, sie gehen einfach verloren und verschwinden aus der Geschichte. Doch bei aller Wut ist A Star Called Henry – so der schönere, vieldeutige englische Originaltitel – kein anti-irisches oder anti-britisches Werk; es geht nicht um die Jahrhunderte alten Fronten, sondern um die Ambivalenz der Historie und ihrer Heroen.
Als Vierzehnjähriger nimmt Henry am berühmten Osteraufstand teil und gehört zu den legendären Helden, die 1916 das Hauptpostamt von Dublin besetzten. Er begegnet den berühmten Männern des irischen Freiheitskampfes wie James Connolly, Eamon de Valera oder Michael Collins, von deren Taten heute jedes Schulkind zwischen Cork und Donegal im Geschichtsunterricht erfährt. Für Collins rekrutiert er in den Folgejahren junge Männer auf dem Land und formt sie zu schlagkräftigen Mitgliedern der Untergrund-Armee. Und er übernimmt die Drecksarbeit, die Morde an britischen Geheimpolizisten und irischen Verrätern. Während die Anführer in die Politik einsteigen, Ämter anstreben und Karriere machen, bleibt der Junge aus den Slums ein chancenloser Handlanger, der in den Reihen der Rebellen nur vorübergehend Identität und Heimat findet.
Als der Waffenstillstand und die Gründung des Freistaats in Sicht sind, braucht man Henry nicht mehr; weil er, der Gewalt endlich überdrüssig, ohnehin aussteigen will, trachtet ihm die IRA nach dem Leben, denn der junge Mann weiß zu viel über das schmutzige Geschäft. Henry plant, seine Heimat zu verlassen, für deren Freiheit er unzählige Male Leib und Leben aufs Spiel gesetzt hatte.
Henry der Held ist auch ein ikonoklastisches Werk über die Passionen eines betrogenen Revolutionärs und über verratene Utopien. Roddy Doyle demontiert die patriotischen Mythen des irischen Freiheitskampfs und stößt dessen zu Denkmälern verklärte Helden entschlossen vom Sockel. Er erzählt von Politikern, die Wahlen gewinnen, aber nichts von Wahlen halten, von Michael Collins, der Frieden predigt, aber Krieg führt, und er lässt seinen Helden Henry erschrocken fragen, was für ein Land man da entstehen lasse.
Hätte Roddy Doyle freilich nur die kritische Gegendarstellung zur offiziellen irischen Historie oder die Kontrafaktur der Geschichtsbücher im Sinn gehabt, so wäre sein Werk außerhalb Irlands nur von sekundärem Interesse. Doch sein Roman ist in der Irish Times nicht zu Unrecht mit der Blechtrommel verglichen worden. Es geht nicht um gesicherte historische Tatsachen, sondern um den anderen Blick: Henry wird Augenzeuge großer Ereignisse, aber er nimmt sie aus der subjektiven Sicht des Jugendlichen war. Die Parallelen zu Günter Grass beginnen schon mit der Geburt des Helden: Auch Doyle lässt seinen Protagonisten die eigene Geburt ankündigen und beschreiben, und es gelingt ihm gerade durch den virtuos sprunghaften Umgang mit den unterschiedlichen Motiven der Story eine lückenlose Verflechtung der recherchierten Fakten mit der eigenen Fiktion.
Mordwerkzeug Holzbein
Zwangsläufig sprengt der häufig als Realist missverstandene Autor dabei die Grenzen des Realismus und lässt seine Episoden immer wieder ins Surreale umkippen. Henrys Vater arbeitet als Bordellwächter und Killer; seine Auftragsmorde erledigt er vorzugsweise mit dem eigenen Holzbein. Die hungernden Dubliner Straßenkinder entführen den Viehtreibern auf dem Weg zur Fähre immer wieder mal ein Rind, um es in irgendeiner Sackgasse mit Steinen oder Ziegelbrocken zu töten; weil die Kids noch zu klein sind, um an die Köpfe ihrer Opfer heranzukommen, sind sie auf kleine Mauern angewiesen, auf die sie dabei klettern können. Und während die Rebellen im Hauptpostamt gegen die britische Übermacht kämpfen, treibt’s der 14-jährige Henry, vom Autor mit einer unwiderstehlichen erotischen Anziehungskraft ausgestattet, unten im Keller mit seiner ehemaligen Lehrerin und künftigen Lebensgefährtin. Zumindest für den unfrommen Henry bedeutet der Osteraufstand auch eine sexuelle Revolution.
Hinterher nimmt seine mörderische Arbeit immer grausamere, aber auch absurdere Züge an. Gleichzeitig erzählt Roddy Doyle mit einer wunderbaren Liebesgeschichte auch davon, wofür es sich zu kämpfen lohnen würde. Vermutlich hat dieser Roman wirklich erst am Ende des 20. Jahrhunderts geschrieben werden können, und er ist ein würdiger Abschluss für ein großes Kapitel der irischen Literatur. Sein Autor, der bereits an einer Fortsetzung arbeitet, will nichts mehr wissen von Heilslehren und Ideologien, egal, wie gut und schön sie klingen. Er erzählt von denen, die dafür bezahlen müssen, immer und überall.
In einem Punkt irrt die ansonsten sorgfältig und einfühlsam übersetzte deutsche Ausgabe. Im vorletzten Satz erklärt Roddy Doyles Held: „Ich war neunzehn. ” Das entspricht exakt dem Alter Frank McCourts am Ende von Die Asche meiner Mutter. Einige Zeit vorher hat Henry zum ersten Mal seine Tochter gesehen, genau an dem Tag, an dem Michael Collins erschossen wurde. Das war im August 1922 – Henry muss also beim Finale mindestens 20 Jahre alt sein.
H. G. PFLAUM
RODDY DOYLE: Henry der Held. Roman. Aus dem Englischen von Renate Orth-Guttmann. Krüger Verlag, Frankfurt/M. 2000. 416 Seiten, 39,80 Mark.
Roddy Doyle, derzeit auf Deutschlandtour, stellt sich und seinen Roman Henry der Held am 1. März im Münchner Literaturhaus vor.
Foto: Holger André
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dass Doyle einige Fortsetzungen zu diesem Roman plant, scheint Alexander Kissler eher zu entsetzen als zu freudiger Erwartung hinzureißen. Zwar hält er den ersten Band dieser Reihe immerhin für "handlungsreich", allerdings klingt er nicht gerade begeistert, wenn er feststellt, dass der Roman "einzig aus der großmäuligen Rede und der sentimentalen Erinnerung der Titelfigur" bestehe. So fragt sich Kissler, wie denn wohl eine Weiterentwicklung des Protagonisten aussehen soll, denn erstens habe Doyle den Charakter der Titelfigur schon ausführlichst vorgeführt und zweitens sei Henry Smarts hervorstechendster Charakterzug der "Narzissmus" - eine Eigenschaft, die der Rezensent als Stoff für folgende Romane nicht gerade ergiebig findet.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Hier finden Sie all die Lebendigkeit, den Humor und den emotionalen Schwung von Doyles vielgerühmten früheren Werken. Dazu kommt eine neue Dichte und eine erzählerische Wucht, die Roddy Doyle zu einem der wirklich herausragenden Autoren der englischen Literatur macht." ELLE
"Dieser Roman steht auf gleichem Rang wie Grass' "Die Blechtrommel". Hier ist wirklich die Bezeichnung berechtigt: ein Meisterwerk." The Irish Times