Produktdetails
  • Verlag: Gerstenberg (Gebrüder)
  • Seitenzahl: 107
  • Altersempfehlung: 10 bis 12 Jahre
  • Abmessung: 220mm
  • Gewicht: 297g
  • ISBN-13: 9783806749595
  • ISBN-10: 3806749590
  • Artikelnr.: 10053915
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.11.2001

Manche Eltern sind nur noch peinlich
„Eddy, total normal”, fast eine Horrorgeschichte von Sarah Weeks
Ganz besonders scheußlich ist der Austerntrick. Dabei zieht Eddys Vater eine Auster durch die Nase hoch und spuckt sie nach einem schrecklichen Rotzgeräusch wieder aus. Superpeinlich war auch Eddys Verkleidung zu Halloween – als Klorolle – oder die Geburtstagstorte, auf der er nackt in Zuckerguss abgebildet war. Eddys Eltern sind fröhliche, kindische Freaks. Ihr – sehr braver, sehr „normaler” – Sohn leidet fürchterlich unter ihrer ausgelassenen Selbstbezogenheit.
Dass Eltern oft peinlich sind, ist natürlich ein Pubertätsthema. Wie viele Kinder würden sich in diesem Alter nicht am liebsten scheiden lassen! Sarah Weeks hat dieses Gefühl des gegenseitigen Fremdseins in ihrem Buch bis ins fast Surreale hinein gesteigert. Die Familie Strang ist wirklich strange und die Familie Smith so trostlos langweilig wie ihr Name vermuten lässt.Wie wenig Eltern ihre Kinder doch wahrnehmen, dafür sind die Strangs und die Smith’ schreckliche Beispiele. Weil Eddys Eltern so anders und so seltsam sind, ist Eddy überzeugt, dass er als Baby vertauscht worden ist. Zusammen mit seinem Freund Matts sucht er nach seinen richtigen Eltern – und das scheinen ausgerechnet die Eltern des verrückten nasebohrenden Bob-Oh alias Robert Smith zu sein. Aus dem Detektivspiel wird ein Rollentausch nach Art des „doppelten Lottchens”. Eddy und Bob-Oh wechseln für ein Wochenende die Eltern, in der Hoffnung, dass diese ihre „richtigen” Söhne dann schon erkennen werden.
„Man muss erst mal einen Kilometer in den Schuhen eines anderen Menschen gegangen sein, um zu wissen, wie er sich fühlt”, diesen Satz sollen die Freunde Bob-Oh und Eddy bei einem Schulprojekt angeblich ausprobieren. Das Projekt ist natürlich erfunden, auf diesen Spruch läuft die Erfahrung der beiden aber dennoch hinaus. Bob-Ohs Familie ist nämlich alles andere als eine Verbesserung, hinter ihrer scheinbaren Normalität verbergen sich Langeweile und Lieblosigkeit. Im Grunde hatte man sich das denken können, sonst wäre Bob- Oh wohl kaum so gestört.
Eddy, total normal ist eine witzige, unterhaltsame Geschichte mit einem herrlich abgedrehten Humor. Der Horror ist allerdings nie sehr weit. Zum Beispiel hatte Eddy seiner Mutter eine kurze Zeit lang zugetraut, Bob-Oh ermordet zu haben – so fremdartig erscheint sie ihm. Die Autorin hat aus den Eltern aber nicht nur schreckliche Karikaturen gemacht, vor allem Eddys Mutter hat auch sympathische Seiten. So hat man plötzlich Mitleid mit der rothaarigen Schreckschraube, als sie zutiefst verstört realisiert, dass Eddy geglaubt hatte, nicht ihr Sohn zu sein. Auf diesem schmalen Grat zwischen Komik und Schrecken bewegt sich die Autorin mit beeindruckender Sicherheit.
Die Geborgenheit, die Eddy in seiner Familie so sehr vermisst, findet er in einer wunderbaren Freundschaft zu Matts, das macht die Geschichte auch für jüngere Leser verträglich. Und vielleicht – so viel Hoffnung darf ruhig sein – ist künftig auch der verrückte Bob-Oh regelmäßig Gast in Eddys und Matts’ Hütte (ab 10 Jahren).
MARTINA KNOBEN
SARAH WEEKS: Eddy, total normal. Aus dem Amerikanischen von Nina Schindler. Gerstenberg Verlag 2001. 108 Seiten, 22 Mark.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Viel sagt Reinhard Osteroth in seiner kurzen Besprechung über Sara Weeks "total normalen" Eddy nicht. Eddy will weg von seinen Eltern, denn die sind ihm zu flippig. Also fädelt er einen Elterntausch ein. Hier stoppt der Rezensent die Inhaltsangabe und stellt in Aussicht, dass das Buch genügend Stoff für eine komische, rührende und versöhnliche Desillusionierung bereit hält. Einfach wunderbar, ruft Osteroth begeistert aus, Weeks kleine Geschichte sei ein Exempel voller Kichererbsen.

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