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Zusammengebrochen, verloren, für alle Zeiten von der politischen Landkarte Europas radiert. Die Geschichte Europas ist auch eine Geschichte verschwundener Reiche. Das stolze Alt Clud, heute ein heruntergekommener Landstrich in Schottland, das sagenumwobene Burgund oder das preußische Kernland der Prussen, im 12. Jahrhundert eine terra incognita, aber im Verlauf der Geschichte einer der einflussreichsten Staaten Europas: Norman Davies spürte 15 solcher Reiche vor Ort und in bisher vernachlässigten Quellen nach. In diesem politisch wie historisch aufrüttelnden und sprachlich virtuosen…mehr

Produktbeschreibung
Zusammengebrochen, verloren, für alle Zeiten von der politischen Landkarte Europas radiert. Die Geschichte Europas ist auch eine Geschichte verschwundener Reiche. Das stolze Alt Clud, heute ein heruntergekommener Landstrich in Schottland, das sagenumwobene Burgund oder das preußische Kernland der Prussen, im 12. Jahrhundert eine terra incognita, aber im Verlauf der Geschichte einer der einflussreichsten Staaten Europas: Norman Davies spürte 15 solcher Reiche vor Ort und in bisher vernachlässigten Quellen nach. In diesem politisch wie historisch aufrüttelnden und sprachlich virtuosen Standardwerk erzählt er ihre Geschichte von der Entstehung bis zum Untergang - und wie wenig von ihrer großen Vergangenheit heute in Erinnerung geblieben ist. Denn das kollektive Gedächtnis ist wichtig, um das heutige Europa zu verstehen.
Rezensionen
»Historisches Buch des Jahres 2013 in der Kategorie Überblick« DAMALS

»Ein gewaltiger literarischer Erfolg, leidenschaftlich und lebendig geschrieben - Geschichtsschreibung par excellence!« The Times

»Provokativ und bravourös.« Sunday Times

»Wenn man sich in dieses über 900 Seiten starke Werk eingelesen hat, will man gar nicht mehr aufhören.« Börsenblatt

»Ein Buch, das jeder Leser, der sich für das moderne Europa interessiert, am Ende ungern aus der Hand legen wird«

The Guardian

»[Die] "Geschichte des vergessenen Europa"... schlägt in Bann von der ersten seiner fast tausend Seiten an... "Verschwundene Reiche" ist ein wunderbarer Schmöker - und ein gefährlicher: Wer sich einlässt auf diese Geschichten, dem verwandelt sich, ohne dass er es zunächst merkt, sein Bild von der Historie überhaupt.« Süddeutsche Zeitung

»Davies folgt der schönen angelsächsischen Wissenschaftstradition, wonach fachliche Brillanz und verständliche Ausdrucksweise zusammengehören. Auf elegante, stellenweise regelrecht amüsante Weise durchpflügt er 1500 Jahre europäische Vergangenheit.« Badische Neueste Nachrichten

»Norman Davies versteht es meisterhaft, Geschichte darzustellen, den Leser immer wieder mitzunehmen...« Westfälische Nachrichten

»Davies legt historische Tiefenschichten frei, er packt... die Matrjoschkas aus und dringt dabei weit zurück in die frühen und dem notorisch zu kurz greifenden kollektiven historischen Gedächtnis entrückten dunklen Jahrhunderte der Völkerwanderungszeit.« Deutschlandradio Kultur

»Norman Davies dicker Wälzer über "Verschwundene Reiche" beeindruckt durch glasklaren Stil und Detailwissen... so übervoll an historischen Details..., dass man die Kenntnisserweiterung des Lesers als enorm bezeichnen muss.« Nürnberger Nachrichten

»Norman Davies schreibt mit leichter Hand, unterhaltsam und fundiert.« koelner-leselust.de

»... politisch wie historisch aufrütteln[d] und sprachlich virtuo[s]...« Der Neue Tag

»[David]... verfügt über ein einzigartiges Talent, auch hochkomplizierte Sachverhalte einfach und für jedermann verständlich darzulegen.« Preußische Allgemeine Zeitung

»... anregend bis zum Schluss... Ein wunderbares Buch über den alten Kontinent, das die längst vergangene Geschichte wieder lebendig macht.« Amerindian Research

»... Norman Davies lässt in seinem herrlich weitschweifigen Schmöker 15 untergegangene europäische Reiche... lebendig werden.« Kreuzer - Das Leipziger Stadtmagazin

»... sehr klar und anschaulich geschrieben ...« SWR2 - Die Buchkritik

»... Geschichte kann so anschaulich und spannend sein. Nach diesen knapp eintausend Seiten will man mehr Vergangenheit atmen.« "Buchrezensent aus-erlesen" auf amazon.de

»... ein echter Lesespaß!« Zillo Medieval

»Norman Davies ist der Spezialist für untergehende Reiche.« Die Weltwoche

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Burkhard Müller warnt den Leser: Dieser Wälzer macht süchtig. Und zwar nach einem Geschichtsbild, in dem nicht alles dem Fortschritt und dem Weltgeist unterworfen ist, wie Müller erklärt. Dass die Geschichte Europas voll von Zufällen ist, dass uns ihr östlicher Teil viel zu wenig angeht, dass Burgund mehr bedeutet als Wein - all das lernt der Rezensent auf über 1000 Seiten. Und wenn ihn das Buch manchmal an Fantasy erinnert, holen ihn die von Norman Davies sorgfältig recherchierten Fakten wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Was Müller hier liest, ist echt. Leider auch einige Druck- und Sachfehler.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.11.2013

Ein Wolkenatlas der Geschichte
Der Historiker Norman Davies hat ein Buch der „Verschwundenen Reiche“ geschrieben,
in dem das alte Europa wie eine kaleidoskopische Fantasy-Welt erscheint
VON BURKHARD MÜLLER
Wer diesen starkleibigen Band in die Hand nimmt, der hält ihn von seinem Erscheinungsbild her vielleicht erst mal für ein Stück der geläufigen Fantasy-Literatur: „Verschwundene Reiche“ misst etwa acht Zentimeter vom vorderen zum hinteren Umschlag und zeigt das Bild einer zinnenbewehrten Burganlage, in die über eine Brücke edle Herren zu Pferde einziehen. Doch vom geläufigen Genre mit seiner kaleidoskopischen Vielfalt der ausgedachten Geschichte unterscheidet er sich auf wesentliche und alsbald hinreißende Weise: Die Vorzeit, von der er spricht, ist echt. Norman Davies, emeritierter Professor an den Universitäten London, Harvard, Stanford und der Columbia University of New York, öffnet für uns den Schacht des Brunnens, aus dem Tolkien und all die anderen geschöpft haben, und lang vor ihnen die Epen um Nibelungen und Dietrich von Bern, Spätlinge auch sie schon. Eine „Geschichte des vergessenen Europa“ nennt er sein Projekt, und es schlägt in Bann von der ersten seiner fast tausend Seiten an.
„Es wuohs in Burgonden / Ein vil edel magedin“, so heißt es am Anfang des Nibelungenliedes. Was aber ist Burgund? Jeder kennt das Wort, es weckt Assoziationen mit einem Wein und einer Farbe, eine Landschaft ist es gewiss, aber wo läge sie genau? Sie scheint in den verschiedenen Epochen zu wandern, mal hat sie ihren Schwerpunkt am Rhein, mal an der Rhône oder in Belgien – und meist spielt die sehnsüchtige Erinnerung an ritterliches Zeremoniell dabei eine Rolle. „Fünf, sechs oder sieben Königreiche“ stellt der Untertitel zögernd in Aussicht; der Text kommt schließlich auf ein rundes Dutzend, verteilt über anderthalb Jahrtausende, einschließlich solcher, von denen man fast nichts weiß, wie das merowingische Teilreich des 6. und 7.  Jahrhunderts. Davies’ recherchierende Sorgfalt vertieft das Geheimnis.
  Und wer kennt heute noch Alt Clud? Am wenigsten, wie Davies es sieht, seine Fachkollegen, die dieses Land nicht mögen – angeblich weil sie die Berichte darüber für märchenhaft unzuverlässig halten, eigentlich aber, weil sie die in merkwürdigen Sprachen geschriebenen Quellen nicht lesen können. Und natürlich weil die Geschichtsschreibung immer solche Überlieferungslinien begünstigt, die möglichst direkt bei der Welt, wie sie heute ist, herauskommen. Im Fall Großbritannien heißt das Angelsachsen und Normannen, höchstens noch die Kelten mit ihrer trotzigen Gegentradition. Alt Clud aber, mit seinem Zentrum Dumbarton, einer Inselfestung im Meer westlich von Glasgow, steht quer zu all dem. Hier kommen Pikten und „Brythen“ ins Spiel, die sich gegen die „Schotten“ zu wehren haben, welche ihrerseits keineswegs in Schottland, sondern in Irland daheim sind. Hinter dem Alten erscheint in geheimnisvoller Luftperspektive immer das noch Ältere – und unterirdisch erstreckt es sich bis in unerwartet junge Zeiten, was bei Alt Clud immerhin noch das 12. Jahrhundert einschließt.
  Byzanz und die UdSSR werden als offensichtliche Fälle vergleichsweise kurz abgefertigt. Einen kleinen romantischen Joker schiebt Davies ein, indem er auch „Rosenau“ ein Kapitel widmet, wobei es sich genau genommen nur um ein Schloss in Oberfranken handelt, das aber zum seelischen Mittelpunkt der Ehe zwischen der britischen Königin Victoria und ihrem Prinzgemahl Albert von Sachsen-Coburg-Gotha wurde. Als Albert gestorben war, zog sich die trauernde Witwe hierher zurück, so lang, bis der Premierminister sie verzweifelt zurückrief: Sie könne das Empire doch nicht von Coburg aus regieren! Sie tat es trotzdem; und so steht Rosenau also in Verbindung zu den großen Reichen der Welt.
  Vor allem aber fasst Davies das östliche Europa ins Auge. Ganz zu Recht setzt er voraus, dass auch der unterrichtete Europäer über die Geschichte dieser Gegenden so gut wie nichts weiß – aus eitel Ignoranz, wie der Autor so diskret wie möglich andeutet. Davies hat lange in Polen gelehrt, dieses Land und dessen Nachbarn stehen ihm erkennbar nahe. Fünf seiner fünfzehn Länder-Biografien berühren den riesigen Raum des alten polnisch-litauischen Reichs zwischen Ostsee und Schwarzem Meer. Litauen gehört natürlich dazu, das seit dem 14. Jahrhundert in Polen aufging und heute mit ganz anderer geografischer Kontur neu erstanden ist; Galizien, „das Königreich der Nackten und Hungernden“; Ruthenien, jene Republik, die nur einen Tag bestand, denn war sie am Morgen des 15. März 1939 noch Teil der Tschechoslowakei, so am Abend bereits von Ungarn annektiert (und gehört heute zur Ukraine); nicht zu vergessen jene schweifende territoriale Idee, die Davies behutsam „Borussia“ tauft: Ursprünglich ein weit entlegenes Waldland nahe den Quellen der großen Ströme Osteuropas, engt sich der Begriff allmählich ein auf das Areal der heidnischen Prussen, die dem Deutschen Ritterorden willkommenen Anlass für seine Kreuzzüge boten, um schließlich dem Königreich Preußen seinen Namen zu geben.
  „Verschwundene Reiche“ ist ein wunderbarer Schmöker – und ein gefährlicher: Wer sich einlässt auf diese Geschichten, dem verwandelt sich, ohne dass er es zunächst merkt, sein Bild von der Historie überhaupt. Davies, eingefleischter Angelsachse, der er ist, drängt seinem Leser keine geschichtsphilosophischen Theorien auf; aber wer ihm lang zuhört, der kann unmöglich mehr an die Tätigkeit des Fortschritts oder gar des Weltgeists glauben. Aller je bestimmten Geschichte haftet etwas tief Unnotwendiges an, alles, was passiert ist, hätte am Ende auch ganz anders passieren können. Die Landkarte Europas bildet für dieses Buch einen Himmel, an dem die Länder wie Wolken ziehen, sehr groß zum Teil, doch alle wechselhaft, und kaum ist es gelungen, so etwas wie sinnvolle Gestalten in sie hineinzulesen, sehen sie schon wieder anders aus und sind woanders hin.
  Der deutschen Ausgabe hätte man ein wenig mehr Sorgfalt gewünscht. Die Kommasetzung orientiert sich partiell weiterhin an englischen Normen, zahlreich sind die Druckfehler, und es kommt zu jenen für die westliche Gleichgültigkeit in Dingen des Ostens so typischen Verwechslungen von Slowenien und Slowakei (Karte S. 693), Dnjepr und Dnjestr (Karte S. 488), die speziell in diesem Buch unverzeihlich sind.
Norman Davies: Verschwundene Reiche. Die Geschichte des vergessenen Europa. Übersetzt von Karin Schuler, Norbert Juraschitz, Hans Freundl, Helmut Dierlamm und Oliver Grasmück. Theiss, Darmstadt 2013. 926 S., 39,95 Euro.
Wer sich einlässt auf diese
Geschichten, dem verwandelt sich
sein Bild von der Historie
Dumbarton, eine Inselfestung westlich von Glasgow, ist das Zentrum eines der vergessenen Reiche, von denen Norman Davies erzählt.
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