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Die Rolle und die Zahl der Büchersammlungen im spätklassischen und hellenistischen Griechenland wird oft unterschätzt. Im vorliegenden Band wird zu allen Kategorien von Büchersammlungen Stellung genommen: öffentliche Archive und Bibliotheken, von Stiftungen oder Herrschern unterhaltene Akademien und Bibliotheken im Zentrum, Bibliotheken in Gymnasien, Bibliotheken für Erziehung und Bildung in privaten Häusern und Bibliotheken in Herrscherpalästen. Als eine der ersten nachantiken und einer nachweislich bürgerlichen Öffentlichkeit zugänglichen Bibliotheken ist die frühklassizistiche Herzogin Anne…mehr

Produktbeschreibung
Die Rolle und die Zahl der Büchersammlungen im spätklassischen und hellenistischen Griechenland wird oft unterschätzt. Im vorliegenden Band wird zu allen Kategorien von Büchersammlungen Stellung genommen: öffentliche Archive und Bibliotheken, von Stiftungen oder Herrschern unterhaltene Akademien und Bibliotheken im Zentrum, Bibliotheken in Gymnasien, Bibliotheken für Erziehung und Bildung in privaten Häusern und Bibliotheken in Herrscherpalästen. Als eine der ersten nachantiken und einer nachweislich bürgerlichen Öffentlichkeit zugänglichen Bibliotheken ist die frühklassizistiche Herzogin Anne Amalia-Bibliothek in Weimar dargestellt.Hier entstand durch Überführung in eine öffentliche Einrichtung eine ausgesprochene Gebrauchsbibliothek, die in ihrer Struktur möglicherweise auf antike Vorbilder zurückgeht.
Autorenporträt
Prof. Dr. Wolfram Hoepfner lehrt antike Architektur und Städtebau am Institut für Klassische Archäologie der Freien Universität Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Dieser Band begeistert Rolf-Bernhard Essig mit seiner "Anschaulichkeit" und der "für die Archäologie so typischen detektivischen Spurensuche". Er findet die Sammlung der Aufsätze im Zusammenhang mit den "Fotografien von Bibliotheksruinen und von Rekonstruktionen, mit Grabungsplänen und Grundrissen, mit Darstellungen von Lesenden und Schreibenden" eine "ideale Einführung in die antike Buchkunst". Gerade die Details haben es ihm angetan, und dass es hier zur Geburtsstätte der Philosophie geht: "Platons Akademie". Alles damit Zusammenhängende ist, so Essig, "intelligent und umfassend" erklärt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2002

Über den Regalen der Tuff von tausend Jahren
Wolfram Hoepfner und Lionell Casson lassen die versunkene Welt der antiken Bibliotheken auferstehen / Von Roland Kany

Durch turmhohe Schichten erstarrter Lava und versteinerten Schlammes führten Stollen in die Tiefe. Was nach Winckelmanns Beschreibung dort unten in der 1752 ausgegrabenen Villa in Herculaneum bei Neapel im Schein der Laterne entdeckt worden war, übertraf alles, was einst die Humanisten in Klosterbüchereien zu finden erträumt hatten: Als hätten die Ausgräber eine Zeitreise unternommen, betraten sie das Bibliothekszimmer einer antiken Villa, so wie sie im Jahre 79 nach Christus durch den Vesuvausbruch verschüttet worden war: "Rund herum an der Mauer waren Schränke, wie in den Archiven zu seyn pflegen, in Mannes Höhe, und in der Mitten im Zimmer stand ein anderes solches Gestelle für Schriften auf beyden Seiten, so daß man frey umher gehen konnte. Das Holz dieser Gestelle war zu Kohlen gebrannt, und fiel, wie man leicht erachten kann, zusammen, da man dieselben anrührete."

Fast zweitausend fragile Papyrusrollen fielen zu Boden - was mochten sie enthalten? Winckelmanns "Sendschreiben" versetzte die Gelehrten Europas in Hoffnungstaumel. Würde die Bibliothek endlich die unverfälschte Antike offenbaren, während bis dahin nur die Texte bekannt waren, die von christlichen Mönchen abgeschrieben worden waren? Doch die Entzifferung von Fragmenten förderte wenig Sensationelles zutage, meist epikureische Schriften. Die Villa wurde 1765 nach dem Austreten von Grubengas wieder verschüttet, und bis vor kurzem konnte keines Menschen Fuß sie wieder betreten. Der Blick, der für einen Wimpernschlag der Geschichte möglich gewesen war, blieb unwiederholbar. Das jüngst wieder ergrabene Büchermagazin ist leer.

Die Archäologie hat mittlerweile vieles über altorientalische, griechische und römische Bibliotheken in Erfahrung gebracht. Der von Wolfram Hoepfner herausgegebene, opulent bebilderte Sammelband soll keine vollständige Bestandsaufnahme bieten, doch präsentieren die zwölf Autorinnen und Autoren die wichtigsten Überreste antiker Bibliotheken und skizzieren verwandte Themen wie Schreibmaterial, Buchhandel und neuzeitliche Bibliotheksbauten nach antiken Vorbildern. Vor allem berichten sie von neuesten Grabungen in Athen, Herculaneum oder Rom und entwickeln eigene Thesen.

Demnach sind zum Beispiel die Fragmente marmorner Nischenschränke, die bei der berühmten Bibliothek von Pergamon gefunden wurden, Originalteile der Bücherschränke; die Rahmen dürften aus Stein, die Türen aus Holz gewesen sein. Die Hadriansbibliothek in Athen soll der alten Akademie Platons in Details des Grundrisses bewußt nachempfunden sein. Auch seien Bibliotheken in antiken Privathäusern und Gymnasien häufiger gewesen, als bisher vermutet wurde: Sie lassen sich an einer bestimmten Raumfolge erkennen und daran, daß die Nischen im Inneren kaum je in die für Papyrus zu feuchten Außenmauern eingelassen sind.

Anders als der aufs Exemplarische zielende Sammelband erzählt Lionell Casson die Geschichte der Archive und Büchersammlungen der Antike im Zusammenhang. Neue Ergebnisse enthält sein Buch kaum, originell ist allerdings die sozialgeschichtliche Analyse des Personals der römischen Bibliotheken in den ersten beiden Jahrhunderten nach Christus, besonders der Direktoren, für die das Amt oft nur eine Sprosse auf der Karriereleiter war. Casson kombiniert historische, philologische und archäologische Aspekte und hat ein gutes Gespür für das Anekdotische. Aus der ersten systematisch zusammengetragenen Bibliothek der Antike, derjenigen des Assyrerkönigs Assurbanipal, zitiert er eine Tontafel, die einen Fluch auf jeden herabruft, der sie entwendet: Sein Name und seine Saat sollen ausgelöscht werden.

In Griechenland verbreitete sich spätestens um 500 vor Christus eine Lesekultur, die bald Buchhandel und Bibliotheken erforderte. In der thematisch weiten Büchersammlung des Aristoteles sieht Casson das Modell der größten antiken Bibliothek, der um 300 vor Christus gegründeten Forschungsstätte von Alexandrien mit fast einer halben Million katalogisierter Schriftrollen, die nach Casson (wie auch nach Cécile Orru in Hoepfners Band) nicht durch Caesars Schuld, sondern erst um 270 nach Christus verbrannten.

Schon im Hellenismus bekam Alexandrien durch die Bibliothek von Pergamon Konkurrenz. Derart große Sammlungen hat es in Rom nie gegeben. Hier entstanden etwa 200 vor Christus erste Privatbibliotheken. Noch zu Ciceros Zeiten liehen sich die Gebildeten griechische und lateinische Bücher gegenseitig aus. Die Zweisprachigkeit blieb nach Casson ein Charakteristikum auch der öffentlichen römischen Bibliotheken: Schon eine der ersten, die von Augustus auf dem Palatin begründete, hatte wahrscheinlich aus diesem Grund zwei Lesesäle, wie später auch die große Bibliothek auf dem Trajansforum in Rom. Um 350 nach Christus soll es an die neunundzwanzig öffentliche Bibliotheken in der Ewigen Stadt gegeben haben. Spezialisierung ist wahrscheinlich: Die Büchereien in den Thermen zum Beispiel dienten wohl der Unterhaltung. Ansonsten gab es nach Casson in der lateinischen Reichshälfte kaum Stadt- und Staatsbibliotheken - die christlichen Klosterbibliotheken und Kirchenarchive bedeuteten ebenso wie der Wandel von der Buchrolle zum Codex Stufen auf dem Weg ins Mittelalter.

Casson sieht mehr auf die Bibliotheken als auf die Bücher. Die Papyrusfunde aus dem ägyptischen Oxyrhynchus zum Beispiel, zumeist Reste aus Privathaushalten, werden erst aufschlußreich, wenn man präziser als Casson die zeittypischen Büchervorlieben der Lesekundigen erkundet - antike Romane zum Beispiel. Eine andere offene Frage: Wie ist es bibliotheksgeschichtlich zu erklären, daß Simplikios an der Akademie von Athen noch im sechsten Jahrhundert nach Christus für seine Aristoteles-Kommentare komplette Texte von Vorsokratikern wie Parmenides zur Hand hatte, die über Jahrhunderte hin kaum jemanden interessiert zu haben scheinen?

Die späte und damit auch die christliche Antike bietet viel mehr anschauliche Texte über Bibliotheken als die frühere Zeit, doch Casson widmet ihr kaum ein Fünftel seines Buches und läßt sich dadurch viel entgehen. So regelt Augustinus für das Frauenkloster von Hippo, daß Bücher täglich zu einer bestimmten Stunde bei der Bibliothekarin ausgeliehen werden können. Hieronymus beschreibt seine Kaufräusche in Buchhandlungen. Die koptischen und syrischen Bibliotheken der späteren Antike kommen bei Casson nicht ins Visier, obwohl sie zum Horizont des Römischen Kaiserreiches dazugehören und antike Verhältnisse über das sechste Jahrhundert hinaus besser konservieren als die im genauen Buchbestand weit weniger faßbaren griechischen und römischen Bibliotheken. Selbst "Gender Studies" fänden in der Bibliotheksgeschichte der ausgehenden Antike lebensnahes Material: Sidonius Apollinaris besuchte um 465 eine Bibliothek in Gallien. Die Männer, sagt er, hatten auf ihren Pulten die sprachlich besten Texte der Lateiner liegen, christliche wie heidnische. Im weiblichen Bibliothekstrakt dagegen überwogen religiöse Bücher. Geschlechterdifferenz im Lesesaal? Ihre letzten Geheimnisse haben die antiken Bibliotheken offenbar noch nicht preisgegeben.

Lionell Casson: "Bibliotheken in der Antike". Aus dem Amerikanischen von Angelika Beck. Verlag Artemis & Winkler, Düsseldorf,Zürich 2002. 220 S., S/W-Abb., geb., 18,- .

Wolfram Hoepfner (Hrsg.): "Antike Bibliotheken". Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2002. 137 S., 64 Strichzeichnungen, 89 Farb- und 21 S/W-Abb., geb., 34,80 .

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"Der von Wolfram Hoepfner herausgegebene, opulent bebilderte Sammelband soll keine vollständige Bestandsaufnahme bieten, doch präsentieren die zwölf Autorinnen und Autoren die wichtigsten Überreste antiker Bibliotheken und skizzieren verwandte Themen wie Schreibmaterial, Buchhandel und neu, nach antiken Vorbildern. Vor allem berichten sie von neuesten Grabungen in Athen, Herculaneum oder Rom und entwickeln eigene Thesen." (FAZ)