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Erzählt wird eine einfache Geschichte. Ein berühmter italienischer Renaissance-Maler und Architekt verlässt im Alter Italien und reist - wie Leonardoda Vinci - mit einigen Schülern über die Alpen nach Frankreich, an die Loire.Er ist vom König eingeladen worden und soll ein Schloss bauen.Am Ziel angekommen, gibt man ihm eine Dienerin, die für die Fremden sorgt.Die wortlose, intensive Beziehung zwischen dieser rätselhaften Frau, die denHaushalt führt, und dem Meister, der sich neben seinen Bauplänen mit anatomischenZeichnungen beschäftigt, steht im Mittelpunkt der Geschichte.Michèle Desbordes…mehr

Produktbeschreibung
Erzählt wird eine einfache Geschichte. Ein berühmter italienischer Renaissance-Maler und Architekt verlässt im Alter Italien und reist - wie Leonardoda Vinci - mit einigen Schülern über die Alpen nach Frankreich, an die Loire.Er ist vom König eingeladen worden und soll ein Schloss bauen.Am Ziel angekommen, gibt man ihm eine Dienerin, die für die Fremden sorgt.Die wortlose, intensive Beziehung zwischen dieser rätselhaften Frau, die denHaushalt führt, und dem Meister, der sich neben seinen Bauplänen mit anatomischenZeichnungen beschäftigt, steht im Mittelpunkt der Geschichte.Michèle Desbordes erzählt in einer Prosa, die Effekte und Gefühle striktvermeidet. Sie führt in eine Welt, in der eine Hügellandschaft beidseits desFlusses mit ein paar Häusern und einer Brücke einen Ort in der Unendlichkeitgroßer Wälder beschreibt. Nur spärlich dringen Nachrichten aus der übrigenWelt herein. Sie kommen den Fluss hinauf oder hinunter, im Ablauf der Jahreszeiten,der langsamen, mitunter stillstehenden Zeit, die vergeht wie das Lebender Menschen. Am Schluss dieser stillen, zärtlichen Geschichte steht eine überraschendeBitte.
Autorenporträt
Michèle Desbordes, geboren in einem Dorf in der Sologne, aufgewachsen in Orléans, hat in Paris studiert und in Guadeloupe und Paris unterrichtet. Lange Zeit leitete sie die Universitätsbibliothek in Orléans. 1986 debütierte sie mit einem Gedichtband. Ihr Buch "Die Bitte" wurde für zahlreiche Literaturpreise nominiert. Michèle Desbordes starb 2006 in Beaugency an der Loire.
Rezensionen
»Ein literarisches Sprachkunstwerk.« Ralf Konersmann, Frankfurter Allgemeine Zeitung » Ein erstaunliches kleines Buch von intensiver Ruhe und Schönheit.« Elke Heidenreich, WDR

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.06.2000

Kunstpausen auf dem weiten Lande
Michèle Desbordes bittet Von Ralf Konersmann

Michèle Desbordes ist eine starke und eine leserfreundliche Erzählerin. Lesezeit ist Lebenszeit, und es ist erfreulich zu sehen, wie sparsam die Autorin damit umgeht. Knapp einhundertundzwanzig, von Barbara Heber-Schärer geschmeidig übersetzte Seiten genügen ihr, um eine mehrfach und zu Recht preisgekrönte Geschichte zu erzählen. Die Geschichte, die im April 1516 einsetzt und deren Handlung drei Jahre umspannt, konfrontiert den Leser mit einer fernen Welt. Sie spielt in der Renaissance, in der das geistige und das wirtschaftliche Leben der italienischen Städte in Blüte stand. Zu dieser Zeit und noch bevor sich die Kulturschwelle in Europa nach Frankreich zu verschieben beginnt, zieht ein angesehener Maler, der auch als Architekt, Naturforscher und Anatom hervorgetreten ist, aus der Toskana in die von Bauern bevölkerte Sologne, wo er im Auftrag des Königs einen Palast entwerfen und die Bauarbeiten beaufsichtigen soll.

Der Mann, der auf seiner dreiundsiebzig Tage dauernden Reise die Grenzen seiner Sprache und Kultur überschritten hat, um den Komfort der Palazzi gegen die Entbehrungen des Landlebens einzutauschen, ist der hochbetagte Leonardo da Vinci. Auch wenn Michèle Desbordes den Namen niemals nennt, ist die Identität unzweifelhaft. Seine Schüler Melzi und Salai treten auf, und die Reiseroute und die Aufenthalte der literarischen Figur entsprechen den Tatsachen, die über die letzten Lebensjahre Leonardos in Umlauf sind. Die Wahrung des Inkognitos ist angesichts der Darstellungsvorlieben der Erzählerin konsequent. Michèle Desbordes präsentiert ihre Figuren in einer Eigenwelt, wo sie geborgen und gefangen sind wie in einem Etui. Den Handlungsschritten und kleinsten Bewegungen des mimischen Ausdrucks verleiht dieses Arrangement ungeahntes Gewicht: Jedes Erscheinen einer Figur ist ein Auftauchen, jedes Verschwinden ein Zurücksinken in die Ordnung täglicher Verrichtungen. Nicht einmal ihre mündliche Rede löst diese Figuren aus der Verstrickung, denn für gewöhnlich schweigen sie. So kann auch der große Name beiseite bleiben.

Was diese Geschichte sich vorgenommen hat, ist nichts Geringeres als ein Kapitel aus der Naturgeschichte menschlicher Verhältnisse. Innerhalb dieses von einer zeitlosen Ordnung gesetzten Rahmens agieren die Menschen. Ihre Sehnsüchte und der Rhythmus der Jahreszeiten erzwingen den Wechsel der Szenen, die langsame, aber unwiderrufliche Veränderung der Welt. "Er wusste von ihr, dass sie Tassine hieß und aus der Gegend stammte, ihr Alter hätte er nicht bestimmen können, noch weniger, ob sie schön war oder nicht, er schaute sie aufmerksam an, mit einem geistesabwesenden Ausdruck; er sah sie an, ohne sie zu sehen, dachte sie schließlich, und dann sah sie sein Gesicht sich beleben, ein vages Lächeln auf seinen Lippen erscheinen."

So kunstvoll und dicht gewoben beginnt die Geschichte. Bleibt die histoire naturelle auf die Darstellung des Immergleichen beschränkt, so bringt der Blickwinkel zwischen dem Maler und der Dienerin jene Spannungen ins Spiel, die das Geschehen in Bewegung halten: Ansehen und Wegblicken, Sprechen und Schweigen, Erinnern und Vergessen, Leben und Sterben. In vielem, vor allem ihrer Herkunft und Bildung nach ist Tassine die Gegenfigur des Malers, und die Geschichte, die Michèle Desbordes erzählt, ist die Darstellung des beiderseitigen Versuchs, mit dieser Differenz zurechtzukommen. Der Maler betrachtet die Frau, ist bezaubert von der Klarheit ihrer Bewegungen, von der Selbstverständlichkeit ihrer Welt und von der Tapferkeit, mit der sie sie annimmt. Sie weiß sich beobachtet und wendet sich ihm dennoch zu, behutsam, mit dem Wissen um die Distanz, die sie beide trennt. Da sie gemeinsame Worte nicht haben, vertrauen sie der Sprache der Augen. Michèle Desbordes folgt ihnen darin und entwickelt, indem sie die Gesten und Bewegungen ihrer Figuren im Raum beschreibt, eine eigene Art von pantomimischem Erzählen. Gegen Ende findet sich der ebenso bezeichnende wie treffende, ganz ohne Hintersinn gesprochene Satz: "Er ließ sich einwiegen."

Es ist diese Verbindung von Intimität und Scheu, die mit jener Bitte, die der Titel angekündigt hat, ihren Gipfelpunkt erreicht. Worum es dabei geht, braucht hier nicht ausgeplaudert zu werden. Es genügt die Feststellung, dass diese Geschichte, die eine Novelle hätte genannt werden dürfen, von einer kunstvollen Prosa getragen ist, die nirgends angestrengt wirkt. In einer Zeit, da Erzählstoffe gern im Blick auf Zweitverwertungen halb als Drehbuch daherkommen, haben die Freunde des Wortes allen Grund, Michèle Desbordes für ihren Mut zum literarischen Sprachkunstwerk dankbar zu sein.

Michèle Desbordes: "Die Bitte". Geschichte. Aus dem Französischen übersetzt von Barbara Heber-Schärer. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2000. 128 S., geb. 29,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Überaus kunstvoll erzählt und dann auch noch angenehm kurz sei diese novellistische Geschichte, befindet der Rezensent Ralf Konersmann. Dass der Name Leonardo da Vincis nie falle, dessen letzte Reise nach Frankreich den Rahmen der Geschichte bildet, sei durchaus konsequent. Es gehe um die geradezu "pantomimisch" erzählte Darstellung "der Figuren in einer Eigenwelt, wo sie geborgen und gefangen sind wie in einem Etui." Gelungen sei die Verbindung der Evokation von Zeitlosigkeit der menschlichen Verhältnisse und der Dynamik, die sich aus der Beziehung Da Vincis zu seiner Dienerin Tassine ergebe. Konersman lobt Desbordes für ihren "Mut zum literarischen Sprachkunstwerk" und empfindet das so knappe wie unangestrengte Erzählen als Labsal in Zeiten, in denen die Mehrzahl der Veröffentlichungen bereits auf ihre mögliche Verfilmung schielt.

© Perlentaucher Medien GmbH"