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Friedrich Barbarossa (1152-1190) ist sicherlich der bekannteste Kaiser des Mittelalters. 38 Jahre herrschte der Staufer über das Reich, Italien und Burgund. Diese neue Biografie beschränkt sich aber keineswegs darauf, die königliche Herrschaftspraxis Barbarossas nachzuzeichnen, sondern beschäftigt sich gleichfalls mit der Jugendzeit, der Ehe mit Beatrix von Burgund und der staufischen Fremdherrschaft in Oberitalien. Sie bietet zudem faszinierende Einblicke in die Welt des 12. Jahrhunderts, die von uns fremden Ritualen, der Bedeutung der ritterlichen Ehre und einer neu-artigen Kaiseridee…mehr

Produktbeschreibung
Friedrich Barbarossa (1152-1190) ist sicherlich der bekannteste Kaiser des Mittelalters. 38 Jahre herrschte der Staufer über das Reich, Italien und Burgund. Diese neue Biografie beschränkt sich aber keineswegs darauf, die königliche Herrschaftspraxis Barbarossas nachzuzeichnen, sondern beschäftigt sich gleichfalls mit der Jugendzeit, der Ehe mit Beatrix von Burgund und der staufischen Fremdherrschaft in Oberitalien.
Sie bietet zudem faszinierende Einblicke in die Welt des 12. Jahrhunderts, die von uns fremden Ritualen, der Bedeutung der ritterlichen Ehre und einer neu-artigen Kaiseridee geprägt war.

Nach dem plötzlichen Tod von Professor Laudage übernahmen seine Mitarbeiter, Dr. Lars Hageneier und Dr. Matthias Schrör, die Endredaktion und Herausgabe seiner Barbarossa-Biografie.
Autorenporträt
Johannes Laudage, Dr. phil. (1959-2008), hatte seit 1999 den Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf inne.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.09.2009

Lob des Küchenkabinetts

Wie sichert man sich als Machthaber seine Handlungsfreiheit? Johannes Laudages politische Einsichten ins Leben des Kaisers Friedrich Barbarossa.

Es lässt sich trefflich darüber streiten, ob eine wissenschaftliche Biographie eher analytischen oder erzählerischen Charakter haben soll. Im angelsächsischen Sprachraum ist der Kampf zwar längst entschieden - dort zählen Verständlichkeit und stilistischer Glanz mehr als alles andere -, aber die deutsche Geisteswelt tut sich immer noch ein wenig schwer damit, dem Beispiel ihrer erfolgreichen Nachbarn zu folgen. Das muss nicht an sprachlichem Unvermögen liegen. Für die analytische Darstellung spricht, dass sie die wissenschaftliche Debatte beflügelt und dem Autor unter Fachkollegen einen Ruf verschafft. Für die erzählende Biographie spricht, dass man sie gut lesen kann.

Der Düsseldorfer Mediävist Johannes Laudage arbeitete an einer Lebensbeschreibung des Stauferkaisers Friedrich Barbarossa, als er im Januar vergangenen Jahres bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Seine Kollegen Lars Hageneier und Matthias Schrör haben aus Laudages Nachlass den vorliegenden Band erstellt. Sieben von acht Kapiteln konnte Laudage vor seinem Tod vollenden, nur der sechste Abschnitt, der sich mit Barbarossas fünftem Italienzug, seiner Niederlage bei Legnano und den Friedensschlüssen mit dem Papst und dem Lombardischen Städtebund beschäftigen sollte, blieb unausgeführt. Das Buch ist also ein Torso, aber bei weitem kein Fragment.

Über den rotbärtigen Kaiser, der seinen eigenen Enkel Friedrich II. in der Kyffhäusersage beerbte, diskutiert die hiesige Historiographie seit fünfhundert Jahren. Die Lutheraner machten ihn zur Lichtgestalt des Antipapismus, die deutschen Aufklärer kritisierten seine Italien-Politik, und das neunzehnte Jahrhundert sah in ihm den größten aller mittelalterlichen Kaiser, den Vollender der Reichsidee. Es ist vielfach vermessenes und interpretatorisch umgewühltes Gelände, das Laudages Werk betritt, auch wenn die Zahl der Barbarossa-Biographen in jüngerer Zeit - zuletzt erschien 1998 eine Arbeit des Wiener Historikers Ferdinand Opll - nur allzu überschaubar ist. Dafür gibt es aber zahllose Studien zu Einzelfragen, zum Reichs- und Ehrbegriff, zum Ministerialentum, zu Friedrichs Konflikt mit Heinrich dem Löwen und zum Mainzer Hoftag von 1184. Sie alle wollte Laudage in diesem Buch aufgreifen und zu einem Gesamtbild zusammenfassen.

Dabei suchte er, wo immer es ging, einen Mittelweg zwischen den Extremen des wissenschaftlichen Meinungsstreits. So wird etwa die Bedeutung des "honor imperii", der Ehre der Reiches, für die kaiserliche Politik gegenüber dem Papst und den oberitalienischen Städten immer noch kontrovers diskutiert. Laudage nun bezeichnet den Begriff einerseits als "Gummiformel", die jeder nach Belieben auslegen konnte, andererseits hält er ihn in hohen Ehren, wo es gilt, die Psychologie von Barbarossas Entscheidungen zu beschreiben. Ehre war eben nicht nur eine soziale, sondern auch eine politische Kategorie, sie regelte die Beziehungen zwischen Individuen ebenso wie zwischen Städten und Reichen. Als die Petitionen der kaisertreuen Kommunen Cremona, Mantua und Ferrara auf dem Hoftag von 1166 missachtet wurden, wechselten diese die Seiten und traten dem Lombardenbund bei. Andererseits hinderte die Reichsehre den Kaiser nicht, nach Legnano einen Ausgleich mit Papst Alexander und den städtischen Rebellen zu suchen. Man müsse den Ehrbegriff "kontextbezogen" verstehen, schreibt Laudage, und obwohl das ein wenig volkshochschulhaft klingt, trifft es wohl zu.

Dieselbe Strategie verfolgt Laudage, wenn er die Persönlichkeit des Stauferkaisers skizzieren will. Die ältere Forschung hat den edlen Ritter Barbarossa, der sich vom Archipoeta feiern ließ und mit Lanze und Schild ins Schlachtgetümmel ritt, gern gegen den kühl kalkulierenden Machtpolitiker ausgespielt. Laudage sieht diesen Gegensatz nicht, für ihn verbindet Friedrich "die Idee des Rittertums mit dem zeitgenössischen Rationalismus", indem er einerseits Mailand wider alle Vernunft niederreißen lässt, andererseits das Papsttum durch kluge Bündnispolitik isoliert, bis ihm in Alexander III. ein nahezu ebenbürtiger Gegner ersteht.

Der Respekt vor seinem Protagonisten hindert den Autor freilich nicht, die Rückständigkeit der kaiserlichen Hofwirtschaft, die noch in Naturalien abrechnet, gegenüber den Höfen in Paris, London und Rom oder gar den Rathäusern der Lombardei deutlich auszusprechen. Auch das "Küchenkabinett" (Laudage), in dem Barbarossa mit alten Weggefährten die täglichen Geschäfte besprach, war offenbar weniger imperial, als frühere Historiker wahrhaben wollten. Aber gerade dieser bescheidene Rahmen, aus dem nur die Rätselgestalt des Machiavellisten Rainald von Dassel herausragt - der bei Laudage viel zu knapp abgefertigt wird -, sicherte Barbarossa Handlungsfreiheit. Die vielen teils langsamen, teils raschen Umschwünge seiner Politik sind auch Resultate von Lern- und Denkprozessen, in die ihm kein Kronrat hineinredete.

Die Denkbewegung, mit der sich Laudage von der klassischen Barbarossa-Forschung absetzt, kulminiert in seiner Schilderung der staufischen Italien-Politik nach der Zerstörung Mailands im Frühjahr 1162. Ein "System der Ausbeutung" habe sich über die blühenden Städte der Poebene gelegt, ausgedacht von einem in Wirtschaftsdingen ahnungslosen Kaiser und umgesetzt vom "urwüchsigen Machttrieb" der Reichsritterschaft, die über die Alpen mitgezogen war, um Beute zu machen. Ausführlich zitiert Laudage den "Libellus" des Otto Morena aus Lodi, in dem die Willkür der kaiserlichen Verwalter in der Lombardei in drastischen Farben ausgemalt wird. Dem könnte man entgegenhalten, dass der "Libellus" einerseits im dreizehnten Jahrhundert von guelfischen Autoren redigiert und wohl entsprechend zugespitzt, andererseits der Rechtsanspruch des Reiches in Italien von den wichtigsten Köpfen der Bologneser Rechtsschule formuliert und bestätigt wurde. Auch gingen die lombardischen Städte untereinander nicht gerade zimperlich miteinander um, was ihren Bund, kaum dass er Barbarossa bei Legnano eine Niederlage zugefügt hatte, schon wieder bröckeln ließ. Das kolonialistische Zerrbild Laudages wirkt genauso übertrieben wie jenes Hohelied auf deutsches Beamtentum im Hochmittelalter, das die borussische Historikerschule einst gesungen hat.

Das Manko dieser klug abwägenden Studie liegt darin, dass sie nie ganz zu dem wird, was ihr Untertitel verspricht: "eine Biographie". Dieser Mangel hat weniger mit der Eigenart mittelalterlicher Überlieferung zu tun, die die individuellen Züge zugunsten der typologischen unterdrückt, als mit dem Eigensinn des Autors. Laudage wollte das Mythengewölk, das um die Persönlichkeit seines Helden wabert, allein durch Quellendiskussion und vergleichende Analyse wegblasen. Dieser Ansatz mag zu einem früh verstorbenen Kaiser wie Heinrich VI. oder Otto III. passen, aber bei Barbarossa verheddert er sich im Auf und Ab eines langen Herrscherlebens. Die vielen Umschwünge, Niederlagen und spektakulären Comebacks dieser Vita lassen sich oft nur in ihrer zeitlichen Logik begreifen - als Etappen eines Lernprozesses, der die Gewichte der Macht jeweils neu justierte.

Laudage aber neigt dazu, den historischen Moment in der Betrachtung der Epochenstrukturen zu versenken. Dadurch verfehlt er etwa die Bedeutung der Seuche, die das kaiserliche Heer im Sommer 1167 im Lager vor Rom dezimierte. Die Epidemie sei oft überschätzt worden, erklärt Laudage, sie habe dem Gewaltregime der Teutonen in Italien nur den letzten Stoß versetzt. Doch ohne das Massensterben vor Rom hätten die Teutonen sich wohl noch eine gute Weile gehalten. Geschichtliche Ereignisse kann man nicht mit strukturellen Argumenten wegdiskutieren. Aber man kann sie immer wieder neu erzählen, im Interesse des Lesers wie der historischen Wissenschaft.

ANDREAS KILB

Johannes Laudage: "Friedrich Barbarossa". Eine Biographie. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2009. 284 S., Abb., 34,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Andreas Kilb weiß Johannes Laudages Werk über Kaiser Friedrich Barbarossa zu schätzen. Der im vergangenen Jahr verstorbene Mediävist konnte sein Buch nicht mehr ganz vollenden, gleichwohl ist es für Kilb eher ein Torso als ein Fragment. Die Intention der "klug abwägenden Studie" sieht er darin, das Leben Barbarossas, das die Historikerzunft seit 500 Jahren immer wieder polarisiert hat, und eine Reihe von Einzelfragen zu einem Gesamtbild zusammenzufassen. Dabei attestiert er dem Autor, die extremen Ansichten der Forschung zu vermeiden, um stattdessen einen Mittelweg zu suchen. Etwa wenn es um die Persönlichkeit des Stauferkaisers geht, der für den Mediävisten die Verbindung der "Idee des Rittertums mit dem zeitgenössischen Rationalismus" verkörpere. Die Schilderung der staufischen Italien-Politik nach der Zerstörung Mailands 1162 trägt für Kilb freilich Züge eines "kolonialistischen Zerrbilds".

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