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Für die junge Frisörin Vimbai läuft es gut in ihrem Salon. Erstens arbeitet sie nicht in irgendeinem, sondern in dem Salon von Harare. Zweitens ist sie die Talentierteste in ihrem Team. Die großen Damen der Stadt - sogar die Ministerin - wollen allein von ihr frisiert werden, denn nur sie weiß mit ihnen umzugehen. Doch dann kommt eines Tages Dumisani, ein neuer Kollege in den Salon und alles wird anders. An den außergewöhnlich begabten und charmanten jungen Mann verliert Vimbai schon bald ihre besten Kundinnen. Vollends aus dem Gleichgewicht gerät ihr Leben aber, als Dumi plötzlich ohne Bleibe…mehr

Produktbeschreibung
Für die junge Frisörin Vimbai läuft es gut in ihrem Salon. Erstens arbeitet
sie nicht in irgendeinem, sondern in dem Salon von Harare. Zweitens ist sie
die Talentierteste in ihrem Team. Die großen Damen der Stadt - sogar die
Ministerin - wollen allein von ihr frisiert werden, denn nur sie weiß mit ihnen
umzugehen.
Doch dann kommt eines Tages Dumisani, ein neuer Kollege in den Salon und
alles wird anders. An den außergewöhnlich begabten und charmanten jungen
Mann verliert Vimbai schon bald ihre besten Kundinnen. Vollends aus dem
Gleichgewicht gerät ihr Leben aber, als Dumi plötzlich ohne Bleibe ist und in
dieser Notlage bei ihr einzieht.
Vimbai erzählt ihre spannende Geschichte mit Witz und einer guten Portion
Zynismus. Bevölkert mit lebensvollen Figuren aus allen Schichten zeigt sie
die Stadt Harare als einen vitalen Ort, doch entgehen ihrem unbestechlichen
Blick nicht die Zeichen von Verzweiflung und Gewaltbereitschaft, die das
geschäftige Treiben durchziehen.
Tendai Huchu hat aus einer einfachen, aber emotional komplexen Situation
einen wunderbaren Roman gesponnen, der ein großes afrikanisches Tabuthema
aufgreift: die Homosexualität. Ein echtes Lesevergnügen und gleichzeitig
das authentische Bild einer geschundenen Stadt.
Autorenporträt
Tendai Huchu, geboren 1982 in Bindura, Zimbabwe, besuchte die Churchill High School in Harare, bevor er an der University of Zimbabwe Bergbautechnik studierte. Heute lebt er als Podologe und Schriftsteller in Edinburgh/Schottland.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.02.2012

Ein Land im Schatten des Parasiten

Der aus Simbabwe stammende Tendai Huchu hat mit "Der Friseur von Harare" einen Roman über Vorurteile und Moral geschrieben, in dem er ein Tabuthema Afrikas aufgreift: die Homosexualität. Ein witziges, kluges Debüt.

Vimbai ist ein Biest. Selbstgerecht, streitlustig, eitel, ein bisschen schlau, ein bisschen dumm. Als allein erziehende Mutter eines kleinen Mädchens ist sie eine Löwin. Ihre Familie hat sie aus Missgunst verstoßen. Sie verzeiht es ihr nicht, dass sie die Alleinerbin ihres früh im englischen Exil verstorbenen Lieblingsbruders wurde. Außerdem ist Vimbai Herrin einer Landpomeranze, die für sie als Dienstmädchen arbeitet.

Ihr Geld verdient sie als beste Kraft des Hauses in einem Friseursalon für weiße und schwarze Kundinnen. Denen macht sie die Haare glatt. Die Kundinnen sind ihr ergeben - bis zu dem Tag, an dem Dumi den Laden betritt und sogleich erobert, ein Junge voller Ideen, klug, schön, rücksichtsvoll, begabt, witzig. Ein Konkurrent, der Vimbais Leben auf den Kopf stellt, weil er die Kundinnen nun ebenfalls schön macht.

Der Debütroman von Tendai Huchu "Der Friseur von Harare" beginnt wie eine dieser epischen postkolonialen Erzählungen und verwandelt sich plötzlich in einen reißenden Strom. Halt scheint bald nirgends mehr in Sicht. Zwar arrangiert sich Vimbai mit dem schönen Dumi, ja er zieht sogar als Mieter in ihr Haus ein, und sie werden Freunde. Die reiche Familie Dumis hofft, in ihr eine energische Schwiegertochter zu finden. Wäre da nicht diese Geheimnistuerei Dumis. Was verbindet ihn mit dem Ehemann der Ministerin? Vimbai fühlt sich verraten - und verrät Dumi. Und dennoch kommt es zu einem Happyend, einem traurigen zwar, aber wenigstens kommen alle, wenn auch versehrt, davon.

Der Leser weiß mitunter kaum, wie ihm geschieht. Die Erzählstimme, gestaltet als innerer Monolog Vimbais, ergreift zunehmend von ihm Besitz. Dabei ist Vimbai keine Heldin, sondern das Gegenteil, nicht nur spöttisch, sondern auch unsympathisch, geschwätzig, verschlagen, missgünstig und arrogant.

Tendai Huchu gelingt mit seinem Roman etwas Erstaunliches. Im Friseursalon, dem Mikrokosmos des Gefallenwollens, kommt alles zusammen: die sozialen Milieus, die Macht, die Ohnmacht. Vor den Spiegeln des Salons, im Schatten der neidvoll belauerten verzaubernden Hände Dumis erzählt Vimbai vom Kampf um das tägliche Überleben.

Ein Parasit hat das Land befallen. Gegen ihn hilft nichts. Als Zaubermittel finden oder erfinden die Leute im Handumdrehen verwickelte verwandtschaftliche Beziehungen, verwandeln die eigenen Körper in Tentakel des Parasiten. Die Grenzen zwischen Wirten und Parasiten verschwimmen. Selbst die Gattin des Diktators scheint eine Kusine oder Tante von Vimbais Familie aus ferner Zeit zu sein. Diese Familienbande sichern dem Parasiten das Überleben. Tendai Huchu nutzt das Bild des Parasiten als erzählerischen Trick. Erst tobt er als Vimbais Stimme im Kopf des Autors. Der reicht sie an den Leser weiter. Vimbai ist gewissermaßen eine simbabwische Schwester Gullivers.

Ihr Erfinder wurde 1982 in Simbabwe geboren. Das Bergbaustudium, das er einst in Harare begann, brach Tendai Huchu schon im Laufe des ersten Semesters ab. Danach tingelte er von Job zu Job und kehrte schließlich an die Universität zurück. Mittlerweile lebt er in Schottland, wo er als Fußpfleger arbeitet. Als er im vergangenen Herbst in Berlin auf Einladung von Dante Connection, einem auf afrikanische und italienische Literatur spezialisierten Buchladen, aus seinem Roman vorlas, erzählte er im Anschluss von seiner literarischen Arbeit: Mit dem Schreiben des Romans habe er am Weihnachtstag 2009 begonnen. Nur zwei Wochen später stand die erste Fassung. Offenbar fand er Gefallen an der Schriftstellerei: Bereits ein Jahr später gab es seinen zweiten Roman als E-Book im Netz, der einen ganz anderen Stoff verhandelt, die Geschichte eines Terroristen, den die Liebe vom selig machenden Pfad abbringt.

Huchu ist ein manischer Leser und Schreiber, der im nasskalten Edinburgh davon träumt, eines Tages vom Schreiben leben zu können. Nach Schottland sei er gezogen, weil die Männer dort Röcke tragen und die Schotten die Engländer so hassen. Tendai Huchu ist ein schwarzer Urenkel Jonathan Swifts mit vielen Stimmen im Kopf, die keine Ruhe geben und danach drängen, aufgeschrieben zu werden. Was für ein Versprechen!

HANS HÜTT

Tendai Huchu: "Der Friseur von Harare". Roman.

Aus dem Englischen von Jutta Himmelreich. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2011. 311 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Julia Kohl hat diesen Roman offenbar sehr gern gelesen, in dem der mittlerweile in Schottland lebende Tendai Huchu von den Verwerfungen in Simbabwe unter dem Dauerdiktator Mugabe erzählt. Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein Friseursalon, in dem eine junge Frau von ihrem schwulen Kollegen lernt, dass nicht die von der Regierung geschürten Ressentiments gelten, sondern der Mensch, und höchstens noch die Frage, welche Frisur ihm steht. Rezensentin Kohl fällt kein explizites Urteil, aber es wird deutlich, wie wichtig sie Huchu politische Botschaften in einem Land findet, in dem Homosexualität mit Gefängnis und Folter bestraft wird.

© Perlentaucher Medien GmbH