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Die Lebensdaten Senghors 1906 bis 2001 - schließen ein ganzes Jahrhundert ein. Die Spuren des Mannes, der Abgeordneter in der französischen Nationalversammlung, Staatssekretär der französischen Regierung und Präsident von Senegal war, sind vielfältig und tief. Als Dichter und Theoretiker der Négritude führte Senghor den Kampf gegen die kulturelle Fremdbestimmung Afrikas und für die Wiedergewinnung der bedrohten Afrikanität. Keiner hat begeisterter Brücken zwischen Schwarzafrika und Europa gebaut als L.S. Senghor Dichter, Kulturtheoretiker, Kämpfer für friedlichen Ausgleich zwischen Nord und…mehr

Produktbeschreibung
Die Lebensdaten Senghors 1906 bis 2001 - schließen ein ganzes Jahrhundert ein. Die Spuren des Mannes, der Abgeordneter in der französischen Nationalversammlung, Staatssekretär der französischen Regierung und Präsident von Senegal war, sind vielfältig und tief. Als Dichter und Theoretiker der Négritude führte Senghor den Kampf gegen die kulturelle Fremdbestimmung Afrikas und für die Wiedergewinnung der bedrohten Afrikanität. Keiner hat begeisterter Brücken zwischen Schwarzafrika und Europa gebaut als L.S. Senghor Dichter, Kulturtheoretiker, Kämpfer für friedlichen Ausgleich zwischen Nord und Süd., schrieb Die Presse in ihrem Nachruf. Doch gab es nicht nur Zustimmung für Senghors Wirken und den Opponenten ging sein Kampf nicht weit genug. Onkel Tom nannten sie ihn verächtlich und sahen in ihm ein reines Produkt des französischen Kolonialismus. János Riesz, der das Lebenswerk Léopold Sedar Senghors wie kein Zweiter in Deutschland kennt, beleuchtet dessen Rolle für den afrikanischen Aufbruch im 20. Jahrhundert und schließt damit eine unverzeihliche Lücke in der Geschichtsschreibung.
Autorenporträt
Janos Riesz, geboren1 1941, Studium der Germanistik und Romanistik in Heidelberg, Rom und Bonn. Promotion 1968 und Habilitation 1975 in Romanischer Philologie. Seit 1979 Inhalber des Lehrstuhls für "Afroromanistik" in Bayreuth. Lehr- und Forschungsaufenthalte in Länder West- und Zentralafrikas. Buchveröffentlichungen zu afrikanischer Literatur.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.08.2006

Der schwarze Orpheus
Dichter und Präsident: Léopold Sédar Senghor
Bücher über Nelson Mandela auf Deutsch füllen ein halbes Regalbrett, seit kurzem kann man eines des ehemaligen französischen Kulturministers Jacques Lang dazu stellen. Léopold Senghor, der als Philosoph der Négritude-Bewegung, als Poet und senegalesischer Politiker die antikoloniale Bewegung ähnlich stark prägte wie Nelson Mandela Südafrikas Weg in die Demokratie, wird nun erstmals zu seinem hundertsten Geburtstag vom deutschen Buchmarkt wahrgenommen.
Als unermüdlicher Streiter für das Selbstbewusstsein der „Neger”, als politischer Lehrer der armen Landbevölkerung, Anwalt der Unabhängigkeit mit Abgeordnetenmandat und Staatssekretärsposten in Paris war der Sohn des Sereer-Volkes eine überragende Gestalt des antikolonialen Umbruchs. Während Mandela allerdings für seine rassenübergreifende Versöhnungspolitik gefeiert wurde, war Senghor wegen seiner Verehrung der europäischen Kultur sowie einiger missverständlicher - oder missverstandener - Äußerungen über angeblich typische Eigenschaften von Afrikanern und Europäern heftiger Kritik durch schwarze Intellektuelle ausgesetzt. Wole Soyinka erteilte ihm erst spät Absolution, als er Senghor „poetische Antizipation” der südafrikanischen Politik des Verzeihens attestierte.
Der afrikanische Aufbruch
Léopold Senghor wurde 1906 in ein kolonisiertes Land hineingeboren, nachdem seine Heimat davor jahrhunderte- lang unter der Geißel der Sklaverei gelitten hatte. Trotz äußerer Bedrängnis empfand Senghor seine Kindheit in der ländlichen Notabeln-Familie als anregend und harmonisch: „Ich fühlte, dass wir zu einer großen, vor allem einer schönen Zivilisation gehörten.”
Seine Erfahrung stand in krassem Widerspruch zur Verachtung afrikanischer Traditionen, die ihm an der Missionsschule entgegenschlug. Dieser Widerspruch war der entscheidende Impuls, gemeinsam mit schwarzen Freunden in Paris, wo er ab 1928 studierte, die Philosophie der Négritude zu entwickeln. Die Gruppe um Senghor und Aimé Césaire aus Martinique konnte bereits auf grundlegende Werke schwarzer Autoren aus Afrika, den USA und der Karibik zurückgreifen, als sie „die Neger” aufforderten, sich auf ihre eigenen Wurzeln zu besinnen, statt den Blick ständig auf Europa zu richten. Die Dichterphilosophen der Négritude lieferten theoretisches und emotionales Rüstzeug für den antikolonialen Kampf, der Jahrzehnte später Erfolg haben sollte.
Zugleich war Senghor ein begeisterter Verehrer europäischer Kultur von Homer bis Heine. Sie war ihm Inspirationsquelle für seine Dichtung, mit der er die Verstörungen, Gefühle und Hoffnungen der erniedrigten „Neger” zum Ausdruck brachte. Für Senghor war die „Poesie ein neuer Blick auf die Welt, eine Interpretation der Realitäten”. Der „schwarze Orpheus”, wie ihn Jean-Paul Sartre in seinem Vorwort zur „Anthologie der neuen Negerpoesie französischer Sprache” nannte, bemühte sich ein Leben lang, Afrika und Europa, Poesie und Politik in seinem Denken, Schreiben und Handeln zusammen zu bringen.
Der Afroromanist Riesz nutzt Senghors literarisches Werk überzeugend zur Interpretation von dessen Philosophie und Politik. Nur manchmal gerät ihm die literaturwissenschaftliche Exegese zu ausführlich, andererseits bleibt die Darstellung von Senghors politischem Leben an einigen Stellen ein wenig papieren. Aber diese Passagen mindern den Wert des Buches kaum.
Riesz zeichnet aussagekräftige Bilder der senegalesischen Kolonialgesellschaft mit einer städtisch-kreolischen Oberschicht, deren Angehörige sich als Franzosen mit etwas dunklerer Haut fühlten, und einer rechtlosen Landbevölkerung, die unter der Last der Kolonialherrschaft ächzte. Als deren Stimme verstand Senghor sich stets.
Riesz schildert Senghors Pariser Jahre in der schwarzen Gemeinschaft sowie später als Abgeordneter des Senegal, und er analysiert die weltweit vehement geführten Diskussionen um den richtigen Weg in die Unabhängigkeit.
Am Vorabend des französischen Rückzugs erlebte Senghor eine herbe Niederlage. Aus Französisch-Westafrika ging eine Ansammlung ärmlicher Kleinstaaten hervor statt der einigen, bedeutenden Nation, für die er sich stark gemacht hatte. Immerhin war der „afrikanische Aufbruch” geschafft, und hier endet das Buch.
Tod in der Normandie
Als Ersatz für den Traum vom geeinten Westafrika engagierte Senghor sich für die Frankophonie als nachkolonialer Gemeinschaft aller französischsprachigen Länder. Damit handelte er sich erneut Kritik ein. Im unabhängigen Senegal wurde Léopold Senghor 1960 zum Präsidenten gewählt. Nach zwanzig Jahren schied er freiwillig aus dem Amt, damals eine Besonderheit unter afrikanischen Staatsoberhäuptern. Zuletzt orientierte er sich noch stärker nach Frankreich. Als erster Afrikaner wurde er in die Académie Francaise aufgenommen. 2001 starb Léopold Senghor in der Normandie, der Heimat seiner Frau.
GABY MAYR
JÁNOS RIESZ: Léopold Sédar Senghor und der afrikanische Aufbruch im 20. Jahrhundert. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2006. 349 Seiten, 24,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Gaby Mayr macht ihrem Unmut Luft darüber, dass der senegalesische Politiker, Bürgerrechtler und Poet Leopold Senghor dem deutschen Leser erst jetzt, hundert Jahre nach seiner Geburt, zugänglich gemacht wird. Dies, obwohl, wie sie erklärt, sein Einfluss auf die antikoloniale Bewegung in Afrika dem Mandelas vergleichbar sei. Mayr folgt dem Text in seiner biografischen Darstellung und lobt die von Janos Riesz vorgenommene Engführung von Senghors literarischem Werk und dessen Philosophie (der Negritude) und Politik als insgesamt "überzeugend". Die Darstellung der senegalesischen Kolonialgesellschaft findet Mayr "aussagekräftig". Ein klein wenig enttäuscht scheint sie darüber, dass das Buch die weltweiten Diskussionen der Unabhängigkeitsbewegung und den "afrikanischen Aufbruch" zwar analysiert, Senghors Geschichte jedoch damit enden lässt, obwohl er nach einem weiterhin sehr engagierten Leben erst 2001 verstarb.

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