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Bettine und Pückler lernten sich 1831 kennen, im Berliner Salon der Rahel Varnhagen. Bettine beendete gerade ihr Trauerjahr um ihren verstorbenen Mann. Pückler war von einer mehrjährigen Reise durch England, Irland und Frankreich zurückgekehrt; der Bericht von seiner Reise wurde ein großer Bucherfolg. Hält sich der Briefwechsel anfangs im gesellschaftlichen Rahmen, so gewinnt er doch schnell gedankliche Höhe und Vertrautheit. Bettines vorherrschender Gedanke, sie könne als eine Seelenführerin in ihren Partnern deren eigenstes Ideal erwecken, bestimmt auch den hier erscheinenden Briefaustausch,…mehr

Produktbeschreibung
Bettine und Pückler lernten sich 1831 kennen, im Berliner Salon der Rahel Varnhagen. Bettine beendete gerade ihr Trauerjahr um ihren verstorbenen Mann. Pückler war von einer mehrjährigen Reise durch England, Irland und Frankreich zurückgekehrt; der Bericht von seiner Reise wurde ein großer Bucherfolg.
Hält sich der Briefwechsel anfangs im gesellschaftlichen Rahmen, so gewinnt er doch schnell gedankliche Höhe und Vertrautheit. Bettines vorherrschender Gedanke, sie könne als eine Seelenführerin in ihren Partnern deren eigenstes Ideal erwecken, bestimmt auch den hier erscheinenden Briefaustausch, der die Jahre von 1832 bis 1835 umfaßt. Ein zentraler Gegenstand der Briefe ist Goethe: Nachdem Bettine Pückler ihre jahrzehntelange Liebe zu Goethe gestanden hat, bietet sie ihm die Herausgeberschaft ihres Goethe-Briefwechsels an - und bewältigt diese Arbeit schließlich allein. So wurde die Freundschaft mit Pückler zur Geburtszeit ihrer Autorschaft: "Goethes Briefwechsel mit einem Kinde ",der 1835 erschien. Er erntete bei den Zeitgenossen begeisterte Zustimmung.
Über die Hälfte der hier wiedergegebenen Briefe ist bisher unveröffentlicht. Ein Nachwort charakterisiert den Verlauf der schriftlichen Begegnung; ein Kommentar erschließt die Einzelheiten der Texte; eine Chronik verhilft zur Übersicht über die zeitlichen Gegebenheiten. Dem Band sind faksimilierte Briefe, Porträts und Zeichnungen Bettines und Pücklers beigegeben.
Autorenporträt
Bettina von Arnim, geb. Elisabeth Catharina Ludovica Magdalena Brentano, auch Bettine; geb. am 4. April 1785 in Frankfurt am Main; gest. 20. Januar 1859 in Berlin) war eine deutsche Schriftstellerin und bedeutende Vertreterin der deutschen Romantik
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.04.2001

Du liebenswürdige Giraffe!
Bettine von Arnim und Fürst von Pückler-Muskau in ihren Briefen

Sie waren ein sonderbares Paar, die im Ruf der Schwärmerei stehende Bettine von Arnim, Schwester des Dichters Clemens Brentano, und der tatkräftige Fürst Hermann von Pückler-Muskau, berühmt durch seine Parkanlagen und als Reiseschriftsteller ("Briefe eines Verstorbenen", 1830/32). Sie lernten sich zum Jahreswechsel 1831/32 in Rahel Varnhagens Salon kennen und begannen noch in Berlin einen exzessiven Briefwechsel, den sie nach der Abreise Pücklers in die Niederlausitz zwischen Berlin und Muskau fortsetzten.

Achim von Arnim war im Januar 1831 gestorben, Goethe starb im März 1832. So war Bettine sowohl ihres Mannes wie ihres Idols beraubt, und Pückler mußte da wohl auch eine Lücke ausfüllen. Jedenfalls gerät der unerhörte Schreibzwang Bettines in den Verdacht der Kompensation, zumal Pückler sie auffordert, ihre Erinnerungen an Goethe zu reaktivieren. Tatsächlich erscheint dann 1835 ihr verklärendes Buch "Goethes Briefwechsel mit einem Kinde", das sie Pückler widmet und mit dem sie ihre literarische Laufbahn beginnt. Ihr Briefroman über die Dichterin Karoline von Günderode (1840) setzt der früh verstorbenen Freundin ein Denkmal, und ihre Sammlung sozialkritischer Skizzen und Reflexionen "Dies Buch gehört dem König" (1843) sollte Friedrich Wilhelm IV. zu einem "Volkskönigtum" in Preußen ermuntern.

Der Anfang des Briefwechsels mit Pückler steht noch im Zeichen eines lockeren Rollenspiels. Man gefällt sich im Geschlechtertausch, wählt die Masken des Sultans und der Sklavin oder mythologischer Figuren. Aber dann werden die Briefe Bettines leidenschaftlicher, die Schranken zwischen Spiel und Ernst fallen. Pückler versucht das Temperament der "überfeurigen Briefe" seiner "närrischen Bettine" zu zügeln, nennt sie eine "vollgesogene Schwärmerin" und "wilde Hummel" - schärfer noch hatte sich Goethe, der ihrer Zudringlichkeit überdrüssig war, 1826 dem Herzog Carl August von Weimar gegenüber geäußert: sie sei eine "leidige Bremse". Noch führt Bettine die Zurechtweisung in den Rahmen der "poetischen Neckerei" zurück und kontert verbindlich mit der Anrede "liebenswürdige Giraffe". Doch schließlich redet Pückler Klartext: "Ich bin Dein Freund, aber nicht Dein Liebhaber."

Bettines exzentrisch-verstiegener Stil, ihre überspannten Liebesbekundungen, ihre Metaphernkaskaden wirken auch auf den heutigen Leser unerträglich. Pückler wird deutlich, meint, daß die "Ueberschwengliche" mit "ihrer Seele geheim und einsam Wollust treibt, wie Andere mit ihrem Körper". Genauer wohl diagnostiziert er die "dithyrambische Raserei" als "bloße Gehirnsinnlichkeit".

Damit liefert er einen Schlüssel zu Bettines exaltierter Inbrunst. Die beiden hatten in Berlin einen "Seelenbund" geschlossen, den die Schriftstellerin nun ganz ernst nahm. Die "Gehirnsinnlichkeit" ist das Bildreservoir für ihre Seelensprache. Trotz ihrer späteren Vorbehalte gegen die Pietisten teilt sie hier in ihrer rückhaltlosen Hingabe an die eigene Seelenregung eine Erlebnisform des Pietismus. Von ihrer fast religiösen Verehrung Goethes - "Goethe komm! erlöß mich von allem Übel amen", schreibt sie im Brief vom 14. 4. 1832 - überträgt sie vieles auf Pückler. Gerade die pietistische Seelenverzückung aber, die er von seiner Schulzeit in einer herrnhutischen Anstalt kannte, ist dem jetzt verdächtig und läßt ihn auf pietistische "Frömmler" schimpfen. Sein Unwille vermehrt ihren Eifer, ihm Gedanken Schleiermachers einzutrichtern. Er hatte gewiß einigen Grund, in Schleiermacher einen Seelen-Nebenbuhler zu sehen.

Ein Besuch Bettines in Bad Muskau im September 1833 bringt die Wende. Pückler und seine Frau sind nicht eben beglückt, ihre Gastfreundschaft hält sich in Grenzen, und die Atmosphäre beim Schloßbesuch bleibt frostig. Ihre Verbesserungsvorschläge für seinen Park verstimmen Pückler. Der Knick in der Freundschaft wird offenkundig nach ihrer Abreise. Als sie den Briefwechsel wiederaufnehmen, verlangt Pückler die Rückkehr zum "Sie", um Bettine die neue Form des Umgangs zu erleichtern. Allerdings nimmt Durchlaucht sich das Recht, die Briefpartnerin weiterhin mit "Du" anzureden.

Der Ton der Briefe ändert sich. Aufgehört hat das Liebeswerben, sie ist nun weder die Entflammte noch die Sklavin. Aber ein neues Werben beginnt: Sie sucht ihn für das Christentum zurückzugewinnen. Ihre Predigten sind durchsetzt mit Gedanken der Christologie Schleiermachers. Pückler nennt sie "Bekehrerin", sich selbst ihren "Schüler" - 1839 trat er zum Katholizismus über. Aber es gibt nun in Bettines Briefen auch sprachlich gezügelte, der Beobachtung und der Reflexion verpflichtete Partien, die begreiflich machen, warum Rahel von Varnhagen unter allen Frauen, die sie kenne, Bettine für die "geistreichste" hält. Das schönste Beispiel für ihren neuen Briefstil ist vielleicht ihr Bericht über den Tod und die Beerdigung Schleiermachers in Berlin. Ihren Traum von der "Unschuldswelt" wird sie nicht preisgeben und insofern eine Antipodin ihres Freundes Pückler bleiben.

Die Briefe stammen aus Archiven in Frankfurt am Main, Berlin und Krakau. Der Kommentar von Enid und Bernhard Gajek ist zuverlässig, und es sei den Herausgebern dafür gedankt, daß sie die Texte zeichengetreu und in der originalen, bei den Verfassern keineswegs einheitlichen Orthographie abgedruckt haben. So bleibt der Eindruck des Spontanen in den Briefen erhalten.

In den Briefpartnern treffen zwei literarische Bewegungen aufeinander: die Romantik in einer ihrer exaltiertesten Erscheinungen und die der Wirklichkeit zugewandte freisinnige Literatur im weiteren Umkreis des "Jungen Deutschlands". Auch das macht diesen Briefwechsel zu einem so wichtigen Dokument.

WALTER HINCK

Bettine von Arnim und Hermann von Pückler-Muskau: "Die Leidenschaft ist der Schlüssel zur Welt". Briefwechsel 1832 bis 1844. Herausgegeben und erläutert von Enid Gajek und Bernhard Gajek. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2001. 551 S., geb., 78,50 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als unerträglich für die heutigen Leser bezeichnet Walter Hinck den exaltierten Ton der Bettine von Armin, die sich mit der ihr eigenen Überschwänglichkeit nach dem Tod Goethes und ihres eigenen Mannes in eine neue Brieffreundschaft schmiss. Dem Grafen von Pückler-Muskau ging sie nach anfänglichen literarischen Spielchen damit auf die Nerven. Irgendwann, berichtet Hinck, verlangte er ihr ein "Sie" ab, während er die Brieffreundin weiter duzte. Darauf ändert sich der Ton der Briefe, analysiert Hinck, und damit träten auch verstärkt die literarischen Gaben der Bettine von Arnim zutage: für ein Glanzstück hält Hinck die Beschreibung von Schleiermachers Beerdigung in Berlin. Die Briefe seien aus drei Archiven zusammengetragen, fügt der Rezensent noch an, zuverlässig und originalgetreu ediert, selbst die Orthografie sei nicht vereinheitlicht worden, was den "Eindruck des Spontanen" erhalte.

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