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Produktdetails
  • Aufbau Taschenbücher
  • Verlag: Aufbau TB
  • Seitenzahl: 527
  • Abmessung: 195mm
  • Gewicht: 506g
  • ISBN-13: 9783746670379
  • ISBN-10: 3746670373
  • Artikelnr.: 24396120
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.07.2002

Spinnennetz der Krieger
Die rechtsradikale Szene nutzt die neuen Medien
Neonazis rufen sich über Handys die Marschrouten zum Skinheadkonzert zu. Sie mobilisieren die Szene über Internet-Seiten und weisen über „Nationale Infotelefone” auf die nächsten Demo-Termine hin. Sie kämpfen in ihren Blättern, die oft seit Jahrzehnten bestehen, gegen Ausländer und Wehrmachtsausstellung. Die Jungen unter ihnen feiern Partys mit rechtsradikaler, rassistischer Musik. Und die Intellektuellen versuchen mit Projekten wie der Wochenzeitung Junge Freiheit einen Leserkreis jenseits des rechten Ghettos anzusprechen. All das formiert sich zu einem Medien-Netz, das die zersplitterte Szene aus Kameradschaften, Parteien, losen Grüppchen und abgehobenen Debattierclubs bestärkt, das Themen setzt – und das die Verfassungsschützer alljährlich auf vielen hundert Seiten beschreiben.
Der Journalist Thomas Pfeiffer hat dazu das Buch „Für Volk und Vaterland” geschrieben, in dem er das „Mediennetz der Rechten – Presse, Musik, Internet” analysiert. Das Buch beginnt flott und gibt einen Einblick in die Szene der rechten Musikvertriebe sowie der berüchtigten „Nationalen Infotelefone”. Doch dann verirrt es sich zunehmend im Kleinklein und irritiert durch die willkürliche Auswahl der Medien, die es beschreibt.
Interessant ist zu lesen, dass die Junge Freiheit versucht, das Adjektiv rechts nur noch auf die herkömmlichen rechtsextremistischen Parteien wie NPD und DVU zu verwenden. Den DVU-Chef Gerhard Frey bezeichnet das Blatt als „unappetitlichen Antisemiten”, die eigene Haltung hingegen als konservativ und damit moderat. Schön beschrieben ist, wie sich die Junge Freiheit mit Interviews mit dem Münchner Schneider Rudolph Moshammer und Loveparade-Initiator Dr. Motte schmückt und sogar die Vorsitzende der Münchner Jüdischen Gemeinde, Charlotte Knobloch, ins Blatt hebt. Jeder fünfte Junge Freiheit-Leser liest auch die älteste rechtsextremistische Publikation Nation und Europa – eine Postille, die kürzlich in die Schlagzeilen kam, weil CSU-Generalsekretär Thomas Goppel die Schirmherrschaft übernommen hatte. Unbeantwortet bleibt jedoch die Frage, wie sich die Leser von Junger Freiheit und Nation und Europa mit den Parteizeitungen der DVU und NPD, Nationalzeitung und Deutscher Stimme überschneiden. Diese beiden Blätter kommen seltsamerweise in der Analyse des rechten Medienspektrums überhaupt nicht vor.
Aufschlussreich beschreibt Pfeiffer, wie der junge Torsten Lemmer in Düsseldorf einen Musikvertrieb aufgebaut hat, der die rechte Klientel rundum bedient – von Skinheads-CDs über das „Magazin für patriotische Musik RockNORD” bis zur Internetseite „Rocknord.de”. Er spielte sogar, gemeinsam mit rechten Aussteigern, in einem Theaterstück von Christoph Schlingensief mit, weil er sich angeblich von der Szene gelöst hat und jetzt ein Sonnenstudio betreibt.
Das Buch ist immer dann interessant, wenn es konkret wird und zeigt, welche Kontakte die Protagonisten der Szene zueinander haben, wer ein Nationales Infotelefon betreibt, wer gleichzeitig im Musikvertrieb tätig ist, wer auf Internetseiten zugange ist. Aber es überfordert den Leser mit einer ungefilterten Fülle von Information. Offenbar war die Grundlage des Textes die Promotion von Pfeiffer, die er im vergangenen Jahr zum Thema „Medien einer neuen sozialen Bewegung von rechts” vorlegte. Davon zeugt auch der ausführliche Anmerkungs- und Literaturapparat. Leider hat der Autor auch jene Kapitel nicht aus dem Buch gestrichen, die durch den Lauf der Zeit überflüssig geworden sind – etwa den Abschnitt über das Thule-Netz, das 1999 eingestellt worden ist.
ANNETTE RAMELSBERGER
THOMAS PFEIFFER: Für Volk und Vaterland. Das Mediennetz der Rechten – Presse, Musik, Internet. Aufbau Verlag, Berlin 2001. 527 Seiten, 10 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In der rechtsextremen Szene gibt es schon seit einer ganzen Weile ein Netz rechter Informationsvermittlung, das sich aus mehr oder weniger direkter rechter Propaganda zusammensetzt, seien es "Nationale Infotelefone", Rechtsrock, Postillen wie die "Junge Freiheit" oder "Nation und Europa", nicht zu vergessen natürlich die Parteizeitungen von DVU und NPD, berichtet Annette Ramelsberger. Sie findet den Band des Journalisten Thomas Pfeiffer wichtig, obwohl sie auch viel Kritik übt. Der Anfang ist interessant und "flott" geschrieben, doch dann, bedauert die Rezensentin, verliert sich Pfeiffer im "Kleinklein". Recht willkürlich erscheint der Rezensentin die Auswahl der angeführten Medien, so fänden die "Nationalzeitung" und die "Deutsche Stimme" gar keine Erwähnung. Gelungen findet Ramelsberger die nähere Betrachtung der "Jungen Freiheit", die stets darum bemüht sei, konservative Prominenz in ihrem Blatt zu präsentieren und sich mit Interviews etwa mit dem Modezar Rudolph Moshammer oder Dr. Mitte schmücke. Das Buch ist immer dann "interessant", wenn es konkret wird, so die Rezensentin. Doch man merke ihm leider an, dass es auf Pfeiffers Doktorarbeit fuße. Oft wird der Leser mit "ungefilterten" Informationen überschüttet, die er nicht richtig einordnen kann, bedauert Ramelsberger.

© Perlentaucher Medien GmbH…mehr