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Der Drang nach Ruhm ist ein universales Phänomen von der Antike bis ins Medienzeitalter. Seit ältester Zeit träumen die Menschen von Ruhm und Unsterblichkeit. In der Antike war Ruhm ein Wert, der sogar über dem Leben stand: Durch Ruhm und Ehre rückte der Mensch nach griechischer Überzeugung in die Nähe der Götter. Ein berühmter Dichter wie Homer, ein genialer Philosoph wie Aristoteles oder ein unbezwingbarer Feldherr wie Alexander der Große galten als Lieblinge der Götter. Auch im Alten Rom war Ruhm mit vorbildhafter Leistung verbunden. Ein Mann, der von der Gemeinschaft als berühmt befunden…mehr

Produktbeschreibung
Der Drang nach Ruhm ist ein universales Phänomen von der Antike bis ins Medienzeitalter. Seit ältester Zeit träumen die Menschen von Ruhm und Unsterblichkeit. In der Antike war Ruhm ein Wert, der sogar über dem Leben stand: Durch Ruhm und Ehre rückte der Mensch nach griechischer Überzeugung in die Nähe der Götter. Ein berühmter Dichter wie Homer, ein genialer Philosoph wie Aristoteles oder ein unbezwingbarer Feldherr wie Alexander der Große galten als Lieblinge der Götter. Auch im Alten Rom war Ruhm mit vorbildhafter Leistung verbunden. Ein Mann, der von der Gemeinschaft als berühmt befunden wurde, wirkte als Beispiel für die anderen und damit erzieherisch im Sinne des Staates. Dem militärisch oder politisch Berühmten zu Ehren wurden Triumphzüge veranstaltet oder Triumphbögen errichtet.Der Wunsch nach Unsterblichkeit durch Ruhm erfasste in späteren Jahrhunderten auch Dichter, Künstler und Philosophen. Dieser nicht mehr politische, sondern soziale Ruhm wurde dem Einzelnen nicht mehr von der Gemeinschaft, sondern von kleinen Elitegruppen zuerkannt und durch symbolhafte Ehrungen wie die Auszeichnung durch den Lorbeerkranz oder die Verleihung eines Ehrentitels ausgedrückt. Die antiken Götter sind nun entschwunden, aber der menschliche Drang nach Ruhm und Unsterblichkeit ist heute noch ebenso stark wie vor zweitausend Jahren. Doch im Zeitalter der quotenberechnenden Massenmedien hat der Ruhm sein Gesicht verändert. Er wird nicht mehr als Geschenk des Himmels betrachtet, sondern scheint eine beliebig manipulierbare Größe geworden zu sein. Wer gilt heute als berühmt, wem gesteht man Unsterblichkeit zu, und wer muss sich mit bloßer Prominenz begnügen? Was bedeutete Ruhm in früheren Zeiten, und was ist Ruhm heute wert? Solchen Fragen geht der Autor mit namhaften Beispielen aus Vergangenheit und Gegenwart anschaulich nach.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.12.2000

Aus Mangel an Zeugen
Klaus Thiele-Dohrmann hat eine Geschichte von Ruhm und Unsterblichkeit geschrieben
Alexander der Große besaß ihn, und „Big Brother” Zlatko; Verena Feldbusch kann sich in ihm sonnen, und bei Kleopatra ist er bis heute nicht verblasst.
Einst hieß es, dass allein die Götter die Menschen damit auszeichnen und ihnen so ein kleines Stück Unsterblichkeit schenken könnten; heute ist es die Fernsehplebs, die diese Ehre ebenso schnell verleiht, wie sie sie wieder entzieht. Gleichwohl sind die Menschen weiter süchtig nach ihm: dem Ruhm, der denjenigen, der ihn besitzt, heraushebt aus der Masse der gewöhnlichen Sterblichen.
Ruhm und Unsterblichkeit, ein Menschheitstraum von der Antike bis heute – Klaus Thiele-Dohrmann hat sich an das große Thema herangewagt, und er hat den Bogen weit gespannt: von Homers Helden bis zur eher traurigen Gestalt des Kremlfliegers Mathias Rust. Die Eintagshelden unserer schnelllebigen Mediengesellschaft indes werden leider nicht genügend gewürdigt.
„Seit der Antike”, schreibt Thiele-Dohrmann, „hat sich das Gesicht des Ruhms stark verändert. Ruhm wird nicht mehr als Geschenk des Himmels oder als Zufallsgabe der Fama betrachtet, sondern scheint eine beliebig manipulierbare Größe geworden zu sein. ” Das ist wohl richtig, dennoch muss es zu allen Zeiten gewisse unverrückbare Parameter geben, nach denen Ruhm erkannt oder sogar gemessen werden kann. Dabei kann es sich nicht allein um den von Thiele-Dohrmann erwähnten und recht merkwürdig anmutenden Wissenschaftszweig der „Historiometrie” handeln. Sie zählt nach, wie oft und in welchem Umfang eine Persönlichkeit in Geschichtsbüchern, Lexika und anderen Nachschlagewerken vorkommt.
Fünf notwendige Voraussetzungen nennt der Autor für den Ruhm: der außergewöhnlich begabte Mensch, die außergewöhnliche Leistung, die vermittelnden Instanzen (Medien, Dichter, Klatsch), das Publikum, und die Zeit. Vor allem der dritte Punkt erscheint unverzichtbar, denn Reden gehört zum Ruhm wie der Lorbeerkranz zum antiken Helden. Was nützt die schönste Heldentat, wenn niemand sie gesehen hat und davon berichten kann. „Man ist nicht immer auf der Höhe einer Bresche oder an der Spitze eines Heeres vor den Augen des Heerführers wie auf einem Schafott”, schreibt Montaigne dazu und konstatiert trocken: „Eine unendliche Zahl schöner Handlungen muß aus Mangel an Zeugen verloren gehen, bevor eine ihrem Täter zunutze kommt. ”
Die Ruhmeskriterien mögen streng sein, viel Rühmliches mag in der Tat im Orkus der Geschichte verschwinden; dennoch bleiben – weltgeschichtlich betrachtet – genügend ruhmreiche Männer und Frauen übrig. Unter ihnen waren nicht wenige, die frühzeitig erkannten, dass man nicht warten sollte, bis andere ein Loblied anstimmen. Ein frühes Genie solch erfolgreicher Selbstvermarktung war der italienische Renaissancedichter Pietro Aretino, dem der Autor bereits ein eigenes Buch widmete. Er korrespondierte ausführlich mit den Berühmtheiten seiner Zeit, den Intellektuellen, den Mächtigen und dem, was seinerzeit als Jetset galt – und Thema war oft genug nichts anderes als er selbst und seine Arbeit. Aretino nimmt außergewöhnlich breiten Raum ein bei Thiele-Dohrmann, ebenso Petrarca, Boccaccio und Dante. In der italienischen Renaissance kennt sich der Autor eben besonders gut aus, wofür auch die zahlreichen Auszüge aus Vasaris Standardwerk Künstler der Renaissance sprechen. So vermisst man ein ein reichlicheres Quantum Beispiele aus anderen, nichtromanischen Kulturkreisen. Oder haben sich Angelsachsen, Russen und Deutsche nie mit dem Phänomen auseinander gesetzt? Und kann eine Geschichte des Ruhmes vollständig sein, in der Amerika nicht erwähnt wird?
Über weite Strecken wirkt das Buch zudem wie eine Zitatensammlung, per Stichwort im PC – reichlich, aber irgendwie beliebig und ungeordnet. Man sucht die ordnende Hand, die logischen Verbindungsstränge. Auch andere Aspekte werden eher stiefmütterlich behandelt. Wer über den Ruhm schreibt, der muss sich auch mit seinen hässlichen Stiefschwestern befassen: dem Neid, der Eifersucht, der Eitelkeit, und dem Geltungsdrang. Ruhm und Sport, Ruhm auf dem Schlachtfeld – auch diese Bereiche kommen bestenfalls am Rande vor.
Nicht immer ist die Auswahl der rühmlichen Beispiele glücklich. Das mittelalterliche Liebespaar Abelard und Heloïse etwa, oder der japanische Dichter Yukio Mishima, oder der italienische Literaturnobelpreisträger Salvatore Quasimodo und dessen Liebeslyrik über den „Wikingerdiamanten” Anita Ekberg – zum Verständnis dafür, was Ruhm ist und wie man ihn erringt, tragen ihre Geschichten wenig bei.
Doch im Grund ist es ein vergnügliches, auch lehrreiches Buch. Am Ende steht ein ernüchterndes Fazit: Auch der Ruhm ist nicht mehr, was er einst war. Die Vergöttlichung hat der Vergötterung Platz gemacht. „Ruhm wird großzügig von Mensch zu Mensch weitergereicht; Götter und Menschen gibt es nun in reicher Zahl und in allen Bereichen. ” Aber diese Demokratisierung hat den Ruhm entwertet. Da er nur noch von Mensch zu Mensch und nicht mehr von den Göttern verteilt wird, „muß er auch so zeitanfällig sein wie die Menschen”. Mit anderen Worten: „Ruhm ist nicht mehr ,ewig’ und der Berühmte nicht unsterblich. ” Also aufgepasst, Verona, Zlatko, Helmut Kohl.
WOLFGANG KOYDL
KLAUS THIELE-DOHRMANN: Ruhm und Unsterblichkeit. Ein Menschheitstraum von der Antike bis heute. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 2000. 272 Seiten, 48 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Bekanntlich ist auch der Ruhm nicht mehr das, was er mal war. Grund genug, Rückschau zu halten, konzidiert Wolfgang Koydl. Die gelingt dem Autor aber nicht so recht. Er spannt zwar einen schönen Rahmen auf, der die Komponenten "außergewöhnlich begabter Mensch, außergewöhnliche Leistung, vermittelnde Instanzen, Publikum und Zeit" umfasst, so Koydl. Aber nichtromanische Kulturkreise und die "Eintagshelden unserer schnelllebigen Mediengesellschaft" kommen wenig, Amerika gar nicht vor. Trotzdem findet es Koydl ein "vergnügliches, auch lehrreiches Buch."

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